Angela & Karlheinz Steinmüller: „Pulaster“Der Roman wird demnächst bei Memoranda erscheinen. Wenn ich richtig zähle, ist das die vierte Publikation des Romans. Ist das sinnvoll? Ja, denn jetzt erscheint der Roman in der Werkreihe bei Memoranda.
Da das Buch wieder eine Vignette von mir zieren soll, habe ich ihn jetzt noch einmal gelesen. Erstmals tat ich das Ende der 80er, vielleicht sogar Anfang der 90er Jahre. Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall ist leider nicht sehr viel bei mir hängen geblieben. Das lag daran, dass er mich damals nicht so erreichte. Sicher hängt da auch mit der Umwälzungszeit damals zusammen; das gilt für fast alle Bücher, die ich damals las. Für mich waren da wichtiger: Studium, Beginn des Lehrerdaseins, Armee-Zeit, Wendezeit natürlich, Arbeitslosigkeit. Kein Nerv für gute Lektüre!
Jetzt las ich die Shayol-Variante. Und bin schlichtweg begeistert! Na, vielleicht musste das Buch reifen - oder ich? Auf jeden Fall ist es aus meiner Sicht ganz großartig gealtert.
Ich habe befürchtet, hier noch mal - unterschwellig, oder sogar vordergründig - eine Auseinandersetzung mit dem realexistierenden Sozialismus im SF-Gewand zu lesen. Ob mir das jetzt noch was geben würde? Doch selbst, wenn davon etwas enthalten ist, so „störte“ es mich jetzt keineswegs.
In der kleinen terranischen Kolonie auf Pulaster herrscht das strenge, hierarchische Regime der Flotte. So ein administratives System ist für so ein Unternehmen eigentlich normal, denke ich. Da man sich hier gegen eine überwältigende Natur behaupten muss, kann man sich eher nicht in Freiheit und / oder kommunistischen Verteilungsverhältnissen ausleben.
Interessant ist aber in dem Zusammenhang die zeitliche Dimension, in der „Entscheidungen“ durch die Flottenleitung gefällt werden. Da Flüge mit halber Lichtgeschwindigkeit bei den Entfernungen immer noch Jahrhunderte dauern, kann man sich kaum vorstellen, wie so eine Organisation vernünftig geleitet werden soll. Das wird im Roman auch thematisiert. Der Hintergrund dieser seltsamen Gesellschaft, in der Menschen aus verschiedenen Epochen auf diesem besonderen Planeten zusammentreffen und zusammenleben sollen, ist schon mal absolut faszinierend.
Im Mittelpunkt stehen aber die vernunftbegabten Saurer auf Pulaster, die Hreng. Und ein Mensch, ein Raumfahrer, der quasi auf Pulaster gestrandet ist. Er kann dort aus Gründen nicht mehr weg. Das nimmt ihn erst mal gar nicht für seine neue Heimat ein. Aber das wird. Und dieses Werden und seine Freundschaft zu einem Hreng, das in Bedrängnis gerät, dazu diese Dschungel-Welt mit dem Dauerregen, all das beschreiben die Autoren so überaus faszinierend.
Sie haben sehr viel Hintergrund geschaffen, die Welt, die Hreng, ihre Kultur, ihre Biologie (eingeschlechtlich), ihre Gesellschaft, die auf Fortschrittsverzicht basiert. Diese Kultur der Hreng, die irgendwann in ihrer langen Geschichte darauf verzichteten, sich aus ihren steinzeitlichen, urtümlichen Verhältnissen fortzuentwickeln, also z.B. auf Feuernutzung und Metallverarbeitung zu verzichten, damit aber im Einklang mit der üppigen Natur leben zu können, erscheint heute ja aktueller denn je.
Da es sich um Hard SF handelt, dürfen auch Physik und Kosmologie nicht zu kurz kommen. Es wird nach Dunkler Energie geforscht. Die „Zahl“ spielt eine große Rolle, also so eine Art Theorie von allem (†¦lautet die „Zahl“ nicht 42?). Und eine mysteriöse Hyper-Zivilisation, deren Spuren man nachjagt, aber deren man nicht habhaft wird, wabert so im kosmischen Hintergrund. Die „Außenzeitler“ sind sicher sowas wie die Wanderer bei den Gebrüder Strugazki, nehme ich mal an.
