Dave Eggers - Der Circle
#1
Geschrieben 28 August 2014 - 21:59
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#2
Geschrieben 31 August 2014 - 23:21
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#3
Geschrieben 01 September 2014 - 19:07
#4
Geschrieben 01 September 2014 - 19:50
Das freut mich, Klaus. Von Eggers kannte ich bislang nur A Hologram for the King, ein wirklich feiner, geistreicher Roman. Diese Rezension bringt es trotz aller Kürze meiner Meinung nach recht gut auf den Punkt.Ich hab das Buch daheim, werde dann auch mal mit-lesen. (Bisher fand ich Eggers immer ziemlich klasse.)
Der Circle habe ich soeben begonnen zu lesen ... Noch herrscht für die Protagonistin eitel Wonne und Sonnenschein ...
Bis bald!
Jakob
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#5
Geschrieben 01 September 2014 - 20:48
/KB
Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."
(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")
#6
Geschrieben 02 September 2014 - 16:20
Das freut mich, Klaus. Von Eggers kannte ich bislang nur A Hologram for the King, ein wirklich feiner, geistreicher Roman. Diese Rezension bringt es trotz aller Kürze meiner Meinung nach recht gut auf den Punkt.
Das »Hologramm« hab ich auch rezensiert; ein wenig ausführlicher allerdings. Hier:
http://www.perry-rho...ave-eggers.html
#7
Geschrieben 03 September 2014 - 07:14
#8
Geschrieben 03 September 2014 - 09:44
Danke für den Link, Klaus. Deine Eindrücke, die Du in Deiner Rezension schilderst, decken sich weitgehend mit denen, die ich beim Lesen empfunden habe. Jetzt bin nur neugierig, ob Eggers diesen durchwegs unterhaltsamen aber nie seichten Stil auch bei The Circle drauf hat". Nach bisher bloß 10 Seiten Lektüre ist es sicher etwas früh, darüber zu befinden. Ich glaube allerdings schon jetzt eine sanfte, unaufdringliche Ironie zu entdecken ... abwarten ...Die Begeisterung mit der die Mitarbeiter die Vorstellung der SeeChange Kamera aufnehmen, finde ich ziemlich unrealististisch. So dumm-naiv kann doch niemand sein, um die einseitige Propaganda zu glauben, mit denen Bailey diese Kamera anpreist.
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#9
Geschrieben 03 September 2014 - 11:51
Gut möglich, dass Eggers die Handlung ironisch überzeichnet. Das wäre allerdings weder sanft noch unaufdringlich.Nach bisher bloß 10 Seiten Lektüre ist es sicher etwas früh, darüber zu befinden. Ich glaube allerdings schon jetzt eine sanfte, unaufdringliche Ironie zu entdecken ... abwarten ...
Lesen wir weiter und warten ab, was passiert.
#10
Geschrieben 03 September 2014 - 14:53
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
#11
Geschrieben 04 September 2014 - 16:31
#12
Geschrieben 07 September 2014 - 20:00
Bearbeitet von T. Lagemann, 07 September 2014 - 20:05.
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
#13
Geschrieben 09 September 2014 - 20:04
#14
Geschrieben 09 September 2014 - 20:12
Seite 331 - ich stelle das Lesen ein, weil ich total gelangweilt bin. Dave Eggers ist nicht vom Orm durchströmt und das Leben ist zu kurz um langweilige Bücher zu lesen.
Irgendwie hatte ichs geahnt. Viel bedürfnis zu schreiben scheinen deine Mitlesenden ja auch nicht zu verspüren.
#15
Geschrieben 09 September 2014 - 20:28
Ich würde gerne etwas zu meinen Eindrücken sagen, aber dafür brauch ich immer ein wenig Zeit und die hab ich aus gewissen das Forum betreffenden Gründen gerade nicht.Irgendwie hatte ichs geahnt. Viel bedürfnis zu schreiben scheinen deine Mitlesenden ja auch nicht zu verspüren.
