Leseliste Februar 2009
T.H. Leseliste 2009 Helmut Krausser
Diana Sasse: "Doudou der Poilu" - die Hefte 1 & 2.
Das sind schon ziemlich seltsame Geschichten, über "Pferdedeutsche", Zentauren und Menschenartige mit Pferde-Ohren und -Schwänzen, die nach dem 1. Weltkrieg wild, mitunter aber auch als Haustiere bei den Menschen, in Lothringen und im Elsass leben und ihre Abenteuer erleben.
In Band 1 werden Wildboches vor dem Tod als Schlachtvieh gerettet. In Band 2 entflammt Zorn angesichts eines seltsamen Hains des Bösen. Da legt sich der Held mit einem Frosch an, der sich als Anführer einer antifranzösischen Widerstandstruppe entpuppt.
Sowohl die Stories als auch die Zeichnungen haben einen deutlich "weibliche Handschrift", wirken romantisch, sind aber gleichzeitig außerordentlich skurril. Irgendwie toll.
8 / 10 Punkte
Helmut Krausser: "Schmerznovelle" - Hörbuch, gelesen vom Autor.
Das Buch hatte mich seinerzeit sehr gefesselt. Ist ja recht kurz, so dass die vollständige Lesung auf 4 CDs passt.
Das Ganze ist ein Psychopathologisches Drama, wobei die psychopathologische Erkrankung selbst Gegenstand der Erzählung ist. Da will ich nicht zuviel verraten, sonst müsste ich für potentiell Interessente die Spoilerfunktion verwenden (die, seit mal ehrlich, doch nur erst recht animiert, nachzusehen, oder?).
Da ich die Story ja schon kannte, fielen mir jetzt verstärkt die zahlreichen Andeutungen vor der Offenbarung des eigentlichen psychopathologischen Problems auf. Na ja, vielleicht hat der Autor sogar zu sehr darauf den Plot ausgerichtet...
Aber es ist - wie so oft bei Krausser - nicht nur diese eine Sache, die die Story ausmacht. Im Grunde ist es eine Midlifecrisis-Geschichte eines Mannes seines (also auch meines...) Alters, die - zumindest mich als Gleichaltrigen - ziemlich berührte.
Also neben viel Lebensweisheit auch eine gehörige Portion Spannung, etwas horribles Kribbeln bei bestimmten Szenen und sogar ein Krimi, auch wenn die Lösung bzw. Auflösung des Falls eher unortodox ist (es wird ja sozusagen eine Art Doppel[Selbst]Mord durchgeführt).
9 / 10 Punkte
Viktor Pelewin: "Das fünfte Imperium" - ein Vampirroman.
Eigentlich bin ich ja Pelewin-Fan, aber der Bonus ist nun fast aufgebraucht, das muss ich nach der Lektüre von „Das fünfte Imperium“ leidvoll gestehen.
Das Buch erschien ja im Deutschen in einer Zeit, da der Buchmarkt quasi von Vampir-Romanen überquillt. Nun kann man von P. sicher keinen 08/15-Vampir-Thriller oder -Liebesschnulze etc. erwarten, das hatte ich auch nicht. Aber ich habe einen „richtigen“ Roman erwartet, also so einen längeren Text mit richtiger Handlung, tollen Figuren, bei P. mit viel Aussage, eine oder vieles messages.
Gabs aber alles irgendwie nicht...
Der Text berichtet, wie ein junger Mann zum Vampir wird, was Vampire sind, was sie lernen und tun müssen - also insgesamt so etwas wie ein Hintergrund-Konzept für einen Vampirroman.. Das alles erzeugte keine Spannung, nicht mal der Konflikt mit einem älteren Vampir, den der Held in einem dann sehr laschen Duell ausfechten musste.
Das mit den Botschaften, Lebensweisheiten und besonderen Ansichten, für die man sicher P. liebt, bleiben hier auch eher dünn gesät; vielleicht konnten sie mich auch nur nicht erreichen: Wir Menschen glauben nur, die Krönung der Schöpfung zu sein. Habe ich irgendwo schon mal gelesen...
