Ab dem 1. Mai wird hier Bleeding Edge von Thomas Pynchon gelesen und besprochen.
Thomas Pynchon - Bleeding Edge
#1
Geschrieben 25 April 2016 - 21:14
#2
Geschrieben 01 Mai 2016 - 09:13
Vielleicht ein interessanter Bericht zum Einstieg, wohl wissend, dass für die meisten Leser Pynchon kein Unbekannter ist : Boris Kachka schreibt im New York Magazin eine kleine Biographie über Pynchon.
http://dreizehn-maga...se-unsichtbare/
#3
Geschrieben 02 Mai 2016 - 07:33
Vielleicht ein interessanter Bericht zum Einstieg, wohl wissend, dass für die meisten Leser Pynchon kein Unbekannter ist : Boris Kachka schreibt im New York Magazin eine kleine Biographie über Pynchon.
Hey Danke für den Link, in der Tat ein sehr spannender Abriss. Das Maximes Ehemann autobiographische Züge hat, wusste ich gar nicht.
Ich werd hier die Komms mitlesen, das Buch aber nicht nochmal rausholen, hab grad zuviel auf dem Stapel.
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#4
Geschrieben 02 Mai 2016 - 15:38
Nichts zu danken, ich dachte, so zur kleinen Einstimmung. Obwohl es ja manchmal auch interessant ist, so gar nichts über das Umfeld eines Romans zu wissen. Aber nun gut, dass ist bei jedem ja auch unterschiedlich. Mich beflügeln in der Regel Informationen zu einem außergewöhnlichen Autor. Das Gute an dem Artikel ist m.E., dass er nicht Pynchons Versteckspiel in den Mittelpunkt stellt, sondern die Persönlichkeit des Autors.
Schade, dass du nicht mitliest. ich dachte, du hättest erst "Gegen den Tag" gelesen. Aber vielleicht können wir dich ja zu einzelnen Beiträgen animieren.
Meine Frage des Tages: Wie wird die Hauptperson von Pynchon eingeführt?
Maxine Tarnow, "in manchen Systemen noch als Loeffler gespeichert", begleitet ihre Kinder zur Kugelblitz-Schule und ist sonst auch blitzschnell mit ihren Beobachtungen, die der Erzähler genau kennt und sie mit humorvollen Spitzen "Upper-West-Side-Mom-Ausweis" ausschmückt. Wessen Humor lesen wir hier eigentlich? Maxines gepaart mit dem unseres Pynchon? Ich habe mich zumindest auf den ersten Seiten mit ihr angefreundet. Zufrieden mit der Erkenntnis ein ziemliches farbloses Leben zwischen Familie und Beruf zu führen. "Weiter so, Maxim!" flöte ich in einer absteigenden Terz, wobei ich den zweiten Ton vielleicht eine Spur erhöhe.
#5
Geschrieben 03 Mai 2016 - 20:49
Ich lese die deutsche Ausgabe und bin jetzt auf Seite 92, Anfang von Kapitel 7.
Es ist mein erster Pynchon-Roman aber ich bin total hin und weg. Hach ... ... ich liebe diese literatisch post-modernen Sprachspielerein. Da sind die mit-Bindestrich-verknüpften-Wörter, die vielen kleinen Sub-Kultur-Details, Akronyme und die, wenn auch nicht immer leicht verfolgbaren, Erzählpersonenwechsel.
Es ist echt faszinierend, in diesen unterschiedlichen Bereichen diese Detailtiefe zu erleben. Hier werden nicht nur Namen für irgendwelche Verfahren, Technologien oder Schnittstellen ausgedacht sondern die gibt es oft wirklich und die scheinen wohl auch in der Realität, mehr oder weniger, das zu leisten, was sie im Buch leisten.
Die Atmosphäre und die Form der Beschreibung dieser Tech-Welt ist für mich, als würde William Gibson Neuromancer nicht als Vision für die Zukunft schreiben, mit "erfundenen" Namen und Technologien, sondern aus der Rücksicht und sich bei allem bedienen, was in der Realität aus seiner Zukunftsvision geworden ist. Diese Stellen mit dem DeepWeb erinnern mich immer an die Stellen mit dem Black-Ice - echt super.
Und dann ist da noch der Humor, "Nerds die auf Ziegen Bildschirme starren". Auch wenn es vielleicht nur eine sehr subjektive Assoziation war, aber ich habe mich so weggelegt. ROFL ..."ich lade gerade was runter, 56K, krasse Rate" (S.60) ... echt mega oder "er musste auf der Suche nach seinem Dealer und einer ... Marihuanasorte namens Train Wreck halb Brooklyn abgrasen." (S. 92)
@Wrong: Welchen Humor wir hier lesen? - Da kann ich nur ganz klar und definitiv antworten: sowohl als auch.
Die Frage die mich interessiert, was ist hier Science-Fiction oder Phantastik?
Keine Frage, der Roman ist, zumindest für mich, auch lesenswert, wenn es keine Elemente für eines der beiden Genres gibt. Mir scheint es, als hätte der unerbittliche Ablauf der Zeit, einige Geschichten und Visionen der 80er/90er eingeholt. Wenn ich, das bisher Gelesene, genau betrachte ist es ein Detektiv-Roman in einer Welt in der Technologien genutzt werden, wie sie auch in der Realität existiert haben und es noch tun.
Ein anderer Punkt der mich beschäftigt, ist die Frage, wie viel der Leser wissen muss, um den Roman in seiner vollen Größe erfahren zu können? Oder stellt, dass Wissen rund um die vielen kleinen Details nur die Kirche auf der Torte dar?
Ist die große Detailfülle eigentlich ein Merkmal von postmoderner Literatur oder eher ein Stilmerkmal von Pynchon?
Foster-Wallace hat auch viele Details in seinen Werken, diese werden dann aber durch umfangreiche Fußnoten erschlagen. Da braucht der Leser selbst nicht ganz soviel Hintergrundwissen, eher mehr Ausdauer.
#6
Geschrieben 09 Mai 2016 - 21:54
Flüchtiger erster Eindruck:
Richtig zu lesen, beginne ich erst morgen. Nach dem Lesen der ersten ca. 15 Seiten kann ich Trace nur beipflichten ("... Wissen rund um die vielen kleinen Details ..."):
Andeutungen und Hintergründe ohne Ende.