All das spielt eine große Rolle und dennoch bleiben sie bei ihren Figuren; die stehen im Mittelpunkt.
Einfach ein großartiger Planetenroman, der nach so viel mehr schmeckt. Na, ihr merkt, ich bin begeistert und möchte ihn daher einfach mal wärmstens empfehlen.; vielleicht ja ein bisschen warten, in 2021 erschient die Neuausgabe.
10 / 10 Punkte
Marianne Sydow: 4 x Terra AstraVon der Autorin gibt es, soweit mit bekannt, keine „richtigen“ Bücher. Sie schrieb Heft-Romane. Für mich gut: Sie schrieb auch außerhalb von Serien eigenständige Romane. Vier davon las ich nun am Stück. Für meine Leselisten-Abrechnung nehme ich die 4 Hefte mal als 1 Buch. Im Einzelnen waren das also folgende TERRA ASTRA-Hefte:
#220: „Affäre Interstar“2017 hatte ich das Heft schon mal gelesen und war recht angetan. Ist ja „nur“ ein Heftroman. Aber das gilt hier nicht, denn es ist kein Serien-Teilchen und auch keine eingekürzte Übersetzung, sondern halt eine eigenständige Geschichte. Ob es wirklich ein „Roman“ ist, sei dahingestellt. 2017 habe ich einfach Novelle dazu gesagt. (
alter Blogeintrag) Ich nehme also daher jetzt der Einfachheit halber an, dass diese Texte auch für den Umfang konzipiert waren, da extra so geschrieben; also nicht im Nachhinein eingekürzt. Bei Übersetzungen muss man ja davon ausgehen, nur das halbe Buch (oder so) zu lesen†¦
Damals versprach ich (mir in erster Linie), mehr von ihr zu lesen. Nun endlich also†¦
Aber zunächst noch mal dieses Heft. Es ist ein SF-Krimi, bei dem es um nicht mehr, nicht weniger als die Rettung der Menschheit vor dem Zugriff eines bösen Usurpators geht. Zumindest andeutungsweise.
In einem „Nachts im Museum“-Opening scheint es in einem Museum für außerirdische Artefakte und Naturkunde zu spuken. Die Nachtwächter nehmen jedenfalls seit geraumer Zeit regelmäßig Reißaus. Übrigens stimmt hier das Titelbild sogar: Ein hilfloser Mann inmitten von Monstren.
Der Fall soll von einem Privatdetektiv gelöst werden. Hinter der Affäre steht natürlich ein großes Ding. Es geht um eine Kristall-Mosaik-Wand, außerirdischer Herkunft. Die kann mehr als nur schön sein, wie wir erfahren. Ein skrupelloser Konzernboss wittert das große Geschäft mit einer Art Psycho-Waffe.
In erster Linie ist es ein rasanter Krimi. Die Figuren haben ihre Funktionen und herausgearbeitete Allianzen und Positionen zueinander werden im Laufe der Handlung in Frage gestellt und neu sortiert.
Nebenbei aber wird auch so eine für mich faszinierende Welt der Zukunft entworfen, in der mit wenigen Pinselstrichen, oder Worten, die Ausbreitung der Menschen in der Galaxis gezeichnet, in der sie viele fremde Welten mit interessanten Naturphänomenen, Tieren und sogar vernunftbegabten Wesen gefunden hat. Aber „wir“ sind keiner hochstehenden Zivilisation begegnet, nur den Hinterlassenschaften einer solchen. Wohin sie entschwand, weiß niemand. Vielleicht haben wir es nun mit ihnen zu tun? Oder ist das doch nur†¦ Die Antwort auf diese Fragen bekommen wir hier auf den 60 Seiten auch. Mir hat der Roman wiederum großen Spaß gemacht; ich bleibe bei den 2017 vergebenen 9 /10 Punkten.
