Philip K. Dick - Blade Runner
#31
Geschrieben 13 August 2014 - 21:51
Ich seh schon, ich muss mir den Film nochmal ansehen... Letztendlich muss ich aber nicht der gleichen Meinung sein wie der Schaffende eines Kunstwerks, was mir dieses Kunstwerk sagt. Das ist das Schöne daran, wenn man als Banause ein solches erstmal "frei" erleben kann.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#32
Geschrieben 13 August 2014 - 22:50
Letztendlich muss ich aber nicht der gleichen Meinung sein wie der Schaffende eines Kunstwerks, was mir dieses Kunstwerk sagt.
Das ist zweifellos richtig; aber Scott ist nun auch nicht ein so subtiler Filmemacher, dass die Botschaften, die er transportieren will, nicht ziemlich offensichtlich wären. Dass Roy Batty im Film in hohem Masse um seine Mit-Replikanten besorgt ist, dürfte ziemlich unbestritten sein. Ebenso die Tatsache, dass in seinen letzten Worten grosse Menschlichkeit zum Ausdruck kommt. Ganz abgesehen davon, dass er Deckard nicht etwa tötet, sondern ihm das Leben rettet.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
- • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
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#33
Geschrieben 18 August 2014 - 15:36
Genervt? Wieso das?Ich bin mit der Geschichte nicht richtig warm geworden. Teilweise sogar genervt.
Schade, dass manche hier das Buch nicht lesen konnten, ohne ständig an den Film zu denken. (Mir ist das gelungen. )
Ich finde das Buch in jeder Hinsicht fantastisch. Oberflächlich ist es Trivialliteratur, so wie sich viele SF vorstellen.
Ja. Der Alltag, mit der ständigen Wiederholung von Verhaltensmustern und den diese Verhaltensmuster begleitenden Gedanken und Gefühlen, ist das, was Menschen zu Menschen macht.Aber ist es wirklich ein Buch darüber, was den Mensch zum Menschen macht?
Zu Deckards Alltag gehört es, von der Anschaffung eines echten Tiers zu träumen. Auf diese Weise strukturiert er seinen Alltag. Er trägt diesen Katalog mit sich herum und macht sich Gedanken über das Geld, das er braucht. Diese einfache Motivation treibt ihn an.
Die Androiden sind nicht authentischer. Sie versuchen sich genauso einzurichten wie die Menschen auch.Beide (Menschen und Androiden) wollen in einer feindlichen Umwelt überleben und versuchen es mit ihren Mitteln.
Die Menschen manipulieren ihre Gefühle mittels Stimmungsorgeln. Sie suchen künstliche Einheitsgefühle in einem kitschig- sentimentalen Religionsersatz. Sie halten sich Tiere, aber nicht wegen der Tierliebe, sondern als Statussymbol. ....
Da sind die Androiden authentischer. Die wollen überleben und gehen das ganz direkt an.
Der Unterschied ist, dass Menschen empathischer sind. Obwohl die Menschen im Roman sich die Tiere (z.B. Kanichen, Schafe oder Ziegen, aber keine Hunde) nur als Statussymbole halten, würden die wenigsten eine Spinne quälen, so wie es die Androiden getan haben.
In Kapitel drei weist Dick auf dies alles hin. Menschen sind Herdentiere (oder auch Rudeltiere), sie verhalten sich anders als solitäre Raubtiere bzw. Androiden.
Buster Freundlich (ein Android?) versucht das Leiden Wilbur Mercers und den Mercerismus als Schwindel zu entlarven, aber es gelingt ihm nicht, da Mitleid etwas Reales ist.
Bemerkenswert fand ich, dass Deckard für Luba Luft einen relativ teuren Bildband kauft, kurz bevor sie getötet wird, und dann diesen Bildband zu Asche verbrennt, während sein Kollege Phil Resch dies als Verschwendung bezeichnet.
Den Mittelteil des Romans mit der Auseinandersetzung zwischen Deckard und Resch fand ich sehr gut.
Was ich etwas rätselhaft fand, warum die Firma ein so großes Interesse daran hat, Androiden zu bauen, die man von Menschen nicht mehr unterscheiden kann. Für den Aufbau von Kolonien werden Androiden gebraucht, aber das ist kaum ein nachvollziehbarer Grund.
#34
Geschrieben 18 August 2014 - 16:29
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 18 August 2014 - 16:29.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
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#35
Geschrieben 18 August 2014 - 18:04
...
Dominanz-Verb-deiner-Wahl
...
Das ist ja ein echt cooler Ausdruck.
#36
Geschrieben 18 August 2014 - 20:57
Der Unterschied ist, dass Menschen empathischer sind. Obwohl die Menschen im Roman sich die Tiere (z.B. Kanichen, Schafe oder Ziegen, aber keine Hunde) nur als Statussymbole halten, würden die wenigsten eine Spinne quälen, so wie es die Androiden getan haben.