Allerdings kann ich schon mal soviel sagen, dass ich (Stand: 148 Seiten) keineswegs gelangweilt bin. Ich habe im Gegenteil sogar recht viel Spaß an der Lektüre. Nicht, weil der Roman besonders spannend wäre, das ist er nämlich nicht, aber weil ich die absurden Szenen beim Circle köstlich finde. Das ist so überzeichnet, dass es immer wieder für einen Lacher gut ist (siehe bspw. Tobias' Verweis auf Alistairs Portugal-Brunch).
"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"
#16
Geschrieben 09 September 2014 - 21:23
Geht mir ebenso. Obwohl man den Roman inzwischen nicht mehr als reine Satire lesen kann, wie ich es Anfangs fast vermutet habe.Allerdings kann ich schon mal soviel sagen, dass ich (Stand: 148 Seiten) keineswegs gelangweilt bin. Ich habe im Gegenteil sogar recht viel Spaß an der Lektüre. Nicht, weil der Roman besonders spannend wäre, das ist er nämlich nicht, aber weil ich die absurden Szenen beim Circle köstlich finde. Das ist so überzeichnet, dass es immer wieder für einen Lacher gut ist (siehe bspw. Tobias' Verweis auf Alistairs Portugal-Brunch).
So bis Seite 200 ungefähr, war ich von der eigentlichen Handlung eher gelangweilt. Manches ergab keinen rechten Sinn, aber inzwischen zeichnet sich klar ab, worauf der Roman abzielt und das finde ich spannend zu lesen. Zuerst dachte ich: das kann ja nicht wahr sein was in dieser Firma abgeht! Das sch...freundliche Verhältnis der Kollegen untereinander und das der Chefs zu ihren Untergebenen. Dieses Klima des wir haben uns alle so lieb hier, wofür auch die Szene mit Mae, Alistair und Maes Chef (der Portugal-Brunch), symptomatisch steht und das eher wie eine Karikatur oder Satire auf das berühmte Team-Building wirkt als tatsächliche Realität. Dahinter steckt aber (inzwischen weiß man es) viel mehr; nämlich, die eigentliche Strategie des Circle, welche nichts weniger als die Umgestaltung der gesamten Gesellschaft zum Ziel hat.
Die Schlüsselszene dazu ist das Gespräch Maes mit Eamon Bailey, wo es um den Gegensatz von Privatheit und Öffentlichkeit geht und dass alles Private eigentlich Diebstahl an der Gemeinschaft ist. Da wurden starke Aussagen gemacht, die mich stutzig gemacht haben.
Und darüber, inwieweit dies überhaupt zutrifft, lohnt es sich schon ein wenig zu reflektieren.
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 09 September 2014 - 21:24.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
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• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#17
Geschrieben 10 September 2014 - 20:03
es gibt wiederholt Szenen, die mich an stalinistische Schauprozesse erinnern. O ja, ich habe gefehlt, sagen die Angeklagten, bereuen zutiefst und geloben, bessere Menschen zu werden - und ab mit ihnen nach Sibirien oder vors Erschießungskommando. Auch Mae bereut viel und oft, gesteht ihre Verfehlungen und - nix Sibirien - lebt immer transparenter. Wenn man Menschen so weit hat, dass sie nicht nur freiwillig gestehen, sondern auch ihr Verhalten ändern, wow. Ist natürlich überzeichnet, aber auf eine nachdenklich machende Weise. Denn, hüstel, bei fb gibt es nur einen like Button, keinen dislike Button. Natürlich kann man im www auch seinen Unmut kundtun, mit Online Petitionen. Gegen Diktatoren, die EU oder die Maut. Und natürlich Massentierhaltung. Und wehe, man unterschreibt nicht. Oder, tataaaa, man macht nicht mit bei diesem Eiswasser-übern-Kopf-schütten-und-spenden ... Ist ja für einen guten Zweck. Und all die Begossenen so putzig.