#328: „Planet der Verrückten“Der Roman trägt auf dem Cover die Bezeichnung „Eine SF-Humoreske“. Das Cover passt auch wieder sehr gut zum Inhalt. Auf der Homepage von M. Sydow, der Villa Galactica, kann man die vollständige Version dieses Romans erwerben. Zumindest in diesem Fall ist das Heft die gekürzte Version des Romans. Allerdings erfolgte die Kürzung wohl nicht aus Platzgründen, sondern wegen inhaltlicher Fragen. Es gibt da wohl vor allem sexuelle Anspielungen, die im Terra Astra Heft dann nicht enthalten sind. Da ich den Roman als Heft las, kann ich mir sie zumindest vorstellen. Ob das aber wichtig für den Roman ist, weiß ich nicht, glaube ich aber auch nicht.
Also, da gibt es den Planten Harako. Auf dem leben ziemlich unkaputtbare, kleine, amorphe Aliens in paradiesischen, also vorzivilisatorischen Zuständen. Aber sie lernen schnell von den Menschen, leider scheinbar den ganzen Unsinn, wie Krieg und so was. Da sie aber mit vielen „Konzepten“ der menschlichen Natur und Zivilisation nichts anfangen können (Liebe, Scham, Tod), weil sie eben ganz anders sind, ahmen und spielen sie nur nach und das halt recht unsinnig und kurios.
Jedenfalls gibt es wohl eine Art galaktischen Rat der Zivilisation, die diese Entwicklung mit Sorge beobachtet.
Dazu kommt dann noch, dass ein Psychotherapeut, der einen recht miesen Ruf hat, dort helfen soll - und noch mehr verdirbt.
Das ist halt so ein typischer Roman über die Missverständnisse unterschiedlicher Kulturen, die wir auf der Erde oft genug erlebt haben und die hier ins Kosmische projiziert werden.
Ob das nun so lustig ist? Es gibt vor allem in der ersten Hälfte viel Schenkelklopferhumor aus meiner Sicht, also durchaus kuriose Situationen und die dazu passende Hilflosigkeit der Menschen. In der zweiten Hälfte wird für meine Begriffe der Ton ernster. Die Probleme treten mehr zutage. Es werden von der Autorin auch viel mehr Spitzen losgetreten gegen so eine überzogene Frohsinn- und Gesundheitspropaganda, die in Form des besagten Psychotherapeuten auf dem Planeten eintrifft und den alle unangenehm finden. Mit seinem selbstgemachten und natürlich grässlich schmeckenden Tee bringt er sogar ein echtes Problem mit auf den Planeten.
Der Roman ist dann halt so ein Plädoyer für die „erste Direktive“; man kennt das ja. Hübscher Roman, wieder mit etwas detektivischer Ermittlungsarbeit, ohne aber ein Krimi zu sein. Sowas scheint der Autorin aber zu liegen. Für mich waren das aber „nur“ 7 / 10 Punkte
#300 „Angriff aus dem Jenseits“Der Titel? Nun, hier kann man sich eigentlich nicht damit herausreden, dass es eine unpassende Übersetzung wäre. Der Titel erscheint trotzdem etwas unpassend. Aber am Ende vielleicht doch nicht†¦
Die ca. 60 Heftromanseiten haben es in sich. Hätte ich eingangs gar nicht gedacht. Das Titelbild wirkt ja etwas lahm - ein futuristischer Produktionsroman? Dabei ist es gar nicht mal fehl am Platze.
Also, Terraner sind dabei, einen Wüstenplaneten am Rande ihrer Einfluss-Sphäre zu erkunden und zu erschließen. Der Planet ist unbewohnt. Es gibt nur wenig Wasser und wenig Flora. Ansonsten haben wir hier viel Sand. Scame liegt aber am Rande des Imperiums der erbitterten Feinde der Menschen, der Goghleens. Damit besitzt der Planet vielleicht eine gewisse strategische Bedeutung.
