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Thomas Hofmanns Phantastische Ansichten



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Im August gelesen: Von Retro-SF zur Sommernachtsmelancholie

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 05 September 2021 · 1.020 Aufrufe
Lem, Gerd Frey, Millhauser

Dies ist meine August-Leseliste. Ich schaffe es ja eher nie, am Monatsende quasi tagfertig zu sein mit der Lektüre. Ein Buch zwanghaft aus der Hand fallen zu lassen, nur weil der letzte Tag des Monats erreicht wird, halte ich für wenig sinnvoll. Daher also erstmal das letzte Buch des Monats genüsslich zuende gelesen und dann kommt hier auch der Monatseintrag.
Das Buch, das ich nicht aus der Hand legte, ist das neue von Gerd Frey. Ich stelle es gleich mal mit ein paar Stichworten als erstes vor.
Gerd Freys Stories begleiten mich ja schon sehr lange. Ich habe ihn und seine Texte schon 1988-90 kennen gelernt, aus den damaligen ersten Fanzines der letzten Tage der DDR, im SF-Club Andymon in Berlin. Die Andymonianer haben ja mit Fanzines, Gerd mit seinem Egozine „Herovits neue Welten“ und dann mit ALIEN CONTACT das Schreiben von und über SF fortgesetzt. Gerds Abfallverkäufer-Stories gehörten sozusagen zu den ersten fannischen Werken, die ich damals lesen konnte.
Und Gerd macht ja weiter, immer wieder einmal; kann man ja in meinem Blog auch hin und wieder bemerken. Und nun also sein neuestes Werk - eine Zusammenfassung von älteren, mitunter schon ziemlich alten Stories. Für mich war das mitunter ein richtig gutes Wiederlesen:

 

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Gerd Frey: „OUTPOST. Dunkle Sonne 2“
„Saatzeit“. In naher Zukunft, auf dem Mars. Interessant, wie hier mit wenigen Worten aktuelle Politik in Sachen internationaler Raumfahrt eingeflochten wird. Aber das ist nicht Thema, sondern der Absturz eines Objektes auf der Marsoberfläche. Absturz? War wohl eher eine gezielte Landung. Auf jeden Fall passiert da was, mit Kugeln und Roboterspinnen und schwarzer Materie. Besteht eine Invasion bevor?
Die Frage wird nicht so beantwortet, wie man es vielleicht erwartet, die Story hat fast sowas wie ein offenes Ende - und ist damit der geeignete Opener der Sammlung.
Aber sie lenkt die Aufmerksamkeit der Leser vielleicht in eine falsche Richtung, denn sie ist nicht lustig.
Die folgende schon: „Handlungsreisende“
Der Titel der Story hat sich mir nicht erschlossen. Denn im Zentrum steht ein Agent. Er hat gerade auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise eine wichtige Geheiminformation erhalten. Doch hat er da was vermasselt und um seinen Fehler zu korrigieren, muss mal kurz in der Zeit zurückreisen.
Das sowas nicht gerade unproblematisch abläuft, ist jedem SF-Kenner geläufig. U.a. muss der Agent sich selbst erschießen, also sein andere Ich; aber das ist erst der Anfang der Kalamitäten.
Am Ende hatte ich so ein bisschen den Eindruck, dass der Auto selber den Faden verloren hatte, ich hatte das auf jeden Fall.
Jetzt weiß man aber, wohin die Reise geht: humorige SF, so zwischen „Per Anhalter durch die Galaxis“ und „Ijon Tichy Sterntagebücher“. Ja, das kommt gut!
Wer in dieser Stimmung bleiben möchte, sollte gleich zum letzten Teil des Buches blättern, denn dort findet er drei Abfallverkäufer-Stories. Oh ja, die klassischen, aus ALIEN CONTACT Zeiten. Sie waren für mich auf jeden Fall ein schönes Wiederlesen.
Auch „Teufelssaat“ beschert uns ein Wiedersehen, und zwar mit Ikondrar. Der ist hier aber eher Ziel einer Attacke und damit Nebendarsteller. Der Zauberer, um den es hier geht und dessen Schicksal wir miterleben können, heißt Kolvar. Ob es sich lohnt, sich den Namen zu merken? Na, auf der Sterbenden Erde - so richtig schön in Dark-Science-Fantasy-Manier a là Jack Vance und Michael Moorcock - wird hier eine zauberhafte, abenteuerliche, etwas kriminelle Story erzählt. Ach ja, das war dann wieder keine lustige SF.
„Oupost“ ist die Titelstory des Bandes und das heißt einfach „Außenposten“. Auch das dürfte jetzt so eine typische SF-Story von Gerd Frey sei: Der einzelne auf einem Vorposten, irgendwo in der lebensfeindlichen Umwelt des Kosmos, gern auf einem unwirtlichen Planeten. Hier: Jupitermond Europa. Was wie Routine und sogar mit etwas Langeweile beginnt, wird schnell zu lebensbedrohlichen Unfallsituation. Wie kann so jemand, der da ganz allein in lebensfeindlicher Umgebung agiert, sich helfen? Nun, ganz allein ist er nicht, aber das macht seine Situation wohl auch nicht besser. Als Referenzen darf ich SOLARIS und ALIEN nennen.
„Anna“ hatte ich auch schon mal gelesen, müsste jetzt glatt nachsehen, wo†¦ Das ist mal eine sehr irdische und Horror-Story. Ein Gothic-Mädchen verführt einen unerfahren jungen Mann. Der heiße Sommer, mit Hitze und Trockenheit, bestimmt die Atmosphäre. Die Initiation, der der Junge erfährt, wird ein psychedelischer Tripp, der irgendwie sehr ungut beginnt, ihn dann aber in irgendwie höhere Gefilde führt.
„Havarie“ ist dann fast so etwas wie „Outpost“, nur mit etwas anderem Hintergrund. Hier: Der Mars.
Gerd hat ihr den Untertitel „Eine Retro-SF Geschichte“ verpasst. Na ja, ist halt klassische Hard-SF. Aber sein „Der Marsianer“ denke ich, ist der Stoff wieder up to date.
Ich habe jetzt gar nicht alle Stories aufgezählt, es sind noch ein paar mehr. Gerd bedient in ihnen eine reichhaltige Palette an Topoi und Motiven der SF und Phantastik. Er kann lustig, kann Horror, kann richtige, geradlinige Abenteuer-SF, oftmals mit dystopischen Abgründen, ohne diese allzu tief auszuloten. Immer steht das Individuum im Mittelpunkt, als Leser kann man da immer schnell andocken und sich in die Story ziehen lassen. Manchmal sind es aber auch traumatisch, traumatisierende Erfahrungen, die seine Helden machen müssen, die etwas in Worte zu fassen versuchen, was nicht mit Worten erklärbar scheint. Auch darauf habe ich mich gern eingelassen.
9 / 10 Punkte

 

Richard A. Lupoff: „Der Dreifaltigkeitsmann“
Die dritte Station auf der Reise mit dem kürzlich verstorbenen Autor durch dessen Welten. Wir machen diesmal in den Jahren 1943 und 1976 Halt. (Meine „Reise“ orientiert sich nicht nach den Entstehungszeiten der Romane, die auf Deutsch vorliegen, sondern nach der Zeit, in der sie spielen.)
Das Buch will so viel, aber schafft es das auch? Also, ich bin der Meinung: Ja, mit Abstrichen.
Im Zentrum steht ein Mann, in dem drei (oder mehr? ...) Persönlichkeiten existieren. Diese psychische Erkrankung wird also zum einen vom Autor thematisiert. Darüber hinaus geht es aber auch um den Wert der Comic-Kunst, und um eine Aufarbeitung der Juden-Verfolgung und -Vernichtung durch die Nazis in Holland, und um die Rettung des Universums vor einem gefährlichen Raumbrand - und das alles auf 250 eng bedruckten Moewig-TB-Seiten! Ja, das ist sehr viel, und der Einstieg fiel mir gar nicht so leicht. Aber irgendwann hat es gezündet und ich bin mal wieder von dem Autor ziemlich begeistert!
9 / 10 Punkte

 

Steven Millhauser: „Zaubernacht“
Menschenskind, ist das gut! Nach dem kleinen Buch, einer Novelle, wie es auf dem Cover steht, muss ich mehr von dem Autor lesen!
Ich nehme mal an, der ist kein „Geheimtipp“ mehr, aber mir war er bis dato verborgen. So was auch†¦
Dabei ist diese Geschichte, die in wenigen Stunden in einer sehr warmen Sommernacht im Süden Connecticuts spielt, eigentlich an sich nicht spektakulär. Sie hat ja ein bisschen was von Drama und menschlicher Tragödie, auch ein bisschen Krimi und Horror sogar. Ewas Übernatürliches, Phantastisches. Aber vor allem so unendlich viel Sehnsucht und Melancholie. Das hat mich echt getroffen, mittenmang!
Die Leute in dem Städtchen können nicht schlafen, gehen raus, aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlichen Zielen (falls sie überhaupt ein Ziel haben). Sie begegnen sich dabei sogar, manchmal. Der Mond, die Mondgöttin lockt, und sie scheint Lebloses wie Schaufenster- u.a. Puppen zu beleben.
Aber was da passiert, ist eher sekundär, wie es erzählt und durch mich als Leser empfunden wird, das ist einfach zauberhaft! Deswegen schreibe ich hier gar nicht mehr, sondern empfehle es allen, die ein Sinn für das Poetische im Realen haben.
Gestoßen wurde ich übrigens auf das Buch durch eine Rezi einer meiner Lieblingsseiten, der des Vereins für Vergleichende Mythologie, Leipzig. Da steht auch dann mehr inhaltlich.
https://www.vergleic...s-zaubernacht/
11 / 10 Punkte

 

Stanislaw Lem: „Eine Minute der Menschheit“
Endlich mal wieder Lem! Zu seinem 100. Geburtstag musste das sein (und in Vorbereitung unseres Schwerpunktheftes beim NEUEN STERN, natürlich). Aber was? Was ich schon kenne? Doch was heißt „kennen“? So lange habe ich ihn nicht mehr gelesen. Nur SOLARIS ist mir ziemlich gegenwärtig (durch Theater und Filme).
Also mal was Neues. Das kleine Büchlein kannte ich noch nicht. Ist aber auch so ein Text, der als Rezension eines nicht existierenden Buches getarnt Lems Weltsicht dokumentiert. Und die wurde mit den Jahren nicht besser, oder gar heller. Leider für mich auch nicht mehr so relevant, was er da erzählt und irgendwie in der Intention, die es (das Buch, oder er, Lem) verfolgt, nicht durchschaubar.
Lustig: In einem Interview mit ihm las ich, dass ihn die Liebesgeschichte in der amerikanischen Verfilmung von SOLARS überhaupt nicht gefiel, wie der ganze Film wo sowieso nicht. Und hier, in seinen Gedankengängen, geht es sehr viel um Sex, Pornografie etc.
Das Buch, das in dem Buch vorgestellt wird, zeigt auf, was die Menschheit in einer Minute so macht - vor allem in Zahlen dargestellt. Da geht es also um Hektoliter Blut, Sperma und Milch (Muttermilch). OH je†¦
Na ja, aber der ironische Ton gefällt mir.
6 / 10 Punkte

 

Stanislaw Lem: „Der Mensch vom Mars“
Da das „Neue“ von Lem mir nicht so sonderlich mundete, also doch was Altes - und dann aber etwas, was zwar alt ist, aber erst Jahrzehnte später auf Deutsch erschien! Den kannte ich echt noch nicht. Das Buch ist Lems Erstling von 1946. Das Buch sollte ihn und seine Kumpels vom Grauen des gerade überstandenen Krieges ablenken. Und es zeigt, dass Lem damals wohl großer Wells-Fan war. Es erschien zuerst in einer Literaturzeitschrift und erst Ende der 80er in Buchform, kurz darauf auch auf Deutsch.
Der „Mensch“ vom Mars ist natürlich kein Mensch, sondern so ein biomechanisches Wesen - ein in künstlicher Hülle verbogenes Plasma-Wesen. Vielleicht er Urahne des ozeanfüllenden Solaris-Wesens?
Ich denke, hier kommen viele Motive vor, die Lem später nochmals aufgriff. Diese für irdische Begriffe unfassbare Lebewesen, von denen die Forscher nicht mal genau wissen, ob es überhaupt lebt, oder gar eine Maschine ist, weil sie mit Maschinenteilen operiert, kann die Gedanken, das Gehirn der Menschen direkt mit Informationen versehen. Denen kommt das wie Visionen und Träume vor.
Leider kommt keine echte Verständigung zu Stande. Außerdem ist das Wesen schon ziemlich gefährlich und aggressiv.
Lustig ist der Einstieg in den Roman. Der Ich-Erzähler, ein arbeitsloser Journalist in New York, wird einfach mal so am helllichten Tage gekidnappt. Es liegt wohl ein Missverständnis vor, aber aufgeklärt wird das nicht. Seine Kidnapper sind die Forscher, die das Alien gefunden haben und untersuchen. Er hilft ihnen daraufhin (ohne jegliche Qualifikation dafür, aber mit „gesundem Menschenverstand“).
Auch wenn das jetzt sicher noch kein reifer Lem ist, aber er las sich erfrischend, war auch ein bisschen spannend und kurzweilig.
8 / 10 Punkte




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Carlos Suchowolski: „Elf künftige Zeiten“

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 11 August 2021 · 1.019 Aufrufe
Carlos Suchowolski und 2 weitere...

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Endlich gelesen! Kurz, bevor sein Roman in der Edition SOLAR-X erscheint*. 2018 habe ich den Erzählungsband auf dem ElsterCon erworben und war eigentlich schon sehr gespannt auf die Stories. Kam wieder was dazwischen ...
Nun habe ich die Stories im Urlaub, so an den Abenden während meiner Urlaubsfahrt, gelesen. Sollte man aber nicht machen, meiner Meinung nach, denn die Stories erfordern hohe Aufmerksamkeit und Zuwendung. Es sind keine Abenteuer-Stories, die man so zur Unterhaltung mal nebenbei lesen kann. Es wird viel nachgedacht, reflektiert, überlegt, gedanklich konzipiert.
Es geht um die Probleme, die man bei Zeitreisen (unterschiedlichster Form) haben kann. Es geht in 2 Orwelliaden (einmal eher grotesk, zum anderen eher in Horrormanier) um Kritik an totalitären Regimes - die mir dann doch etwas anachronistisch erschienen. Es kommen Androiden, Klone, Zombies vor. Doch sollte man auch hier keine Action erwarten. Durch Perspektivwechsel gewinnt der Autor diesen bekannten Stoffen der Phantastik neue Aspekte ab - mich haben sie nicht immer so wirklich überzeugt, muss ich gestehen. Was mir aber selten beim Lesen passiert: Ich musste mehrfach lesen, und immer fand ich neue Aspekte. Der Tiefgang der Stories hat mich überzeugt, auch wenn es mitunter mühselig war.
Ein großes Lob an die Übersetzerin, Pia Biundo, das muss auch für sie nicht gerade einfach gewesen sei. Die Geschichten sind gedankliche und sprachliche Juwelen - und auf den Roman freue ich mich jetzt.
(Mehr zum Buch im NEUEN STERN)
8 / 10 Punkte

 

*) "Das Licht der Hohlwelt"




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Sommerlektüre, auch abgebrochene

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 23 Juli 2021 · 877 Aufrufe
Sebastian Guhr, Daniel Kehlmann und 3 weitere...

...beginnen wir mit den Abbrüchen des Monats
Der Lesemonat Juni war zunächst von weniger erbaulichen Eindrücken geprägt. Ich habe es z.B. mit John Crowleys „In der Tiefe“ ein zweites Mal versucht. Einst hatte ich den Dreifachband „Maschinensommer“, kam damals - vor 15 Jahren? - nicht rein. verkaufte ihn gar. Und jetzt habe ich ihn mir wieder hingestellt. Und? Wieder nix.
Die Sprache ist sehr gekünstelt, sie erleichtert mir nicht gerade den Zugang. Und dann habe ich wohl nach wie vor falsche Erwartungen? Jedenfalls war ich auf eine exotische Welt erpicht, die Säule im All, auf der sich die kleine flache Welt befindet. Da gäbe es, meiner Meinung nach, so viel zu entdecken. Ein geschlechtsloser Fremder wird dort ohne Erinnerung aufgefunden. Es scheint sich um einen Androiden zu handeln. Aber nicht seine Geschichte steht im Mittelpunkt, sondern die Fehden der feudalen Gesellschaft dieser Mini-Welt. Das ist reine, mittelalterlich geprägte Fantasy, wie ich sie zumindest eher nicht mag. Na, mein Problem, Abbruch nach 80 Seiten
Zum Zweiten:
„Tausend Milliarden glückliche Menschen“ von James Blish und Norman L. Knight. Was für ein Titel! Und dann noch mein jetzt bereits seit Jahren angehimmelter Lieblingsautor Blish!
Auch das Vorwort hat mich für das Buch eingenommen. Es soll eine Utopie sei, obwohl der Umstand einer dermaßen hohen Überbevölkerung die Planeten eher dystopische Zustände erahnen lassen.
Im Vorwort erklären die beiden Autoren, wie sie sich jahrelang mit der Sache beschäftigt haben. Knight hat in den 40ern bereits Stories dazu geschrieben. Sie haben sich viele Gedanken gemacht, Notizen, Briefe hin und her geschrieben.
Na ja, irgendwie merkt man es dem Werk an. Ich kam in die Romanhandlung einfach nicht rein - vielleicht, weil es sie gar nicht gibt. Das ist eher so ein Staatsroman, in dem aber auf aus meiner Sicht Unwesentliches Wert gelegt wird. Aber was kann ich nach gut 50 Seiten schon behaupten?
Von den utopisch-dystopischen Zuständen habe ich nicht viel mitbekommen. Die vielen Menschen leben in Riesenstädten, sie tun nichts, da die Arbeit von Maschinen und Computern erledigt wird (Arbeit 4.0 gab†™s damals als Idee also schon). Die Handelnden sind die wenigen noch Arbeitenden. Und einer macht sich einen Kopp, wie und wo er seinen Urlaub verbringen kann.
Dann gibt es noch Menschen, die sich anatomisch an ein Leben im Meer angepasst haben. Sie gelten als neue Art, Tritonen. Okay, also Amphibienmenschen. Nicht so neu (der Roman ist aber auch schon alt). Denen widmet sich das Buch zunächst sehr intensiv. Aber in einer Form, die eher an Arbeit-Geschäfts-Besprechungen erinnert.

 

Nun aber: Gelesen im Juni und in der 1. Hälfte des Juli.

 

Daniel Decker: „Dør“
Der Roman nähert sich auf raffinierte Weise seinem Thema. Es gibt quasi verschiedene Romananfänge, die zu unterschiedlichen Zeiten spielen, verschiedene Protagonisten haben und der am Ende Ideen des Esoterikers Gurdjieff mit denen Lovecrafts mixt. Und das alles in einem relativ kurzen Text.
Dør ist ein Musikprojekt. Natürlich dachte ich als, dass es sich um eine skandinavische Black Metal Band mit HPL-Bezug handle und lag so falsch nicht. Es ist sozusagen eine Proto-Metal-Band aus Skandinavien, die der Beschreibung des Autors nach einige Stilelemente - sowohl musikalisch, als auch im Habitus und Auftreten - des späteren norwegischen Black Metal vorwegnimmt.
Dieses „Musikkollektiv“ aus den 60er Jahre ist natürlich fiktiv - also, ich nehme doch an, es ist fiktiv - und wurde von einem Mann namens Anderson gegründet. Der dürfte aber zu dem Zeitpunkt des Bestehens der band schon über 80 Jahre alt gewesen sein. Nur sieht man das nicht hinter seiner weißen Bühnenschminke.
In kurzen Kapiteln nähern wir uns dem Phänomen Dør und der Person Anderson, um ihn dann im Hauptteil, der 1935 spielt, auf einer Expedition ganz im Stile Lovecrafts und seiner „Berge des Wahnsinns“ zu erleben. Die mysteriöse reise geht hier aber in den Himalaja und teilweise an der Seite des Esoterikers Gurdjieff.
Der Mann hatte es ja auch mit der Musik - mit Tänzen vor allem, die ihm die seelischen und mentalen Geheimnisse der Derwische näherbringen sollten. Bevor er seine 40. Bewegung vollenden konnte, starb Gurdjieff 1949.
Zuvor öffneten er und Anderson aber eine „Tür“ - genau das heißt Dør wohl. Bei der Mission begegnen Andersen große Vögel, die einem Ruf ausstoßen, die dem Fan der Weird Fiction nicht unbekannt sein dürfte: „Tekeli-li! Tekeli-li!“
Eine schöne Hommage an den Altmeister der Weird Fiction, die für meinen Geschmack noch mehr ausgebaut sein könnte und die am Ende vielleicht sogar zu sehr dem Vorbild nacheifert.
8 / 10 Punkte

 

Richard Lupoff: „Zirkumpolar“
Astreiner SF-Alternativwelt-Roman um berühmte Flieger-Pioniere und -Asse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie Richtofen, Lindbergh und Earhart. Es geht um ein großes Preisausschreiben, um einen Flug um die Welt und wer es am schnellsten schafft.
Die Welt ist der uns bekannten durchaus ähnlich - und doch so völlig anders. Es gab keinen ersten Weltkrieg, nur einen Einjahreskrieg. Richtofen lebt noch, das Deutsche Reich und das Russische Zarenreich auch - und: Die Erde ist doch eine Scheibe! „Unsere“ Erde ist die Oberfläche. Aber was ist auf ihre Rückseite? Das weiß niemand, denn dahin hat sich noch niemand gewagt und vor allem ist noch niemand der es sich doch wagte je zurückgehkehrt.
Aber jetzt gibt es Flugzeuge und damit kann man im Süden über die große Eisbarriere hinweg und im Norden durch das Symmessche Loch auf die andere Seite. Dort finden wir quasi noch mal eine Alternativ-Erde. Und so kann das Abenteuer beginnen!
Das Buch erschien bei Ullstein als Abenteuerroman, in der Aufmachung gar nicht an einen SF-Roman erinnernd. Möglicherweise entging es so vielen SF-Fans und stieß Freunde der historische (echten) Abenteuergeschichte vor den Kopf. Wie auch immer, ich fand das Teil großartig.
9 / 10 Punkte

 