Und jetzt Apple mit der Uhr, die chic Daten misst,
Wir sind auf dem Weg
Viele Frowns
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
#18
Geschrieben 10 September 2014 - 23:05
#19
Geschrieben 11 September 2014 - 07:44
Und jetzt Apple mit der Uhr, die chic Daten misst,
Wir sind auf dem Weg
Viele Frowns
Tobias
Da hatte der Postillon einen netten Kommentar.
http://www.der-posti...heilt.html#more
#20
Geschrieben 11 September 2014 - 07:57
Ich bin mit meiner englischen Ausgabe jetzt fertig.
Heißt Mae's Freundin, die die ihr (Mae) den Job verschafft hat, in der deutschen Ausgabe Ellen? Bei mir ist es Annie. Warum wird wohl so eine Kleinigkeit geändert?
Sie heißt in der deutschen Ausgabe auch Annie.
Alles nur noch gehorsame Menschen ohne Individualität. Das eigentlich gruselige ist, dass sie das alles freiwillig machen.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein alter Film von John Carpenter ein: "Sie leben". Die Botschaften dort lauten "Arbeite", "Kaufe", "Gehorche", "Schlaf weiter".
Susanne
#21
Geschrieben 11 September 2014 - 10:49
Ich bin - leider gibt es keine Kapitelnummern oder so - in meiner Ausgabe (von Penguin, mit dem kreisrunden Loch im Cover) erst auf Seite 30 angekommen. Die Prosa ist Ok, obwohl manchmal semantisch etwas holprig - da ist z.B. die Rede von "der" Ecke des Campus, also ob er nur EINE Ecke hätte, wie ein Baseballfeld. Die große zu schluckende Kröte war bisher diese Sache mit TruYou - also fast absolute Abschaffung des Datenschutzes, gekoppelt mit dem Sog einer beliebten Website.
Ansonsten erinnert mich vieles an der Circle-Firma an Google, u.a. dass der "Hirn"-Geek-Gründer einen osteuropäisch-klingenden Nachnamen hat.
P.S.: Mit der Feuerwehrrutsche ist ein relativ offensichtlicher Ort für einen temporeichen Action-Höhepunkt hingelegt worden...
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 11 September 2014 - 10:50.
/KB
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#22
Geschrieben 11 September 2014 - 11:22
Schön zu wissen, dass dies auch im Original nicht besser ist. Ich finde den Roman sprachlich auch etwas uneben, solide ja, aber nicht gerade "literarisch". Kein Vergleich mit David Mitchell, um nur ein Beispiel eines Schriftstellers zu nennen, der mir sprachlich sehr gut gefällt.Die Prosa ist Ok, obwohl manchmal semantisch etwas holprig
Stimmt. Richtig spannend wird es nie. Mir fehlen zwar noch 100 Seiten bis zum Ende, aber ich glaube nicht, dass die Spannungskurve noch entscheidend angehoben wird. Obwohl ich glaube, dass es gar nicht Eggers Absicht gewesen ist, aus dem Thema einen spannenden Thriller zu produzieren. Er wollte wohl vielmehr am Beispiel Maes zeigen, wie leistungsbereite und idealistisch eingestellte Menschen sich von scheinbar positiven Ideen verführen lassen und ihr rationales Denken dabei ausschalten. Wobei man sagen muss, dass Mae dafür, dass sie angeblich eine intelligente Frau ist, mir etwas zu blauäugig, um nicht zu sagen doof, erscheint, um wirklich glaubwürdig zu sein. Genauso wie der ganze Rest des Circle.Insgesamt betrachtet, ist das Buch für mich nicht sehr spannend. Erst auf den letzten 100 Seiten wird es etwas spannender aber sonst ... na ja. Es gibt keinen wirklichen Spannungsbogen. Trotzdem finde ich das Buch recht unterhaltsam.