Zunächst aber kommt ein Raumschiff an, das einen Inspektor mitbringt, der das Team der Planetenbesiedler prüfen soll. Der Typ ist ein Ekel, der sogleich einen Verbündeten, einen karrieregeilen Offizier, unter der Crew auf Scame findet. Die Beiden machen sich erst mal sehr unbeliebt und räumen mit scheinbaren Saboteuren auf. Das alles ist sehr unschön und endet mit dem Tod der beiden Querulanten. Nun scheint der Roman ein SF-Krimi zu werden.
Das turnte mich ab, muss ich zugeben. Scheinbar hat die Autorin ein Faible für SF-Krimis gehabt. Aber ich hatte erst mal keine Lust mehr drauf. Aber Pustekuchen. Ehe es für mich langweilig zu werden drohte, begegnen die Menschen doch noch Eingeborenen: Beschrieben werden sie von der Autorin sehr anschaulich. Mich hat es dazu bewogen, so einen Scame-Alien zu zeichnen.
Die erste Begegnung verläuft leider feindselig. Ein Mensch wird spurlos entführt.
Danach ereignen sich noch andere mysteriöse Dinge, die die Terraner zu der Erkenntnis kommen lässt, dass sie es hier nicht mit primitiven Steinzeit-Leuten zu tun haben. Deren „Waffe“ sind wohl Psi-Kräfte. Und wenn ein entführter Mensch zurückkehrt, ist der wahnsinnig und aggressiv, für das normale Leben verloren.
In der Situation kann nur noch eine „psionische Null“ helfen - ein Mensch, der völlig unempfänglich für Psi-Kräfte ist und nicht beeinflusst werden kann.
Man kommt den Fremden auf die Schliche, wo sie überhaupt leben (das mit dem „Jenseits“ im Titel kann damit zumindest ansatzweise erklärt werden) auch was die Erzfeinde damit zu tun haben.
Hinter allem steckt eine total psychedelische Friedens-Utopie, die halt von den latent aggressiven Terranern und erst recht von den stark aggressiven Goghleens nicht verstanden werden kann. Ein Kontakt ist hier im Grunde nicht möglich, Scame wird zur Tabuzone.
Nachdem ich nach dem ersten Drittel fast mit dem Roman innerlich abgeschlossen hatte, entpuppte er sich noch als spannendes und utopisches Abenteuer, mit viel
action, aber auch tollen Ideen.
9 / 10 Punkte
#309 „Weg durch das Nichts“Der Roman konnte mich nicht so hundertprozentig überzeugen. Er war mir diesmal doch zu konstruiert.
Ein Detektiv wird von einem Industrieboss angeheuert, um einen Planten zu finden, den es sich auszubeuten lohnt. Also, so richtig klar ist es mir im Nachhinein nicht, was er da soll, ich interpretiere das mal so.
Nun hat dieser Industriemagnat einen adoptierten Sohn, den nimmt aus selbst für ihn unerfindlichen Gründen der Detektiv mit auf seiner Reise mit. Der Planet, den sie ansteuern, ist der, wo der Adoptivsohn herkommt. Zufall? Kaum zu glauben†¦
Auf dieser Welt leben Ureinwohner, die sich aber sehr komisch benehmen. Komisch vor allem aus der Sicht einer profitorientierten Gesellschaft, wie sie die Terraner immer noch haben. Sie arbeiten nämlich nicht, sondern „dienen“, wobei sie „dienen“ als freiwillige Tätigkeit ansehen. Allein der Gedanke, für ihr Tun Geld zu erhalten, macht sie wütend oder bringt sie an den Rand des Wahnsinns.
Okay, das haben sie sich nicht ganz allein so ausgedacht, sondern sie sind in einer sehr manipulativen Religion unterwegs. Und deren Gründer hat mit dem Adoptivsohn zu tun. Also, ich erzähle das mal nicht genau nach. Der Plot ist sehr an den Haaren herbeigezogen. Es gibt auch noch zahlreiche Wendungen, die alles in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Die Opfer werden zu Tätern, oder / und umgekehrt. Und der Titel des Romans erklärt sich auch noch - nur so richtig interessiert hat es mich am Ende nicht.
