So unterschiedlich können Meinungen sein, siehst du, mir Vermessenheit zu unterstellen halte ich für inakzeptabel.
Vielleicht müssen wir uns erst einmal auf eine Definition des Begriffs einigen: In meinen Augen bedeutet vermessen, dass man etwas von oben herab be- bzw. verurteilt. So habe ich deine Aussage, es wäre peinlich, sein eigenes Werk vorzuschlagen, aufgefasst.
Du hast alles Recht der Welt, das anders zu beurteilen als ich. Genau so erwarte ich aber dass du meine Meinung respektierst, weil du nicht die Deutungshoheit für den Begriff "peinlich" besitzt.
Natürlich darfst du deine Meinung äußern, es war schließlich keine Aussage, die in irgendeiner Weise gegen die Forenregeln verstoßen hätte. Aber da ich nun mal zum Moderatorenteam gehöre und damit darauf zu achten habe, welches Bild das SFN nach außen vermittelt, hielt ich es für wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich bei deiner Äußerung um eine Einzelmeinung handelt, die nicht die Ansichten der Forenleitung widerspiegelt.
Ich erkläre dir gerne, was man aus meiner Sicht daran peinlich finden kann. Ich denke es gibt hier im Forum mehr als genügend Möglichkeiten für Autoren, auf ihre Werke hinzuweisen bzw. diesen Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ein Thread der "Neuerscheinungslesezirkel" heißt, hat eine andere Intention. Die Intention dieses Threads ist es, dass mehrere sich auf ein neu erschienenes Buch einigen, um es zu lesen und sich hier darüber auszutauschen. Der Thread hat für die User einen Doppelnutzen: Man kann man sich prima über Bücher, die man noch nicht kennt, informieren; und manche lesen darüber hinaus noch anschließend mit. Man darf davon ausgehen, dass ein Autor der sein Buch hier vorschlägt, selbiges bereits kennt. Die Intention, das Buch in diesem Thread dennoch vorzuschlagen, muss also eine andere sein, als es gemeinsam zu lesen. Werbung? Renommee? Uns ein tolles, unbekanntes Buch vorstellen, was wir noch nicht kennen? Ich vermute, diese drei Punkte lassen sich gar nicht voneinander trennen. Und da es dem Geist des Threads aus meiner Sicht widerspricht, und es genügend Möglichkeiten gibt hier anderswo Werbung für sich zu machen, finde ich es peinlich, sein eigenes Buch hier im Thread zu präsentieren.
Es stimmt durchaus, dass die Möglichkeiten, Werbung für das eigene Buch zu machen, auch andersweitig gegeben sind. Eigentlich sind es sogar bessere Optionen, denn ein Lesezirkel ist eine sehr wacklige Werbeplattform (siehe Trurls Beitrag #26). Wenn das Buch nämlich tatsächlich gewählt wird, verlieren solche Dinge wie Renommee, Coverdesign oder Werbebotschaften auf der Rückseite ganz schnell ihre Bedeutung. Ab dann zählt nämlich nur noch der Inhalt. Doch was ist, wenn ein Autor genau daran interessiert ist - am Austausch über den Inhalt? In einem Werbethread bekommt man nämlich nicht oft Rückmeldungen und etwaige Diskussionen können manchmal schon daran scheitern, dass zwei Leser das Buch im Abstand von einem Jahr lesen. Ein Lesezirkel bietet jedoch im besten Fall genau eine solche Möglichkeit: Man kann zeitnah die unterschiedlichen Meinungen verschiedener Leser erfahren und hören, was ihnen gut und was weniger gut gefällt. Ich denke, jeder ernsthafte Autor hat ein Interesse daran, dieses Feedback zu bekommen, wobei sich die Ernsthaftigkeit bzw. Professionalität eines Autors dann daran messen lässt, wie er mit der Kritik (die es zweifellos geben wird) umgeht. Wer sich dem gewachsen fühlt, darf doch gern sein eigenes Werk zur Diskussion stellen. Das kann für die Leser ja sogar den Vorteil haben, einen Einblick in den Schaffensprozess zu bekommen. Ich denke da zum Beispiel an einen Lesezirkel vor einiger Zeit, bei dem Andreas Brandhorst hier Rede und Antwort gestanden hat. Ich finde, so etwas kann eine Bereicherung sein.
Deinen Grund, warum das nicht peinlich ist, ist für mich etwa überhaupt nicht nachvollziehbar. Du schreibst dazu ja oben, dass aktive Mitglieder sich durch ihre Aktivität das Recht erworben hätten, in diesem Thread Werbung zu betreiben, was aber nicht für solche gälte, die sich hier gerade neu angemeldet haben. Es geht doch hier im Thread um das Buch, was gelesen werden soll.
Es geht weniger um ein Recht, dass man sich erwirbt, als vielmehr um die Tatsache, dass die anderen Foristen den Autoren lange genug kennen, um zu wissen, was er damit bezweckt. Bei einem neuangemeldeten Nutzer, der bisher nur einen Werbethread für sein Buch erstellt hat, ist es schwer einzuschätzen, ob hinter dem Vorschlag mehr als bloße Werbung steht, verbunden mit der irrigen Vorstellung, in einem Lesezirkel dann über den grünen Klee gelobt zu werden. Bei einem langjährigen Foristen, der sich zu vielen Themen und auch zu Werken anderer Autoren geäußert hat, kann man erwarten, dass er tatsächlich an einer Diskussion (s.o.) interessiert ist. Deshalb auch mein Beispiel mit den D9E-Lesezirkeln. Dort haben sich die Leser mit den Autoren und dem Verleger ausgetauscht, und das durchaus auch kritisch. Wäre ein solcher Zirkel reine Bauchpinselei, wäre das hochgradig langweilig und hätte auch keinen Mehrwert. Aber ich behaupte - auch ohne Frank persönlich zu kennen -, dass er lange genug dabei ist, um zu wissen, wie der Hase läuft. Wenn er sein Werk also zur Wahl stellt, wird dahinter mehr als eine Werbeabsicht stehen.
Auf inhaltlich-sachliche Argumente freue ich mich, die mir helfen, deine Meinung zu verstehen, auch wenn ich sie vielleicht immer noch nicht teilen werde.
Ich hoffe, die konnte ich dir damit liefern.