Wobei ich es persönlich für sinnvoll erachte, zuerst einmal ohne allzu viel weitere Recherche zu lesen, sonst ist das Leseerlebnis zerfasert. Ich habe zwar etwas in diversen Seiten geschnuppert (es gibt eigene Wikis zu den Werken des Autors), allerdings eher um den Einstieg in die englische Ausgabe etwas zu erleichtern.
Ab Kapitel 3 werde ich es allerdings ganz bleiben lassen. Ich glaube das Buch funktioniert auch so, möglicherweise - mal sehen - wie so manche sehr gute Literaturen (auch) auf bzw. mit verschiedenen Ebenen des Durchblicks. :-)
Kurz gesagt: Sekundärliteratur kommt nach dem Lesen daran.
Der Einstieg gefällt mir. Es kommt schon Spannung und Neugierde auf. Passt!
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#7
Geschrieben 10 Mai 2016 - 06:13
Die Frage die mich interessiert, was ist hier Science-Fiction oder Phantastik?
Es kommen noch einige Dinge, die quasifaktisch sind. Pynchon nutzt die Realität, um mit kleinen Abweichungen Irritation zu erzeugen. Für mich ist SF ein Bestandteil der Phantastik, daher ist Bleeding Edge für mich auch ganz klar SF und Phantastik.
Das könnte man nach Abschluss der Lektüre nocheinmal untersuchen.
Ein anderer Punkt der mich beschäftigt, ist die Frage, wie viel der Leser wissen muss, um den Roman in seiner vollen Größe erfahren zu können? Oder stellt, dass Wissen rund um die vielen kleinen Details nur die Kirche auf der Torte dar?
Für mich war es eine kleine Zeitreise zurück an den Anfang des Jahrhunderts und erinnerte mich an viele kleine Dinge, die ich vergessen hatte, gerade im technischen Bereich. Etliche NY-Anspielungen werden mir durch die Lappen gegangen sein, dafür kenne ich die Stadt einfach zu wenig (97 drei Tage Manhattan ist einfach zu wenig, reichte aber aus, um auf dem WTC gestanden zu haben).
Ist die große Detailfülle eigentlich ein Merkmal von postmoderner Literatur oder eher ein Stilmerkmal von Pynchon?
Gegen den Tag ist genauso angefüllt mit Einzelheiten und spielt dabei 100 Jahre vorher. Mit dem Begriff Postmoderne konnte ich noch nie viel anfangen, weiß also auch nicht, was dafür typisch ist. Bleeding Edge ist auf jeden Fall leichter zu lesen als Gegen den Tag, mehr hab ich noch nicht von Pynchon gelesen. Aber wenn Du Detailfülle als Merkmal sehen willst, müsste man Tolkien als Postmodernisten bezeichnen, oder?
Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.
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#8
Geschrieben 10 Mai 2016 - 16:09
Gegen den Tag ist genauso angefüllt mit Einzelheiten und spielt dabei 100 Jahre vorher. Mit dem Begriff Postmoderne konnte ich noch nie viel anfangen, weiß also auch nicht, was dafür typisch ist. Bleeding Edge ist auf jeden Fall leichter zu lesen als Gegen den Tag, mehr hab ich noch nicht von Pynchon gelesen. Aber wenn Du Detailfülle als Merkmal sehen willst, müsste man Tolkien als Postmodernisten bezeichnen, oder?
Auf die Gefahr hin den Thread zu kapern: Es ist wohl eher Anspielungsreichtum, welche postmoderne Literatur auszeichnet, und nicht Detailfülle per se. Tolkien mag sehr detailreich schreiben, sein Bezugssystem ist aber relativ beschränkt und die Art und Weise der Bezüge meist klar. Was für postmoderne Autoren dagegen typisch ist, dass sie auf alles mögliche anspielen, und dass die Anspielungen ganz unterschiedlicher Art sind - sowohl inhaltlich wie auch in der Art der Darreichung und in ihrer Funktion für die Erzählung. Pynchon ist ein schönes Beispiel für einen Autor, der von Philosophie, Wissenschaft und Hochkultur über Popkultur und Trivialliteratur bis zu pubertären Kalauern alles in seine Romane packt, wobei oft alles andere als klar ist, wie eine Anspielung nun gemeint ist und ob sie für den Roman nun von tieferer Bedeutung oder doch nur höherer Blödsinn ist.
Bearbeitet von simifilm, 10 Mai 2016 - 16:10.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#9
Geschrieben 10 Mai 2016 - 20:06
Puh, ich hatte schon gedacht, dass sonst keiner mit ließt. Bei Yip weiß ich ja schon, dass er immer etwas später loslegt aber seiner Signatur nach ist er mindestens schon auf Seite 17. Ich bin jetzt auf Seite 300. Die Antwort auf meine Frage nach den Sci-Fi oder Phantastik-Elementen kam dann 10 Seiten später, da im Jahr 2000 die Grafikleistung nicht ausreichend war für die beschriebene Detailfülle der DeepArcher Vorführung, auch wenn das DeepArcher Erlebnis von Maxine mehr eine Andeutung gewesen war. Das passende Auftauchen von Marvin, dem Fahrradboten, ist auch ein phantastisches Element. Also bin ich in dem Punkt erst einmal beruhigt. Wenn ich auf den Plot schaue, kann ich nicht wirklich etwas Neues berichten. Auch wenn Maxine viele Spuren untersucht hat und eine Menge skurrile Leute getroffen hat, kann ich noch nicht wirklich sagen wie oder ob sich der Plot weiter entwickelt hat. Es liegt noch sehr vieles im Dunkeln oder eben im DeepWeb versteckt. Trotzdem ist es auf hohen Niveau unterhaltsam und es gibt immer wieder etwas worüber ich herzhaft lachen oder schmunzeln kann.
@Simifilm: Danke für deine Antwort. Anspielungsreichtum trifft es wirklich gut.
#10
Geschrieben 10 Mai 2016 - 23:08
Ich bin am Ende von Kapitel 5 - des Originals! (Ich habe von den Posts oben alle gelesen außer von dir, Trace, weil du gleich schon mit deinem 1. weiter warst als ich jetzt...)