Ich erhoffe mir für den Abschluss des Romans eigentlich nur, dass Mae endlich aus ihrem Traum aufwacht und kapiert, dass sie vom Circle und ihren Chefs nach Strich und Faden manipuliert wurde. Inzwischen nervt ihre Begriffsstutzigkeit. Ich finde auch, dass der Siegeszug des Circle, die allgemeine Akzeptanz der Transparenzideologie in der Gesellschaft, die ja wie eine Epidemie um sich greift, etwas zu glatt und widerstandlos verläuft. Dass der Widerstand im Circle auch unter den Führungskräften so gering ausfällt, kann man noch begründen. Der Circle ist ja fast so etwas wie eine Sekte, die versucht ihre Mitarbeiter mit ihren All-Inklusiv-Angeboten auch als Personen komplett zu vereinnahmen. Aber es verwundert, dass auch außerhalb des Circle wenig Widerstand gegen die Transparenz-Ideen des Circle aufkommt, die ja massiv in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen eingreifen, wie das verfassungsmäßig gewährte Recht auf die Unversehrtheit der Privatsphäre. Man hört zwar auch von einigen warnenden Stimmen, in der Politik und der übrigen Bevölkerung, aber die sind in der Minderheit und werden als selbstsüchtige Querulanten diffamiert, die den großen positiven Nutzen nicht sehen wollen. Das scheint dann doch etwas optimistisch gedacht.
es gibt wiederholt Szenen, die mich an stalinistische Schauprozesse erinnern. O ja, ich habe gefehlt, sagen die Angeklagten, bereuen zutiefst und geloben, bessere Menschen zu werden - und ab mit ihnen nach Sibirien oder vors Erschießungskommando. Auch Mae bereut viel und oft, gesteht ihre Verfehlungen und - nix Sibirien - lebt immer transparenter. Wenn man Menschen so weit hat, dass sie nicht nur freiwillig gestehen, sondern auch ihr Verhalten ändern, wow.
Die wahre Kontrolle besteht in der Selbstkontrolle. Und wenn das alles auch noch freiwillig geschieht und die Öffentlichkeit dabei zusieht, dann braucht es auch keine geheimen Überwacher mehr, keine Stasi oder NSA. Dann ist die Kontrolle total.Alles nur noch gehorsame Menschen ohne Individualität. Das eigentlich gruselige ist, dass sie das alles freiwillig machen.
Das perfide am System des Circle ist ja eigentlich, dass alles vorgeblich im Namen der Freiheit und Demokratie und zum allgemeinen Wohl des Menschen geschieht. Alles was der Circle entwickelt, produziert und auf den Markt wirft, soll das "Leben" vereinfachen. Aber es soll auch die Menschen leistungsfähiger und damit funktionsfähiger machen. Und das bereits von Kind auf. In dem der Circle Geräte entwickelt, die die Körperfunktionen überwachen und optimieren. Damit geht es den Forschungsprogrammen des Circle im Grunde nur um Leistungssteigerung, Effizienzsteigerung und nicht zuletzt um Kosteneinsparung. Damit hat der Circle scheinbar alle rationalen Argumente auf seiner Seite um sein großes Ziel der Transparenz zu verwirklichen.
Doch was bleibt von der Freiheit noch übrig, wenn das Öffentlich machen von allem dazu führt, dass man am Ende sich nichts mehr zu tun getraut. Zum Beispiel etwas leicht Verrücktes. Aus Angst, dass das eventuell falsch ist oder von dem man glaubt, dass es nicht allgemein akzeptiert wird. Wenn dann eine Lappalie, wie das heimliche Ausleihen eines Kajaks in der Nacht, schon als Schwerverbrechen gebrandmarkt wird. Wenn jeder nur noch darauf achtet nicht anzuecken. Wenn aus selbstbewussten Individuen am Ende angepasste Duckmäuser werden, die nur noch das tun was von ihnen erwartet wird. Nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im (dann nicht mehr vorhandenen) Privaten.
LG Trurl
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#23
Geschrieben 11 September 2014 - 20:20
...