Interessanterweise - und das ist ein wichtiger Punkt - aber nur, weil es ja keine Spinnen mehr gibt.
#37
Geschrieben 19 August 2014 - 14:37
Die Androiden sind nicht authentischer. Sie versuchen sich genauso einzurichten wie die Menschen auch.
Der Unterschied ist, dass Menschen empathischer sind. Obwohl die Menschen im Roman sich die Tiere (z.B. Kanichen, Schafe oder Ziegen, aber keine Hunde) nur als Statussymbole halten, würden die wenigsten eine Spinne quälen, so wie es die Androiden getan haben.
In Kapitel drei weist Dick auf dies alles hin. Menschen sind Herdentiere (oder auch Rudeltiere), sie verhalten sich anders als solitäre Raubtiere bzw. Androiden.
Die Androiden sind authentischer, weil sie sich ihrer Natur/Programmierung entsprechend verhalten. Die Menschen manipulieren sich selber auf verschiedene Weise. Stimmungsorgel, Mercerismus.
Der Empathiebegriff von Dick ist ziemlich an den Haaren herbei gezogen. Menschen können empathisch sein, müssen es aber nicht sein. Das kann also als Unterscheidungskriterium "Mensch-Androide" nicht herhalten.
Es gibt Psychopathen, die keinerlei Mitgefühl mit anderen Menschen haben.
Kinder reissen auch mitunter kleinen krabbelnden Tieren die Beine aus, um zu sehen, wie sich diese dann verhalten.
Menschen foltern andere Menschen.
Beispielsweise für Sex. Da ist es wünschenswert, dass die dafür gebauten Androiden sehr menschenähnlich sind.Was ich etwas rätselhaft fand, warum die Firma ein so großes Interesse daran hat, Androiden zu bauen, die man von Menschen nicht mehr unterscheiden kann. Für den Aufbau von Kolonien werden Androiden gebraucht, aber das ist kaum ein nachvollziehbarer Grund.
Bearbeitet von Susanne11, 19 August 2014 - 14:41.
#38
Geschrieben 19 August 2014 - 14:44
Der Empathiebegriff von Dick stimmt nicht. Es gibt Psychopathen, die keinerlei Mitgefühl mit anderen Menschen haben.
Psychopathen sind aber Menschen, die gerade nicht normal ticken, die, wenn sie andere quälen, eben kein normal funktionierendes Empathieempfinden haben. Gemäss Dicks eigener Aussagen, waren die Aufzeichnungen von SS-Offizieren in Konzentrationslagern die ursprüngliche Inspiration für Do Androids … Diese waren in seinen Augen keine Menschen mehr, weil sie basale empatihsche Reaktionen unterdrückten.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
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Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#39
Geschrieben 19 August 2014 - 16:43
Psychopathologie ist eine Krankheit, aber sie ist selbstverständlich eine menschliche Krankheit. Tiere kennen das zum Bespiel nicht. Mitgefühl ist eine Empfindung, die Menschen, wie jeder Krieg zeigt, sehr selektiv ein und ausschalten können. Grausamkeiten gegen andere, die Gräuel, die im Krieg passieren, der Holocaust u.v.a. tun Menschen anderen Menschen an. Auch das definiert den Menschen.
Psychopathen sind aber Menschen, die gerade nicht normal ticken, die, wenn sie andere quälen, eben kein normal funktionierendes Empathieempfinden haben. Gemäss Dicks eigener Aussagen, waren die Aufzeichnungen von SS-Offizieren in Konzentrationslagern die ursprüngliche Inspiration für Do Androids … Diese waren in seinen Augen keine Menschen mehr, weil sie basale empatihsche Reaktionen unterdrückten.
Wenn es Dick darum gegangen sein soll, die Androiden als Gegenentwurf zum Menschen zu zeichnen, indem er ihnen unmenschliche, oder genauer gesagt, nicht-menschliche Charaktereigenschaften unterstellt, dann ist ihm das in dem Roman nicht gelungen. In keiner Szene kann das Verhalten der Androiden in Kategorien beschrieben werden, die nicht auch rein menschlichem Verhalten entsprechen. Die angesprochene Szene mit der Spinne ist da noch das Grausamste was die Androiden in dem Buch einem lebenden Wesen antun. Und Kinder tun das manchmal zum Spaß ebenfalls.
Im Film gibt es eine Szene in der Roy Batty dem Firmenchef Tyrell mit bloßen Händen den Schädel zerquetscht. Das zeigt eine viel stärkere Form der Grausamkeit. Und dabei sollen die Replikanten im Film ja angeblich menschlicher sein.
Wenn Dick die Androiden als grausame, unmenschliche Psychopathen darstellen wollte, dann hätte er entsprechende Szenen auch zeigen müssen. Hat er aber nicht. Sie verhalten sich im Buch eben nicht wie jene SS-Offiziere.