Ich komme nicht so leicht hinein, leider. Dieser postmoderne Stil, den Simon beschrieb in seinem Post oben, wirkt auf mich leider eher arrogant und angeberisch. Ich weiß, dass Hr. Pynchon inzwischen als meisterhaft angesehen wird, und schätze, er schreibt daher nur noch so, wie er will und seine "page turning" Riesen-Fan-Gemeinschaft zieht immer offenen Mundes mit.
Es gibt so viele US- und wohl sogar NYC-spezifische Anspielungen, dass ich sogar im Englischen und als ziemlich US-Interessierter nur so um die Hälfte mitbekomme. Es gibt eine Menge US-Jargon (wer von euch versteht z.B. warum Maxine die Augen besonders peinlich berührt verdreht in dem Ausschnitt in meinem Signature?). Dann zusätzlich auch noch Unmengen aus spezifischeren Bereichen - zufällig ist ja IT ein Bereich, in dem ich ein wenig spezialisiert bin, und ich wette, dass die meisten engl.-sprachigen LeserInnen keine Ahnung hatten was Mr. P. mit "tarball" meint, unten auf Seite 37, so ca. am Anfang des 3. Drittels von Kapitel 4.
Das alles wirkt v.a. banal provozierend auf mich - nach dem Motto: "Seh mal, ob du einen Fehler findest, du Banause. Und wenn nicht, sei einfach nur erstaunt. Und vergiss dann nicht, mich zu vergöttern." Das Problem ist - keiner ist so gut, dass er nie einen Fehler macht, und das wird im Laufe des Buches Hrn. P. bestimmt auch noch geschehen...
Hier und da ist es natürlich schon spaßig und wunderschön newyorkesk, mit einem Touch modernen amerikanischen urban-jüdischen Lebens. Dass Maxine sich viele Jahre lang nach Jennifer Aniston stylete, dass es so eine Art "DOOM" gibt wo freche/chauvinistische Yuppies blutlos implodiert werden können vom Spieler, und allein schon der Name "Horst" für den ehemaligen super-pingeligen Ehemann...
Außerdem war ich irgendwie froh, dass Hr. P. mich durch die sprechenden Lippen einer seiner Heldinnen in die Gruppe der Internet-Startup-Leute steckt, wo ich vielleicht ein "Guter" sein könnte. (Ab 2000 waren ja dann alle "dickheads". )
Jedenfalls fällt es mir nicht gerade leicht momentan, weiter zu lesen, und die vielen weiteren Kapitel dieses schon jetzt etwas mir zu dicken Romans wird eine Weile dauern, leider. (Also mal wieder nicht zum Monatsende durch, und am Ende mit mir alleine sprechpostend...) Wenn ich nicht vorher - ganz ohne Panik, sondern einfach ohne jegliche verbleibende Farbe im Gesicht - das Handtuch werfe.
Also, Hr. P., bringen sie die Story in Gang, und hören Sie mit dem "dropped object names"-Herumgefaxe auf!
P.S.: Auf meiner Seite 11, mittig im 2. Kapitel, scheint Hr. P. gleich den Kernplot des ganzen Buches zu verraten - an einer der Stellen wo er, hach so MODERN, das Wort für den Planeten mal eben klein schreibt (müsste also auf dt. "erde" lauten). Schien das jemand Anderem so?
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 10 Mai 2016 - 23:26.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#11
Geschrieben 11 Mai 2016 - 07:04
Ging mir mit den deutschen Übersetzungen bisher nicht so. Gerade bei Bleeding Edge dachte ich: Boah was muss der für gute Tagebücher haben. Vielleicht betreibt er Namedropping um anzugeben, könnte durchaus sein, aber es passt auch immer in die Geschichte, find ich.Ich komme nicht so leicht hinein, leider. Dieser postmoderne Stil, den Simon beschrieb in seinem Post oben, wirkt auf mich leider eher arrogant und angeberisch. Ich weiß, dass Hr. Pynchon inzwischen als meisterhaft angesehen wird, und schätze, er schreibt daher nur noch so, wie er will und seine "page turning" Riesen-Fan-Gemeinschaft zieht immer offenen Mundes mit.
Weil sie Sex hatten?Es gibt so viele US- und wohl sogar NYC-spezifische Anspielungen, dass ich sogar im Englischen und als ziemlich US-Interessierter nur so um die Hälfte mitbekomme. Es gibt eine Menge US-Jargon (wer von euch versteht z.B. warum Maxine die Augen besonders peinlich berührt verdreht in dem Ausschnitt in meinem Signature?).
Okay, aber es geht ja nunmal um IT und gerade wir verwenden doch ständig IT-Begriffe ohne uns einen Kopf zu machen, ob unser Gegenüber das versteht. Dass Maxime sich da in gewissem Maß reinwühlt, gehört zu ihrem Charakterprofil. Und ist auch Teil des Jobs. Bin gespannt, ob Du ihm Fehler nachweisen kannst.Dann zusätzlich auch noch Unmengen aus spezifischeren Bereichen - zufällig ist ja IT ein Bereich, in dem ich ein wenig spezialisiert bin, und ich wette, dass die meisten engl.-sprachigen LeserInnen keine Ahnung hatten was Mr. P. mit "tarball" meint, unten auf Seite 37, so ca. am Anfang des 3. Drittels von Kapitel 4. Das alles wirkt v.a. banal provozierend auf mich - nach dem Motto: "Seh mal, ob du einen Fehler findest, du Banause. Und wenn nicht, sei einfach nur erstaunt. Und vergiss dann nicht, mich zu vergöttern." Das Problem ist - keiner ist so gut, dass er nie einen Fehler macht, und das wird im Laufe des Buches Hrn. P. bestimmt auch noch geschehen...
Ein guter Hinweis. Das findet sich ja in US-amerikanischen Romanen immer mal wieder und Maxime bewegt sich da ja auch recht typisch hindurch. Das sind so kleine Details, die unheimlich viel vom Leben und der Stimmung in NY erzählen ohne explizit ausgewalzt zu werden.Hier und da ist es natürlich schon spaßig und wunderschön newyorkesk, mit einem Touch modernen amerikanischen urban-jüdischen Lebens.