Barbara Bronnen: „Das Monokel“
Na, das war jetzt auch noch fällig. Ob ich jetzt mit dem Bronnen-Kapitel durch bin? Hmm, weiß nicht†¦
Den Roman schrieb die Tochter von Arnolt Bronnen. Sie und ihr jüngerer Bruder wundern sich über diesen Mann, der ihr Vater war, genauso wie ich. Was hat ihn geritten, so harte Grenzen aufzumachen und diese mehrmals zu überschreiten?
Die Tochter hat noch recht viel von ihrem Vater mitbekommen, der Sohn, ihr Bruder, war 2 Jahre alt, als Arnolt Bronnen starb. Aber ihm, Andreas, wird seine Herkunft aufs Butterbrot geschmiert!
Andreas Bronnen lebt in Scheidung. Seine Frau und sein Kind leben in Österreich und dort erinnert man ihn an seinen „unzuverlässigen“ Vater - der Anwalt seiner Frau will ihm daraus einen Strick drehen. Also muss sich der Sohn mit seiner Familiengeschichte befassen.
Die Geschwister machen sich auf eine Spurensuche durch Deutschland, Österreich, Polen, die Lebensstationen ihres Vaters.
Und - für mich erstaunlich - sie werden von den gleichen Fragen getrieben, wie ich. Als Hauptdokument nehmen sie auch „Arnolt Bronnen gibt zu Protokoll“. Allerdings, und das war für mich dann doch der Mehrgewinn aus diesem Roman, widmet sich die Autorin auch ausführlich der Zeit am Ende der Nazizeit, als Bronnen zum antifaschistischen Widerstand überging und der Phase, die Bronnen in der DDR verbrachte. Davon steht in den Protokollen kaum was.
Für den Sohn, also Andreas Bronnen, war dieser Findungsprozess sehr wichtig, weil er erst mal überhaupt eine Beziehung zu seinem unbekannten Vater herstellte, posthum natürlich. Das war auch für mich als Leser interessant, zudem hat Andreas Bronnen, als Wanderer zwischen den Systemen, eine interessante Biografie. Er ist in der DDR aufgewachsen, konnte dann aber in Österreich studieren und machte dort auch eine ziemlich kapitalistische Karriere. Verbal zumindest scheint er aber eine Affinität zur DDR, zum Kommunismus zu haben. Komische Sache, aber natürlich superinteressant.
Der Roman ist vielschichtig, beleuchtet das Leben des berühmten und bei Manchen berüchtigten Vaters und zeigt, wie sein „Ruf“, sein Leumund auf die Biografien der Kinder, der nun auch bekannten Autorin und ihres Bruders, ausstrahlt.
Mitunter etwas weitschweifig und redundant, aber ansonsten:
9 / 10 Punkte

 

Sebastian Guhr: „Mr. Lincoln & Mr. Thoreau“
„Der neue Guhr“ ist da! Klasse! Ja, seit „Die langen Arme“, das ich Anfang 2020 las, bin ich Fan des Autors. Seitdem habe ich einige Sachen von ihm gelesen, auch ein Buch, das ich mal besaß und lesen wollte, weil es eine Swift'sche Gulliveriade ist, das ich aber dann doch nicht mehr las, weil ich einfach zu viel von solchen Sachen gelesen hatte und es daher wieder abgab. Der Wiedererwerb gestaltete sich gar nicht so einfach, aber er gelang und das Buch fand ich dann auch nicht übel.
Seitdem warte ich auf neue Publikationen des Autors - ein bisschen sehnsüchtig. Dabei weiß man - so viel habe ich inzwischen gelernt - gar nicht, worauf man sich da einlässt. Nur einem einigen Genre hat er sich nicht verschrieben. Diesmal ist es quasi eine historische Doppelbiografie. Natürlich keine vollständige, dazu ist das Buch auch viel zu dünn.
Er widmet sich zwei berühmten US-Amerikanern des 19. Jahrhunderts.
Abraham Lincoln erleben wir in seiner Anfangszeit als Anwalt. Nun, was mich echt erschütterte, er war kein Erfolgsmensch, musste hart kämpfen, vor allem mit sich selbst und seinen Ängsten, seiner Melancholie, seiner Not.
Der andere ist nicht ganz so populär, aber dennoch sehr interessant: Der Schriftsteller und Natur-Philosoph Henry David Thoreau, der genug von der Zivilisation hatte und daher in den Wald zog. Dort baute er sich eine Hütte und lebte dort 2 Jahre, möglichst abgeschieden vom Trubel der zivilisierten Welt. Na ja, gelang ihm wohl auch nur partiell. Aber das Buch, dass er über seine Erlebnisse schrieb, wurde halt schon berühmt, und wird heute wohl noch gern von Leuten gelesen, die gern - oder auch aktiv - alternative Lebensformen suchen und pflegen.
Auch wenn einem diese Persönlichkeiten gar nicht so sehr viel bedeuten, wie mir, so ist der Roman dennoch ein spannendes Erlebnis. Wieder hat mich der Autor in seine Welt gezogen und seine Figuren nahegebracht. Ich bin schon ziemlich beeindruckt und begeistert - und muss jetzt wieder - wie lange? - warten auf das nächste Werk.
10 / 10 Punkte

 

Daniel Kehlmann: „Beerholms Vorstellung“
Das ist Kehlmanns Erstling und der steht schon lange in meinem Regal - ungelesen. Wie kann das sein?
Also, endlich nachgeholt.
Meine erste Reaktion auf das Buch: Irgendwie ist Daniel Kehlmann ein Science-Fiction-Autor. Das vorliegende Buch hat diesen Eindruck im Grunde verstärkt. Warum? Na ja, er schreibt gern über Mathematik und Physik, in „Mahlers Zeit“, in „Geister in Princeton“. Naturwissenschaft, gern auch philosophisch ausgeleuchtet, in ihrer Kraft auch fast mythisch überhoben (?), spielt als Background oft bei ihm eine große Rolle - insofern: Wissenschafts-Fiktion.
Hier erzählt ein begabter und ambitionierter Zauberer seine Biografie. Ein Bühnenzauberer, kein Magier aus einer Fantasy-Welt - aber einer, dessen Vorbild Merlin ist! Also auch Fantasy?
Ob er das große Ziel, „echte“ Magie zu entwickeln und auszuüben, erreicht hat? Oder war das dann am Ende doch nur ein von Alkohol benebelter Traum?
Und wie ist das mit seiner Freundin, oder Frau? Hat er sie sich wirklich erschaffen? Oder imaginiert er sie sich bloß herbei? Mit Sicherheit gehört der Ich-Erzähler des Romans zu den unzuverlässigen Erzählern. Aber auf jeden Fall zu den besonders guten!
Ich war wieder absolut begeistert von dem Roman, auch wenn er sogar irgendwie zu kurz geraten war.
10 / 10 Punkte - PS: Und gerade gesehen: "Nebenan" - was ja nicht nur das Regiedebüt von Daniel Brühl ist, sondern auch eine Drehbuchverfilmung von Daniel Kehlmann (hab ich echt erst bei den Credits am Filmende mitbekommen)




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Der Mai ist weiblich (zumindest auf meiner Leseliste)

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 28 Mai 2021 · 959 Aufrufe
Waldtraut Lewin, Ina Elbracht und 1 weitere...
Na, das ist ja 'n Ding: Den Mai dominieren Autorinnen! Das war so nicht geplant - ist aber sicher nicht die schlechteste Variante!
Den einen Mann hatte ich ja schon vorab besprochen, Link siehe im Text.
Falls jemand meint, der Hofmann war aber echt faul beim Lesen, so darf ich mich damit herausreden, dass ich ein Mega-Buch begonnen habe - übrigens doch wieder von einem Mann verfasst - das mich an ein Thema heranführen soll, dem ich mich später noch weiter widmen möchte. Dabei geht es quasi um einen "Sehnsuchtsort" und am Ende dann auch um eine historische Gestalt, der ich literarisch, fiktiv gern nachforschen möchte.
Das Buch, von dem ich hier spreche und das ich zumindest begonnen habe, ist "Glastonbury Romance" von John Cowper Powys. Der "Sehnsuchtsort" dürfte damit klar sein? Und wer das Buch kennt, weiß, dass man damit Monate verbringen kann (also, ich brauche die Zeit bestimmt...)

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27 - Ina Elbracht: „Klub Tropikal“
Wieder so ein kleiner Schatz, etwas ganz Besonderes, was ich da genießen durfte. Ist ja nur ein „Appetizer“ aus dem Hause KOVD („Meine literarische Zuflucht“) - der Band 2 der kleinen Reihe - und an einem gemütlichen Nachmittag durchgeschnurbst.
Aber was da alles drin steckt! Ist es nun einfach ein mörderisches Familiendrama, eine Art Aufarbeitung eines Gastarbeiter-/Migranten-Schicksals? Der ungewisse Report eines „unzuverlässigen Erzählers“? Gar eine Zeitreisegeschichte?
Aus allem entstand eine Art Reisetagebuch einer Frau, die das letzte Vermächtnis ihres Vaters in dessen ehemaliger Heimat, einer griechischen Insel, erfüllen muss und dabei auf seine Geheimnisse und die ihrer Familie stößt. Das alles ist verstörend und ihre Familie zerstörend. Und alles auf 70 Seiten geballt. Grandios!
Die Gestaltung des kleinen, feinen Hardcovers sei auch besonders hervorgehoben, das aussieht wie ein Notizbuch, so eine Kladde, die man gern als Reisetagebuch nutzt, mit schnell dahin gekritzelten Zeichnungen, die den Text auflockern.
Ja, und dann fühlte ich mich sogar noch dazu angehalten, das Video von Wham! - „Club Tropicana“ mir anzusehen.
10 / 10 Punkte

28 - Nils Wiesner: „Das Gralprogramm“
Richtig gut hat es mir gefallen. Per Computer-Spiel gerät ein junger Mensch in die Welt von Merlin und Artus und muss - na was wohl? - den Gral suchen. Seine Quest führt ihn durch die bekannte Artus-Legendenwelt, dann aber darüber hinaus ins mittelalterliche Frankreich, zur Burg der Katharer, Montségur, wo es unserem Helden nicht sehr gut ergeht, um es mal gelinde auszudrücken, danach in weitere zukünftige, jenseitige Gefilde. Und das Ende ist dann durchaus befriedigend und ein Gewinn.
(Hier ein paar schwärmerische Worte mehr).

29 - Ursula K. LeGuin: „Das zehnte Jahr“
Irdische Kolonisten sind das „10. Jahr“ auf dem Planeten. Wobei hier „1 Jahr“ etwas länger dauert, etwa 1 Generation. Entsprechend sind die Jahreszeiten auch länger. Nach dem langen Sommer kommt der lange Winter.
Auf dem Planeten gibt es noch eine Ur-Bevölkerung, auch Menschen. Doch die Exilanten / Kolonisten können sich in die fremde (Ur-) Gesellschaft nicht integrieren, obwohl sie sich alle Mühe gaben und z.B. auf ihren technologischen Fortschritt verzichteten, um sich anzupassen.
Die Ureinwohner nennen sich selbst „Menschen“, die Fremden sind in ihren Augen keine. Umgedreht verhält es sich mittlerweile auch so; gegenseitiger Rassismus prägt ihr Verhältnis zueinander. Aber es gibt da immer wieder mal so Amouren - Romeos und Julias - mit ähnlich dramatisch-tragischen Geschichten.
Die Geschichte dieses Buches ist aber die des Jahreszeitenwechsels und des damit verbundenen Einfalls von Nomaden aus dem Norden, den Gaal, die vor dem Winter in den Süden fliehen und dabei alles plündern, wessen sie habhaft werden können. Diesmal sind sie besonders gefährlich, da sich die nördlichen Stämme verbündet haben und gemeinsam und geballt angreifen.
Angesichts dieser Bedrohung können die „Ferngeborenen“ und die „Menschen“ ihre Differenzen überwinden und hinfort zusammen leben. Das hat so ca. 600 irdische (oder 10 Planeten-) Jahre gedauert†¦
Tolles, kleines Buch, kein wirklich überraschender Plot, aber mit klarer humanistischer Botschaft, denn der tief verwurzelte Rassismus wird am Ende überwunden. Dieser Prozess wird für die Protagonisten nicht widerspruchsfrei und schmerzvoll dargestellt; aber er ist machbar. Die Gaal als „die Wilden“ aus dem Norden müssen allerdings als Platzhalter für eine außerzivilisatorische Bedrohung herhalten. Die Darstellung ist sicher veraltet und überdenkenswert. Sie bleiben schemenhaft.
9 / 10 Punkte

30 - Waldtraut Lewin: „Artussagen“
Nils Wiesner ist schuld! In seinem „Gralprogramm“ geht es um den Gral, was ja sicher klar ist, also auch um die Artus- und Tafelrundenritter-Sagen. Ja, ja, die kennt man ja. Aber wirklich so genau? Ich wollte mein Wissen wieder auffrischen. Dazu habe ich erst mal John Boormans „Excalibur“ gesehen, sicher auch nach 20 Jahren mal wieder. Doch dann stieß ich bei meinen Recherchen auf dieses Buch - da es von einer meiner absoluten Lieblingsschriftstellerinnen stammt, musste ich ja†¦
Es ist eher für eine jüngeres Publikum geschrieben. Auch hält die Autorin sich etwas zurück, lässt den alten Stoff für sich sprechen. Doch trotz der „Einschränkungen“ hat es mir sehr gut gefallen.
Nun ist es mit diesem Sagenstoff so, dass er von sehr vielen Autor*innen „bearbeitet“ - damit geändert, umgeschrieben, erweitert wurde. In der Rezeption des Stoffes fällt auf, dass nicht nur die mittelalterlichen Autoren herangezogen werden, sondern auch moderne. W. Lewin hat aber - eine Version - unmittelbar und unverändert wiedergegeben. Genau das habe ich auch gesucht.
Für mich eine wichtige Erkenntnis: Es war gar nicht das Schwert Excalibur, das da im Stein (und Amboss) steckte, wie uns John Boorman weismache wollte. Der Regisseur hat sich noch weitere Freiheiten herausgenommen, z.B. was Lancelot anbelangt. Aber - wie schon angedeutet: Was ist denn eigentlich „die richtige“ Version? Kann man das sagen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich dieses Buch hier sehr gern und mit großem Vergnügen und einigen Aha!-Effekten gelesen habe.
9 / 10 Punkte


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Meine (etwas späte) Empfehlung: Wiesners Gralprogramm

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013, Meine Empfehlung 09 Mai 2021 · 1.163 Aufrufe
Nils Wiesner, Gral und 1 weitere...
Frisch gelesen und noch stark begeistert:

Nils Wiesner: „Das Gralprogramm“
Seit dem 9.8.2019 habe ich das Buch auf meinem SUB liegen. Woher ich das weiß? Na, da hat mir der Autor eine Widmung reingeschrieben. Dann wird's ja Zeit, dass ich es am 9.5.21 endlich mal gelesen habe.
Er, also der Autor, meinte, ich werde „irgendwann“ auch meinen Gral finden. - Echt? Als würde jedermann (frau, diverse Person) „seinen“ Gral finden. Wie denn, gibt es den für alle?
So eine dumme Frage stellte ich mir vor der Lektüre.
Aber erst mal muss ich betonen, dass ich die Lektüre absolut genossen habe. Es handelt sich um ein zügig erzähltes Abenteuer. Ein junger Nichtsnutz aus dem Hier & Heute gerät in ein absurdes PC-Spiel-Programm hinein. Hat wohl was von Ready Player One (aber, wenn ich das mal so schreiben darf, war mit das Gralprogramm näher als die 80er Jahre Games-Hommage, der ich - im Osten aufgewachsen und mit Computer / Video-Spielen erst nach 1990 in Berührung gekommen - nicht viel abgewinnen konnte).
Der Autor nutzt dieses moderne Setting, seinen Leser*innen eine Tour de Force durch die Geschichte der Sagen-, Mythen- und Legendenwelt rund um den heiligen Gral aufzutischen. Das liest sich sehr spannend, mitunter auch arg bösartig, gemein und fast horror-mäßig - vor alle, da man (ich) es gar nicht erwartet hätte. Aber wie das so ist, wenn man in einem Life-Rollen-Spiel einen Folter- und Feuertod findet (um danach aber wieder im nächsten Level aufzuwachen).
Ich betone hier diesen Spiel-Charakter, und der wird im Text auch immer wieder - gesehen durch die Augen des Protagonisten - betont, aber eigentlich käme das alles auch ohne dieses PC-Gaming-Zeug gut aus.
Es ist eine mythische Reise, eine Reise, die zur Selbstfindung beiträgt. Irgendwie mutiert der Roman vom Abenteuer-Spiel mit alten Mythen zum richtig großen „Erziehungsroman“. Wenn ich jetzt nicht zufällig wüsste, dass der Autor an seinem Opus Magnus arbeitet (einem mehrbändigen Werk, in dem es auch um Sagen, Mythen etc. geht), dann würde ich es fast in diesem eher kurzen Roman vermuten. Was er da erzählt ist relevant. Für mich schon immer ein Kriterium für die Qualität eines literarischen Werkes.
Also, wir tauchen erst in die Welt um Artus, Merlin, die Dame vom See und den Fischerkönig ein. Da erhält unser Held seine Aufgabe, nämlich „den“ Gral zu suchen und Unterstützung durch einen Drachen. Also: Alles dabei!
Später sind wir im Hochmittelalter, in Frankreich, bei den Katharern, bzw. ihren katholischen Gegnern und der Inquisition - kein Zuckerschlecken, echt nicht!
Das vierte Level ist im Öden Land angesiedelt - hier ist die Stelle, wo ich den weltliterarischen Bezug nur vermuten kann, da mir a) T.S. Eliot nicht so und b) der Ursprung in der Artus / Grals-Legende nicht mehr geläufig ist. - Notiz an mich: zu b) Nachholen / Wiederholen! In dieser zukünftigen Müll-Welt baut der Autor gleich noch ein Plädoyer für die Freiheit des Individuums und quasi etwas Gesellschafts-Kritik ein. Ob das an Eliot erinnert?
Die letzte Station ist dann wohl - das Paradies? Auf jeden Fall werden ein paar wesentliche Fragen beantwortet. Und ich weiß auch, was die Widmung bedeutet. Insgesamt also eine runde Sache, dieses Buch!
Es erschien in der Edition Solar-X, und ist über die Homepage des Verlages zu bekommen, als ebook auch noch beim großen Player.
10 / 10 Punkte

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PS. Wer bei meiner ganzen Schwärmerei mehr Inhalt vermisst, den verweise ich gern auf den NEUEN STERN. In der Ausgabe 62 stellt es Peter Schünemann recht ausführlich und in der 55 Bernd Wiese kurz vor. Das will was heißen: In unserem kleinen Heft wird nicht jedes Buch mehrfach rezensiert! ich meine ja nur†¦


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Pünktlich (heute ist der 1.Mai): Leseliste April 2021

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 01 Mai 2021 · 928 Aufrufe
Sven Haupt
22 - Sibylle Berg, Dietmar Dath: „Zahlen sind Waffen. Gespräche über Zukunft“
Die Idee ist nicht schlecht: Zwei Leute, denen ich gerne zuhöre, sprechen miteinander, bzw. sprechen mit Dritten, die ihnen Fragen stellen. Und das Thema ist die Zukunft. Als Referenz dienen den beiden Autor*innen ihre letzten Werke, also „GRM“ und „Niegeschichte“.
Ja, es hätte so richtig gut werden können. Und obwohl der lockere Plauderton, der hier abgebildet wird, natürlich sehr unterhaltsam ist, bekommen die Gespräche für meine Begriffe nicht die Tiefe, die sie bei diesen sehr klugen und eloquenten Köpfen bekommen könnte.
S. Berg wehrt sich erst mal dagegen, dass ihr Buch SF sei. Und obwohl D. Dath in SF mehr sieht als Zukunftsliteratur, wird die Frage auch daran festgemacht, ob das Buch nun in der Zukunft spielt oder nicht. (Zum Zeitpunkt des Schreibens: ja, aber jetzt schon nicht mehr, weil ja der Brexit stattgefunden hat?)
D. Dath kann mit Hauntology (Mark Fisher) nichts anfangen, wie es scheint. Auf die Frage, ob uns die Zukunft abhandengekommen ist, antwortet er mit „nein“, aber ich bekomme hier einfach keine ordentliche Begründung dafür. Ja, es gäbe Kreisentwicklungen, die aber genau betrachtet Spiralentwicklungen sind. Oder so†¦
Was mir hier übrigens auch dolle auffiel: D. Dath nutzt sehr viele Anglizismen, besser: Englische Wendungen und Sätze. Teilweise sind es Zitate, was ja okay ist, dann aber einfach nur so englische Wortgruppen, die mehr aussagen als ihre deutschen Pendants? Und dann sind da auch viele verstärkende Schimpfwörter unterwegs. Was will er mir damit zum Ausdruck bringen? Dass die Beschäftigung mit wissenschaftlichen, akademischen, literaturliterarischen Themen eben doch schick und hip sein kann, wenn man nur die richtig falschen Wörter benutzt?
Mit dem zweiten Gesprächstext wird es für mich besser. Hier wird D. Dath allein ausgequetscht. Und das hat dann absolut mehr Substanz und ist auch konzentrierter formuliert.
ohne Wertung

23 - „H.P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns“
Kein Autorenname? Den sowieso jeder und jede kennt? Lasst es mich erklären†¦
Grund für meinen Eintrag hier ist die Lektüre des Mangas „H.P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns“ von Gou Tanabe. Und weil es so schön ist, habe ich die Novelle (? - Kurzroman?) von HPL auch noch gelesen. Daher erlaube ich mir, dieses Lektüreerlebnis in meine Leseliste aufzunehmen (obwohl hier eher keine Comics zu finden sind).
Der Zeichner hält sich ziemlich genau, bis hin zu Details und bestimmten expliziten Aussagen, an HPL. Dadurch bekommt man noch mal eine prima Zusammenfassung der Handlung und der Aussagen des Werkes von HPL. Dabei hat es den Vorteil, dass es die Längen, die das für HPLs Verhältnisse recht umfangreiche Text-Werk hat, dem Betrachter auf eine Art und Weise präsentiert, die ihn nicht so schnell langweilen. Oder vielleicht doch? Der Comic hat ca. 620 Seiten und ist in zwei Bände geteilt., Der erste Band widmet sich fast ausschließlich der Anreise der Forscher aus Arkham, die vor allem die Geologie und Paläo-Biologie erforschen wollen. Die Manga-Seiten werden dominiert von Landschaften unendlicher Weite und Ödnis: Fels & Eis, soweit das Auge reicht.
Lovecraft wird nicht müde, diese beängstigende und lebensfeindliche Eis-Wüste zu beschreiben und dazu noch jeden Handschlag, den die Forscher ausführen. Genau das ermüdet (mich) beim Lesen. Die Zeichnungen sind dagegen ja relativ schnell konsumiert, laden aber doch zum Verweilen ein. Man muss sich halt nur drauf einlassen.
Tanabe kann sehr detailliert und exakt zeichnen. Nur hat er in diesen Landschaften relativ wenige Objekte, die diesen Detailreichtum erfordern würden.
Interessanter ist der zweite Band, in dem er u.a. die Historie der Alten Wesen bildnerisch umsetzt. Die Forscher entschlüsseln unendlich viele Reliefs in der geheimnisvollen und uralten Stadt, die sie hinter den Bergen des Wahnsinns entdeckt haben.
Hier kann der Zeichner dann aber ordentlich seinem Affen Zucker geben. Das macht Laune! Großartige Grafik-Orgien! Aber auch hier hat er das Problem, das Lovecraft provoziert hat, wenn er davon schreibt, dass den Forschern Unsagbares, Unbeschreiblichen (Grauen) begegnet. Die Formen, die Architektur, die darin enthaltene Geometrie sind mit menschlichen Mitteln nicht erfassbar. Ja, wie stellt man etwas dar, was Menschen sich nicht vorstellen und erfassen können, selbst wenn sie es sehen?
Insgesamt ist das Werk aber ein Fest und für mich (Banausen) sogar spannender als der Original.
9 / 10 Punkte

24 - Petra Hartmann: „Das Serum des Doctor Nikola“
Mein erster Dr. Nikola-Roman - und dann auch gleich der letzte der Reihe. Die Autorin hat zusammen mit dem Übersetzer der alten Romane von Guy Boothby, Michael Böhnhardt, je einen zusätzlichen Roman beigesteuert. Man kommt aber gut rein, viel „Vorwissen“ ist nicht nötig.
Es ist ein rasanter Abenteuerschmöker, der am Ende der Goldenen Zwanzigerjahre in Berlin und Umgebung spielt. Dr. Nikola hat „faule“ Aktien, die nach dem Börsencrash nichts mehr wert sind und ein arbeitsloser Bankier soll die geschickt und mit faulen Tricks zu Geld machen.
Neben unverhofftem Wohlstand findet der Bankier Felix Pechstein seine große Liebe, die ist aber zwangsweise Tempeltänzerin einer okkulten Organisation, einer Art Sekte, die sich auf die altägyptische Religion beruft. Die Verwicklungen, die sich daraus für den Ex-Banker ergeben, bringen ihn in Konflikt mit seinem „Arbeitgeber“. Ob das mal gut geht?
Habe mich köstlich amüsiert bei dem geradlinig erzählten Abenteuergarn. Das war für mich gleichzeitig die erste Begegnung mit der vielseitigen Erzählerin.
9 / 10 Punkte

25 - Cixin Liu: „Jenseits der Zeit“
Ja, geschafft - mit Hängen & Würgen, um ehrlich zu sein. Mich hat dieser große Wurf dann doch ziemlich enttäuscht. Cixin Liu macht den Olaf Stapledon von heute. Okay, wäre ich ja ganz bei ihm, aber†¦
Wenn wir dann in einem Universum mit einem Kubikkilometer per Schubkarren „Materie“ in das „große Universum“ schippen, damit dieses sich nicht im Nichts auflöst, dann bin ich raus. Das kam ziemlich zum Schluss, aber bis dahin hat mich das Buch zumindest noch bei der Stange gehalten, denn ich wollte schon wissen, wie alles endet.
Das darf man ja durchaus wörtlich nehmen, auch wenn wir dieses Ende, der ja ein neuer Anfang sein wird, von jemanden erzählt bekommen, die da alles überlebt. Wie das geht? ich glaube, das weiß der Autor auch nicht, daher ist seine Erzählung für mich unbefriedigend gewesen.
Die Trisolarier werden übrigens von ihrem Erd-Eroberungsplan rabiat abgehalten. Zumindest das gelingt. Am Ende - in zig Millionen Jahren - interessiert das keinen mehr. Aber leider auch mich als Leser auch nicht.
Schön war nur, dass der Autor seine Personen, die er diesem riesigen Zeit-Raum aussetzt, zusammenhält. Eingeführte Personen tauchen auf, verschwinden, und tauchen wieder auf. Das ist okay. Aber ansonsten? Ich vergebe 6 / 10 Punkte.