Hier nur 7 / 10 Punkten (Spannend war das alles schon, auch gut erzählt)
2 x 7 und 2 x 9 von 10 Punkten = macht also im Durchschnitte 8 / 10 Punkte für das Gesamtpaket.
Sam Moskowitz (Hg.): „Die Gesichter der Zukunft“ (Terra TB 220) L. Ron Hubbard: Die negative DimensionWegen dieser Geschichte habe ich das Büchlein bestellt. Ja, ich wollte einfach mal den SF-Autor Hubbard kennen lernen, nachdem man (ich) so viel über ihn als Stifter seiner Religion / Kirche / Sekte erfahren habe. Kritiker meinen, so las ich, dass seine Stories nicht so pralle wären. Aber eine eigene Notiz triggerte mich seit langer Zeit. Ich hatte sie mir so um 1987 notiert. Ein Zitat aus dem Büchlein aus der nl-Konkret-Reihe (DDR 1983) „Falsche Propheten“ von Günter Koch, in dem er Hubbard mit einer Stelle aus einem seiner SF- oder Horrorbücher zitiert. Leider entspricht mein Zitat keinem wissenschaftlichem Anspruch, so kann ich da kaum genauere Angaben machen. Es geht um eine Story, in der das Ungeheuer Zongri einen Professor mit einem Schwert auf einen Schlag zweiteilt. Das war so ein Beispiel für die Abscheulichkeiten Hubbardscher Phantasie, wie sie der nl-konkret-Autor bei Hubbard ausmachte. Na ja, das schreckte mich eher nicht ab; seit ich das dort las, war ich neugierig. An diese Neugierde erinnerte ich mich immer mal wieder.
Heute ist es ja recht einfach solche Sachen zu recherchieren. Auf jeden Fall „muss“ ich jetzt endlich mal Hubbard lesen!
Die Schlachtfeld-Erde-Romane wollte ich nicht lesen, sondern das, was er im Golden Age schrieb, also „davor“. Diese kleine Story hier kam mir als Einstieg gerade recht.
Und? Nun ja, ist tatsächlich nicht so der große Wurf. Aber auch nicht übel.
Ein Wissenschaftler entwickelt eine Formel, mit der er durch den bloßen Gedanken an einen Ort wechseln kann. Er nutzt dazu eine vierte, die negative Dimension. Leider klingt da nur auf den ersten Blick großartig. Wie gesagt, allein der Gedanke reicht. Man denke an den Mond und schwups.
Neben dieser „physikalischen“ Idee ist es der angedeutete Kompetenzstreit zwischen Akademikern, der hier eine Rolle spielt. Der eher unterwürfige Entdecker muss sich erst mal bei seinen Kollegen und Vorgesetzten durchsetzen, um Gehör zu finden.
Wie kommt er aber aus dem Dilemma? Na, er entwickelt noch eine andere Formel. Nun ja†¦
Interessant ist aber der Gedanke, den Hubbard hier formuliert: Der Körper folgt dem Geist.
A.E Van Vogt: Im Dschungel von Mira IIKurioser Weise geht es auch hier um Kompetenzen - zwischen einem ehemaligen Raumfahrer, der inzwischen ein am Schreibtisch agierender Funktionär geworden ist und einem harten, aktiven Raumfahrer. Raumfahrer scheinen in dieser Zukunft die Outlaws mit amtlicher Genehmigung zu sein, sowas wie die englischen Piraten zu Zeiten von König Elisabeth II. Auf jeden Fall wird der Kompetenzstreit hier nicht nur mit Worten ausgetragen.
Es geht um die Entscheidung, wie der Saft einer Lebensform auf Mira II, der „Brut der Lymphbestien“, gewonnen werden kann. Das Zeug ist sehr wichtig, es bekämpft Krebs beim Menschen und ist gleichzeitig eine biologische Waffe gegen die kosmischen Feinde der Menschen, die unverwüstlichen Yerd. Die können auch die Lichtstrahlung manipulieren und sich dadurch hervorragend tarnen. Ansonsten sind sie richtig üble Typen.