Du bist schon mitten in der Story. Oder in ihnen. Pynchon webt in dieses eine Handlungsjahr ne ganze Mänge Handlungsfäden, deren Struktur und Relevanz sich auch immer mal wieder ändert. Aber ich zumindest denke, dass er das am Ende auch sehr geschickt als Ganzes präsentiert. Man sieht ihn quasi die ganze Zeit etwas unförmiges wild hin und herstricken und dann kommt plötzlich ein Knoten, er dreht das Dingens auf Links und es wird ein feiner Pulli draus.Also, Hr. P., bringen sie die Story in Gang, und hören Sie mit dem "dropped object names"-Herumgefaxe auf!
mir nicht, aber der Kernplot ist vielleicht für jeden dann auch etwas anderes. Für mich ist es Maxime. Selten eine so pralle und realitätsnahe Frauenfigur gelesen. Das ganze Drumherum dient nur dazu, ihr Profil zu geben. Maxime ist dann mother earth.P.S.: Auf meiner Seite 11, mittig im 2. Kapitel, scheint Hr. P. gleich den Kernplot des ganzen Buches zu verraten - an einer der Stellen wo er, hach so MODERN, das Wort für den Planeten mal eben klein schreibt (müsste also auf dt. "erde" lauten). Schien das jemand Anderem so?
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#12
Geschrieben 11 Mai 2016 - 14:40
yiyippeeyippeeyay, on 11 May 2016 - 00:08, said:
Ich komme nicht so leicht hinein, leider. Dieser postmoderne Stil, den Simon beschrieb in seinem Post oben, wirkt auf mich leider eher arrogant und angeberisch. Ich weiß, dass Hr. Pynchon inzwischen als meisterhaft angesehen wird, und schätze, er schreibt daher nur noch so, wie er will und seine "page turning" Riesen-Fan-Gemeinschaft zieht immer offenen Mundes mit.
Ich kann das nachvollziehen und glaube Dir gern, dass Dich so etwas nervt. Es wird ziemlich viel an Inhalten geboten, die manchmal dezent, manchmal aber etwas direkt darauf schließen lassen, dass der Autor mächtig gebildet ist. Bestimmte Rezensionen in Feuilleton-Medien haben das so an sich; dort höre ich dann auf zu lesen. So etwas kann durchaus arrogant wirken, ein Hauch von "versteh das oder lass es bleiben" an den Leser.
Ich nehme momentan bei Pynchon die Sache auf die leichte Schulter. Komme ich mit, ist gut. Wenn nicht, mal später genauer gucken. Noch geht es.
yiyippeeyippeeyay, on 11 May 2016 - 00:08, said:
Es gibt so viele US- und wohl sogar NYC-spezifische Anspielungen, dass ich sogar im Englischen und als ziemlich US-Interessierter nur so um die Hälfte mitbekomme. Es gibt eine Menge US-Jargon (wer von euch versteht z.B. warum Maxine die Augen besonders peinlich berührt verdreht in dem Ausschnitt in meinem Signature?).
Das mit den Sex ist hier nicht allein der Punkt. Hier wird in der gelehrten Exegese der Pynchianer allerlei interpretiert.
Aber immer der Reihe nach. Eine "Leptandra" wird erwähnt. Allerdings ist das kein gängiger weiblicher Vorname, sondern der einer Pflanze: Veronicastrum virginicum, die ein Botaniker namens Thomas Nuttall (1786 - 1859) auch als Leptandra virginica Nutt. taxonomisch eingeführt hat.
Die deutsche Bezeichnung ist Virginischer Ehrenpreis. Viel Wissenswertes gäbe es um diese Pflanze zu berichten, die schon die Seminolen Nordamerikas als Heilpflanze für eine ganze Reihe von Krankheiten genutzt haben. Bestandteile der Wurzel werden auch heute noch als Brech- bzw. Abführmittel pharmazeutisch genutzt.
Die Aussage Erics: "... I was mostly with that Leptandra from Indianapolis, and you kept disappearing with the real-estate obsessive ...", könnte also ein gleich zweifacher Hinweis sein: Der Vorname der Dame ist eigentlich Veronica (das ließe isoliert auch wieder Deutungen zu, aber lassen wir das), und ihre Person hatte gewisse unangenehme Auswirkungen auf Erics Verdauung. Vielleicht ist auch noch mit Indianapolis eine weitere Andeutung gegeben. Einige ethnobotanische Fakten
über Leptandra virginica Nutt. legen das nahe.
In diesem Wiki ist man sich ebenso nicht ganz sicher über die genaue Bedeutung der Stelle. Bitte öffnet das auf eigene Gefahr
Sicherheitshalber: Mir ist klar, dass ich hier ein "wenig" Hirn-Onanie betreibe, ich meine das auch nicht tierisch ernst. Bei vielen Stellen im Roman kommt man aber in Versuchung, sich eben so weit in Interpretationen zu stürzen. Ausgepechte Pynchon-Fans dürften das lieben.
Kurzum: Überlesen (dann könnte einem was entgehen) oder Schnitzeljagd mitmachen ...
yiyippeeyippeeyay, on 11 May 2016 - 00:08, said:
P.S.: Auf meiner Seite 11, mittig im 2. Kapitel, scheint Hr. P. gleich den Kernplot des ganzen Buches zu verraten - an einer der Stellen wo er, hach so MODERN, das Wort für den Planeten mal eben klein schreibt (müsste also auf dt. "erde" lauten). Schien das jemand Anderem so?
Bei dieser earth-kleingeschrieben-Sache ("...a purpose on earth written in code none of us can read ...[color=rgb(0,0,0);font-family:'Times New Roman';font-size:16px;font-style:normal;font-weight:normal;text-align:justify;background-color:rgb(255,255,255);]"; [/color]Hervorhebung durch mich[color=rgb(0,0,0);font-family:'Times New Roman';font-size:16px;font-style:normal;font-weight:normal;text-align:justify;background-color:rgb(255,255,255);])[/color] glaube ich eher nicht an einen versteckten Sinn, eher, wenn überhaupt, nur an die Verwendung einer Phrase, die typischerweise in christlichen Traktaten gebraucht wird; leise Ironie inbegriffen. Ob der Plot verraten wurde? Hoffentlich nicht ...
LG
Jakob
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#13
Geschrieben 11 Mai 2016 - 14:52
Wirklich cooler Post, Jakob, aber beim Signature trotz all deinen erstaunlichen Entdeckungen ( - das alles meine ich unironisch!) nicht das was ich meinte. Warum verdreht Maxine beim Erwähnen des Herrn ihres vorübergehenden Herzens die Augen? Es ist eine US-Slang-Sache...