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26 - Sven Haupt: „Die Sprache der Blumen“
Ja, hat mir auch recht gut gefallen, wenn auch nicht überragend. Die Ausgangssituation fand ich toll, diese faszinierende Wald-Welt, die mich erst mal an LeGuin (Das Wort für Welt ist Wald) erinnerte, die Protags, die man auf dem wunderschönen Cover sehen kann, also den witzigen Affen und die Pflanzen-Frau, charmant vom Affen als „kleiner Setzling“ bezeichnet, die Rätsel dieser recht kleinen, hermetisch abgeschirmten Welt, die da angedeutet werden.
Aber dann kam so etwas lakonisch dieses riesige, „böse“, quasi globale Problem um die Ecke, das dann von Einzelpersonen gelöst wird. Allein den Antagonisten echt nur als „das Böse“ zu bezeichnen, fand ich nicht optimal. Oder sollte es eine Persiflage auf so typische Trivial-SF sein? Den Eindruck hatte ich sonst eher nicht.
Die Welt wird entschlüsselt, die Protagonisten sind - kaum anders zu erwarten (doch, ich hatte es anders erwartet) - DIE Schlüsselpersonen, die die Problematik von globalem Ausmaß lösen werden.
Welche, verrate ich nicht, schon genug gespoilert.
Ich habe mich aber auf jeden Fall über diese (für mich) neue Stimme in der SF gefreut und werde mehr von Sven Haupt lesen; steht schon mal fest.
8 / 10 Punkte


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Hofmann las im März...

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 28 März 2021 · 1.234 Aufrufe
Hubbard, George Langelaan und 4 weitere...

Leseliste im März. Ist ziemlich lang geworden. Aber das trügt etwas, da die Bücher meist keinen großen Umfang haben und das Hörbuch habe ich schon vor dem März begonnen.

 

15 - Richard A. Lupoff: „Vorstoß in den Äther“
Da ist Ende 2020 ein SF-Autor verstorben, den ich bis dahin gar nicht kannte. Die Nachrufe auf ihn, z.B. in dem Fanzine BWA vom Dezember 2020, haben mich aber sehr neugierig auf ihn gemacht.
Hier also meine Erstlesung des Autors. Und? Oh ja, hat mir sehr gefallen!
Es ist ein Vorläufer des Steampunks (1974 geschrieben). Ende des 19. Jahrhunderts erfindet ein mad scientist ein Äthermobil und begibt sich mit Schüler und Diener auf große Fahrt. Das Gefährt wird mit Kohle und Wärme angetrieben; wie es funktioniert? Wird nicht verraten. Allerdings lernen die Ätherargonauten später andere Äther-Raumfahrer kennen: vernunftbegabte Katzen. Die erklären dem Professor die Funktionsweise ihres Ätherantriebes, der - ganz im Gegensatz zu dem des Professors - mit Kälte funktioniert.
Aber wissenschaftliche Korrektheit sollte man hier ohnehin nicht erwarten. Sie gelangen zunächst auf den Mond, und dort über eine Wunde in der Brust der riesigen Mondkönigin in eine Art inner-selenischen Ätherraum.
Dorthin hat es auch schon eine spanische Galeone verschlagen, die im Jahre 1492 losfuhr. Bei dem Jahr klingest es sicher. Aber es ist nicht Columbus, denn sie stammt aus einem Paralleluniversum, in dem Spanien von russischen Zaren regiert wird.
Die Story lebt von ihren Verrücktheiten und einem bunten Haufen kurioser Figuren. Dazu ist alles in einem bewusst altertümlichen, lustigen Slang verfasst. Wenn man sich mit dem erst einmal angefreundet hat, macht die Lektüre einen Riesen-Fetz. Ich war ziemlich angetan.
9 / 10 Punkte

 

16 - George Langelaan: „Die Fliege. Erzählungen aus der phantastischen Wirklichkeit“
Das Bändchen ist voller SF & Phantastik-Klassiker. Die bekannteste Story ist sicher „Die Fliege“. Es wurden 5 bis 6 Stories aus dem Band verfilmt. 5 bis 6 - je nach Ausgabe; in meinem dtv-Taschenbuch fehlt eine.
Die anderen Verfilmungen sind nicht so berühmt wie „Die Fliege“, aber mit „Schach dem Roboter“ und „Eurydike“ zumindest noch 2, die deutschen Zuschauern bekannt sein könnten.
Die Stories erinnerten mich im Stil an Roald Dahl, vielleicht auch ein wenig an Sheckley. Sie unterhalten mit schwarzem Humor.
Was haben wir da alles? Das mit der Fliege, die in den Teleporter gerät, kennt man ja. Dann versucht ein unzufriedener Ehemann, der des Mordes an seiner Frau angeklagt wird, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen, indem er sagt, dass er sie nicht vergiftet habe, sondern allein ihr Gedanke daran, gerade Gift zu sich genommen zu haben, brachte sie um (daher die Nähe zu Dahl).
„Das Mädchen aus nirgendwo“ ist fast schon eine archetypische Erzählung. Die Story wurde viermal verfilmt. Es geht um die Kontaktaufnahme mit Menschen in einer Anti-Welt, die dort durch die Atombombenexplosion in Nagasaki hingeraten sind. Der Kontakt über Fernsehapparat ist dann für die Beiden, die sich ineinander verliebt haben, unbefriedigend.
Ein Mann kann Tiere mental beeinflussen, aber nicht verhindern, dass so ein Tiger, dem er zeigte, wie er sich aus dem Zoo befreien kann, ihn zu fressen.
Ein Verstorbener kann sich selbst wiedergebären und ein Versicherungsbetrüger hofft auf ein Wunder, an das er nicht glaubt, das aber eintritt und seine unlauteren Hoffnungen zunichtemacht.
Wenn die eigene Hand etwas tut, was man eigentlich nicht will (und verbrecherisch ist), dann ist man entweder schizophren, oder das ist gar nicht die eigene Hand.
Ein Mann schließt einen Pakt mit dem Teufel, aber am Ende verliert er dennoch den geliebten Hund und die gar nicht so sehr geliebte Frau ein zweites Mal.
Zum Schluss besteht ein Pilot seinen letzten Überseeflug, der fast in die Hosen ging. Aber ein großer Vogel weist ihm den Weg aus der Misere, obwohl es so einen Vogel gar nicht geben dürfte.
Sehr kurzweilige Stories zwischen Horror, urbaner Fantasy und SF. Bin sehr froh, dieses fast vergessene Talent für mich entdeckt zu haben; da werde ich wohl mehr von ihm lesen müssen.
10 / 10 Punkte

 

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17 - Bernhard Kempen: „ARKADIA. Ein Greedy-Roman aus dem Xenosys-Universum“
Das Buch wurde vom Autor als was Besonderes für SF-Freunde angepriesen, „besonders“, weil es die eher konservativen SF-Lesegewohnheiten nicht bedient werden.
Nun ja, wie soll ich es sagen? Von alten SF-Fans weiß ich, dass die sexuelle Revolution auch am SF-Fandom nicht spurlos vorbeiging, damals so in den 70ern. Es gab da wohl Tendenzen, SF und Sex zusammen zu bringen. Zudem locken ja viele SF- und vor allem Fantasy-Cover-Bilder mit mindestens halbnackten Schönheiten. Vor allem sollen damit heterosexuelle männliche Leser angelockt werden.
Das alles täuscht natürlich nicht darüber hinweg, dass SF auch sehr prüde sein kann.
Was ist nun an diesem Roman besonders?
Zum einen zielt es auf den Zeitgeist, möchte ich behaupten. Das Thema Divergenz, vor allem im sexuellen Bereich, wird thematisiert. Dazu wird eine sehr gehörige Portion Freizügigkeit hinzugetan. Das „Thema Nr. 1“ ist dann auch Hauptthema des Buches.
Arkadia ist die Verwirklichung einer Utopie der Nudisten. Alle laufen nackt herum. Es gibt keine sexuellen Tabus - natürlich immer unter der Maßgabe: Was den Beteiligten Spaß und Freude macht, und wenn niemand dabei beschädigt wird, ist gut. Diese utopische Menschengemeinschaft gilt daher auch als absolut friedfertig. Es gibt keine gesellschaftlichen Konflikte.
D.h., wenn alle nackt sein dürfen und zudem auch keine sexuellen Bedürfnisse unbefriedigt bleiben müssen, dann haben wir eine ideale Gesellschaftsordnung? Es gibt keine Unterdrückung, keinen Krieg etc.
Ob das so verkürzt dargestellt wirklich eine ernst zu nehmende Alternative ist?
Die Arkadier berufen sich auf die Nudisten-Bewegung der Erde. Aber, das frage ich mich, der ich mich da nicht so auskenne: Sind die Nudisten, nur weil sie nackt in der Natur leben wollen, gleichzeitig so dermaßen promiskuitiv, bzw. sexuell freizügig? Hat da wirklich das Eine mit dem Anderen zu tun?
Na gut, nehmen wir mal an, das funktioniert so.
Den Leser oder die Leserin erwarten also ziemlich deftige, freizügige Szenerien. Wir betrachten sie mit den Augen eines irdischen Reporters, der von dem utopischen Gemeinwesen berichten soll. Selbst kann er sich nicht so leicht entblößen. Dass er angezogen viel mehr unter den Nackten auffällt, muss er dann halt akzeptieren.
Greedy ist eine Bewohnerin des Planeten. Sie besitzt besondere Fähigkeiten, die mit dem direkten Kontakt mit anderen Menschen zu tun hat. Will nicht zu viel verraten, aber das dürfte auch in kommenden Romanen noch eine große Rolle spielen. Hier erst einmal auch.
Es gibt dann doch ein Verbrechen in dieser anarchischen, utopischen Friedens- und Liebes-Welt. Unser Erdenreporter steht sogar in Verdacht, der Übeltäter zu sein.
So richtig 100%ig hat mich der Roman nicht überzeugt. Die Figuren wachsen einem schon ans Herz. Die Story ist aber nicht so spektakulär. Die einschlägigen Schilderungen nutzen sich dann auch schnell ab, finde ich. Mir reicht diese dann nicht als tragendes Element. Und dass Das immer und überall die Hauptrolle im Leben der Arkadier spielt, halte ich auch für etwas zu viel des Guten. Dem Autor ging es dabei sicher auch darum, einige Gedanken, die mit sexueller Selbstbestimmung, Geschlechtlichkeit etc. zu tun haben, zu diskutieren. Das konnte mich aber nicht so richtig überzeugen, bleib für mich zu sehr an der Oberfläche und wurde von der sexuell aufgeladenen Stimmung, die mit Worten erzeugt wird, überdeckt.
Trotzdem bin ich mal auf die Fortsetzung neugierig, denn Greedy werden wir wohl noch einmal begegnen, dann aber nicht auf Arkadia? Und dann wohl auch nicht nackt, oder?
8 / 10 Punkte

 

18 - L. Ron Hubbard: „Fear“ (Das Grauen, Opfer der Dämonen)
Jetzt wollte ich es mal wissen: Wie weit geht denn so eine Kürzerei in den alten Heftromanen. Der Zufall half mir dabei, denn ich habe bei meiner Suche nach den alten Schmökern von Hubbard beide Ausgaben von Fear erwischt: Als Vampir Horror-Roman von 1974 und als Hardcover aus dem Jahre 1993.
Mein Fazit: Das mit der Kürzung ist enorm! Im Heftroman wurde viel weggelassen. Aber ein Vergleich mit dem Original zeigt, dass auch in der Hardcover-Ausgabe etwas fehlt. Interessanter Weise fehlen da Sätze, wörtliche Rede, die keiner näher benannten Person zuzuordnen sind, die aber den Leser in eine bestimmte Denkrichtung lenken. Warum wurden sie in der - nur scheinbaren - vollständigen Übersetzung weggelassen?
Das Buch an sich hat mich ziemlich beeindruckt. Eine interessante Story, von der man meint, dass es sich um eine Dämonen- und übernatürliche Horror-Story handelt, ist es aber am Ende nicht. Die Original-Story in UNKNOWN vom Sommer 1940 nennt die Story aus „psychologische Fantasy“; das trifft es.
Ein Professor für Ethnologie, der auch oft auf abenteuerliche Forschungsreisen geht und seine junge Frau im Uni-Städtchen zurücklässt, wird nun aufgrund eines Artikels in einer Zeitschrift entlassen, in dem er darüber schreibt, dass der Aberglaube alter Zeiten an Dämonen und Geister bei der angewandten Medizin Unsinn gewesen ist. Dem Institutsleiter passt die Form (populäre Zeitschrift) nicht und will auch nicht, dass der Glauben an sich in Misskredit gebracht wird - wobei: diese Aussage fehlt im Heftroman (mal so nebenbei).
Zudem hat er aus den Tropen Malaria mitgebracht. Dann kommt noch eine gehörige Portion Eifersucht dazu, denn sein bester Freund kümmert sich für seine Geschmack etwas zu viel um seine Frau.
Und nun sieht er sich in albtraumartigen Zuständen von Dämonen verfolgt - oder?
Großartig erzählt, packend, einfühlsam.
9 / 10 Punkte

 

19 - William S. Burroughs: „Ali†˜s Smile & Naked Scientology“
Nach so viel Hubbard muss ich auch mal die andere Seite zu Worte kommen lassen. - Nee, so funktioniert das auch nicht, denn die Sachen, die ich von Hubbard gelesen habe, haben mit der späteren Religion / Lehre von ihm nichts zu tun, und ob Burroughs wirklich die andere Seite verkörpert?
Literarisch natürlich schon. Der Text hier ist allerdings sehr konventionell. Es sind ohnehin eher Briefe und Artikel aus Zeitschriften, in denen sich B. mit Scientology beschäftigt.
B. war ja auch mal „dabei“, hat aber eher schlechte Erfahrungen gemacht und ist wieder ausgestiegen. Darüber berichtet er und setzt sich mit S. auseinander.
Interessant für mich war dabei, dass offensichtlich das Thema Psychotherapie in den USA eine sehr große Rolle spielt. In Burroughs Reflexionen spielt auch die Auseinandersetzung mit den Psychotherapeuten eine sehr große Rolle. B. War gegen beide, aber da S. wohl auch ein Gegengewicht, oder Gegenangebot für Suchende in Sachen psychologische Betreuung darstellte, geriet B. nicht nur in den Verdacht, S., sondern auch die P. zu unterstützen; je nachdem, wer ihn kritisierte†¦ So erklären sich für mich seine teilweise harschen Worte, die er beißreflexartig vorträgt.
Ansonsten ist das Ganze keine tiefsinnige Auseinandersetzung mit Hubbard, oder mit Dianetik etc. Auch die kurze Story, die S. thematisiert, gab mir im Grunde gar nichts. Ich werde wohl doch kein B.-Fan.
6 / 10 Punkte

 

20 - Ursula K. LeGuin: „Rocannons Welt“
Der erste Hainish-Roman der Autorin (und wohl ihr erste Roman überhaupt). Für mich ein Wiedersehen nach über 31 Jahren. Das war eines meiner ersten „Nach-Wende-West-Bücher“, das ich mir gekauft hatte. Die Autorin „gab†™s“ ja auch in der DDR, und hatte mich schon vorher begeistert. Na ja, ich glaube, nach dieser Zweitlesung muss ich die anderen wohl auch...
Ihre Schreibe kann mich nach wie vor begeistern, obwohl die Story ja gar nicht so besonders ist. Vor allem fasst sie sich mitunter sehr kurz und entscheidende Dinge passieren in wenigen Sätzen. Das traut sich heute kein Autor mehr, befürchte ich. Ich finde das ja gut, auch wenn es mir hier fast zu kurz war.
Rocannon ein Vertreter der Liga, eines Bundes humanoid besiedelter Welten. Prähistorisch sind diese Welten alle mal von Hainish aus besiedelt worden, auch die Erde z.B. Aber irgendwie haben sie den Kontakt verloren und dann wiedergefunden. Allerdings ist dieser Kontakt nicht sehr intensiv, da es keinen licht- oder gar überlichtschnellen Transport von Lebewesen gibt. Nur Maschinen können das überstehen.
Er ist auf einer bisher der Liga unbekannten Welt. Dort existieren gleich mehrere vernunftbegabte Arten; die Autorin schreibt von „Rassen“. Wobei biologisch wohl beides gemeint sein kann, denn einige der Lesewesen scheinen miteinander verwandt, andere eher nicht. Aber egal. Faszinierend ist halt hier einfach der Umstand, dass mehrere verschiedene vernunftbegabten Arten nebeneinander, auch noch in unterschiedlichen Entwicklungsstadien existieren.
Leider haben sich die Gegner der Liga auf dem Planeten breit gemacht. Irgendwie ist die Liga auch kein Gutmenschenverein. Sie sind sehr technisch - technokratisch? - orientiert und übersehen andere Zivilisationen, Vernunftbegabte, die nicht so technik-affin sind.
Auf dieser Welt gibt es Zivilisationen, die zwischen Bronzezeit und früher Industrialisierung stehen. Die Liga unterstützt gern aufstrebende Zivilisationen, um sie als Hilfs-Welten für ihren bevorstehenden großen Krieg (gegen wen?) fit zu machen. Ist ja auch kein sehr humanistisch-selbstloser Zweck.
Rocannons Truppe ist aber auf friedlicher Mission, sie wollen die Vernunftbegabten hier nur kennen lernen. Leider werden sie von den Rebellen getötet, nur Rocannon bleibt übrig, er schwört Rache und Vergeltung. Die kriegt er auch†¦
Mich fasziniert der Mix aus Hard-SF und astreiner Fantasy. Magie postuliert die Autorin nicht explizit, aber es gibt halt Telepathie, die Rocannon vom Hüter des Brunnens lernt. Und die Errungenschaften der Liga müssen den weniger entwickelten Einheimischen wie Magie vorkommen.
9 / 10 Punkte

 

21 - Virginia Woolf: „Orlando“
Hörbuch, ungekürzte Lesung mit Sissy Höffner
Darauf war ich jetzt einfach mal neugierig. Sicher auch wegen der rhetorischen Drama-Comedy-Nachfrage: „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“; „Orlando“, weil es ja ein phantastisches Grundthema besitzt.
Aber nun frage ich mich: Was habe ich da gehört? (Hätte ich es selber lesen „müssen“, hätte ich zwischendurch aufgegeben.) Die Idee, dass ein Mensch Jahrhunderte lebt und durch so einige Zeitalter kommt, ist faszinierend. Aber was macht Orlando draus?
Auch die Idee, dass jemand im Laufe seines Lebens das Geschlecht wechselt, vom Mann zur Frau wird, ist faszinierend, aber was macht die Autorin daraus?
Orlando will nur eine tolle Dichterin werden. Okay, steht ihr zu, aber es war für mich als Zuhörer nicht sehr erfüllend.
Dann habe ich versucht, mich über den Film „Freak Orlando“ an das Thema ranzutasten. Na, das war ein Irrweg für mich, um es mal so zu formulieren. Mit dem Kunst-Film kann ich noch weniger anfangen als mit dem Original-Werk.
Es gäbe da noch den Film mit Tilda Swinton. Leider habe ich ihn bisher nicht gesehen, nur Ausschnitte. Die waren für mich insofern interessant, als dass ich die Szenen wiedererkannte. Also hat der Text zumindest einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Aber ob der Film in Gänze mir das Werk dann auch insgesamt besser erschließt? Ich ließe es gern auf einen Versuch ankommen; wird sicher mal klappen†¦
Ist auf jeden Fall ein toll ausgestatteter Film, und Tilda Swinton übt eine große Faszination in ihre Rolle aus, keine Frage.
Okay, ein Stück Weltliteratur (?) abgehakt, leider kein Supererlebnis, wie ich doch erwartet habe (ja, mein Problem).
keine Wertung




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Leseliste Februar 2021 - 2/2 - Ira Levin

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 26 Februar 2021 · 756 Aufrufe
Ira Levin, 2021
Leseliste Februar 2021 - 2/2 - Ira Levin Das Bild: eine Collage aus den TiBis der Bücher und Filme von & nach Ira Levin, umrahmt von dem "Redaktions-Alien" aus dem NEUEN STERN (keine Ahnung, wie der sich da raufschmuggeln konnte)
Die Rosemary-Bücher hatte ich ja schon hier erwähnt (Januar).