Als man schon denkt, dass der Streit der beiden Männer eskaliert, kommt es ganz anders und endet als Alien-Agenten-Story. Spannend das Ganze und Vogt zeigt sich als Könner beim prägnanten Beschreiben außerirdischer Lebensformen. Das erinnert mich daran, dass ich schon längst mal mit der Space Beagle unterwegs sein wollte (um u.a. auch der Urform des Aliens zu begegnen).
Alfred Bester: Der JokerEs könnte eine einfache Zeitreise-Abenteuer-Story sein. Aber dann kommt ja der Joker ins Spiel - das ist fast ein Zitat. Bester führt diesen Joker an einer Stelle ein, wo er seinen Lesern versucht zu erklären, wie das mit der Beeinflussung der Zeitebenen funktioniert. Ich gebe zu: Da bin ich ausgestiegen. Vielleicht ist das was für Physiker? Auf jeden Fall für Mathematiker, denn er bemüht so etwas wie Formeln. Einfache zwar, aber es sind Formeln.
Ob die stimmen? Keine Ahnung. Es geht auf jeden Fall darum, dass ein Mann aus der fernen Zukunft (2975) mit seiner Zeitmaschine in eine Vergangenheit reist, die aus Sicht des Autors die nahe Zukunft ist: 1975. Dort muss er irgendetwas erlebt haben, was genau, erfahren wir gar nicht. Nur die letzten Minuten, in denen er sich mit seiner dort gefundenen Geliebten gegen den Angriff irgendwelcher Böslinge erwehren muss.
Er kann die Angelegenheit klären, muss aber planmäßig zurück in seine Zeit. Nur leider geht das nicht (und jetzt käme das mit den Formeln). Er landet in einem alternativen Jahr 2975.
Da sieht es finster aus: Er begegnet Typen in Ritterrüstungen und mit Lanzen bewaffnet. Die Lanzen verschießen allerdings nukleare Projektile. (Was
dazu ein Physiker sagen würde?)
Er gerät auch dort in ein Gefecht, und danach in Gefangenschaft. Es gibt zwei Gruppen, die einen können lesen, genannt die „Leser“, sie haben die alte Kunst des Lesens bewahrt, aber im Widerstand gegen die herrschende Meinung, dass das Teufelszeug sei.
Es wird viel gekämpft und der Zeitreisende kann natürlich aufgrund überlegenden Wissens einer Seite der Streithähne helfen. Er hilft natürlich den Guten, also den Leuten, die als „Leser“ verschrien sind. Leser sind die neuen Ketzer, die wenigstens noch ein wenig der alten zivilisatorischen Tugenden bewahren konnten.
Am Ende kehrt der Zeitreisende nach 1974 zurück, weil er - wie formelhaft bewiesen wurde - seine richtige Zeit-Realitätsebene nie wieder erreichen kann. Außerdem wartet 1974 ja jemand auf ihn.
Clifford D. Simak: Am Rande der TiefseeEine feine, (fast ganz) runde Story. Auf kurzem Raum werden drei Handlungsebenen aufgemacht und miteinander verknüpft. Mag sein, dass da ein zu großer Zufall beschworen wird, aber in sich ist das alles sehr stimmig.
Ein Reporter erhält die Nachricht, dass ein Supergangster, der einst durch die Ermittlungstätigkeit des Reporters dingfest gemacht werden konnte, aus dem Knast ausgebrochen ist. Das ist für unseren Reporter keine gute Nachricht, denn der Gangster ist sehr nachtragend.
Dann erfahren wir, dass der Reporter schon mal auf der Venus war. Dort gibt es Ureinwohner, die aber in dem für menschliche Verhältnisse unwirtlichen Meer leben und sich daher der Erforschung durch die Menschen entziehen.
Und dann bekommt der Reporter einen vermeintlich einfachen Auftrag, in der Tiefsee (der Erde) herauszubekommen, warum dort immer wieder die Glaskuppeln der Stationen kaputt gehen.