Bei der kleinen Erde glaub ich könntest du Recht haben! Puh!
P.S. re lapismonts "Handlungsfäden": Ach ja, das hatte ich ganz vergessen. Pynchons ewiges Meandern weg vom Hauptgeschehen. Ich nenne ihn in Gedanken schon "Tom Eddy P.". Ich bin mir sicher, es kommt irgendwann noch ein Seitenzweig zu einem Seitenzweig vor, also "an eddy to an eddy"... Wenn, schlag ich hier Alarm!
P.P.S. (later edit): Ich sehe gerade erst, im Vorpost gibt's einen Link zu einem PynchonWiki, wohl mit Abschnitten zu jedem seiner Bücher! Wie ich oben schon sagte, eingefleischte Fan-Gemeinde! Ansehen kommt aber für mich erst nach Buchabschluss in Frage, um den ersten Eindruck zu schützen... Danke!
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 11 Mai 2016 - 15:08.
/KB
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(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#14
Geschrieben 11 Mai 2016 - 22:17
Ich komme nicht so leicht hinein, leider. Dieser postmoderne Stil, den Simon beschrieb in seinem Post oben, wirkt auf mich leider eher arrogant und angeberisch. Ich weiß, dass Hr. Pynchon inzwischen als meisterhaft angesehen wird, und schätze, er schreibt daher nur noch so, wie er will und seine "page turning" Riesen-Fan-Gemeinschaft zieht immer offenen Mundes mit.
Darauf habe ich auch mit meiner Frage nach der Lesbarkeit bei diesen vielen Anspielungen abgezielt. Ist das Buch auch lesbar, wenn man bewusst über all die vielen verschiedenen Stellen hinweg liest?
Ist es dann einfach nur eine langsam anlaufende Detektivgeschichte, oder ist ohne diese Stellen nicht lesbar/verstehbar?
Ich sehe, dass mit dem vielen "name-droping" nicht so schlimm, wenn ich will kann ich was nachschlagen aber ansonsten reicht es mir wenn ich ein "Gefühl" für die Stelle habe und meistens reicht mir das.
Interessanterweise, viel mir beim Nachschlagen (Suchmaschinen und Wikipedia) auf, dass es ohne diese technischen Hilfsmittel für mich viel schwieriger geworden wäre, zusätzliche Informationen zu erhalten. Ohne die Verfügbarkeit dieser technischen Hilfsmittel wäre es sicherlich sehr hilfreich eine Lektürehilfe, z.B. die Pynchon Wiki zum Buch, am Ende anzufügen.
Du bist schon mitten in der Story. Oder in ihnen. Pynchon webt in dieses eine Handlungsjahr ne ganze Mänge Handlungsfäden, deren Struktur und Relevanz sich auch immer mal wieder ändert. Aber ich zumindest denke, dass er das am Ende auch sehr geschickt als Ganzes präsentiert. Man sieht ihn quasi die ganze Zeit etwas unförmiges wild hin und herstricken und dann kommt plötzlich ein Knoten, er dreht das Dingens auf Links und es wird ein feiner Pulli draus.
Danke für diese Feststellung! Als ich meinen letzten Post geschrieben habe und mir klar wurde, dass ich schon bei der Hälfte bin und ich nicht wirklich sagen konnte, dass sich da beim Plot seit Kapitel 1 oder 2 etwas getan hatte, war doch schon etwas verunsichert, ob mir nicht etwas entgangen war.
Bei dieser earth-kleingeschrieben-Sache ("...a purpose on earth written in code none of us can read ...";
In der deutschen Ausgabe steht da nichts von "erde" (Seite 19). Die Stelle lautet:" Laut Eric ist sein Lebenszweck in einem Code formuliert, mit dem keiner von uns was anfangen kann. Außer vielleicht mit der Ziffernfolge 666, die relativ häufig auftritt...".
Auch der Hinweis auf das Pynchon Wiki fehlt. Verständlich, da es eine deutsche Ausgabe ist und das Wiki in englischer Sprache ist.
#15
Geschrieben 12 Mai 2016 - 07:02
In der deutschen Ausgabe steht da nichts von "erde" (Seite 19). Die Stelle lautet:" Laut Eric ist sein Lebenszweck in einem Code formuliert, mit dem keiner von uns was anfangen kann. Außer vielleicht mit der Ziffernfolge 666, die relativ häufig auftritt...". (I)
Auch der Hinweis auf das Pynchon Wiki fehlt. Verständlich, da es eine deutsche Ausgabe ist und das Wiki in englischer Sprache ist. (II)
Zu I: Wenn man das Zitat aus dem dt. Buch etwas zurecht zwickt - ungefähr so: "Sein Lebenswerk ist in einem Code formuliert, mit dem keiner von uns was anfangen kann" - könnte fast die Schreibe Pynchons damit parsifliert werden. Schlechter Witz...
Zu II: Im engl. Buch gibt es keinen Hinweis aufs PynchonWiki. Oder hab ich dich da missverstanden?
Zu deiner Frage, Trace, wg. der "langsam anlaufende(n) Detektivgeschichte": Genau das ist das bisher für mich. Und dann stellt sich die unausformulierte Frage im Bauch warum man weiterliest... (Bei mir momentan: Wegen dem Lesezirkel!) Die vielen geistreichen Einwürfe und Anspielungen jedenfalls bringen es nicht so ganz in meinem Fall. Dann schon eher gelegentliche Humorblitze (s. "Seattle" im nä. Absatz) von denen wir Banausen hinter der Sprachbarrieremauer aber wohl nicht genug mitbekommen.
Bin jetzt mit Kap. 6 fertig. Das war ganz lustig, mit dem Dean-Martin-ähnlichen Venture Capitalist* und insbes. dem Gedanken Maxines, ob Microsoft, Amazon und alle diese in Seattle ansässigen IT-Giganten von ehemaligen fiktiven TV-Serien-Figuren gegründet wurden.
P.S. (Auflösung zu meinem "signature challenge"): Das Wort "Wiener" ist US-Slang für einen Penis. Es ist also ins dt. Umfeld transportiert so, als ob sie damals auf dieser Reise der Borderline-Psychoten mit einem Heiko Schniedel (z.B.) angebandelt hätte...
(* hat eine ganze Weile gedauert, bis ich kapiert habe, dass die Abkürzung VC wohl dafür steht... )
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 12 Mai 2016 - 07:07.