Ira Levin: „Die Boys aus Brasilien“
†¦und weiter mit der Ira-Levin-Gesamtlesung†¦ Na, also, fast†¦ Auf jeden Fall las ich jetzt nur einfach so, also ohne Rezensionsabsicht für den NEUEN STERN. Dieses Buch hier übernimmt dort mein Kollege. Zu gegebener Zeit werde ich berichten.
Auch hier kann man ja gut mit dem bekannten Film vergleichen (Regie: Franklin J. Schaffner, mit Gregory Peck als Dr. Josef Mengele, Laurence Olivier als Ezra Lieberman, James Mason als Eduard Seibert, Lilli Palmer als Esther Lieberman und auch z.B. mit Bruno Ganz als Professor Bruckner und Sky du Mont als Dietrich Hessen). Diesen Vergleich gewinnt aus meiner Sicht aber eindeutig das Buch! Klar, der Film verkürzt, muss er wohl. Aber die Motive, die Hintergründe etc. sind im Buch einwandfrei besser und stichhaltiger beschrieben.
Dabei machte mir das Buch den Einstieg schwer. Levin erzählt sehr detailliert. Jede Handbewegung seiner Figuren wird beschrieben. Das gleich zu Beginn, hat mich fast überfordert: Wollte ich das so genau wissen? Aber das war nötig, so zwang (mich) der Autor zur Konzentration. Und das hatte dann sein Gutes, denn Wendungen und Pointen kommen - ähnlich wie bei Rosemaries Baby - mitunter im Halbsatz, ganz unvermutet.
Das macht das Buch auch um einiges interessanter und spannender als den Film. Allein die Szenen, in denen die Nazi-Mörder ihre Opfer töten, sind im Buch weit ausführlicher als im Film beschrieben und zeigen, wie geschickt sie ihre Taten maskieren. Was im Film oft wie ein plumper Mord erscheint, ist im Buch eine raffinierte Vorgehensweise.
Inhalt? Na ja, kennt man ja, denke ich†¦
Interessant finde ich die zum Film in der Wikipedia zitierten Kritiken. Aus denen geht hervor, dass zumindest die Kritiker den Film überhaupt nicht mochten. Zu krude war ihnen der Mix aus Fiktion und Realität. Dass hier reale historische Personen in einen sehr fiktiven Plot verstrickt werden, war ihnen wohl absolut fremd. Als Fan alternativ-historischer Stoffe, die ein Subgenre der SF darstellen, fand ich Idee und Plot hingegen sehr gelungen - im Buch sogar besser als im Film.
Die große moralische Frage, die sich zum Schluss stellt, hatte ich seit der Erstsichtung des Filmes vergessen: Die Frage der Schuld-Abwehr, die nach dem Recht, Kinder töten zu dürfen, um erwartetes Unheil abzuwenden. Der Protagonist beantwortet sie für sich und stellt die Weichen. Aber irrt er am Ende? Der Film zeigt, dass das Böse im H.-Klon wohl doch angelegt ist, aber bei weitem nicht so offensichtlich wie im Buch†¦
9 / 10 Punkte

Ira Levin: „Die Frauen von Stepford“
Okay, jetzt glaube ich begriffen zu haben, was des Autors Thema ist. Es kristallisiert sich heraus, sowohl in „Rosemarys Baby“, in dem hier und wohl auch in „Silver“ begegnen wir ihm; in „Die Boys†¦“ eher nicht, obwohl, wenn ich es recht bedenke, auch am Rande.
Es geht Ira Levin immer um die Stellung der Frau in der Gesellschaft und in der Familie. Ja, das klingt nach allem - und nix.
Er fokussiert dabei auf eine Frau, die eine Frau, mit der sich der Leser und die Leserin (die vor allem? - nein, als „Frauenliteratur“ identifiziere ich seine Werke aber nicht), die am Ende völlig isoliert und allein dasteht, verraten von der Gesellschaft, der Gemeinschaft, in der sie sich bewegt, und auch von ihrem wichtigsten Bezugspunkt und liebsten Menschen, ihrem Mann.
Die Frage der weiblichen Emanzipation spielt dem Autor dabei eine wichtige Rolle. Er nimmt - so will ich meinen - die Position der nach Unabhängigkeit und für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit kämpfenden, modernen Frau ein und konfrontiert sie mit den reaktionären, toxisch-männlichen Ideen vom Heimchen und Austräger des Nachwuchses, oder auch als Sexpartnerin.
So auch hier in „Die Frauen†¦“, hier besonders und unmittelbar. Hier wird auch noch der technisch-wissenschaftliche Fortschritt für die reaktionären Gelüste der Männer missbraucht, die Robotertechnik.
In den beiden Verfilmungen wird das Thema übrigens auch genauso aufgegriffen, aber auf sehr unterschiedlichem Niveau. Der alte Film von 1975 hat mir da deutlich besser gefallen, obwohl er sich langweiliger Weise wieder absolut an die Buchvorlage hält. Schön, dass dieser alte Film dann wenigstens den Schluss noch ausbaut und mehr Aktion reinbringt, als das Buch.
Der neuere, hochkarätig besetzte Film von Frank Oz aus dem Jahre 2004 ist dagegen eine echte Gurke. Ich will ja nix sagen, aber da hätte der Schuster bei seinen Leisten, bzw. der Puppenspieler bei seinen Trickfilmen bleiben sollen, finde ich. Der Film ist eine bonbonfarbig-bunte Klamotte, die nicht mal sonderlich lustig ist, auch wenn Bette Midler sich alle Mühe gibt. Hier haben wir auch kein Überraschungsmoment mehr - okay, kann man damit rechtfertigen, dass jedermann/-frau den Plot schon kennt (ist das so?) - aber das Ende dann ist echt ärgerlich: ein Happy End mit großer Austrickserei und Showdown mit Funkenflug und Explosionen. Der Stoff mutierte zum Hollywood-Kitsch und bricht mit der Aussage des Buches.
Zum Inhalt? Kennt man doch. Wer es nicht kennt, das Buch nicht lesen und dennoch wissen will, worum es geht, dem empfehle ich den NEUEN STERN, der - irgendwann, dauert noch ein bisschen - sich den Autor und auch das Buch vornimmt.
Buch ist spannend, unterhaltsam, am Ende eben nicht happy, in der Anlage des Plots und der Art, wie die Idee transportiert wird, nicht sonderlich innovativ vom Autor; irgendwie kopiert er sich da selbst.
8 / 10 Punkte

Ira Levin: „Der Kuss vor dem Tode“
Zum Abschluss meiner Levin-Lesung nehme ich mir seinen Romanerstling vor. Der Roman ist von 1953 und wurde auch schon zweimal verfilmt - und ich hatte den bisher überhaupt nicht wahrgenommen.
Angesehen habe ich mir dann noch die Verfilmung von 1991, mit Sean Young, Matt Dillon und Max von Sydow. Nach dem Lesen habe ich mich gefragt, wie man diese Story vernünftig verfilmen kann, denn das Buch weist einen Twist etwa in der Hälfte auf, den man filmisch eher nicht umsetzen kann. Nun, der Film schafft es - auf seine Weise.
Es handelt sich um einen Krimi, oder Thriller, ohne phantastische Elemente. Ein sehr ehrgeiziger und gewissenloser Mann macht sich an die Tochter eines Industriemagnaten ran. Als die Beziehung nicht so verläuft, wie er sich das vorstellt, bringt er sie um. Die Schwester der Toten glaubt nicht an Selbstmord, wovon die Polizei ausgeht. Sie recherchiert auf eigene Faust und hat da zwei Kandidaten, von denen einer der Mörder sein muss. Auch die Leserschaft geht davon aus - und irrt sich.
Der Autor macht das absolut raffiniert. Der Clou dabei ist, dass man als Leser bis gut nach dem ersten Drittel die Identität des Freundes und Mörders nicht kennt. Es ist dann schon eine große Überraschung, um wen es sich dabei handelt. Als Leser weiß man es, aber die anderen handelnden Personen noch nicht.
Der Text hat den Vorteil, dass diese Person zwar die ganze Zeit „sichtbar“ ist, aber man sein Gesicht eben nicht sieht, was im Film schlecht geht. Es sei denn, er steht dauernd im Schatten. Dass man seinen Namen nicht gesagt bekommt, fiel mir auch nicht auf, bis er dann mal genannt wird†¦
Aber der Film von 1991 umschifft diese Sache echt geschickt, indem er das ganze lange erste Kapitel weglässt und im Nachgang beiläufig erzählt, wie sich die Beziehung der Toten zu ihrem Freund und Mörder entwickelte. So sehen wir zwar den Mörder die ganze Zeit, aber wissen nicht, ob und wie er in Beziehung zu den anderen handelnden Personen steht (d.h. ich ahnte es natürlich, da ich das Buch kannte). So gibt es im Film auch eine Überraschung, wenn auch etwas anders als im Buch.
Also, es ist ein Spiel mit Identitäten, und es ist wieder eine Verschwörung Mann gegen Frau, wobei der böse Mann diesmal mehrere Frauen zu seinen Opfern macht. Aber dieses Grundmotiv ist im Grunde wieder bei Levin dabei.
Das Buch endet etwas unspektakulär. Der 1991er Film baut es besser und effektvoller aus, finde ich, obwohl mir gerade dieses Identitätsspiel, den das Buch betreibt, im Film fehlt.
Den alten Film habe ich nicht gesehen; was man in der Wikipedia lesen kann, lässt mich erahnen, dass er sich mehr an das Buch hält, als der neuere. Aber der Film ist irgendwie schwer, sehr teuer, oder gar nicht zu bekommen†¦
Das Buch ist spannend und kurzweilig. Aus heutiger Sicht vielleicht nicht sonderlich originell, aber aufgrund seines Alters quasi archetypisch.
8 / 10 Punkte


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Leseliste Februar 2021 - 1/2 - Hubbard

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 18 Februar 2021 · 896 Aufrufe
Hubbard
Leseliste Februar 2021 - 1/2 - Hubbard Die Leseliste Februar - diesmal zweigeteilt, da sie sich um genau 2 Autoren drehen wird. Ich beginne mit...

L. Ron Hubbard
„Gefangen in Raum und Zeit“
(Return To Tomorrow), TERRA Utopische Romane, Band 60, 1959
Nachdem ich mich nun mit einem „Problemkind“ befasst habe, geht†™s gleich ans nächste. Bronnen war ja sozusagen eine gute Jugenderinnerung, die bei näherer Betrachtung arg ramponiert wurde. Dass er sich zwischen den Weltkriegen ideologisch für die absolut mieseste Seite entschieden hatte, um dann aber auch enttäuscht zu werden (der Arme), wusste ich dann schon irgendwann. Aber die Zeugnisse seiner ideologischen Abwärtsentwicklung selbst zu lesen, war dann noch eine ganz andere Hausnummer. (siehe meinen Januareintrag in der Leseliste)
Bei Hubbard ist das anders. Ihn kannte ich immer schon als den Stifter einer fragwürdigen Religion. Das er auch mal SF-Autor war, erfuhr ich dann aber auch sehr bald, nur gelesen hatte ich bisher gar nichts von ihm.
Das wollte ich jetzt doch mal ändern. Wobei mich weder diese Pseudoreligionsbüchern, noch die SF, die er schrieb, als er bereits seiner Mission nachging, interessieren. Sondern die Sachen, die er in der Pulp-Ära schrieb. Das engt die Auswahl schon ziemlich ein - wenn man Englisch nicht so gut kann. Es wurde nur sehr wenig von ihm aus dieser Zeit ins Deutsche übersetzt. Das meiste dann auch noch sehr früh und in Form von Heft-Romanen publiziert. Und einige Hefte und TBs sind mittlerweile einfach zu teuer (für mich).
Aber ich hatte auch Glück. Das Heft hier ist ja aus dem Jahre 1959 und sicher nicht mehr im besten Zustand; hab†˜s dafür für 1 € bekommen. Ich las es auch sehr vorsichtig, so dass nur wenig von den vergilbten Seiten abbröckelte†¦
Ist der Roman gekürzt? Möglich. Sogar gut vorstellbar, denn er beschreibt eine „lange Reise“ durchs All („Lange Reise“ heißt es als Terminus technicus im Roman), mit verschiedenen Stationen, Abenteuern, Erlebnissen. Es ist sicher denkbar, dass es im Original mehr Reisestationen und Abenteuer sind. Dennoch hatte ich nicht den Eindruck, dass (mir) etwas fehlte.
Hubbard hat als SF-Autor keinen guten Ruf. Nach der Lektüre dieses Romans kann ich dies aber nicht bestätigen. Na, vielleicht bin ich ja auch ein einfaches Gemüt. Auf jeden Fall fand ich das Teil spannend, interessant und befriedigte meinen sense of wonder hervorragend.
Ich lese die Geschichten auch mit dem Gedanken, hier schon Ansätze seiner Dianetik zu finden. In der Erzählung „Die negative Dimension“ fand ich so etwas (siehe Dezember 2020); hier aber eher nicht.
Es ist ein Entwicklungsroman. Er beschreibt die Entwicklung eines Mannes zu etwas, was er einst ablehnte, unter menschenunfreundlichen, kosmischen Bedingungen.
Die interstellare Raumfahrt ist kein Ding, das Menschen glücklich macht. Die Physik und so†¦ Das größte Problem: Die Zeit. Bei hohen Geschwindigkeiten und weiten Reise entsteht eine enorme Diskrepanz zwischen der Raumschiffbesatzung und den Menschen auf der Erde. Die Raumschiffe, sind aus irdischer Sicht Jahrhunderte, Jahrtausende unterwegs. Was hat das für einen Sinn? Die Frage stellen sich die Raumfahrer auch. Aber sie sind nun mal in der Mühle drin und kommen da nicht mehr raus. Wenn sie nach Jahrhunderten die Erde anfahren, herrschen dort völlig fremde Verhältnisse; ihre Verwandten und Bekannten sind längst Staub.
Ja, das ist kein neuer Gedanke. Sicher nicht mal mehr zu der Zeit, als das Werk entstand, aber der Autor beschreibt diesen physikalischen Einfluss auf das Leben der Menschen, inklusive einer gewissen kosmologischen, philosophischen Dimension, sehr eindringlich. Ich fühlte mich angesprochen.
Um die Mühle am Laufen zu halten, brauchen die Raumschiffe immer mal neue Leute, die gern auch schanghait werden. So auch Protagonist Alan. Der wurde mit falschen Versprechungen an Bord gelockt, sträubt sich dann erfolglos, will sogar eine Meuterei anzetteln, um am Ende zu dem zu werden, den er an Bord am meisten hasste: zum kalten, unmoralischen Kapitän, der die Interessen des Schiffes, also seine Interessen, mit Tricks, Härte und auch Grausamkeit durchsetzt.
Ist nicht viel Platz in diesem Roman, der ein ganzes Leben (50 Jahre auf dem Schiff), bzw. einen riesigen Zeitraum auf der Erde (Jahrtausende), abdeckt. Das macht der Autor sehr geschickt, mit wenigen Sätzen zaubert er neue Welten und Gesellschaften herbei. Das fand ich echt beeindruckend. Möglicherweise wurde hier gekürzt, aber für mich nicht merklich. Aus diesen „Skizzen“ hätte man sicher mehr machen können - muss man aber nicht, finde ich.
Ein paar Sachen störten mich schon. So wurde mal ein Problem mit einer vernunftbegabten Art, die einen Planeten eroberte hatte, den irdische Siedler für sich in Anspruch nehmen wollten, kriegerisch gelöst, mit Massenmord (und dann auch noch mit einem Virus†¦) Das erfährt der Leser in einem Nebensatz. Das spricht nun nicht gerade für großartigen Humanismus, aber vielleicht ist dies der unmenschlichen Welt der Raum- und Zeitfahrer (was sie ja quasi sind) geschuldet.
Der Roman ist groß angelegt, vielleicht mitunter zu klischeebehaftet, was ich gern überlas, weil ich sein Alter im Blick hatte. Vielleicht will der Roman zu viel auf zu wenig Seiten; mir hat dieses kosmische Leben im Schnelldurchlauf aber doch ziemlich gut gefallen.
8 / 10 Punkte
PS Der SF-Dinosaurier hatte seinerzeit das Heft auch beim Wickel: https://a3khh.blogsp...efangen-in.html
Er bestätigt dann auch die Kürzung, die doch erheblich war, betont aber die gute Lesbarkeit des Heft-Romans. Und er meint, dass Hubbard ein „nicht einmal so schlechter SF-Schriftsteller“ war. Na ja, wie schon geschrieben: Ich las anderswo was anderes, aber tatsächlich kann ich das schlechte Vor-Urteil selber auch nicht bestätigen bisher.

„Doktor Methusalem“
TERRA ASTRA Band 135, März 1974.
Der „Heft-Roman“ enthalt vier Erzählungen.
„Die Rache einer Königin“
Der Doc scheint mir Ähnlichkeiten mit „Dem Doktor“ zu haben: Er ist, sein Name weist schon mal darauf hin, sehr alt - 750 Jahre. Ist er unsterblich? Auf jeden Fall ist er Angehöriger der Universal Medical Society und ein Sonnensoldat, der so viel Autorität in der Galaxis besitzt, dass er sogar Königen Befehle erteilen kann.
Nur, wenn man ihn irgendwo als solchen nicht erkennt, landet er erst mal im Knast. So wie in dieser Story. Auf einem Planeten, der vornehmlich von Strafgefangenen besiedelt wurde und entsprechend in Isolation lebte, muss er den inhaftierten rechtmäßigen Herrschern helfen und das versklavte Volk befreien. Im Kern ist das Böse hier zurückzuführen auf eine Verstümmelung und Verunstaltung durch ein Bombenattentat auf die Usurpatorin, die ihre verloren Schönheit in einer üblen Tyrannei zelebriert. Doch da kann der Doc helfen.
Na, ist eine „leichte“ Story, hat was von Dr. Who, finde ich. Die Figur des Doc Methusalem muss man schnell lieben, auch seinen 500 kg schweren Assistenten, Hippokrates, ein Gnom, den der Doc einst untersuchen (also sezieren) wollte, dann aber merkte, dass der sehr wissbegierig ist†¦
„Gefährliche Sklaven“
Ein Plädoyer gegen die Sklaverei, die aber in den gesetzlosen Weiten des Alls an der Tagesordnung ist. Immer da, wo es genug Platz, aber keine Arbeitskräfte gibt, kommt ein findiger „Unternehmer“ und „hilft“ mit Sklaven aus. So auch hier. Auf einem sehr unwirtlichen Planeten, der um 2 Sterne kreist und nur unterirdisch bewohnt werden kann, sind es humanoide Wesen einer anderen Welt, die als Sklaven dort eingesetzt werden.
Nun bricht aber eine Seuche aus und unser Doc hat einen Einsatz. Er bekommt raus, woran es liegt. Das einzige Heilmittel ist es, die Sklaven auf ihre Heimatwelt zurück zu bringen. Da das dem Herrscher sehr teuer kommt, will er lieber seine Sklaven töten als zurück transportieren. Aber das wäre fatal, meint der Doc. Alles hängt mit deren Ernährung zusammen, die diese Sklaven halt gefährlich - sehr explosiv und radioaktiv dazu - werden lässt.
Schon ein interessanter Kniff, den sich der Autor da ausgedacht hat. Auf diese Weise kann er den Sklaven zu ihrer Freiheit verhelfen - aber ohne die Gesellschaftsverhältnisse in Frage zu stellen, die Sklaverei ermöglichen†¦
„Doc und der Kindergarten“
Die Story beginnt beschwingt. Dieses Wort löst bei mir eine Assoziation mit Gerhard Branstner aus, und seiner „Reise zum Planeten der Beschwingten“. Na ja, ist eher so ein Gefühlt, hat weniger mit inhaltlichen Ähnlichkeiten zu tun. Aber der Beginn dieser etwas längeren Erzählung hat etwas Humoristisches, und Beschwingtes.
Aber der Schein trügt dann doch wieder. Es wird bösartig. Diesmal erhält der Doc einen Notruf, dem er sich umgehend widmet, aber weniger, weil er die Pflicht rufen hört, sondern weil der Planet, den er nun anfährt, Wein und jagdbare Wasserbewohner verspricht; er will guten Wien trinken und angeln. na ja†¦
Aber es gibt schon einen Grund, hier Panik zu bekommen. Auch wenn der Doc so tut, als gehe ihn das dann alles gar nichts an, was ihn mir etwas unsympathisch macht, aber das gehört zu seinem überragenden Verstand und kontrollierten Vorgehensweise.
Also es gibt da eine Station, die sollte Löwenembryos bekommen. Löwen werden als natürliche Gegner einheimischer Raubtiere benötigt. Aber es sind 38.000 menschliche Embryonen, die da „ausgebrütet“ wurden. Irgendwie sind die komisch - oder eher: Supergefährlich. Sie sind schon als Babys aktive Kämpfernaturen, die offensichtlich eine echte Bedrohung darstellen, für alle anderen Lebewesen.
Dazu kommt, dass ominöser Weise ein Schlachtschiff den Doc aus dem Orbit angreift.
Unterm Stich hat man es hier mit einer außergalaktischen Invasionsvorbereitung zu tun und der Doc weiß ein Mittelchen dagegen - übrigens kommt seine Lösung ohne den von allen anderen und dem Leser (?) erwarteten Massenmord an den Babys (die aber gar keine sind) aus.
„Das Luftmonopol“
Der humoristische Ton setzt sich hier fort. Aber noch bemerkenswerter ist der Umstand, dass unser Doc noch mehr in die Nähe von Dr. Who gerückt wird! Er ist jetzt schon über 900 Jahre alt und er muss wohl immer mal sogenannte „Rejuvenierungen“ durchführen, sonst gelangt er an das Ende seines Lebens. Find ich erstaunlich, die Stories um Doc Methusalem entstanden zwischen 1947 und 1950, also ein Weilchen vor Dr. Who.
Wieder sind wir auf einer Welt, wo es Sklaverei gibt. Schien wohl ein Steckenpferd von Mr. Hubbard gewesen zu sein. Übrigens ist Hippokrates auch ein „Sklave“ - vom Doc, aber wie wir lesen werden, dann doch eine wichtige Bezugsperson für ihn, ein unersetzbarer Begleiter, sogar ein Freund. Dem kleinen, aber schweren, vierarmigen Senf und Gips essenden Begleiter des Doc geht es diesmal an den Kragen und der Doc muss sich bemühen, ihn zu heilen.
Zuvor aber bringt der Doc sie beide in Gefahr, weil er eine Sklavin, in die er sich verguckt hat, quasi befreit. Obwohl sie und die anderen Sklaven diese Befreiung nicht wollen, denn dann würde ihnen die lebensnotwendige Luftration gestrichen werden.
Luft, die den Planten umhüllt, wird von einem Konzern verkauft, bzw. zugeteilt? Kann das gehen? - Am Ende: Natürlich nicht. Da steckt eine miese Masche (oder „Geschäftsmodell“) dahinter, und der Tyrann hantiert eher mit Drogen, denn mit Luft.
Wieder recht spannend, flott erzählt, zwischen (nicht so sehr komplexem) Humor und Dramatik pendelnd. Mir hat es gefallen.
Insgesamt eine interessante Figur, die Hubbard da geschaffen hat. Scheinbar unmoralisch und gleichgültig gegenüber Lebewesen, aber dennoch immer bemüht, Krankheiten, Elend, Unterdrückung zu beseitigen. Dieser Widerspruch ist da, wird nicht weiter erklärt und auch nicht gelöst.
8 / 10 Punkte