Grausam verhält sich im Buch vielmehr die menschliche Gesellschaft, welche die Androiden wie Dinge behandelt, die man beseitigt, wenn sie nicht mehr so funktionieren wie gewünscht, obwohl die Nexus-6 Androiden offenkundig intelligent und empfindungsfähig sind.
LG Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#40
Geschrieben 19 August 2014 - 19:21
Die Idee, dass Dick ein paar deftige Szenen schreibt, damit auch der dümmste Leser einen Androiden erkennt, ist völlig absurd.
Darum geht es.Diese waren in seinen Augen keine Menschen mehr, weil sie basale empatihsche Reaktionen unterdrückten.
#41
Geschrieben 19 August 2014 - 19:40
Psychopathologie ist eine Krankheit, aber sie ist selbstverständlich eine menschliche Krankheit. Tiere kennen das zum Bespiel nicht. Mitgefühl ist eine Empfindung, die Menschen, wie jeder Krieg zeigt, sehr selektiv ein und ausschalten können. Grausamkeiten gegen andere, die Gräuel, die im Krieg passieren, der Holocaust u.v.a. tun Menschen anderen Menschen an. Auch das definiert den Menschen.
Hier laufen verschiedene DInge durcheinander. Wenn Susanne11 — in der von mir zitierten Fassung ihres Posts — schreibt, dass Dick ein falsches Verständnis von Empathie hat, zielt sie an der Sache vorbei. Die Tatsache, dass Menschen auch nicht-empathisch handeln können, sagt nichts über die Fähigkeit zur Empathie an sich aus.
Etwas ganz anderes ist deine Aussage, die weitgehend mit Susanne11s überarbeitetem Post übereinstimmt, dass nicht-empathisches Verhalten genau so Teil des Menschseins ist. Mann kann hier Dick vielleicht eine gewisse Naivität vorwerfen. Allerdings bin ich nicht sicher, ob Dicks Aussage tatsächlich darauf hinausläuft, dass Menschen immer empathisch handeln. Es ist wohl eher anders rum: Nur Menschen sind überhaupt zur Empathie fähig, was aber nicht bedeutet, dass sie stets empathisch handeln. Androiden dagegen sind grundsätzlich zur Empathie unfähig.
Die Frage, ob es Wesen gibt, die in der Art zu Empathie fähig ist wie der Mensch, ist durchaus interessant. Dass der Mensch Empathie empfinden, dass er sich in sein Gegenüber einfühlen kann, ist wohl unbestritten. Ob ein Tier gleichermassen dazu fähig ist, wage ich zu bezweifeln, und für eine Maschine wäre es zweifellos eine sehr schwierige Aufgabe. Empathie bedeutet, nachvollziehen zu können, wie sich ein anderer Mensch in einer bestimmten Situation fühlt. Das setzt eine ganze Reihe alles andere als trivialer geistiger Prozesse voraus.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
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Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
- • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
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#42
Geschrieben 08 August 2016 - 10:54
Ähm - wahrscheinlich hat man vergessen, den Thread zu schließen, nachdem die Diskussion vorbei war.
Also schreibe ich einfach mal rein.
Gerade habe ich angefangen, die Electic sheep wiederzulesen, mal ganz einfach so als Erwachsener - meistens kommt sowieso schnell raus, dass ich Lehrer bin und das meiste vertiefte Lesen in der Unterrichtsbesprechung mache, also sag' ich's gleich dazu. Ich hab' das Buch vor zwei Jahren durchgenommen und auch im mündlichen Abitur verwendet, das war interessant, und jetzt würde ich das gern einfach so lesen, ohne diese spezielle Art von Konzentration.
Die Threadbeiträge waren mir jetzt sehr nützlich, die Erinnerung an gewisse Knackpunkt schnell wieder in Erinnerung zu bekommen. Allerdings wäre es nett, wenn jemand anders das Buch auch aktuell lesen würde zum Reden.
Was muss ich dazu tun?
Bearbeitet von Anskis, 08 August 2016 - 10:54.
#43
Geschrieben 08 August 2016 - 20:06
Ähm - wahrscheinlich hat man vergessen, den Thread zu schließen, nachdem die Diskussion vorbei war. Also schreibe ich einfach mal rein. ... Was muss ich dazu tun?
Die Lesezirkel bleiben eigentlich immer offen. So können später auch Einzelleser ihre Ansichten mitteilen oder Teilnehmer an diesem Lesezirkel sich zu ihren früheren Ansichten äußern. Wenn du jemanden für eine Diskussion suchst, am Besten mal in diesem Thread die Frage stellen, ob jemand mit liest oder mit diskutiert. Falls du jemanden für einen Lesezirkel findest, dann sollte die Diskussion dann am Besten in einem neuen Thread statt finden.
Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Klassiker, Lesezirkel, August 2014
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