Ich finde auch, dass der Siegeszug des Circle, die allgemeine Akzeptanz der Transparenzideologie in der Gesellschaft, die ja wie eine Epidemie um sich greift, etwas zu glatt und widerstandlos verläuft. Dass der Widerstand im Circle auch unter den Führungskräften so gering ausfällt, kann man noch begründen. Der Circle ist ja fast so etwas wie eine Sekte, die versucht ihre Mitarbeiter mit ihren All-Inklusiv-Angeboten auch als Personen komplett zu vereinnahmen. Aber es verwundert, dass auch außerhalb des Circle wenig Widerstand gegen die Transparenz-Ideen des Circle aufkommt, die ja massiv in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen eingreifen, wie das verfassungsmäßig gewährte Recht auf die Unversehrtheit der Privatsphäre. Man hört zwar auch von einigen warnenden Stimmen, in der Politik und der übrigen Bevölkerung, aber die sind in der Minderheit und werden als selbstsüchtige Querulanten diffamiert, die den großen positiven Nutzen nicht sehen wollen. Das scheint dann doch etwas optimistisch gedacht.
...
LG Trurl
Das ist ja das Perfide an einem System, wie diesem. Einem System wie es ja auch schon von Huxley beschrieben wurde.
Das Böse ist leicht zu erkennen, wenn es als laute, schwarze Horde durch die Straßen zieht, Häuser anzündet, Menschen tötet und Bücher verbrennt. Aber wenn ein gut angezogener Geschäftsmann in einem großen glänzenden Wagen vorfährt. Dabei Geschenke für die ganze Familie mitbringt und sagt er möchte doch nur das Beste für alle und man müsse nur HIER unterschreiben, und dann wird alles gut. Dann wird es schon schwerer zu erkennen, wo die Gefahren lauern.
Ein Widerstand im Sinne einer lauten Revolte würde, von einem System wie hier im Buch, sofort vereinnahmt werden, als großes Event der Demokratie und und .. Es würde darüber geblogt und gezingt werden, es würde eigene Identifikationssticker geben und Gruppen die sich Treffen um ihren Widerstand zu bündeln, es würde eine "ganze Industrie" entstehen. Am Ende würde aber auch dieser Widerstand vom System aufgesogen werden und selbst ein Mittel der Unterdrückung oder Kontrolle.
Für diese Art von System gibt es nur Widerstandsmöglichkeiten, welche, aus meiner Sicht, im westlichen Weltverständnis eher nicht auftauchen oder als Widerstandsmöglichkeiten wahrgenommen werden. Eine ist wie im Buch die Flucht in ein "Wildreservat". Ich schreibe mit Absicht "Wildreservat" da dies ja auch eine der alternativen Gesellschaftsformen ist, die in "Schöne neue Welt" als das Andere oder ein möglicher Fluchtpunkt beschrieben werden. Eine andere Möglichkeit ist für mich, dass was Melville's Bartleby macht, ein einfaches aber bestimmtes "Ich möchte lieber nicht."
Das Wichtigste dabei ist aber gerade bei all diesen Handlungen nicht Werbung dafür zu machen, sondern es einfach zu machen und nicht ständig und allen, mehr oder weniger ungefragt, zu sagen oder zu schreiben was man da gerade macht.
Dies sind eher passive Möglichkeiten.
Eine aktive die mir da noch in den Sinn kommt, wäre das absichtliche Programmieren von Ausfällen und Fehler in die Algorithmen. Wenn jeder ein paar Sekunden warten müsste bis seine Nachricht abgeschickt wird und diese Zeit auch noch zunimmt mit jeder Nachricht die man versendet, dann würde das System zumindest gebremst. Damit es nicht gleich auffällt, kann man ja einen Algorithmus entwerfen, damit immer nur einen Teil der Nutzer betroffen ist und dies in einer recht willkürlichen Art, dann fällt es dem Unternehmen schwer die Fehler zu beheben und man würde einfach annehmen, das die Nutzer unfähig sind. Aber dafür braucht man Hilfe von Innen.
Aber absichtlich Fehler einbauen, um damit gewünschte, möglicherweise angenehmere, Sozialverhaltensweisen zu erzeugen, ist eine Form von Utopie.
#24
Geschrieben 13 September 2014 - 20:43
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
#25
Geschrieben 14 September 2014 - 08:22
Inzwischen kann ich dem Prosastil Einiges abgewinnen. Mich nervt der Yuppiespeak der kalifornischen Figuren - z.B. gerne immer wieder mal ein Satz der mit "So" beginnt - aber vielleicht wollte Eggers ja gerade den Eindruck von Yuppietum verstärken.