„Versklavte Seelen“
Wie in der Dezember-Leseliste bereits erwähnt, war Hubbard für mich seit DDR-Zeiten ein Mysterium. Tatsächlich konnte ich es jetzt erkunden. Das war fast ein Zufall, denn das Buch, aus dem mal jemand in einem anderen Buch, das in der DDR erschien (nl konkret Reihe; was über Sekten im „Westen“), konnte ich lange Zeit gar nicht bestimmen. Ich wusste nur, dass es dort einen „Zongri“ gibt, der einen Professor mit einem Schwert zweiteilt. Das wurde als Beispiel für die Abscheulichkeit der Trivialliteratur des späteren Sektengründers herangezogen.
Wie ich schon im Dezember meinte: Das schreckte mich weniger ab und weckte eher meine Neugier. Doch wie bekomme ich raus, in welchem Buch das steht? Nun, ganz so schwer ist es nicht herauszubekommen, denn von Hubbard erschien auf Deutsch nicht allzu viel; ausgenommen seine Dianetik-Sachen und die SF-Bücher, die er in den 80ern schrieb. Mein Vorhaben, „alles“ von ihm zu lesen (was verfügbar ist und was eben nicht meinen Ausschlusskriterien entspricht) klingt nur auf den ersten Blick, eine große Herausforderung zu sein, denn es wurde herzlich wenig von ihm übersetzt. Ein paar Heftromane sind dann auch noch ziemlich teuer. So bleiben mir nur 3 Einzelausgaben (und 1 Story bisher).
Hier nun das umfänglichste Werk - und - Tataaa! - das mit dem Professoren-teilenden Zongri!
Und? War es nun so schlimm?
Tja also, eigentlich nicht. Im Grunde ist es ein ziemlich typischer Low-Fantasy-Schmöker; mit einer interessanten Ausgangsidee.
Wir wissen ja, dass unsere Seelen im Schlaf auf Wanderschaft gehen. Doch wohin? Leider können wir uns im Wachzustand daran nicht erinnern. Außer, wenn wir verflucht werden, z.B. von einem Ifriten. Den hat nämlich der schmächtige und nicht allzu lebenstüchtige Erbe eines Großunternehmens in einem Kupfertopf in seiner Villa. Da nun der vormalige Besitzer tot ist, will auch endlich ein echt fanatischer und unsympathischer Professor an das Geheimnis dieses Topfes. Der schreckt vor einem Einbruch nicht zurück und weckt den Geist im Topf nach 5000jähriger Gefangenschaft.
Zongri entschlüpft dem Topf. Der Ifrit ist 5 Meter groß und man kann ihn sich wohl als so eine Art Teufel vorstellen. Der schnappt sich das Schwert, das über dem Kamin hängt und erschlägt den Prof.
Und wer wird des Mordes beschuldigt? Na klar, Jan Palmer, besagter junger Erbe, den seine Verwandten und die Betriebsleitung gerne weghaben wollen, da er den unternehmerischen Betriebsablauf nur stört.
Jan ist dann noch in die Sekretärin verliebt, landet aber im Knast mit Mordanklage. Er tischt dem Richter seine Story mit dem Geist aus dem Topf auf. Das soll den Anklägern als Vorlage für eine Einweisung in die Psychiatrische dienen.
Zongri hat Jan verflucht: Er kann nie wieder schlafen! Was bedeutet, dass er in den Phasen des Schlafes in eine andere Welt und Identität schlüpft. Hier haben wir also so einen 08/15-Fantasy-Ansatz: Der schwächliche Erdenmensch wird zum Draufgänger und wilden Abenteurer in einer anderen Welt. Dort gibt es auch verschiedene phantastische Wesen, ein feudales, spätmittelalterliches System, mit Königin und echten Feinden.
Der Hauptkonflikt, in den Jan, hier als „Tiger“, hineingerät, besteht zwischen Zongri, der auch dort lange Zeit als verschollen galt, und der Königin Ramus, einer abscheulichen Kreatur - zumindest in den Augen Jans.
Hubbard spielt sehr schön mit den Identitäten, denn Jan ist sich auch als Tiger seiner anderen Persönlichkeit, dank des Fluches von Zongri, bewusst, und umgekehrt. Wenn er nämlich in der Parallelwelt müde wird, wacht er wieder in seiner Jan-Welt auf.
Es braucht ein Weilchen, bis Jan-Tiger alle Probleme seiner beiden Seins-Ebenen lösen kann, aber er kann sie lösen, gern auch mit miesen Tricks und etwas Gewalt und Kraftanstrengung.
Ich fand den Roman recht unterhaltsam und gar nicht so schrecklich, wie er mir einst „angepriesen“ wurde. Das alles hat ein happy end, die Bösen werden bestraft, die Guten können heiraten. Eigentlich eher Kitsch, denn Horror.
Einige Passagen in der Fantasy-Welt erschienen mir zu lang, da sie mit ihren Kämpfen etc. austauschbar, da passiert zwar viel, aber es geht mit der Story nicht wirklich vorwärts - Seitenschinderei. Aber gut, insgesamt ist es ja kein dickes Buch.
7 / 10 Punkte


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Jahreswechsel in Hofmanns Leseliste

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 05 Februar 2021 · 1.108 Aufrufe
Arnolt Bronnen, Ira Levin, 2021
noch 2020 - Nachtrag, den ich schuldig blieb

61 - Monika Maron: „Stille Zeile Sechs“
Da ja nun alle über Monika Maron sprechen, will ich sie wenigstens auch mal lesen. In der Hausbibliothek steht dieses Buch. Das ist nicht das aktuelle, auch kein „umstrittenes“. Das ist so eine Abrechnung mit der DDR. Aber auch mit der Vätergeneration, so ganz allgemein.
Liest man es jetzt, kommt es einem 30 Jahre zu spät vor. Die Brisanz ist futsch; über das verdorbene Experiment Sozialismus auf deutschem Boden wurde ja schon oft und umfangreich geschrieben. Interessant ist es natürlich schon noch, zumal für jemanden wie mich, der in der DDR groß geworden ist.
Ich fühle mich aber als solcher (DDR-Geborener) recht wenig „ertappt“. Könnte ja sein: Die Vorwürfe, die die Protagonistin (die Ich-Erzählerin hat sicherlich viel von der Autorin) dem SED-Regime allgemein und deren Protagonisten im Besonderen macht (dem fiktiven Bonzen Beerbaum und ihrem Vater - der im realen Leben immerhin ein Minister war, im Buch Neulehrer und Schuldirektor), könnte ich mir ja annehmen. Mach ich aber nicht. Die Autorin prangert Dinge an, die ich selber auch nicht gut fand. Vor allem die Borniertheit in der Diskussion über Missstände - die ja gar nicht wirklich stattfand. Und diese platten Sprüche, schrecklich, keine Frage.
Was mich an ihrer „Kritik“ aber echt stört: Sie kritisiert nicht nur Haltungen und Charakterschwächen, auch die aus ihrer Sicht falsche Ideologie, sondern auch persönliche Äußerlichkeiten (Alter, Figur, Kleidung). DAS fand ich echt daneben. Vielleicht menschlich verständlich, denn wen ich nicht leiden kann, den finde ich ggf. auch hässlich, aber so in dieser Form (und wiederholt) fand ich das echt daneben.
Der Hauptkonflikt ist der zwischen Bildung und Macht - die Mächtigen, ehemalige Proletarier, weitestgehend bildungsfern aufgewachsen, entscheiden über Wohl und Wehe von Bildungsbürgern. Und die können sich nicht mal effektiv lustig machen über die „dummen“ (und hässlichen) Mächtigen. Es bleiben Ohnmacht und Wut.
Das alles beschreibt die Autorin einfach großartig, das muss man schon mal sagen. Der Plot ist sogar durchaus spannend, obwohl man dies ja nicht unbedingt erwarten würde (also ich). Die Sprache ist teilweise auch poetisch, aber insgesamt klar und nicht intellektuell verschwurbelt (was man auch erwarten könnte, also ich).
Okay, die Lektüre hat sich gelohnt für mich! Und ich will jetzt auch mal was Neueres (und Umstrittenes) von ihr lesen. Demnächst†¦
8 / 10 Punkte

jetzt aber: 2021 - der Januar, mit ein bisschen Februar
1 - Arnolt Bronnen: „O.S.“
Das Jahr beginnt bei mir politisch. So, wie es aufgehört hat (siehe Nachtrag). Das Buch war aber schon lange fällig. Versuche ich doch gerade, einen Menschen zu verstehen, der - nicht nur einfacher Mitläufer - scheinbar einfach mal so die politischen Fronten wechselte, und zwar radikal.
Wenn man sich mit Arnolt Bronnen befasst, stößt man unweigerlich auch auf seine Tochter, Barbara Bronnen, die interessanter Weise das gleiche Problem hat, nur halt wirklich existentiell, da sie als Familienmitglied „betroffen“ ist: Wie konnte ihr Vater so eine Karriere hinlegen? Sie schrieb ein Buch darüber, wie sie und ihr Bruder sich auf die Spur des Lebens ihres Vaters machten; ich befürchte, das muss ich auch noch lesen („Das Monokel“).
Für mich ist das nur „Grübel-Sport“ - etwas, was mich einfach fasziniert. Bronnen habe ich kennen und lieben gelernt mit seinem Roman „Aisopos“. Damals, als Jugendlicher in der DDR, wo das Buch erschien, hatte ich noch gar keine Hintergrundinfos. Das kam später. Und damit auch das Grübeln über diese „Un-Person“.
„O.S.“ ist schon ein „reifes Zeugnis“ seines weltanschaulich-politischen Wandels zum „Rechten“. Der Roman wurde von seinem Kumpel Goebbels gelobt. Der ehemaliger Brecht-Freund und Theater-Revolutionär hat nun eindeutig die Fronten gewechselt. - Wobei: Hat er es? Oder hat er sich einfach nur „verirrt“? Er wird ja in die nationalbolschewistische Ecke gestellt und saß im Grunde immer zwischen den Stühlen.
Und das merkt man dem Roman an. Sein Hauptheld ist ein gestandener Proletarier, der vom Kommunisten zum Nationalisten und Freischärler in Oberschlesien wird. Er lässt sich dort von den Ereignissen Anfang der 20er Jahre in Beschlag nehmen. Für ihn - und Bronnen - war eine nationalistische Haltung für Deutschland und gegen Polen kein Widerspruch zu einer positiven Haltung zur unterdrückten Arbeiterschaft. Na ja, so kann man sich irren†¦
Ich lass mich zu dem Roman und Bronnen in meinem Sternesplittern dann noch etwas aus; also, wer Lust drauf hat†¦
Keine Wertung

2 - Ina Elbracht: „Pentimenti“, illustriert von Daniel Bechthold
Darüber hatte ich schon berichtet -Klick-

3 - Arnolt Bronnen: "Film und Leben. Barbara La Marr"
Ich bin gerade im BRONNEN-Fieber. Dabei macht er es einem ja nicht leicht, schließlich hat er sich in verschiedenen Phasen seines Lebens verschiedenen Extremen zugewandt und ergeben. Jetzt wollte ich mal schauen, ob bei einem unverfänglichen, unpolitischen Thema das auch eine Rolle spielt.
Nee, tut es nicht! Das Buch hier ist eine Exkursion in die sprühenden, glühenden 20er Jahre, in der die Filmindustrie entstand und ihre ersten Stars und Skandale hervorbrachte.
Das Buch entstand 1927 und behandelt das Leben der Schauspielerin (und Drehbuchautorin, Burlesk-Tänzerin, Lebe-Dame und Rauschgiftsüchtigen) Barbara La Marr. Sie lebte von 1896 bis 1926. Gestorben ist sie am Übergenuss an Rauschmitteln und quasi an Überarbeitung. Sie betonte immer, dass sie nicht mehr als 2 Stunden Schlaf bräuchte; alles andere wäre Zeitverschwendung.
Sie war „das Mädchen, das zu schön ist“. Ein amerikanischer Traum. Nach schwerem Anfang ein Stummfilm-Star mit richtig großer Gage; eine der ersten Hollywood-Größen mit viel Kohle - die sie aber auch, folgt man dem Roman, gern und schnell verbrannte. Und was sie so alles in ihren nicht mal 30 Lebensjahren erlebte! Bronnen hat sich da jemanden rausgesucht, mit der man halt einfach einen großartigen Gesellschafts- und Abenteuerroman fabrizieren konnte. Das ist ihm voll & ganz geglückt. Ich bin echt angetan von dem Buch - und auch von der schönen Frau†¦
10 / 10 Punkte

4 - Christa Wolf: „Was bleibt“
Mein Lesejahr begann politisch, so wie das letzte aufhörte und wird nun noch ein wenig so fortgesetzt. Bin gerade beim „Aufarbeiten“. Nach Marion Marons Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit nun ein kleines Werk von Christa Wolf.
Ch. Wolf ist ja „etablierter“ in der DDR gewesen als M. Maron. Wurde aber auch observiert. Hängt mit Biermann zusammen, aber auch schon davor, erst verdeckt, dann offen observiert - das ist genau das Thema der Novelle. Sie setzt sich in dem kurzen Text mit ihrer Observation auseinander. Sie schreibt über Leute, die sich der Stasi verschrieben haben und über Leute, die sich dieser widersetzten. Das alles auf großzügig bedruckten 100 Seiten.
Ich bin kein Wolf-Leser, weiß daher nicht, wie weit dieses Thema woanders bei ihr noch eine Rolle spielte. Ich nehme mal an, so deutlich wie hier in dem Text, der nach 1990 erschienen ist, spielt es in den Werken, die sie in der DDR veröffentlichen konnte, eher keine große. Allerdings ist er schon in den 70er Jahren entstanden also unmittelbar unter dem Eindruck dessen, was sie da schildert. Das hatte natürlich keine Chance, auch veröffentlicht zu werden.
Interessant ist aber, wie sie einer jungen Autorin rät, sich in ihren Texten nicht zu stark gegen den Staat zu engagieren. Die junge Frau sucht den Rat der gestandenen Autorin. Die Szene fand ich großartig, denn sie zeigt, wie man als kritisch denkender Mensch und Schriftsteller in der DDR „überleben“ konnte. Der Eindruck des Duckmäusertums, der dadurch entstehen kann, ist irrelevant (ich selbst habe gar keinen Grund, so zu tun also ob), jemanden vorzuwerfen, er oder sie hätte nicht „ordentlich“ Widerstand geleistet, zeugt eher von Unkenntnis des Lebens bei „uns“. Wie auch immer: Mich hat die Erzählung durchaus beeindruckt.
9 / 10 Punkte

5 - Arnolt Bronnen: „Roßbach“
Was für ein schreckliches Buch! Leider habe ich mir dieses Buch als letztes in Sachen Bronnen ausgesucht. Leider, leider†¦
Ich möchte da gar nicht über den Inhalt schreiben, aber es ist auch stilistisch unterste Schublade. Sehr ärgerlich, weil ich mit dem Buch meine Bronnen-Lektüre (erst einmal?) beende. Ob da dieser miese Eindruck alles überdeckt?
4 / 10 Punkte

6 - Monika Maron: „Munin, oder Chaos im Kopf“
Als Hörbuch, gelesen von der Autorin
Das ist wohl das erste (?) Buch der Autorin, mit dem sie politisch aneckte - in der BRD. In der DDR hatte sie ja bereits einschlägige Erfahrungen gemacht. Jetzt hat sie ein neues Feld ihrer kritischen Sicht für sich gefunden. Aber immerhin muss sie das Land nicht verlassen.
Okay, ich mach es kurz: Ist nicht meine politische Position, die sie einnimmt. Interessant ist aber, dass sie „nur Fragen“ stellt, sozusagen. Ihre fiktive Autorin - die Ich-Erzählerin - soll einen Essay über den 30jährigen Krieg schreiben und in dem Zusammenhang kommen ihr Assoziationen zu der 2018 aktuellen Lage in der Welt und in Deutschland. Es geht um die syrischen Kriegsflüchtlinge, die - so die Autorin - den Krieg mitbringen. Aus ihrer Sicht leben wir hier in Europa in einer Vorkriegszeit. Das betont sie mehrmals.
Der Untertitel des Romans soll darauf hindeuten, dass sie sich noch gar nicht im Klaren darüber ist, was sie genau über all das denken soll. Um das Chaos zu sortieren, hält sie Selbstgespräche; als Gesprächspartner steht ihr ein einbeiniger Rabe, den sie Munin nennt, zur Verfügung.
Der rote Faden im Buch wird aber durch einen anderen Konflikt geprägt: Im Haus der Protagonistin lebt eine Frau, die jeden Tag auf dem Balkon steht und grässlich, dafür laut singt. Sie hat psychische Probleme. Die Mitbewohner der ganzen Straße leiden unter ihr. Sie können aber die Situation nicht klären. Die Frau ist durch ihre Krankheit geschützt, einen Pflegplatz bekommt sie aber auch nicht. Auf jeden Fall entwickelt sich anhand dieses Problems ein Konflikt zwischen den Bewohnern der Straße, der stellvertretend für die gesamte politische Situation steht.
Ja, kann man sicher so machen. Wobei die Autorin sich um eine Antwort bzw. Lösung drückt. (Ja, ist sicher nicht ihre Aufgabe.) Aber wie sie die Fragen stellt, wie sie Fakten in einen Zusammenhang stellt und den Bezug zur Situation vor und im 30jährigen Krieg, hat zumindest den Verdacht genährt, in welcher Richtung sie die Aufmerksamkeit ihre Leser und Leserinnen lenken möchte.
Ich fand den Roman durchaus kurzweilig (er ist ja auch schön kurz), interessant, aber kaum erhellend. Mal sehen, vielleicht lese oder höre ich ihren aktuell letzten Roman noch?
ohne Wertung

7 - Ira Levin: „Rosmaries Baby“
Ein Klassiker! Endlich gelesen! Hurrraaaa!
Es läuft da gerade so eine kleine Ira-Levin-Challenge in der Redaktion des NEUEN STERNS, na ja, es sind 2 Leute, die mal mehr von dem Autor lesen und vorstellen wollen; der eine davon bin ich. Da mein „Kollege“ damit angefangen hat, werde ich die beiden Roman um „Rosmaries Baby bzw. Sohn“ vorstellen und er ein paar andere. Also, ausführlich gibt es dazu dann im NEUEN STERN dann was. Aber ich werde auch weiter Bücher von dem Autor lesen, denn das habe ich schon mal durch die Lektüre dieses Buches hier erkannt: Der Autor ist großartig!
Macht echt Laune! Auch wenn man den Plot kennt, so ist das Buch einfach spannend. Wobei ich den Film vor 30 Jahren (?) sah - noch in Schwarzweiß. Schaue ich mir natürlich gleich jetzt noch mal an†¦
Buch und Film sind übrigens sehr kongruent; beide Medien so schnell hintereinander zu konsumieren, ergibt kaum Sinn.
Für mich so nebenbei auch spannend: Der Film spielt ja im Bramford, gedreht wurde aber im Dakota. Das Dakota wird als mögliche Alternative für eine Wohnung, die das Ehepaar sucht, im Text genannt (im Film nicht). Spannend für mich auch, weil ich ja schon mal da war - natürlich nicht reingekommen, da kommt niemand rein†¦
Zum Inhalt? Muss ich nicht wirklich was schreiben, oder?
10 / 10 Punkte

8 - Ira Levin: „Rosemarys Sohn“
Da hat der Autor tatsächlich eine Fortsetzung seines berühmten Romans geschrieben. Mir kam ja das Ende von „Rosmaries Baby“ sehr offen, wie ein Cliffhanger vor. Aber dann gab es 30 Jahre nichts.
Kurz vor Ende des 20. Jahrhunderts erinnerte sich der Autor aber daran. Gut so - dachte ich erst. Ich habe den Roman auch mit großem Interesse verschlungen. Aber war das wirklich eine gute Idee?
Also, ich will nicht zu viel verraten. Ich kann Interessierten an dem Stoff sehr empfehlen, den Roman zu lesen. Er ist an mehreren Stellen sehr seltsam. Er greift durchaus die Stränge aus dem Vorgänger auf, spielt mit der Erwartungshaltung der Leser und Leserinnen, indem er Rosemary stellvertretend mit diesen Dingen konfrontiert.
Diesmal ist sie nicht die hilflose Person, aber am Ende wird sie auch verraten dastehen - wobei: Am richtigen, schlussendlichen Ende macht der Autor etwas, was den echten Fans des Buches und Films von Polanski sicher einen enormen Schock versetzten könnte.
Ist das Buch nun eine Gurke? Oder ein genialer Schachzug? Ich weiß es nicht. Ich neige dazu, das Buch zu verreißen und sowas wie 5 / 10 Punkten zu geben. Aber ich achte die Absicht und den Versuch des Autors, seinen großen Mythos fortzuspinnen - und ihn dabei ironischer Weise vielleicht fast zu zerstören. Den Mut muss man erst mal haben.
8 / 10 Punkte


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Mein Lieblingsbuch 2021

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013, Meine Empfehlung 17 Januar 2021 · 1.306 Aufrufe
Ina Elbracht, Daniel Bechthold und 1 weitere...
Mein Lieblingsbuch 2021 [Bild: Das Buch mit Daumen des Rezensenten und 2 Bildern von Daniel Bechthold (die beiden rechts im Bild, übereinander hängend, das andere ist ein Stückchen Giger)]

Ina Elbracht: „Pentimenti“, illustriert von Daniel Bechthold
Okay, das Jahr ist gelaufen: Ich habe wohl schon mein Lieblingsbuch in 2021 gefunden.
Dabei wollte es anfangs gar nicht so scheinen. Außerdem wird meine Urteilskraft durch etwas „getrübt“, nämlich durch meinen Stolz. Dabei habe ich gar nichts groß getan, außer etwas Platz im Rundbrief an die Freunde des ASFC, dem NEUEN STERN, zu spendieren. In dessen Ausgabe 43 vom Herbst 2018 erschien nämlich eine Short Story der Autorin - besser: des Autorengespanns - gleichen Titels, die der Nucleus dieses Buches darstellt, erschienen 2020 bei Wurdack in der Edition 100. Aber doch, ein bisschen stolz bin ich schon.
Die Short Story findet sich in einem Erzählstrang des Romans wieder, wird natürlich ausführlicher erzählt. Aber am Ende gilt schon - darauf muss man gefasst sein:

„Ich muss mir eingestehen, dass es Dinge gibt, die bei aller Mühe unerklärbar sind und es auch bleiben.“ (S.162)

Das macht gute Unheimliche Phantastik aus, denke ich: Dass man im Unklaren bleibt, weil man mit etwas konfrontiert wird, was den menschlichen Verstand überfordert, oder untergräbt, oder ad absurdum führt. Genau das schafft das Buch!
Dabei fing es fast zu langsam an. Zunächst werden diesmal zwei Paare eingeführt. Zum einen Adam und Eva aus der Short Story, also Adam, den seltsamen Maler und dessen Frau. Das zweite Paar sind Holly und Paul. Beide Paare sind nicht einfach, bzw. schon besonders. Nun wird auch recht ausführlich auf die beiden Paarbeziehungen eingegangen. Das lullte mich ein. Nun, das las sich nicht schlecht, war interessant und die Autorin ist einfach zu gut, um mich auch bei so einem Thema kalt zu lassen, aber hätte ich dann so euphorisch reagiert, würde es so weitergehen?
Beide Paare erleben wir dabei, wie sie in ihre neuen Domizile einziehen. Adam & Eva weit ab vom Schuss, irgendwo im Wald, wo sie ihre Ruhe haben, wo Adam in Ruhe malen und Eva in Ruhe ihre Pflanzen pflegen kann.
Paul & Holly ziehen auch in so eine Einöde. Holly sucht ein Haus, aus dem sie eine Art grusligen Erlebnispark machen kann. Paul will nur das eine. Aber gut, lest selbst.
Fakt ist, dass es nicht bei Beziehungskram bleibt. Ich habe mich da noch immer gefragt, was beide Erzählstränge verbindet. Dann krachte es bei einem Pärchen. Danach las ich fiebrig weiter und wartete nur darauf, dass es bei den anderen auch kracht.
Es kam auch so und noch heftiger. Wow!
Ja, und wie die beiden Paar-Geschichten zusammenhängen, wird natürlich auch erzählt.
Man soll ja Autoren nicht danach fragen, woher sie ihre Ideen haben. Nun, ich würde das in diesem Falle die Autorin auf keinen Fall fragen, denn ich hätte Angst vor der Antwort. Fakt ist, dass sie mich wieder absolut überrascht und gefesselt hat mit ihrer Schreibe!
Der zweite Autor ist aber Daniel mit seinen Bildern. Für sich genommen erscheinen sie spröde und dunkel. Sie versprechen eine finstere Welt, aus denen sie Ausschnitte zu sein scheinen. Erst mit dem Lesen erkennt man, was man da sieht! Das ist tatsächlich eine Offenbarung. Und man kann sich in ihnen, in ihrem Detailreichtum, verlieren, wie in einem Strudel (oh, war das jetzt ein Spoiler?).
Daniels Stil erinnert mich an die Illustrationen phantastischer Werke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, vornehmlich aus dem deutschsprachigen Raum. Sie könnten auch im ORCHIDEENGARTEN abgedruckt worden sein, in den 20er Jahren. Für mich sind sie eine Wohltat in der Flut computergenerierter scheinbarer Perfektion auf dem Illustrationssektor.