Wie das nun alles zusammenhängt? Das erfahren wir und Simak erzählt das in einer flotten und enthaltsamen Art und Weise. Nebenbei erfahren wir sogar was über Tiefseewesen und den „Haus-Kraken“ eines Tiefsee-Einsiedlers. Simak hat so eine Art, seine Figuren den Lesenden schnell nahe zu bringen; mir erschienen sie schnell sehr vertraut.
Nur das Ende der Story ist seltsam, denn mir erscheint es fast so, als hätte sie gar kein Ende und es müsse noch eine Fortsetzung geben. Meine bisherigen Recherchen ergaben aber dahingehend nix.
L Sprague de Camp: Der UnverbesserlicheJohnny Black ist ein Bär. Einer der lesen kann, und denken, aber nicht sprechen. Er ist das Ergebnis von Forschungen, die nun verboten werden sollen.
Ein anderes Ergebnis derselben gentechnischen Forschungen sind Ziegen, die Bier, statt Milch erzeugen.
Aus diesen beiden amüsanten Ideen strickt de Camp eine hinreichend spannende und unterhaltsame Abenteuerstory. Fast möchte ich schreiben: leider nur eine kleine Abenteuerstory.
Es geht um eine politische Entscheidung, ob besagtes Verbot durchgesetzt werden soll. Um einen Senator dazu zu überreden, dem nicht zuzustimmen, wird Poker gespielt. Na ja, das ist doch hoffentlich auch nur SF, und keine Realität†¦
Es kommen noch Gangster ins Spiel, die im Auftrag von Brauereien die Verbreitung von Bier-Ziegen unterbinden wollen. Nur der Bär Johnny kann die Situation klären und den Fall retten. Am Ende bekommt er sogar einen Ehrendoktortitel verliehen.
Eine hübsche Story, die ein großes Thema anspielt, aber dann etwas verschenkt, aber sie für mich mit der bezaubernden Figur des Bären Mr. Black rettet.
Henry Kuttner: Blumen von der VenusIm Grunde sicher eine typische amerikanische SF-Story des Golden Age: Ein Raumschiff stürzt über Neuengland ab und wird von einem durchschnittlichen, etwas unbedarften Mann, einem Farmer, gefunden. Als richtiger US-Amerikaner sieht er erst mal Dollarzeichen vor Augen, als er in dem Raumschiff so etwas wie einen riesigen Diamanten findet. Und Samenkörner. Nimmt er alles mit und verschweigt den Absturz, obwohl da sicher wissenschaftliches und regierungsseitiges Interesse dran bestünde.
Das Raumschiff ist ein irdisches. Er findet Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass das Schiff auf der Venus war und dort Entdeckungen machte.
Auf jeden Fall gehen seine Geheimniskrämerei und Geschäftstüchtigkeit mächtig in die Hosen.
Aus dem Kristall schlüpft ein Monster, was aber nur äußerlich eines ist, eigentlich ist es ein Vertreter der schon ausgestobenen vernunftbegabten Art auf der Venus, der gern Kontakt zu den vernunftbegabten Erdlingen herstellen möchte.
Und aus den Samen entstehen schöne Blumen. Die Story konzentriert sich auf das vermeintliche Monster, aber sie heißt ja nicht „Das Monster von der Venus“. Man kann sich also denken, was am Ende rauskommt.
Eine einfache Story, auch geradlinig und einfach erzählt. Aber durchaus spannend und Partei für das missverständlich und von den dummen Menschen schlecht behandelte „Monster“ ergreifend.
Fazit: Obwohl Hubbard mich lockte, diese alte Antho zu erwerben, um mich dann weder zu schocken, noch zu sehr zu enttäuschen, fand ich unterm Strich diese Reise in die Urzeit der SF sehr erfrischend! Was machen heutige SF-Erzähler anders, oder gar besser? Ich fand die Auswahl richtig gut.
Was mir auffiel: Recht viele Gangster sind damals in der SF unterwegs gewesen. Und die Aliens kommen oftmals noch aus dem eigenen Sonnensystem. (Und ein Mal sind die Aliens die Gangster†¦)
9 / 10 Punkte