Seit meinem letzten Post oben gab es nun 2 weitere Kröten zu schlucken - beide machen die Protagonistin stark befremdlicher in meiner Wahrnehmung - und die erste ist die allergrößte bisher:
- Die Lolli-Kameras - zum Einen (kleineren) frage ich mich wie die genug Strom entwickeln um ständig ihr Bild an einen Satelliten zu funken (zw. heute und der Circle-Zukunft muss also jemand eine Wahnsinns-Akku-Technik entwickelt haben!), zum Anderen (größeren!) wie es sein kann, dass alle im Publikum der Vorführung von Bailey das als positiv sehen. Was ist, wenn Menschen NICHT jede Minute von ihren Freunden/Bekannten/Nachbarn überwacht werden wollen? Nun kann man argumentieren, dass das Publikum ja lauter ausgeprägte "Circler" sind, aber das wirft auch ein anderes Licht auf Maes Motivation, Teil davon zu werden, als nur die Verbesserung ihrer Joblage.
- Die "LuvLuv"-Vorstellung (heißt dieses Verabredungs-Hintergrund-Zusammensuch-App im Dt. auch so?) - als Mae einfach als Subjekt von ihrem "love interest" Francis öffentlich hergenommen wird, durchläuft sie eine (leider kleine) Phase der Empörung. Man kann also spekulieren, dass sie dort ein restliches Konzept von Privatsphäre anzapft. Das sie aber auch gleich wieder in Frage stellt, weil die benutzten Infos ja eh alle "online" verfügbar wären - m.a.W. wer bei TruYou (des Circles Facebook-Äquivalent) Mitglied ist, hat eine Pflicht (?) all seinen Kram der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen. Damit wäre (schon seit Jahren im Buch) die fortschreitende Reduzierung des Datenschutzes eigentlich schon längst da.
Damit scheint mir Eggers eine Zielgruppe im Auge zu haben, zu der ich - evtl. sogar viele dt. LeserInnen - nicht gehöre: Sind es hippe US-Teenies & -Yuppies? Wenn diese bis hierhin im Schnitt gelesen und Sympathie mit Mae entwickelt haben, bin ich doch etwas erstaunt, wie wenig Fantasie solche Leute dazu haben, wie absolute Durchleuchtung aller Bürger missbraucht werden kann. Dass man damit schnurstracks auf dem Weg ist zu einem faschistischen Polizeistaat.
Insofern finde ich auch den Vergleich mit 1984 unpassend, weil in Letzterem alles viel nachvollziehbarer war. (Ok, 1984 beschäftigt sich im Vergleich kaum damit, wie es zu der im Buch aktuellen Lage kam. Aber Orwell schrieb es ja als Warnung gegen totalitäre Systeme, die zu der Zeit v.a. von den Arbeiterklassen als Rache gegen extreme Ausbeutung durch die herrschende Elite vorgezogen wurden.)
Ich muss allerdings zugeben, dass ich "gehakt" bin, den Roman weiterzulesen. Nun, da auch gezeigt wurde, wie "lieb" der Circle sein kann. (Maes Vater und so...)
P.S.: Dass der Roman in einer gewaltigen Dystopie ausarten wird, ist m.E. durch diese 2 Endsätze eines Abschnitts von Egger schon früh angedeutet worden (bei mir unten auf S. 30)...
And it was natural that it was so, Mae thought. Who else but utopians could make utopia?
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 September 2014 - 08:53.
/KB
Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."
(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")
#26
Geschrieben 14 September 2014 - 20:44
Außerdem veräppelt Eggers m.E. die LeserInnen. Diese Sache mit dem "Zählen" der Sandkörner in der Sahara... Gibt es etwas Unüberprüfbareres? Wieso hebt das Ergebnis das Renommee des Circles? Ich fände es im echten Leben lächerlich, wenn z.B. Google sowas hinaus posaunt.