Leser*innen: Lest mehr Elbracht / Bechthold! Ina & Daniel: Schreibt / zeichnet mehr!
11 / 10 Punkte


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2020 - die Leselisten-Abrechnung

Geschrieben von T.H. , in Statistik, Leseliste ab 2013 29 Dezember 2020 · 730 Aufrufe

Das wars also mit 2020. Zumindest auf meiner Lektüreliste sah das Jahr sehr gut aus. Bei den rund 60 von mir gelesenen Büchern gab es im Grunde keine Ausfälle; na gut, eines davon fand ich wirklich ziemlich mies (Der hat auch noch 6 Punkte bekommen, aber so im Nachhinein weiß ich echt nicht mehr, warum ich da so gnädig war†¦)
Was war denn so drauf auf dem Plan? Na ja, meine Klassiker habe ich weitergelesen, also etwas Blish, einige Bücher von Moorcock, noch ein bisschen Priest, neuerdings Huxley. Das will ich auch im nächsten Jahr weiterverfolgen, da liegt noch was auf dem SUB.
An für mich neuen Autoren kamen Warren Ellis, Sebastian Guhr und Mark Fisher dazu; Kandidaten, von denen ich wohl einfach alles lesen muss. Die drei haben mich auf sehr unterschiedliche Art und Weise beeindruckt, beackern sie auch völlig verschiedene Felder. Zwei davon sind nicht mal originär „Phantasten“, wenn auch absolut phantastische Autoren!
Im Sommer gab es so zwei spezielle Wissensgebiete, die mich gefangen nahmen. Das eine hing mit einer kleinen Textarbeit für einen Verlag zusammen, der den „Frankenstein“ von Mary Shelley neu herausbrachte. Bei meiner Recherche stieß ich auf allerlei Schriftwerke um das Monster und ihre Schöpferin herum. Dass dabei auch eine ganze Reihe Artikelchen entstanden, kann ich bisher nur behaupten; denn bisher war kein Platz im NEUEN STERN und ein Teil davon wird auch gleich ins Sonderformat STERNENSPLITTER ausgelagert. Das 2. Heft wird dann hoffentlich 2021 fertig.
Meine Skala hat 10 Punkte, wobei ich den Rahmen auch gern sprengen lasse - mit 11 Punkten.

 

Meine Highlights mit 11 Punkten waren:
Mark Fisher: „Kapitalistischer Realismus ohne Alternative?“
Sebastian Guhr: „Die Verbesserung unserer Träume“

 

Sehr gut gefallen haben mir und mit 10 Punkten bedacht habe ich:
J.L. Borges: „Die Bibliothek von Babel“
Warren Ellis: „Gott schütze Amerika“
Warren Ellis: „Gun Machine“
Charlotte Freise: „Die Seelenfotografin“
Mark Fisher: „Das Seltsame und das Gespenstische“
Sebastian Guhr: „Die langen Arme“
Aldous Huxley: „Das Genie und die Göttin“
Daniel Kehlmann: „Die Vermessung der Welt“
Tim Powers: „Die kalte Braut“
Angela & Karlheinz Steinmüller: „Pulaster“
H.G. Wells: „Die Insel des Dr. Moreau“

 

Noch sehr gute 9 Punkte haben:
James Blish: „Irgendwann“
Ralph C. Doerge: „Yume. Träumen in Tokio“
Ina Elbracht: „Der Todesengel“
Mark Fisher: „Gespenster meines Lebens“
Sebastian Guhr: „Im Boxring meines Kopfes hau ich jeden um“
Marcus Hammerschmitt: „Der Zensor“
Frank Herbert: „Dune - der Wüstenplanet“
Tom Hillenbrand: „Hologrammatica“
Aldous Huxley: „Schöne neue Welt“
Aldous Huxley: „Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt“
Reinhard Kaiser: „Der kalte Sommer des Doktor Polidori“
Michael Moorcock: „Eiszeit 4000“
Michael Moorcock: „Die goldene Barke“
Michael Moorcock: „Der Stahlzar“
Alan Moore, Dave Gibbon: „Watchmen“
Sam Moskowitz (Hg.): „Die Gesichter der Zukunft“
Walter Tevis: „Die Letzten der Menschheit“

 

Auch gut gefielen mir (8 Punkte):
James Blish: „Auch sie sind Menschen"
James Blish: „Triumpf der Zeit“
Aldous Huxley: „Affe und Wesen“
Monika Maron: „Stille Zeile Sechs“
Michael Moorcock: „Der Herr der Lüfte“
Michael Moorcock: „Der Landleviathan“
Michael Moorcock: „Die Zeitmenagerie“
Ellen Norten (Hrsg.): „Das Alien tanzt Polka“
Christopher Priest: „Die Stadt“
Christopher Priest: „Der Traum von Wessex“
Karla Schmidt: „Lügenvögel“
Marianne Sydow: 4 x Terra Astra
David Foster Wallace: „Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich“

 

Was ich nicht übel, aber auch gar nicht überragend fand und 7 Punkte erhielt:
Federico Andahazi: „Lord Byrons Schatten“
Armen Avanessian (Hg.): #Akzeleration
John Clagett: „Das perverse Paradies“
Sebastian Guhr: „Philpots Reise“
Tom Holland: „Der Vampir“
Michael Moorcock: „Rituale der Unendlichkeit“
Anna von Münchhausen: „Der Lügenbaron. Mein phantastischer Vorfahr und ich“
Max Franz Johann Schnetker: „Transhumanistische Mythologie“
Adrian Tchaikovsky: „Die Kinder der Zeit“
Yehuda Shenef und Karel Capek: „Karel Capeks R.U.R. - Rossum Universal Robots“

 

6 Punkte bekamen, weil sie mich nicht mehr so richtig überzeugt haben:
Guy Adams: „Sherlock Holmes. Die Armee des Dr. Moreau“
Sebastian Guhr: „Die Selbstlosen“
Frank Herbert: „Der Herr des Wüstenplaneten“
Manuela Lenzen: „Künstliche Intelligenz. Was sie kann & was uns erwartet“

 

Bei folgenden Büchern vergebe ich einfach keine Punkte, kann verschieden Gründe haben, die ich in den Einträgen der Leseliste auch angesprochen habe. Ich lass das mal so stehen:
Stephen Hawking & Leonard Mlodinow: „Der große Entwurf“
Eugene Thacker: „Im Staub dieses Planeten. Horror der Philosophie“
Mario Vargas Llosa: „Der Traum des Kelten“ (beim 1. Mal gab es sogar 12 von 10 Punkten)




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Hofmanns Leseliste - Der Rest des Jahres 2020

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 25 Dezember 2020 · 1.062 Aufrufe
Marianne Sydow, Steinmüller und 1 weitere...
Hofmanns Leseliste - Der Rest des Jahres 2020 Angela & Karlheinz Steinmüller: „Pulaster“
Der Roman wird demnächst bei Memoranda erscheinen. Wenn ich richtig zähle, ist das die vierte Publikation des Romans. Ist das sinnvoll? Ja, denn jetzt erscheint der Roman in der Werkreihe bei Memoranda.
Da das Buch wieder eine Vignette von mir zieren soll, habe ich ihn jetzt noch einmal gelesen. Erstmals tat ich das Ende der 80er, vielleicht sogar Anfang der 90er Jahre. Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall ist leider nicht sehr viel bei mir hängen geblieben. Das lag daran, dass er mich damals nicht so erreichte. Sicher hängt da auch mit der Umwälzungszeit damals zusammen; das gilt für fast alle Bücher, die ich damals las. Für mich waren da wichtiger: Studium, Beginn des Lehrerdaseins, Armee-Zeit, Wendezeit natürlich, Arbeitslosigkeit. Kein Nerv für gute Lektüre!
Jetzt las ich die Shayol-Variante. Und bin schlichtweg begeistert! Na, vielleicht musste das Buch reifen - oder ich? Auf jeden Fall ist es aus meiner Sicht ganz großartig gealtert.
Ich habe befürchtet, hier noch mal - unterschwellig, oder sogar vordergründig - eine Auseinandersetzung mit dem realexistierenden Sozialismus im SF-Gewand zu lesen. Ob mir das jetzt noch was geben würde? Doch selbst, wenn davon etwas enthalten ist, so „störte“ es mich jetzt keineswegs.
In der kleinen terranischen Kolonie auf Pulaster herrscht das strenge, hierarchische Regime der Flotte. So ein administratives System ist für so ein Unternehmen eigentlich normal, denke ich. Da man sich hier gegen eine überwältigende Natur behaupten muss, kann man sich eher nicht in Freiheit und / oder kommunistischen Verteilungsverhältnissen ausleben.
Interessant ist aber in dem Zusammenhang die zeitliche Dimension, in der „Entscheidungen“ durch die Flottenleitung gefällt werden. Da Flüge mit halber Lichtgeschwindigkeit bei den Entfernungen immer noch Jahrhunderte dauern, kann man sich kaum vorstellen, wie so eine Organisation vernünftig geleitet werden soll. Das wird im Roman auch thematisiert. Der Hintergrund dieser seltsamen Gesellschaft, in der Menschen aus verschiedenen Epochen auf diesem besonderen Planeten zusammentreffen und zusammenleben sollen, ist schon mal absolut faszinierend.
Im Mittelpunkt stehen aber die vernunftbegabten Saurer auf Pulaster, die Hreng. Und ein Mensch, ein Raumfahrer, der quasi auf Pulaster gestrandet ist. Er kann dort aus Gründen nicht mehr weg. Das nimmt ihn erst mal gar nicht für seine neue Heimat ein. Aber das wird. Und dieses Werden und seine Freundschaft zu einem Hreng, das in Bedrängnis gerät, dazu diese Dschungel-Welt mit dem Dauerregen, all das beschreiben die Autoren so überaus faszinierend.
Sie haben sehr viel Hintergrund geschaffen, die Welt, die Hreng, ihre Kultur, ihre Biologie (eingeschlechtlich), ihre Gesellschaft, die auf Fortschrittsverzicht basiert. Diese Kultur der Hreng, die irgendwann in ihrer langen Geschichte darauf verzichteten, sich aus ihren steinzeitlichen, urtümlichen Verhältnissen fortzuentwickeln, also z.B. auf Feuernutzung und Metallverarbeitung zu verzichten, damit aber im Einklang mit der üppigen Natur leben zu können, erscheint heute ja aktueller denn je.
Da es sich um Hard SF handelt, dürfen auch Physik und Kosmologie nicht zu kurz kommen. Es wird nach Dunkler Energie geforscht. Die „Zahl“ spielt eine große Rolle, also so eine Art Theorie von allem (†¦lautet die „Zahl“ nicht 42?). Und eine mysteriöse Hyper-Zivilisation, deren Spuren man nachjagt, aber deren man nicht habhaft wird, wabert so im kosmischen Hintergrund. Die „Außenzeitler“ sind sicher sowas wie die Wanderer bei den Gebrüder Strugazki, nehme ich mal an.
All das spielt eine große Rolle und dennoch bleiben sie bei ihren Figuren; die stehen im Mittelpunkt.
Einfach ein großartiger Planetenroman, der nach so viel mehr schmeckt. Na, ihr merkt, ich bin begeistert und möchte ihn daher einfach mal wärmstens empfehlen.; vielleicht ja ein bisschen warten, in 2021 erschient die Neuausgabe.
10 / 10 Punkte

Marianne Sydow: 4 x Terra Astra
Von der Autorin gibt es, soweit mit bekannt, keine „richtigen“ Bücher. Sie schrieb Heft-Romane. Für mich gut: Sie schrieb auch außerhalb von Serien eigenständige Romane. Vier davon las ich nun am Stück. Für meine Leselisten-Abrechnung nehme ich die 4 Hefte mal als 1 Buch. Im Einzelnen waren das also folgende TERRA ASTRA-Hefte:

#220: „Affäre Interstar“
2017 hatte ich das Heft schon mal gelesen und war recht angetan. Ist ja „nur“ ein Heftroman. Aber das gilt hier nicht, denn es ist kein Serien-Teilchen und auch keine eingekürzte Übersetzung, sondern halt eine eigenständige Geschichte. Ob es wirklich ein „Roman“ ist, sei dahingestellt. 2017 habe ich einfach Novelle dazu gesagt. (alter Blogeintrag) Ich nehme also daher jetzt der Einfachheit halber an, dass diese Texte auch für den Umfang konzipiert waren, da extra so geschrieben; also nicht im Nachhinein eingekürzt. Bei Übersetzungen muss man ja davon ausgehen, nur das halbe Buch (oder so) zu lesen†¦
Damals versprach ich (mir in erster Linie), mehr von ihr zu lesen. Nun endlich also†¦
Aber zunächst noch mal dieses Heft. Es ist ein SF-Krimi, bei dem es um nicht mehr, nicht weniger als die Rettung der Menschheit vor dem Zugriff eines bösen Usurpators geht. Zumindest andeutungsweise.
In einem „Nachts im Museum“-Opening scheint es in einem Museum für außerirdische Artefakte und Naturkunde zu spuken. Die Nachtwächter nehmen jedenfalls seit geraumer Zeit regelmäßig Reißaus. Übrigens stimmt hier das Titelbild sogar: Ein hilfloser Mann inmitten von Monstren.
Der Fall soll von einem Privatdetektiv gelöst werden. Hinter der Affäre steht natürlich ein großes Ding. Es geht um eine Kristall-Mosaik-Wand, außerirdischer Herkunft. Die kann mehr als nur schön sein, wie wir erfahren. Ein skrupelloser Konzernboss wittert das große Geschäft mit einer Art Psycho-Waffe.
In erster Linie ist es ein rasanter Krimi. Die Figuren haben ihre Funktionen und herausgearbeitete Allianzen und Positionen zueinander werden im Laufe der Handlung in Frage gestellt und neu sortiert.
Nebenbei aber wird auch so eine für mich faszinierende Welt der Zukunft entworfen, in der mit wenigen Pinselstrichen, oder Worten, die Ausbreitung der Menschen in der Galaxis gezeichnet, in der sie viele fremde Welten mit interessanten Naturphänomenen, Tieren und sogar vernunftbegabten Wesen gefunden hat. Aber „wir“ sind keiner hochstehenden Zivilisation begegnet, nur den Hinterlassenschaften einer solchen. Wohin sie entschwand, weiß niemand. Vielleicht haben wir es nun mit ihnen zu tun? Oder ist das doch nur†¦ Die Antwort auf diese Fragen bekommen wir hier auf den 60 Seiten auch. Mir hat der Roman wiederum großen Spaß gemacht; ich bleibe bei den 2017 vergebenen 9 /10 Punkten.

#328: „Planet der Verrückten“
Der Roman trägt auf dem Cover die Bezeichnung „Eine SF-Humoreske“. Das Cover passt auch wieder sehr gut zum Inhalt. Auf der Homepage von M. Sydow, der Villa Galactica, kann man die vollständige Version dieses Romans erwerben. Zumindest in diesem Fall ist das Heft die gekürzte Version des Romans. Allerdings erfolgte die Kürzung wohl nicht aus Platzgründen, sondern wegen inhaltlicher Fragen. Es gibt da wohl vor allem sexuelle Anspielungen, die im Terra Astra Heft dann nicht enthalten sind. Da ich den Roman als Heft las, kann ich mir sie zumindest vorstellen. Ob das aber wichtig für den Roman ist, weiß ich nicht, glaube ich aber auch nicht.
Also, da gibt es den Planten Harako. Auf dem leben ziemlich unkaputtbare, kleine, amorphe Aliens in paradiesischen, also vorzivilisatorischen Zuständen. Aber sie lernen schnell von den Menschen, leider scheinbar den ganzen Unsinn, wie Krieg und so was. Da sie aber mit vielen „Konzepten“ der menschlichen Natur und Zivilisation nichts anfangen können (Liebe, Scham, Tod), weil sie eben ganz anders sind, ahmen und spielen sie nur nach und das halt recht unsinnig und kurios.
Jedenfalls gibt es wohl eine Art galaktischen Rat der Zivilisation, die diese Entwicklung mit Sorge beobachtet.
Dazu kommt dann noch, dass ein Psychotherapeut, der einen recht miesen Ruf hat, dort helfen soll - und noch mehr verdirbt.
Das ist halt so ein typischer Roman über die Missverständnisse unterschiedlicher Kulturen, die wir auf der Erde oft genug erlebt haben und die hier ins Kosmische projiziert werden.
Ob das nun so lustig ist? Es gibt vor allem in der ersten Hälfte viel Schenkelklopferhumor aus meiner Sicht, also durchaus kuriose Situationen und die dazu passende Hilflosigkeit der Menschen. In der zweiten Hälfte wird für meine Begriffe der Ton ernster. Die Probleme treten mehr zutage. Es werden von der Autorin auch viel mehr Spitzen losgetreten gegen so eine überzogene Frohsinn- und Gesundheitspropaganda, die in Form des besagten Psychotherapeuten auf dem Planeten eintrifft und den alle unangenehm finden. Mit seinem selbstgemachten und natürlich grässlich schmeckenden Tee bringt er sogar ein echtes Problem mit auf den Planeten.
Der Roman ist dann halt so ein Plädoyer für die „erste Direktive“; man kennt das ja. Hübscher Roman, wieder mit etwas detektivischer Ermittlungsarbeit, ohne aber ein Krimi zu sein. Sowas scheint der Autorin aber zu liegen. Für mich waren das aber „nur“ 7 / 10 Punkte

#300 „Angriff aus dem Jenseits“
Der Titel? Nun, hier kann man sich eigentlich nicht damit herausreden, dass es eine unpassende Übersetzung wäre. Der Titel erscheint trotzdem etwas unpassend. Aber am Ende vielleicht doch nicht†¦
Die ca. 60 Heftromanseiten haben es in sich. Hätte ich eingangs gar nicht gedacht. Das Titelbild wirkt ja etwas lahm - ein futuristischer Produktionsroman? Dabei ist es gar nicht mal fehl am Platze.
Also, Terraner sind dabei, einen Wüstenplaneten am Rande ihrer Einfluss-Sphäre zu erkunden und zu erschließen. Der Planet ist unbewohnt. Es gibt nur wenig Wasser und wenig Flora. Ansonsten haben wir hier viel Sand. Scame liegt aber am Rande des Imperiums der erbitterten Feinde der Menschen, der Goghleens. Damit besitzt der Planet vielleicht eine gewisse strategische Bedeutung.
Zunächst aber kommt ein Raumschiff an, das einen Inspektor mitbringt, der das Team der Planetenbesiedler prüfen soll. Der Typ ist ein Ekel, der sogleich einen Verbündeten, einen karrieregeilen Offizier, unter der Crew auf Scame findet. Die Beiden machen sich erst mal sehr unbeliebt und räumen mit scheinbaren Saboteuren auf. Das alles ist sehr unschön und endet mit dem Tod der beiden Querulanten. Nun scheint der Roman ein SF-Krimi zu werden.
Das turnte mich ab, muss ich zugeben. Scheinbar hat die Autorin ein Faible für SF-Krimis gehabt. Aber ich hatte erst mal keine Lust mehr drauf. Aber Pustekuchen. Ehe es für mich langweilig zu werden drohte, begegnen die Menschen doch noch Eingeborenen: Beschrieben werden sie von der Autorin sehr anschaulich. Mich hat es dazu bewogen, so einen Scame-Alien zu zeichnen.
Die erste Begegnung verläuft leider feindselig. Ein Mensch wird spurlos entführt.
Danach ereignen sich noch andere mysteriöse Dinge, die die Terraner zu der Erkenntnis kommen lässt, dass sie es hier nicht mit primitiven Steinzeit-Leuten zu tun haben. Deren „Waffe“ sind wohl Psi-Kräfte. Und wenn ein entführter Mensch zurückkehrt, ist der wahnsinnig und aggressiv, für das normale Leben verloren.
In der Situation kann nur noch eine „psionische Null“ helfen - ein Mensch, der völlig unempfänglich für Psi-Kräfte ist und nicht beeinflusst werden kann.
Man kommt den Fremden auf die Schliche, wo sie überhaupt leben (das mit dem „Jenseits“ im Titel kann damit zumindest ansatzweise erklärt werden) auch was die Erzfeinde damit zu tun haben.
Hinter allem steckt eine total psychedelische Friedens-Utopie, die halt von den latent aggressiven Terranern und erst recht von den stark aggressiven Goghleens nicht verstanden werden kann. Ein Kontakt ist hier im Grunde nicht möglich, Scame wird zur Tabuzone.
Nachdem ich nach dem ersten Drittel fast mit dem Roman innerlich abgeschlossen hatte, entpuppte er sich noch als spannendes und utopisches Abenteuer, mit viel action, aber auch tollen Ideen.
9 / 10 Punkte

#309 „Weg durch das Nichts“
Der Roman konnte mich nicht so hundertprozentig überzeugen. Er war mir diesmal doch zu konstruiert.
Ein Detektiv wird von einem Industrieboss angeheuert, um einen Planten zu finden, den es sich auszubeuten lohnt. Also, so richtig klar ist es mir im Nachhinein nicht, was er da soll, ich interpretiere das mal so.
Nun hat dieser Industriemagnat einen adoptierten Sohn, den nimmt aus selbst für ihn unerfindlichen Gründen der Detektiv mit auf seiner Reise mit. Der Planet, den sie ansteuern, ist der, wo der Adoptivsohn herkommt. Zufall? Kaum zu glauben†¦
Auf dieser Welt leben Ureinwohner, die sich aber sehr komisch benehmen. Komisch vor allem aus der Sicht einer profitorientierten Gesellschaft, wie sie die Terraner immer noch haben. Sie arbeiten nämlich nicht, sondern „dienen“, wobei sie „dienen“ als freiwillige Tätigkeit ansehen. Allein der Gedanke, für ihr Tun Geld zu erhalten, macht sie wütend oder bringt sie an den Rand des Wahnsinns.
Okay, das haben sie sich nicht ganz allein so ausgedacht, sondern sie sind in einer sehr manipulativen Religion unterwegs. Und deren Gründer hat mit dem Adoptivsohn zu tun. Also, ich erzähle das mal nicht genau nach. Der Plot ist sehr an den Haaren herbeigezogen. Es gibt auch noch zahlreiche Wendungen, die alles in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Die Opfer werden zu Tätern, oder / und umgekehrt. Und der Titel des Romans erklärt sich auch noch - nur so richtig interessiert hat es mich am Ende nicht.
Hier nur 7 / 10 Punkten (Spannend war das alles schon, auch gut erzählt)
2 x 7 und 2 x 9 von 10 Punkten = macht also im Durchschnitte 8 / 10 Punkte für das Gesamtpaket.