/KB
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[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#16
Geschrieben 12 Mai 2016 - 07:06
[...]In der deutschen Ausgabe steht da nichts von "erde" (Seite 19). Die Stelle lautet:" Laut Eric ist sein Lebenszweck in einem Code formuliert, mit dem keiner von uns was anfangen kann. Außer vielleicht mit der Ziffernfolge 666, die relativ häufig auftritt...".
Auch der Hinweis auf das Pynchon Wiki fehlt. Verständlich, da es eine deutsche Ausgabe ist und das Wiki in englischer Sprache ist.
Danke, Trace.
Aha, dann ist "purpose on earth" eben mit Lebenszweck übersetzt worden. "Sinn des Lebens" wäre vermutlich zu erhaben erschienen. Die "earth"-Kleinschreibung stellt sich damit in der Übersetzung nicht als Frage, verstehe.
Das Pynchon-Wiki hab per Google gefunden. In meiner Buchausgabe ist kein Link vermerkt. Letztendlich wäre es auch irgendwie skurril eine Interpretationshilfe im Buch zu verlinken, denn man sollte ein Buch schon auch "nur so" verstehen können. Diese Wiki-Sache ist auch keine offizielle Seite des Autors:
Zitat:
"... This website is affiliated with neither Mr Pynchon nor his representatives ..."
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#17
Geschrieben 12 Mai 2016 - 15:33
Zu II: Im engl. Buch gibt es keinen Hinweis aufs PynchonWiki. Oder hab ich dich da missverstanden?
Ups ... da habe ich mich bei deinem letzten Post verhauen. Da ist bei mir aus deinem Wort "Vorpost" irgendetwas mit der Bedeutung von Prolog, Hinweis auf der ersten Seite geworden oder so.
P.S. (Auflösung zu meinem "signature challenge"): Das Wort "Wiener" ist US-Slang für einen Penis. Es ist also ins dt. Umfeld transportiert so, als ob sie damals auf dieser Reise der Borderline-Psychoten mit einem Heiko Schniedel (z.B.) angebandelt hätte...
Also Wiener - wie Frankfurter - wie Würstchen - wie kleines Würstchen - um so viele Ecken schaffe ich es meistens nicht. Bei mir geht das immer als Nachname durch, ich denke dann immer an Norbert Wiener.
Aber das bringt mich noch einmal auf "Horst" zurück. Im Deutschen gibt es wohl die Möglichkeit jemanden abwertend als Horst oder Voll-Horst zu beschimpfen und mit diesem Namen kann ich auch, wenn auch klischeehaft, die Eigenschaften verbinden, die weiter oben schon mal genannt wurden.
Ich hatte mich bei der Feststellung gefragt, ob der Name dann auch in der englischen Ausgabe "Horst" ist, da dort die Zuschreibung ja vielleicht nicht funktioniert oder es im US-Sprachraum einen anderen Vornamen gibt, der mit diesen Eigenschaften "belegt" ist. Dann würde diese Zuschreibung nur für die offenbar, die in einer deutschen Sprachwelt aufgewachsen sind oder leben.
#18
Geschrieben 13 Mai 2016 - 09:59
Gute Frage. Das "zum Horst machen" dürfte der Beweggrund für den Namen sein. Vermutlich aber eine Übertragung des Übersetzers.
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#19
Geschrieben 13 Mai 2016 - 14:45
Das mit dem Beweggrund verstehe ich nicht, da der Name ja schon im Original benutzt wird. Ich kenne keine besondere idiomatische Assoziation zum Namen im US-Englisch. Er klingt nur im Englischen lustig, besonders wenn man das "r" ein wenig rollt - ich denke die Assoziation ist ein Bezug aufs typisch Deutsche, also z.B. ein Super-Pingelo, mit Hrn. P's Vokabular wohl ein "obsessive" in punkto Ordnung/Organisiertsein.
Ich bin nun am Ende von Kapitel 8. Im 8. und insbesonders 7. verstärkte sich das Kopfbrummen bei mir, denn Hr. P. geht immer wilder mit Adjektiven und adjektivalen Phrasen um. Gleich auf der 2. Seite des 7. kommt sowas wie "it's UNIX for" vor, also so ungefähr als ob UNIX eine Programmiersprache oder ein gewisser Jargon wäre. Fand ich, UNIX-Fan. leicht daneben in seiner Verkürztheit. Auch benutzt er immer wieder Begriffe, die m.E. in 2001 noch nicht so gängig im umgangssprachlichen US-Englisch waren, wie "geekspace" und "tell" (als Hauptwort) und "awesome". D.h. dass Maxine so einfach nicht denken würde in 2001... (Klassischer Fehler bei zuviel "tell instead of show"...)
Im 7. Kapitel wird auch endlich im Original klar, dass Hr. P. das Wörtchen "says" nicht mag, im Rahmen eines Dialogs. (Korrekt wäre z.B.: "Do the deed," says A. -- "Which one?" inquires B.) In den vorhergehenden Kapiteln tut er alles bar sich auf den Kopf stellen, dieses Verb zu umgehen, durch Auslassung oder Nutzung anderer Wörter (wie eben "inquires"). Nun ab dem - und im - 7. setzt er stattdessen nun oft "sez" ein. Nach dem Motto: Das korrekte "says" benutzen ist uncool und klischeehaft; also benutze ich eine missbuchstabierte NYC-Straßenversion um cool zu wirken.
Im 7. gibt's dann auch "eddy of an eddy"-Alarm (s. Post #13 oben): Justin & Lucas mit Maxine <= Erinnerung an Justin & Lucas an irgendeinem Straßenrand bei einem Seifenkisten-Derby <= Anekdote um die beiden in irgendeinem Hotel. Mal sehen wie oft Hr. P. das jetzt noch einsetzt bzw. noch eine Ecke weiter geht mit diesem o so literarischen Stilmittel.
Jedenfalls hab ich wenig Geduld für solche Stil-Späßchen und verliere langsam die Lust zum Weiterlesen. Ich sag ja immer - bis S. 100 geb ich fast jedem Autor eine Chance. Seitennummer jetzt: 86.