Und: PolitikerInnen, die Jahre lang ihr ganzes Leben aufnehmen, vom Aufstehen bis zum Zubettgehen, sind auch kaum fassbar. Was gäbe es da für Möglichkeiten, diese Person nachträglich über den Tisch zu ziehen mit irgendwelchen unbedachten Äußerungen des Alltags oder Geräuschen (z.B. auf dem WC)... Ein Nickerchen mitten am Tag wäre katastrophal. Das soll dann die clipsüchtige Welt da draußen auch alles immer mit Respekt behandeln? Warum machen sich die ge"clear"ten* Würdentrager im Buchplot damit nicht innerhalb weniger Wochen lächerlich?
Es scheint mir inzwischen wahrscheinlich, dass das Buch eigentlich eine Satire ist. Eggers rettet sich nach simuliertem ernsten Anfang in die Witzebene, damit er seine Zielgruppe nicht zu sehr verprellt. ("Der Autor kann ja nicht mich meinen - das ist ja Satire.")
Wer nimmt schon - außerhalb Deutschland - Datenschutz ernst?
(* Eggersscher Seitenhieb auf Scientology?)
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 September 2014 - 20:47.
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#27
Geschrieben 15 September 2014 - 11:04
Bearbeitet von Susanne11, 15 September 2014 - 11:06.
#28
Geschrieben 15 September 2014 - 12:46
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"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."
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#29
Geschrieben 15 September 2014 - 19:43
Figurenzeichnung ist für mich nicht wahrnehmbar. Ab der Schilderung der absolut widerspruchsfreien Reaktion Maes nach Brandons Aufforderung, alle Inhalte ihres (privaten!) Laptops ins Firmennetzwerk zu kopieren, habe ich die Lektüre abgebrochen und -- frei nach Brandons Anregung zur Entsorgung Maes Rechners -- das Buch in Richtung Altpapier entsorgt.
Dort ist es trefflich aufgehoben und liefert Rohstoff für Papier, das man für Zwecke aller Arten verwenden kann. Von der Nutzung für Körperhygiene bis hin zur Hochliteratur.
Der Menschen Leben ist zu kurz für das Lesen missratener Bücher.
(Edit): A Hologram for the King ist wirklich gut. Schreiben kann der Autor ...
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#30
Geschrieben 16 September 2014 - 22:07
Seite 331 - ich stelle das Lesen ein, weil ich total gelangweilt bin. Dave Eggers ist nicht vom Orm durchströmt und das Leben ist zu kurz um langweilige Bücher zu lesen.
Der Circle liest sich wie Chic Lit eines versierten Autors in Pseudo-Dystopie-Tarnung: Ich dachte anfänglich, es sei da Ironie dabei, allerdings jetzt nicht mehr ...
Figurenzeichnung ist für mich nicht wahrnehmbar. Ab der Schilderung der absolut widerspruchsfreien Reaktion Maes nach Brandons Aufforderung, alle Inhalte ihres (privaten!) Laptops ins Firmennetzwerk zu kopieren, habe ich die Lektüre abgebrochen und -- frei nach Brandons Anregung zur Entsorgung Maes Rechners -- das Buch in Richtung Altpapier entsorgt.
Dort ist es trefflich aufgehoben und liefert Rohstoff für Papier, das man für Zwecke aller Arten verwenden kann. Von der Nutzung für Körperhygiene bis hin zur Hochliteratur.
Der Menschen Leben ist zu kurz für das Lesen missratener Bücher.
(Edit): A Hologram for the King ist wirklich gut. Schreiben kann der Autor ...
Hach, wie ich diese abgeklärte Haltung bewundere. Zu Erkennen wenn es Schrott ist ... mmh.
Aber nun wieder etwas mehr zum Buch. Mich hatte bei deinem ersten Post mich auch schon ein wenig über die Anmerkung mit der Ironie gewundert. Auf mich wirkt das Buch nicht ironisch.
Interessant finde ich auch, wie weit die Ergebnisse unserer Abstimmung von all den positiven Bewertungen, auf dem Cover und auf den ersten Seiten meiner Ausgabe, entfernt sind.
Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Dave Eggers, Der Circle, Lesezirkel, Neuerscheinung
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