Sam Moskowitz (Hg.): „Die Gesichter der Zukunft“ (Terra TB 220)

L. Ron Hubbard: Die negative Dimension
Wegen dieser Geschichte habe ich das Büchlein bestellt. Ja, ich wollte einfach mal den SF-Autor Hubbard kennen lernen, nachdem man (ich) so viel über ihn als Stifter seiner Religion / Kirche / Sekte erfahren habe. Kritiker meinen, so las ich, dass seine Stories nicht so pralle wären. Aber eine eigene Notiz triggerte mich seit langer Zeit. Ich hatte sie mir so um 1987 notiert. Ein Zitat aus dem Büchlein aus der nl-Konkret-Reihe (DDR 1983) „Falsche Propheten“ von Günter Koch, in dem er Hubbard mit einer Stelle aus einem seiner SF- oder Horrorbücher zitiert. Leider entspricht mein Zitat keinem wissenschaftlichem Anspruch, so kann ich da kaum genauere Angaben machen. Es geht um eine Story, in der das Ungeheuer Zongri einen Professor mit einem Schwert auf einen Schlag zweiteilt. Das war so ein Beispiel für die Abscheulichkeiten Hubbardscher Phantasie, wie sie der nl-konkret-Autor bei Hubbard ausmachte. Na ja, das schreckte mich eher nicht ab; seit ich das dort las, war ich neugierig. An diese Neugierde erinnerte ich mich immer mal wieder.
Heute ist es ja recht einfach solche Sachen zu recherchieren. Auf jeden Fall „muss“ ich jetzt endlich mal Hubbard lesen!
Die Schlachtfeld-Erde-Romane wollte ich nicht lesen, sondern das, was er im Golden Age schrieb, also „davor“. Diese kleine Story hier kam mir als Einstieg gerade recht.
Und? Nun ja, ist tatsächlich nicht so der große Wurf. Aber auch nicht übel.
Ein Wissenschaftler entwickelt eine Formel, mit der er durch den bloßen Gedanken an einen Ort wechseln kann. Er nutzt dazu eine vierte, die negative Dimension. Leider klingt da nur auf den ersten Blick großartig. Wie gesagt, allein der Gedanke reicht. Man denke an den Mond und schwups.
Neben dieser „physikalischen“ Idee ist es der angedeutete Kompetenzstreit zwischen Akademikern, der hier eine Rolle spielt. Der eher unterwürfige Entdecker muss sich erst mal bei seinen Kollegen und Vorgesetzten durchsetzen, um Gehör zu finden.
Wie kommt er aber aus dem Dilemma? Na, er entwickelt noch eine andere Formel. Nun ja†¦
Interessant ist aber der Gedanke, den Hubbard hier formuliert: Der Körper folgt dem Geist.

A.E Van Vogt: Im Dschungel von Mira II
Kurioser Weise geht es auch hier um Kompetenzen - zwischen einem ehemaligen Raumfahrer, der inzwischen ein am Schreibtisch agierender Funktionär geworden ist und einem harten, aktiven Raumfahrer. Raumfahrer scheinen in dieser Zukunft die Outlaws mit amtlicher Genehmigung zu sein, sowas wie die englischen Piraten zu Zeiten von König Elisabeth II. Auf jeden Fall wird der Kompetenzstreit hier nicht nur mit Worten ausgetragen.
Es geht um die Entscheidung, wie der Saft einer Lebensform auf Mira II, der „Brut der Lymphbestien“, gewonnen werden kann. Das Zeug ist sehr wichtig, es bekämpft Krebs beim Menschen und ist gleichzeitig eine biologische Waffe gegen die kosmischen Feinde der Menschen, die unverwüstlichen Yerd. Die können auch die Lichtstrahlung manipulieren und sich dadurch hervorragend tarnen. Ansonsten sind sie richtig üble Typen.
Als man schon denkt, dass der Streit der beiden Männer eskaliert, kommt es ganz anders und endet als Alien-Agenten-Story. Spannend das Ganze und Vogt zeigt sich als Könner beim prägnanten Beschreiben außerirdischer Lebensformen. Das erinnert mich daran, dass ich schon längst mal mit der Space Beagle unterwegs sein wollte (um u.a. auch der Urform des Aliens zu begegnen).

Alfred Bester: Der Joker
Es könnte eine einfache Zeitreise-Abenteuer-Story sein. Aber dann kommt ja der Joker ins Spiel - das ist fast ein Zitat. Bester führt diesen Joker an einer Stelle ein, wo er seinen Lesern versucht zu erklären, wie das mit der Beeinflussung der Zeitebenen funktioniert. Ich gebe zu: Da bin ich ausgestiegen. Vielleicht ist das was für Physiker? Auf jeden Fall für Mathematiker, denn er bemüht so etwas wie Formeln. Einfache zwar, aber es sind Formeln.
Ob die stimmen? Keine Ahnung. Es geht auf jeden Fall darum, dass ein Mann aus der fernen Zukunft (2975) mit seiner Zeitmaschine in eine Vergangenheit reist, die aus Sicht des Autors die nahe Zukunft ist: 1975. Dort muss er irgendetwas erlebt haben, was genau, erfahren wir gar nicht. Nur die letzten Minuten, in denen er sich mit seiner dort gefundenen Geliebten gegen den Angriff irgendwelcher Böslinge erwehren muss.
Er kann die Angelegenheit klären, muss aber planmäßig zurück in seine Zeit. Nur leider geht das nicht (und jetzt käme das mit den Formeln). Er landet in einem alternativen Jahr 2975.
Da sieht es finster aus: Er begegnet Typen in Ritterrüstungen und mit Lanzen bewaffnet. Die Lanzen verschießen allerdings nukleare Projektile. (Was dazu ein Physiker sagen würde?)
Er gerät auch dort in ein Gefecht, und danach in Gefangenschaft. Es gibt zwei Gruppen, die einen können lesen, genannt die „Leser“, sie haben die alte Kunst des Lesens bewahrt, aber im Widerstand gegen die herrschende Meinung, dass das Teufelszeug sei.
Es wird viel gekämpft und der Zeitreisende kann natürlich aufgrund überlegenden Wissens einer Seite der Streithähne helfen. Er hilft natürlich den Guten, also den Leuten, die als „Leser“ verschrien sind. Leser sind die neuen Ketzer, die wenigstens noch ein wenig der alten zivilisatorischen Tugenden bewahren konnten.
Am Ende kehrt der Zeitreisende nach 1974 zurück, weil er - wie formelhaft bewiesen wurde - seine richtige Zeit-Realitätsebene nie wieder erreichen kann. Außerdem wartet 1974 ja jemand auf ihn.

Clifford D. Simak: Am Rande der Tiefsee
Eine feine, (fast ganz) runde Story. Auf kurzem Raum werden drei Handlungsebenen aufgemacht und miteinander verknüpft. Mag sein, dass da ein zu großer Zufall beschworen wird, aber in sich ist das alles sehr stimmig.
Ein Reporter erhält die Nachricht, dass ein Supergangster, der einst durch die Ermittlungstätigkeit des Reporters dingfest gemacht werden konnte, aus dem Knast ausgebrochen ist. Das ist für unseren Reporter keine gute Nachricht, denn der Gangster ist sehr nachtragend.
Dann erfahren wir, dass der Reporter schon mal auf der Venus war. Dort gibt es Ureinwohner, die aber in dem für menschliche Verhältnisse unwirtlichen Meer leben und sich daher der Erforschung durch die Menschen entziehen.
Und dann bekommt der Reporter einen vermeintlich einfachen Auftrag, in der Tiefsee (der Erde) herauszubekommen, warum dort immer wieder die Glaskuppeln der Stationen kaputt gehen.
Wie das nun alles zusammenhängt? Das erfahren wir und Simak erzählt das in einer flotten und enthaltsamen Art und Weise. Nebenbei erfahren wir sogar was über Tiefseewesen und den „Haus-Kraken“ eines Tiefsee-Einsiedlers. Simak hat so eine Art, seine Figuren den Lesenden schnell nahe zu bringen; mir erschienen sie schnell sehr vertraut.
Nur das Ende der Story ist seltsam, denn mir erscheint es fast so, als hätte sie gar kein Ende und es müsse noch eine Fortsetzung geben. Meine bisherigen Recherchen ergaben aber dahingehend nix.

L Sprague de Camp: Der Unverbesserliche
Johnny Black ist ein Bär. Einer der lesen kann, und denken, aber nicht sprechen. Er ist das Ergebnis von Forschungen, die nun verboten werden sollen.
Ein anderes Ergebnis derselben gentechnischen Forschungen sind Ziegen, die Bier, statt Milch erzeugen.
Aus diesen beiden amüsanten Ideen strickt de Camp eine hinreichend spannende und unterhaltsame Abenteuerstory. Fast möchte ich schreiben: leider nur eine kleine Abenteuerstory.
Es geht um eine politische Entscheidung, ob besagtes Verbot durchgesetzt werden soll. Um einen Senator dazu zu überreden, dem nicht zuzustimmen, wird Poker gespielt. Na ja, das ist doch hoffentlich auch nur SF, und keine Realität†¦
Es kommen noch Gangster ins Spiel, die im Auftrag von Brauereien die Verbreitung von Bier-Ziegen unterbinden wollen. Nur der Bär Johnny kann die Situation klären und den Fall retten. Am Ende bekommt er sogar einen Ehrendoktortitel verliehen.
Eine hübsche Story, die ein großes Thema anspielt, aber dann etwas verschenkt, aber sie für mich mit der bezaubernden Figur des Bären Mr. Black rettet.

Henry Kuttner: Blumen von der Venus
Im Grunde sicher eine typische amerikanische SF-Story des Golden Age: Ein Raumschiff stürzt über Neuengland ab und wird von einem durchschnittlichen, etwas unbedarften Mann, einem Farmer, gefunden. Als richtiger US-Amerikaner sieht er erst mal Dollarzeichen vor Augen, als er in dem Raumschiff so etwas wie einen riesigen Diamanten findet. Und Samenkörner. Nimmt er alles mit und verschweigt den Absturz, obwohl da sicher wissenschaftliches und regierungsseitiges Interesse dran bestünde.
Das Raumschiff ist ein irdisches. Er findet Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass das Schiff auf der Venus war und dort Entdeckungen machte.
Auf jeden Fall gehen seine Geheimniskrämerei und Geschäftstüchtigkeit mächtig in die Hosen.
Aus dem Kristall schlüpft ein Monster, was aber nur äußerlich eines ist, eigentlich ist es ein Vertreter der schon ausgestobenen vernunftbegabten Art auf der Venus, der gern Kontakt zu den vernunftbegabten Erdlingen herstellen möchte.
Und aus den Samen entstehen schöne Blumen. Die Story konzentriert sich auf das vermeintliche Monster, aber sie heißt ja nicht „Das Monster von der Venus“. Man kann sich also denken, was am Ende rauskommt.
Eine einfache Story, auch geradlinig und einfach erzählt. Aber durchaus spannend und Partei für das missverständlich und von den dummen Menschen schlecht behandelte „Monster“ ergreifend.

Fazit: Obwohl Hubbard mich lockte, diese alte Antho zu erwerben, um mich dann weder zu schocken, noch zu sehr zu enttäuschen, fand ich unterm Strich diese Reise in die Urzeit der SF sehr erfrischend! Was machen heutige SF-Erzähler anders, oder gar besser? Ich fand die Auswahl richtig gut.
Was mir auffiel: Recht viele Gangster sind damals in der SF unterwegs gewesen. Und die Aliens kommen oftmals noch aus dem eigenen Sonnensystem. (Und ein Mal sind die Aliens die Gangster†¦)
9 / 10 Punkte


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Gelesen - November 2020

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 03 Dezember 2020 · 1.058 Aufrufe
Karla Schmidt, Huxley und 1 weitere...
Da ist ja - für meine Verhältnisse- doch ein bisschen zusammen gekommen. Ein paar Klassiker nachgeholt (Huxley) und, wie versprochen, noch etwas von Karla Schmidt gelesen. Hier: Ein Buch, das unter einem Pseudonym erschien, aber kein geheimes... Das Buch hat mir so gut gefallen, habe mir gleich das nächste bestellt. Mehr gibt es aber von der Sorte leider nicht. Schade.

51 - David Foster Wallace: „Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich“
Hörbuch, gelesen von Dietmar Bär
Mal so zwischendurch, weil ich gern als Hörbuch Bücher konsumiere, die ich sonst eher nicht lesen würde. Der Autor wurde ja mit einem Riesenwerk und seinem Selbstmord (auch mir) bekannt. Ansonsten hat er, mir zur Überraschung, eher kurze Texte veröffentlicht. Das hier ist sein Bericht einer Schiffsreise, die er im Auftrag von und bezahlt durch eine Zeitschrift antrat. Nun, er ist kein Fan solcher Form des Urlaubs und Unterhaltung. Kann ich übrigens voll verstehen. Und nach der Lektüre fühle ich mich in meinem Vorurteil bestärkt: sowas ist nix für mich.
Wallace erzählt sehr amüsant, keine Frage. Ist jetzt aber nicht so tiefsinnig, das Ganze. War nett.
8 / 10 Punkte

52 - Aldous Huxley: „Schöne neue Welt“
Ein Klassiker? Ja, ein Klassiker! Und ich habe ihn nicht in der Schule gelesen. (Hat das eigentlich wirklich jemand? Ich frage, weil ich gerade einen Abiturienten erlebte, der kaum noch ganze Bücher im Unterricht lesen musste / durfte†¦)
Ich las das Buch weil†¦
†¦ ich jetzt irgendwann sicher mal die neue TV-Serie sehen werde und darauf vorbereitet sein will†¦
†¦ich das Buch zwar seit 29 Jahren im Regal stehen habe, aber es selbst nie gelesen hatte, ja, ja†¦
†¦mich nach „Genie und Göttin“ Huxley als Autor stark interessiert. Selbiges fand ich ja ziemlich gut, mal sehen, ob das so weiter geht†¦
Die Reclam-Ausgabe (DDR, 1988) ist seit ca. 29 Jahren in meinem Besitz. Das Buch trägt einen „Ausmusterungsstempel“ einer Bibliothek (aus Hoyerswerda; hab keine Ahnung, wie ich das Buch erworben habe†¦) von 1991. Damals stürzte ja eine Welt zusammen und eine andere auf mich ein; ich - glaube - ich habe es nicht gelesen damals. Aber das Buch „muss“ man ja haben! Und kennen; aber wie so oft bei Klassikern: Man kennt es einfach zu gut, ohne es gelesen zu haben.
Aus einem nun schon ziemlich tief in mir verwurzelten Misstrauen gegenüber DDR-Ausgaben von „West-Büchern“ dachte ich mir, dass es vielleicht besser wäre, lieber die bundesdeutsche Ausgabe zu lesen. Könnte ja was in der DDR zensiert, gekürzt, verändert sein?
Außerdem wollte ich auch „Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt“ dazu lesen. Das Buch gibt es separat, ist aber mit dem Roman zusammen billiger zu bekommen als solo. Daher legte ich mir also die Übersetzung von Herbert E. Herlitschka zu. Wie ich inzwischen weiß, ist das die erste deutsche Übersetzung von 1932.
Als ich das Buch dann aufschlug und die Reclam-Ausgabe danebenhielt, überraschte mich schon der erste Absatz, der nämlich die Handlung einmal nach London, ein andermal nach Berlin verlegte!
Inzwischen weiß ich, wie das zustande kam. Und ich las die alte „Berliner Version“.
Ist das Buch nun eine Kritik am Kommunismus? In der kleinen Diskussion auf Facebook, die um meinen Hinweis auf die beiden unterschiedlichen Übersetzungen entstand, kam dieser Aspekt auch zur Sprache. - Nun, vielleicht auch, aber meiner Meinung nach sicher nicht in erster Linie. Ansonsten wäre es auch kaum denkbar, dass das Buch bereits in der DDR (ab 1978) erschien; „1984“ ja z.B. überhaupt nicht.
Die Schöne neue Gesellschaftsordnung des Ford†™schen Weltstaates ist auf universellen, gemeinschaftlichen, massenkompatiblen Konsum und Produktion ausgerichtet. Als kommunistisch kann ich diese Weltordnung eher nicht erkennen. Die ideologische „Gleichschaltung“ hier ist auch eine andere als in „1984“. Die Leute wollen ja in der Mehrheit diese Weltordnung - wer sich ihr entgegenstellt, wird aber ausgegrenzt.
Ach, und dann gibt es da einen Aspekt, den ich gar nicht vermutet hätte, der mich das Buch in unserem (NEUER STERN) Sonderheft zum Thema „Indianer und SF“ erwähnen lassen wird.
Insgesamt fand ich die Lektüre sehr inspirierend und kurzweilig. 9 / 10 Punkte

53 - Aldous Huxley: „Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt“
Kein Roman, also keine direkte, erzählerische Fortsetzung des berühmten, dystopischen Romans. Der Autor greift seine Themen, die er im Roman ansprach, nach 30 Jahren in Form von Essays noch einmal auf: Was hat von seinen Fragen, die er in „Schöne neue Welt“ aufwarf, noch Bestand, wieweit sind die befürchteten, prophezeiten Dinge bereits in der Realität angekommen?
Der Roman ist eine Dystopie, vielleicht auch als Satire lesbar, aber eben keine Utopie. Trotzdem gibt es einen Faktor, eins der großen Probleme, die Huxley für die Menschheit sieht, der in seiner schönen neuen Welt gelöst wurde: Die Überbevölkerung.
In dem späteren Aufsatz betont er aber, dass die Probleme, die er nennt, nur im Zusammenhang zu sehen sind und zu lösen sind.
Kurzgefasst sind es folg. generellen Probleme, oder, wie die Transhumanisten von heute sagen: die „existentiellen Risiken“, die Huxley ausmacht: Überbevölkerung, Überorganisation. Sie werden unbehandelt und ungelöst die Freiheit des Menschen einschränken; auch in den westlichen Demokratien!
Für mich ein wichtiger Schluss: Huxley richtet sich mit seiner Gesellschaftskritik aus „Schöne neue Welt“ nicht (nur) an die totalitären Diktaturen, sondern sieht da auch ganz konkrete Gefahren für die Demokratie und Freiheit des Westens. Und er macht kein Hehl draus, dass er da schwarz für die Zukunft sieht.
Natürlich geht er auch auf die Formen der Manipulation der Menschen, die in „Schöne neue Welt“ eine Rolle spielen (von Drogen, über Gehirnwäsche etc.) sehr ausführlich ein - übrigens alles Faktoren, die im demokratischen Westen bereits eine sehr große Rolle spielen. Ich nehme mal an, das hat sich seit Huxley nicht verbessert†¦
Im letzten Kapitel diese Essays bietet der Autor Lösungen an. Die gehen in eine sozialistische Richtung, allerdings mit Betonung auf die Wahrung / Herstellung der persönlichen Freiheit der Menschen und orientiert an eher altmodische Formen des Sozialismus („Walden“) des 19. Jahrhunderts und erinnerte mich an die Ideen, die in der Fabian Society eine Rolle spielten.
Das Buch ist eine absolut notwendige und erhellende Ergänzung zum bekannten Roman, zumindest für mich.
9 / 10 Punkte