P.S.: Zufällig fiel heute gerade in einem in Twitter von Pogopuschel verlinkten Artikel (über ihn als Übersetzer!) ein passender Satz zu Bleeding Edge, finde ich, weil er davon ausgeht dass diese Stimmigkeit im Original vorhanden ist - ich kann mir gut vorstellen, dass die dt. Version in diesem Fall hier deutlich "aufgeräumt" wurde bei der Übersetzung ( )...
[color=rgb(0,0,0);font-family:Arial, sans-serif;text-align:justify;background-color:rgb(252,252,247);]Es sei schließlich offensichtlich, ob ein Text in sich stimmig ist - und wenn er es ist, dann hat der Übersetzer eine gute Arbeit abgeliefert. Eine Aussage, die man so natürlich durchaus unterschreiben könnte.[/color]
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 13 Mai 2016 - 16:56.
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Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#20
Geschrieben 13 Mai 2016 - 15:02
Justin & Lucas mit Maxine
weiß nicht Jip, das ist kein Seitenzweig des Romans, das ist der Kern.
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#21
Geschrieben 13 Mai 2016 - 15:30
Genau - der Kern & dann ein Rückblick & dann noch ein Rückblick im Rückblick...
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#22
Geschrieben 13 Mai 2016 - 15:51
Genau - der Kern & dann ein Rückblick & dann noch ein Rückblick im Rückblick...
Kann mich jetzt nicht genau erinnern, fand das aber nicht problematisch. Wahrscheinlich wurde ich vom Roman beim Nachgrübeln abgelenkt
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#23
Geschrieben 13 Mai 2016 - 15:59
Mich verwirrt es. Bei solchen Mitteln ist ja immer die Frage inwiefern der Konsument - ich - sich darauf einlässt. Wie gesagt, ich denke Hr. P. schreibt inzwischen für seine Fans. Und irgendwie-mainstream-rebellische Puzzleliebhaber.
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#24
Geschrieben 13 Mai 2016 - 22:49
Ich bin nun am Ende von Kapitel 8. Im 8. und insbesonders 7. verstärkte sich das Kopfbrummen bei mir, denn Hr. P. geht immer wilder mit Adjektiven und adjektivalen Phrasen um. Gleich auf der 2. Seite des 7. kommt sowas wie "it's UNIX for" vor, also so ungefähr als ob UNIX eine Programmiersprache oder ein gewisser Jargon wäre. Fand ich, UNIX-Fan. leicht daneben in seiner Verkürztheit. Auch benutzt er immer wieder Begriffe, die m.E. in 2001 noch nicht so gängig im umgangssprachlichen US-Englisch waren, wie "geekspace" und "tell" (als Hauptwort) und "awesome". D.h. dass Maxine so einfach nicht denken würde in 2001... (Klassischer Fehler bei zuviel "tell instead of show"...)
Das mit UTSL fand ich lustig und ist es nicht auch etwas was Unix-Nutzer sagen würden? Ich könnte mir auch KISS auf ein Shirt drucken lassen, dass wäre dann so was wie Unix für "Halte es einfach, Dummkopf!" (engl. Keep it simple stupid!). Auch wenn es vielleicht angemessener wäre Geeksprache zu schrieben .... aber he...
Das Pynchon Maxine Begriffe benutzen oder über Dinge reden lässt, die sie vielleicht nicht kennt oder kennen konnte, bin ich auch schon gestolpert. Als das mit dem Shooter-Spiel der Kinder auftauchte und sie über eine H&K UMP 45 sprach, habe ich bei Wiki nachgeschlagen, ob es die Waffe da schon gab. In Vorbereitung für diesen Post habe ich dann noch bei Wiki nachschlagen müssen, wann Wiki eigentlich an den Start gegangen war und konnte feststellen, dass es Wikipedia Anfang 2001 schon gab, aber sicherlich nicht in dem Umfang. Aber Maxine hat sicherlich Zugang zu WWW (Womans Weapons Weekly).
Im 7. Kapitel wird auch endlich im Original klar, dass Hr. P. das Wörtchen "says" nicht mag, im Rahmen eines Dialogs. (Korrekt wäre z.B.: "Do the deed," says A. -- "Which one?" inquires B.) In den vorhergehenden Kapiteln tut er alles bar sich auf den Kopf stellen, dieses Verb zu umgehen, durch Auslassung oder Nutzung anderer Wörter (wie eben "inquires"). Nun ab dem - und im - 7. setzt er stattdessen nun oft "sez" ein. Nach dem Motto: Das korrekte "says" benutzen ist uncool und klischeehaft; also benutze ich eine missbuchstabierte NYC-Straßenversion um cool zu wirken.
Auch wenn ich die englische Ausgabe nicht kenne, stimme ich dir bei der Einschätzung, mit einer "geglätteten" deutschen Ausgabe, zu. In der gab es keine Verkürzung bei "says" oder "sagte", auch wenn mir keine wirklich gängige und coole Verkürzung für "sagte" einfällt.
#25
Geschrieben 14 Mai 2016 - 01:18
Zu Pynchons Verfahrensweise mit Verben bei der direkten Rede: Besonders im Deutschen ist es vermutlich schlechter Stil, wenn man bei nachzusetzenden Verben allzu originell sein möchte:
Zum Beispiel kann „höhnte, zischte, murrte, brummte“ - je nach Kontext - trivial wirken. Andere Wörter wirken auch „nur“ gesucht oder aufgesetzt. Vielleicht ist in diesem Fall die „Glättung“ bei der Übersetzung sogar ein Vorteil.
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#26
Geschrieben 14 Mai 2016 - 08:47
@Trace/@Jakob: Je mehr ich lese, und insbes. ab Kapt. 7, hab ich den Eindruck, diese vielen kleinen rebellischen Anwandlungen Pynchons sind gewollt. Er will so schreiben wie er Lust hat und er bricht gezielt alle möglichen klassischen Stilregeln. Meine Beispiele decken ja noch nicht mal die Hälfte ab von dem, was sonst noch so zu sehen ist. Ich schätze, es macht ihm z.B. gewaltig Spaß, Goethes Prinzip einzusetzen ("Ich buchstabiere wie ich will"), und dabei seine wirklichen Fans stärker zu "inkludieren".