Hat Pelewin sein Feuer verschossen? Nach dem Werwolf-Roman, den ich nicht mal richtig zuende lesen konnte und der auch nicht so dollen Adaption einer griechischen Sage, war dieses Buch sicher schon etwas besser, aber nach meinem Dafürhalten überhaupt nicht zu vergleichen mit „Omon“, „Das Leben der Insekten“ oder gar „Buddhas kleiner Finger“! Ich habe mich ziemlich durchgequält.
Wertung in meiner
2 / 10 Punkte
Isabel Kreitz: "Die Sache mit Sorge. Stalins Spion in Tokio" - 255 Seiten graphic novel aus dem Hause Carlsen.
Na, das war doch mal was! Ein historischer Comic, feine Belistift (-artige) Zeichnungen, die die weibliche Hand, die sie erstellt haben, spüren lassen, eine sehr interessante, fast beiläufig erzählte Story, die ihre Spannung nicht aus unmittelbarer Spionage-Thrillerei erhält, sondern sich langsam aus der exaltierten Persönlichkeit des titelgebenden Helden entwickelt.
Dr. Sorge war ja ein "Held" in dem Land, in dem ich groß geworden bin, der Name war geläufig, aber eigentlich wusste ich nicht viel von ihm. Der Kerl war sicher auch kein "Vorzeige-Kommunist", wurde mir aber beim Lesen und Gucken wegen seiner Schwächen richtig sympathisch: Säufer, größenwahnsinnig, innerlich total einsam; eigentlich ein kaputter Typ... Überhaupt sind die Leute, die da in der deutschen Botschaft in Tokyo um 1941 lebten, allesamt nicht einspurig. Also wirklich sehr interessant!
10 / 10 Punkte
"Rahan. Held der Vorzeit - Nr. 3: Am Fluss der rächenden Geister" (keine Angabe, wann es gedruckt wurde und vor allem wer es zeichnete und schrieb)
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Ein Kindertraum! Da waren mal französische Schüler an meiner Schule (was in unserem Dorf, wo ich aufwuchs und zudem in der ollen DDR nicht gerade alltäglich war). Als sie wieder weg waren, fand ich in einem Gebüsch ein halbes Comic-Album: RAHAN, natürlich auf Französisch. Machte aber nichts. Das Teil war toll!!! Ein tarzanartiger Typ in einer seltsamen Urzeit, wo es neben Säbelzahntigern auch Flugsaurier gab und die Urmenschen sehr schöne, langhaarige Leute waren, die alle älter als der Held aussahen. Ich war fasziniert!
Dieses Wrack von einem Comicalbum ist längst verschwunden. Aber mitunter musste ich immer mal daran denken. Und heute gibt es das Internet. Da hab ich nicht schlecht gestaunt, dass es wohl auch eine (bundes) deutsche Ausgabe gab. Ein knapp 100-seitiges Büchlein habe ich mir mal geordert; war nicht teuer, ist auch recht gut erhalten. Allerdings im Taschenbuchformat, nicht die Albumgröße, die ich kannte, dafür aber doch vierfarbig... Ich freue mich wie ein kleines Kinfd. Muss es schnell lesen!
keine Wertung...
John Brunner: "Zeiten ohne Zahl" - Alternativhistorisches Meisterwerk!! Die Spanier hatten 1588 gegen die Engländer gewonnen und sind im 20. Jahrhundert die Nr. 1 im Westen. Es gibt zwar noch Sklaverei, dafür sind einige Indianer ganz groß im Geschäft. ABER: Es gibt ja die Zeitreise, und da kann alles noch ganz anders kommen...
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10 / 10 Punkte
Daniel Kehlmann: "Ruhm" - im Vorfeld hochgelobt, was ja dem Autor ja leicht auf die Füße fallen kann; tuts aber nicht; Kehlmann ist ein Könner! Ziemlich melancholische Stories um Verluste, die oftmals im Tod enden.
9 / 10 Punkte
Edgar Allan Poe: "Die Abenteuer Arthur Gordon Pyms"
7 / 10 Punkte