Insofern wäre es also nicht in Hrn. P's Sinne, dass der Übersetzer glättet. Aber für dt.-sprachige Erstleser ist es natürlich dann einfacher, und das finde ich mal ausnahmsweise in diesem Fall angebracht. Also auch von mir - ungesehen - Lob für die Übersetzung. (DIe ich mir jetzt allerdings nicht extra noch besorgen werde... )
P.S. @Trace re "UNIX": Mir ging es nur darum, dass Hr. P. es wohl uncool fand, statt "UNIX" eine Phrase wie "UNIX nerdspeak" oder so zu benutzen. Denn von einem Betriebssystem zu behaupten, es sei identisch mit seiner anbetenden User Community - und wie die reden - ist, nun, ein wenig zu kurz gegriffen, finde ich. So ähnlich als ob ich in einem Text schreiben würde, "LIB ist Beatles für 'Let it be'"...
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 Mai 2016 - 11:02.
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"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
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#27
Geschrieben 15 Mai 2016 - 09:35
Leider bin ich nicht wirklich dazu gekommen, meine Leseeindrücke zu kommentieren. Bin momentan irgendwo bei Seite 400, da ich doch in den letzten Wochen einige Zeit zugfahrend und damit lesend verbracht habe. Tja, was soll ich sagen? Vieles wurde von eurer Seite ja schon vortrefflich analysiert.
Bei einem Statement bin ich ganz schön zusammengezuckt:
Und irgendwie-mainstream-rebellische Puzzleliebhaber.
Da fühlte ich mich irgendwie ertappt.
Na ja, spannend ist für mich v.a. der 09/11 - Aspekt. "Bleeding Edge" ist mein erster Roman über dieses Thema. Deswegen hat es sich für mich schon gelohnt. Überfordert bin ich aber mit der IT-Sprache, da komme ich einfach nicht mit und überlese diverse Anspielungen und Erklärungen des Autors.
Was mir aber besonders gut gefällt, ist dass der Roman das Böse (z.B. Terror, Geheimdienstverbrechen, etc.) thematisiert, ohne eine entsprechende Sprache und Metaphorik zu verwenden. Das finde ich auf seine Art schon genial.
Danke auch an Simifilm für die überaus hilfreiche Erklärung zur Postmoderne.
Bearbeitet von Wrong, 15 Mai 2016 - 09:36.
#28
Geschrieben 16 Mai 2016 - 19:11
P.S. @Trace re "UNIX": Mir ging es nur darum, dass Hr. P. es wohl uncool fand, statt "UNIX" eine Phrase wie "UNIX nerdspeak" oder so zu benutzen. Denn von einem Betriebssystem zu behaupten, es sei identisch mit seiner anbetenden User Community - und wie die reden - ist, nun, ein wenig zu kurz gegriffen, finde ich. So ähnlich als ob ich in einem Text schreiben würde, "LIB ist Beatles für 'Let it be'"...
Das kann ich nachvollziehen. Aber bei mir funktioniert das unter "UNIX" (oder genauer einem Derivat) ...
Bei einem Statement bin ich ganz schön zusammengezuckt:
Da fühlte ich mich irgendwie ertappt. ... Überfordert bin ich aber mit der IT-Sprache, da komme ich einfach nicht mit und überlese diverse Anspielungen und Erklärungen des Autors.Und irgendwie-mainstream-rebellische Puzzleliebhaber.
Das trifft sich doch gut. Für dich ist das Buch also auch lesbar, wenn man nicht so viel von der IT-Sprache versteht? Immerhin ist ja der Titel "Bleeding Edge" und in einem großen Teil des Buches geht es um IT-Zeugs oder eine gewisse Lebensweise die damit verbunden ist oder von Außenstehenden damit verbunden wird.
#29
Geschrieben 17 Mai 2016 - 06:41
Was ich persönlich sehr spannend fand, waren gewisse Ähnlichkeiten zu Otherland nur mit dem Unterschied, dass Pynchon so etwas wie Second Life vor dem Schreiben gekannt hat.
Gerade bei der Beschreibung virtueller Welten schufen Williams und Pynchon ähnliche Erlebnisräume, die sich überhaupt nicht mit meinen eigenen Erfahrungen decken. Bei Pynchon vermute ich da tatsächliche Unkenntnis. Der größte Teil des IT-Backgrounds dürfte angelesen sein.
Aber davon abgesehen, fand ich den IT-Kram gar nicht so spannend. Das olfaktorische Ermitteln gefiel mir viel mehr.
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#30
Geschrieben 23 Mai 2016 - 19:41
So, ich bin mit dem Buch durch.
Irgendwie war ich vom Ende etwas enttäuscht. Es blieben mir zu viele Dinge unaufgelöst. Ich kann mir zwar vorstellen, dass dies Teil des Stils ist aber irgendwie war es für mich halt unbefriedigend.
Ich frage mich immer noch was es mit dem Gang hinter dem Weinkeller von Mr. Ice auf sich hat. Mir fehlt auch so etwas wie die Darstellung, was Mr. Ice eigentlich beabsichtigt hat. Wollte er wirklich einfach nur Internetkabel kaufen?!? Keine Ahnung. Ich hatte nie das Gefühl als gäbe es eine Macht (gut oder böse sein mal dahin gestellt) die irgendwas vor hat oder lenkt.
Das ist etwas schade, aber wahrscheinlich ist das Teil dieser Stilrichtung. Es scheint zwar in den dunklen Ecken hier und da etwas Magisches (z.B. das leuchtende Etwas im Gang hinter Ices Weinkeller) oder Phantastisches (z.B. Marvin - der immer hilfreiche Lieferbote) zu geben, aber die Geschichte findet insgesamt und bleibt auch die ganze Zeit auf dem flachen und "auserzählten" Boden der Realität.
Schön finde ich, die vielen wunderbar beschriebenen und auch gut aufgebauten, kuriosen Figuren. Ganz vorn steht dabei in meinen Augen - Maxine.
Sie ist wirklich eine wunderbare Figur. Ich mag die Darstellung ihrer verschiedenen Gedankengänge und auch wie sie hier und da Abzweigungen nimmt und sich selbst ermahnt. Sie ist auch echt smart und taff (Beretta und Schießstandmitgliedschaft). (Für mich ist sie eine gute Kandidatin für die nächste Runde bei SFNSDSSFS.)
Es ist wohl wirklich ein Buch für irgendwie-mainstream-rebellische Puzzleliebhaber.
Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Lesezirkel, Neuerscheinungen, Thomas Pynchon, Bleeding Edge, Mai 2016
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