54 - Aldous Huxley: „Affe und Wesen“
Untertitel: „Ein Roman aus der Zeit nach dem Atomkrieg“. Ein interessanter „Roman“, der als fiktives Drehbuch daherkommt. Er stammt aus dem Jahre 1948. Das Buch ist zweigeteilt. Im ersten Teil, der noch „normal“ erzählt wird, lernen wir einen Schauspieler und seinen Agenten in Hollywood kennen. Sie sind ziemlich kulturpessimistisch drauf. Das mag aber auch daran liegen, dass der „Erfolg“ so wie erhofft ausbleibt.
Huxley nutzt die Gelegenheit, interessante Gedanken anzusprechen, indem er sie seinen Figuren in den Mund legt. Da geht es z.B. um die Rolle Gandhis. Aus der Sicht eines zukunftszugewandten, technokratischen, erfolgsorientierten Fortschrittsmenschen („†¦wir, die Intelligenten, die Aktiven†¦ die Anhänger von Ordnung und Perfektion†¦“ S.12) ist Gandhi ein Reaktionärer, der sich um Leute vom Dorf kümmert. Irgendwie kennen wir das ja, oder?
Das Buch erwies sich für mich als überraschend aktuell. Huxley formuliert, u.a. mit dem Gandhi-Vergleich, aber auch als er Bezug zu Platons „Staat“ nimmt, die Gefahr einer „Wissenschaftsdiktatur“ herauf. Der Autor erlaubt es sich allerdings, hier bei der Behauptung zu bleiben; dieser erste Erzähl-Teil bietet auch gar nicht genügend Raum für weitergehende Erläuterungen. Huxley sieht jedenfalls eine logische Kette von Platons Mythen-Zerstörung durch Mathematik & Logik, die den Weg aus Chaos zur Kunst bereitet, aber auch zur quasi wissenschaftlichen Begründung der Tyrannei, die sich z.B. auch im wissenschaftlich begründeten Marxismus widerspiegelt (S. 10). Aber nicht nur!
Ehe es zu philosophisch wird, kippt vor den Augen der Beiden ein Laster um, der mit Drehbüchern gefüllt ist, die vernichtet werden sollen. Eines heben sie auf: „Affe und Wesen“.
Der Text ist ein bisschen wie ein Drehbuch formuliert, also mit Regieanweisungen z.B., aber im Grunde auch ein normaler Erzähltext, der nur ein wenig so wirkt, als sei er noch nicht fertig ausformuliert. Kann man machen, finde ich, das rafft den Text ungemein.
Der Atomkrieg beschleunigt für Huxley den Verfall der Menschheit zum Bösen und zu einer Ordnung, die die menschliche Gesellschaft dadurch aufrechterhält, indem sie alle humanistischen Grundsätze über Bord wirft.
Die Welt ist weitestgehend zerstört und atomar verseucht. Nur Neuseeland war nicht betroffen. Von dort startet eine Expedition nach Amerika. Ein Dr. Poole gerät in die Fänge der Überlebenden in San Franzisco und lernt für uns stellvertretend die satanistische Gesellschaftsordnung dort kennen. Dr. Poole ähnelt in seiner Funktion dem Wilden in „Schöne neue Welt“. Auch hier gibt es eine Liebesgeschichte dazu, in der auch die verschiedenen „Lebensentwürfe“ des Liebespaares aufeinanderprallen. Anders als in „Schöne neue Welt“ finden sie aber am Ende zueinander.
Das Ganze liest sich noch satirischer als „Schöne neue Welt“; so richtig ernst kann man das nicht nehmen. Aber es ist schon interessant!
Frauen sind nur noch „Gefäße“, die Kinder gebären sollen. Durch die atomare Verseuchung kommen die Kinder oftmals verkrüppelt und entstellt zur Welt. Die werden von den satanistischen Priestern in Ritualen geopfert und die „Gefäße“ bestialisch bestraft.
Liebe gibt es nicht mehr; die Menschen sind insofern mutiert, dass sie nur noch zu einer bestimmten Zeit in Brunft sind. Dann gibt es eine deftige Orgie.
Industrie ist in der stark dezimierten Menschheit nicht mehr möglich. Kleidung „gewinnt“ man durch das Aufbrechen der Gräber aus der Zeit vor dem Krieg.
Das alles ist so gesehen ziemlich deftig, um es mal so auszudrücken. Huxley scheint der Menschheit nicht viel zuzutrauen, scheint aber müde gewesen zu sein, nur davor zu warnen und lässt seinen Unmut in bissiger Satire freien Lauf.
8 / 10 Punkte

55 - Marcus Hammerschmitt: „Der Zensor“
Der Roman spielt im Jahre 2136 in Spanien. Spanien? Gibt es nicht mehr. Das wurde von den Maya überrannt, ca. 100 Jahre zuvor. Portugal ist von Azteken besetzt. Die Maya haben ihre Kultur, ihre Vegetation, ihre Religion mitgebracht; alles so auf dem Stand kurz vor der Conquista, also 16. Jh., Aber ihre Technologie ist höchst modern: Alles Nano! Und Cyber und so.
Der Roman lebt auf jeden Fall von den faszinierenden Beschreibungen all dieser „Rahmenbedingungen“, die so eine Umkehrung der Geschichte mit sich bringt. Ein „echter“ Alternativweltroman ist es nicht, denn es ist schon ein „echter“ SF-Zukunftsroman. Es gab halt eine Renaissance der amerikanischen Ureinwohner, und die kehrten einfach die Geschichte um, holten sich Amerika zurück und eroberten Teile Europas.
Dass die Welt dadurch eine bessere wird, kannste vergessen.
Die blutigen Rituale und Opferungen und die extrem harsche Rechtsprechung der Indios sind kein Zuckerschlecken.
Der Roman ist eine Wucht, auch wenn mich die Personen und die eigentliche Handlung nicht so sehr abholten. Mag sein, dass ich auch viel zu sehr auf die Begleitumstände geachtet habe, sie mich regelrecht ablenkten. Aber das ich schon ein Jammern auf sehr hohem Niveau! Die Handlung kehrt auch Verhältnisse und Begebenheiten für die betroffenen Personen um. Der titelgebende Zensor ist ein hohes Tier in der Maya-Hierarchie und verliert seinen Posten sozusagen. Ein spanischer Widerstandkämpfer fällt bei seinen Genossen in Ungnade.
Es gibt kein Gut und Böse, kein 08/15-Schema. Alles bleibt sehr differenziert und konkret.
Eine tolle Leseerfahrung. 9 / 10 Punkte

56 - Walter Tevis: „Die Letzten der Menschheit“
Was der Mann so alles schrieb! Nach der supertollen Netflix-Serie „Damengambit“ habe ich mal nachgeschaut. Na, will das hier nicht kolportieren, googlen kann ja jede/r allein.
Der SF-Roman geht aber etwas im Oeuvre des Autors unter, der wurde nicht verfilmt und zumindest auf Deutsch seit damals nicht noch mal aufgelegt. Es gibt da nur die alte Moewig-Ausgabe von 1981.
Da es ein „Roboter-Roman“ ist (natürlich nicht nur) habe ich ihn gerade sehr gern gelesen, da eine Rezi gut in das erste Heft des NEUEN STERNs im Januar 2021 passen wird. Warum? Verrate ich jetzt nicht†¦
Der Roman erscheint mir an bekannte Dystopien wie „Schöne neue Welt“ (Befriedung der Menschen durch gedankliche Manipulation [hier: TV] und Drogen; Reduzierung der Menschheit; Ent-Demokatisierung der Gesellschaft, Abkehr von Familie und Liebe, dafür Hinwendung zum beziehungslosen Sex) und „Fahrenheit 451“ (Lesen ist verpönt und vergessen, Bücher sind nur noch zum Heizen gut). Realisiert wird diese „Befreiung der Welt vom Menschen“ durch Einführung von KIs - da der Roman nicht so neu ist, sind es hier noch handfeste Roboter, verschiedener Bauklassen, die interessanter Weise auch eher Androiden, keine Blechkumpel, sind. Aber so ein Klasse Neun Roboter, der in dem Roman eine Hauptfigur ist, ist eine weltbeherrschende KI.
Ja, der Typ Neun: Der ist dann aber auch schon ziemlich menschlich, wird beherrscht durch Todessehnsucht. Die menschlichen Haupt-Akteure fallen aus dem Rahmen der normalen menschlichen Gesellschaft, indem sie schlau, neugierig sind - und das Lesen lernen! Das ist der Hauptgrund für ihr Anderssein - und dafür, dass die Welt der Menschen am Ende noch mal gerettet werden kann. Na ja, ich plaudere dann im Neuen Stern weiter und vergebe hier glatte 9 / 10 Punkten. Das Buch liest sich nämlich trotz des angestaubten Inhalts sehr gut, ist spannend, weist tolle, mitunter sehr melancholische Textpassagen auf, die mich sehr erreichten.

57 - Charlotte Freise: „Die Seelenfotografin“
Charlotte Freise ist Karla Schmidt. Das muss man wissen. Also, für den Roman ist das vielleicht unwichtig, aber nicht für mich, der ich letztens auf die Autorin aufmerksam und auf ihre Werke neugierig geworden bin - hoffentlich nicht zu spät (sie stellt ja die Sinnfrage auf ihrem Blog, auch die Frage nach dem Sinn des Schreibens von Geschichten).
Es ist ein historischer Roman, spielt in den Gründerjahren in Berlin. Dass die Autorin aus der phantastischen Ecke kommt, ist aber dennoch zu merken; ein klein wenig fließt davon hier ein - am Ende vielleicht zu wenige für meinen Geschmack, aber genug, um den sense of wonder bis zum Schluss zu kitzeln.
Aber auch ohne Phantastik ist der Roman phantastisch. Dabei hat er mich zunächst einmal auf einem ganz anderen Gebiet überrascht. Es ist ja ein „normaler“ historischer Roman, er setzt bei konkreten, realistischen historischen Hintergründen an und erzählt von einfachen - fiktiven - Menschen dieser Epoche (nicht von „historischen Persönlichkeiten“, also bekannten Figuren der Weltgeschichte). Ohne das Gerne noch gut zu kennen, sehe ich in den Regalen der Buchhandlungen in dieser Sparte Unmengen von Büchern. Bin mir nicht sicher, an wen konkret sie sich wenden. Ich vermute aber, dass ein weiblicher Autorennamen mit einer weiblichen Protagonistin (bzw. titelgebenden Person) auch eher ein weibliches Publikum anzieht? „Darf“ ich sowas überhaupt lesen? (Okay, das ist ironisch gemeint, und kann die Frage auch beantworten: Ja, darf ich - und zwar mit großer Begeisterung!)
Also da hatte ich dieses (falsche?) Bild dieses speziellen Genres im Kopf - und las teilweise recht deftige Anspielungen, vor allem sexueller Art. Hatte ich so nicht erwartet.
Das zum einen. Zum anderen aber glänzt der Roman durch seine absolut interessanten, niemals eindimensionalen und unproblematischen Figuren, deren Beziehungen zueinander (ja, es geht viel um Beiziehungen, vor allem auch liebestechnischer Art, aber das mag niemanden abschrecken, ist tatsächlich nicht langweilig oder beliebig), ihre Konflikte, ihre Sehnsüchte und ihr Scheitern am Ende. Es ist ein Buch ohne happy end, das man - vielleicht? - auch hier erwarten könnte.
Und dann schleust die Autorin so seltsame Themen und Motive ein: Seelenfotografie? gibt es sowas? Die leider gehbehinderte, aber überaus faszinierende junge Dame, die u.a. im Mittelpunkt der Handlung steht, die schöne, wenn auch sehr dünne und zierliche Isabel, erfindet da mal so einfach solche Sachen. Ob die aber auch funktionieren? Ihre verbesserte fotografische Platte tut es jedenfalls.
Sie will aber nicht nur Fotos machen lassen, sondern das „Fluidum“, also das Wesen, die Seele des Menschen festhalten - um mit diesem speziellen Abbild einen Menschen in einen anderen Körper zu transferieren.
Ein anderes Element, das mir wie SF erschien (Steampunk) ist der Versuch eines egomanischen, eitlen Arztes, die Gehbehinderung per Implantation elektrischer Drähte zu beheben. Ist das echt? Gab es solche Versuche? Habe bisher nicht recherchiert†¦
Das jedenfalls dürfte eventuell (?) Mainstream-Historienroman-Leser*innen irritieren. Mich nicht, höchstens der Umstand, dass am Ende diesbezüglich schon noch die eine oder andere Frage offenbleibt†¦
Hauptperson ist aber ein junger Mann, der sich erst an seine Vergangenheit erinnern wird, der in einer miesen, finsteren Halbwelt lebt und aus ihr ausbrechen möchte. Er scheitert, und er findet Antworten auf seine Lebensfragen, die ihn auch nicht glücklich machen.
Das hier soll keine vollständige Rezi werden, nur eine Erinnerung für mich an ein ungemein gutes Buch mit ungemein interessanten Figuren und vielleicht eine Anregung an euch, die ihr das hier lest, es mal mit dem Roman zu versuchen.
10 / 10 Punkte


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Septober (Leseliste bis zur Nr. 50)

Geschrieben von T.H. , in Leseliste ab 2013 16 Oktober 2020 · 1.099 Aufrufe

Es ist zwar Mitten im Monat, aber da ich nun das 50. Buch meines Jahrespensums erreicht habe; kommt hier also die Leselistenfortsetzung.
50 Bücher, das ist ja so mein "Leseziel" pro Jahr - also, nciht wirklich ein Ziel, aber eine für mich gute "Hausnummer". Ja, andere "schaffen" 150; ich arbeite an mir...

 

46 - Karla Schmidt: „Lügenvögel“
Diese Autorin habe ich lange Zeit ignoriert? Warum? Also, war keine böse Absicht, aber irgendwie habe ich sie wahrgenommen, aber nie zugegriffen. Dann las ich ihren Blog, dessen ersten Eintrag zum Thema Sinnfragen mich sehr beeindruckte. Und nun? Ich will also mehr von ihr lesen.
Versuche ich es doch mal mit dem kurzen Roman aus dem Wurdack-Verlag. Und dabei stellte ich noch fest, dass der Text einst als eBook im Verlag Das Beben erschien, den es leider nicht mehr gibt. Warum eigentlich? Das Konzept fand ich gut, und ich hatte damals auch ein paar Sachen gelesen und ein paar mehr noch auf Halde.
Nun machte es mir die Autorin mit dieser Geschichte nicht einfach. Worum geht es hier? Um Krankheiten, um Krebs, um Tschernobyl und die große Angst davor?
Das mittlere Kapitel, das 1986 in der BRD spielt, war für mich das eindringlichste. Es stellt die enorme Angst dar, die ein junger Mensch, eine Jugendliche in der BRD vor den Folgen, auch den möglichen Folgen, die in den Medien dargestellt wurden, hatte. Ich kann das kaum aus eigener Erfahrung nachvollziehen, denn bei „uns“ (DDR) wurde die Gefahr und wurden die Folgen weniger intensiv dargestellt, um es mal so auszudrücken.
Ein Familienmitglied der Jugendlichen war zum Zeitpunkt der Katastrophe in Kiew und kam mit der Strahlenkrankheit nach Hause.
Interessant sind die 8-beinigen Schmetterlinge, die sich durch den ganzen Text ziehen. Ich weiß nicht so recht, was sie darstellen sollen. Ist dies eine Mutation, eine Folge v. Tschernobyl? Im Zukunfts-Kapitel spielen sie dann auch wirtschaftlich eine Rolle. Immerhin†¦
Gut, dass die Autorin auch Seminare zum Schreiben hält, u.a. auch zum Thema „Plotten beim Nichtlinearen Erzählen“, zu dem ja ihr Kurzroman / ihre Novelle gehört. Da hat sich mal als Anschauungsmaterial ins Netz gestellt, aus dem die zeitlichen und personellen Verknüpfungen und Verwerfungen in „Lügenvögel“ dargestellt werden. Ein paar Sachen werden mir da klarer, gerade das mit dem Hund z.B., der mir zwar auffiel, aber den ich so nicht eingeordnet hätte.
Und Träume spielen eine große Rolle, darin die Lügenvögel, aber auch andere Wesen mit zugeschriebenen Eigenschaften.
Insgesamt holte mich der Text aber nicht ab. Trotzdem bin ich neugierig und ich greife demnächst mal zu einem eher mainstreamigen, geradlinig erzählten Text von ihr.
8 / 10 Punkte

 

47 - Tim Powers: „Die kalte Braut“
Wiedergelesen; Erstlesung war 1991. Hoho, das ist kaum noch wahr.
Das Buch war hinfort eines meiner Lieblingsbücher. Gelesen hatte ich es damals vor allem im Arbeitsamt wartend. Damals musste man dort oftmals noch sehr lange warten, was mich mit dieser Lektüre überhaupt nicht störte.
Und heute? Jaaaa†¦. Inzwischen erscheint es mir zu lang. Die Story und vor allem der mich nach wie vor absolut faszinierende Hintergrund (die Habsburger und die Nepheline, gefiederte Schlangen-Vampire und uralte Steinwesen in den Alpen, die nur mit ziemlich komplizierten Schmerz- und Blut- Ritualen und viel Kampfesmut zu besiegen sind) sind mir nach wie vor ein Fest, aber ein zu langes. Da wird viel gerannt, gekämpft, geblutet und über komplexe Vorgehensweisen orakelt, das hätte der Meister auch etwas kürzen können, ohne Inhaltsverlust.
Dafür habe ich jetzt die endgültige und umfängliche Wahrheit über die Dichtkunst der großen Dichterfürsten Shelley, Byron & Keats (noch einmal) erfahren. Ich weiß jetzt, warum sie und ihre Verwandten mitunter nicht so alt wurden und warum Polidori doch ein fieser Typ ist (leider, seufz†¦)
Es bleibt bei den 10 / Punkten (die ich 1991 aber noch gar nicht so formell vergeben hatte)

 

48 - Aldous Huxley: „Das Genie und die Göttin“
Das ist ein Büchlein von meinem SUB; ein Geburtstagsgeschenk aus dem Jahre 1995 (?). Ja, ich bin da recht flott, nicht wahr?
Da nun bald die TV-Serie nach Huxleys Brave New World zu sehen sein wird, fühlte ich mich animiert, mal (wieder) was vom Meister zu lesen. Ich kannte aber bisher nur „Schöne neue Welt“. Dass es so eine Art Antwort von ihm selbst darauf gibt, wusste ich: „Eiland“. Will ich auf jeden Fall auch noch lesen, auch „Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt“. Und vielleicht noch was von ihm?
Was soll man noch von ihm lesen, unbedingt?
Also, das Büchlein, Insel-Bücherei Nr. 1035. liegt seit Unzeiten bei mir im Regal. Warum also nicht das? Der Titel spricht ja auch den Phantastik-Fan an, der kurze Roman hat absolut keinen phantastischen Inhalt - aber er hat trotzdem supergut gefallen!
Der Ich-Erzähler hört einem alten Freund in der Vorweihnachtszeit bei einem Glas Whisky zu, wie er über seine erste große Liebesbeziehung erzählt.
Raffiniert ist das Ganze aufgemacht. Der (eigentliche) Erzähler ist verheiratet und hat ein Kind. Aber ist es diese seine Frau, von der er seinem Freund und uns erzählt?
Es ist eine tragische Liebesgeschichte. Tatsächlich, trotz des eingängigen Sujets, ziemlich überraschend, zumindest zum Schluss. Was mich aber sogleich faszinierte, ist Huxleys leichte und eloquente Art des Erzählens, seine von literarischem und geisteswissenschaftlichem Reflektieren durchdrungene Weltsicht, die er da offenbart. Allein die Reminiszenzen an E.A. Poe fand ich großartig. Und es ist eine Ode an das gute Leben, an die Liebe. Die erste Hälfte des Romans ist einfach ein Fest des Lebens, des Glücks, das man finden kann.
Bin echt angetan und neugierig auf mehr Huxley, gern auch abseits phantastischer (utopisch / dystopischer) Pfade.
10 / 10 Punkte

 

49 - Yehuda Shenef und Karel Capek: „Karel Capeks R.U.R. - Rossum Universal Robots“
Langsam wird es ja Zeit: Im Januar feiert das Theaterstück, in dem der Terminus „Roboter“ geboren wurde, den 100. Jahrestag seiner Uraufführung (25. Januar 1921). Grund für uns - die Leute vom NEUEN STERN - ein Sonderheft / Schwerpunktheft zum Thema Roboter & Androiden zu machen.
Wie so oft bei Klassikern: Jede/r kennt sie, aber wer hat sie wirklich gelesen? Okay, ein Theaterstück muss man vielleicht nicht lesen, dafür auf der Bühne sehen. - Und? Also, ich bisher nicht.
Na, dachte ich mir, da muss mal eine Bildungslücke geschlossen werden und es kann ja nicht so schwer sein, den bekannten Stoff irgendwo lesen zu können, so populär wie der Titel und das Ding, was da das erste Mal unter der heute noch gängigen Bezeichnung beschrieben wurde, sind.
Tja, nun versuche man es mal.
Um es abzukürzen: Die einzige mir zurzeit zur Verfügung stehende Variante, sich dem Stoff zu nähern, ist dieses Büchlein, das im BoD-Verlag erschien. Antiquarisch kann man einen Sammelband mit Dramen von ÄŒapek erwerben, ist aber nicht gerade günstig zu bekommen.
Ob es zum Jubeltag noch mal eine Edition geben wird?
Dann also die hier. Dabei ist der Ruf, den das Werk auf der allgemein bekannten großen Verkaufsplattform hat (Sternebewertung) nicht gerade einladend.
Es fängt schon mal beim Titel an: Warum fehlt beim ÄŒ von ÄŒapek das Hatschek? (Ich habe bei Angabe der Autoren den Namen richtig geschrieben, auf dem Buchtitel steht er falsch.)
Warum fehlt bei Rossum's Universal Robots das "'s“, bzw. , wenn man es auf Deutsch schreibt, das "s"?
Auch auf dem Cover steht noch: „ins Deutsche übersetzt und aktualisiert von Yehuda Shenef“. Auch das stimmt. Nun bin ich nicht unbedingt so ein Verfechter der Unanfechtbarkeit des Ur-Textes; für meine Begriffe kann und darf man gerade Theaterstücke gern an die moderne Zeit anpassen. Das wird ja in vielen Inszenierungen gemacht; man findet eher selten eine völlig unbearbeitete Version eines Textes auf einer lebendigen Bühne. Für mich war das aber jetzt nicht ganz so gut, weil ich echt nicht weiß, wie der Ur-Text nun lautet. Ich muss vermuten, dass hier sehr viel dazu und umgedichtet wurde. Ich denke mal, dass sogar der ganze 4. Akt von Shenef ist, in dem nach dem Sieg der Roboter der letzte Mensch, ein ehemaliges Mitglied die Werkleitung von R.U.R., von den Robotern erpresst wird, zu verraten, wie sie „gemacht“ werden können. Sie leben ja nur ca. 20 Jahre und können sich nicht auf natürlichem Wege vermehren. Aber das Geheimrezept scheint ohnehin verloren gegangen zu sein. Bei den Dialogen zwischen Mensch und Robots erfährt man, dass sie, die unbeseelten Kunst-Figuren, wohl durchaus Gefühle und noch andere menschliche Eigenschaften haben.
Shenef hat mit Vokabeln, die an die moderne Zeit gemahnen, wie Computer, Tablet, Smartphone, Wikipedia, Netz(werk) etc. den Text aktualisiert. Da ist aber in einigen Passagen direkt darum geht, wie man den aufständischen Robots die Lebensgrundlage entzieht, um die Menschheit zu retten, ist es problematisch, wenn der Trick darin bestehen könnte, das Internet zu unterbrechen und sich auf das gute als Papierbuch (von denen es ja gar nicht mehr so viele gibt) zu besinnen. Ob das bei ÄŒapek so stand? Und wenn nicht: Was stand denn da?
In dem Nachwort wird Asimov zitiert. Er meinte, das Stück sei nicht so gut. Na, hat er übrigens auch etwas Recht, insgesamt fand ich das Ganze ziemlich holprig, irgendwie auf lustig getrimmt. Dynamik wird durch wirre, mitunter ziemlich unmotiviert klingende Dialogfetzen erzeugt. Hat mich nicht überzeugt; vielleicht wäre das ja auf einer Bühne gesehen was anderes. Wer weiß? Damals ist das Stück, auch gerade in den USA, wohl sehr häufig aufgeführt worden.
Interessant fand ich den Anfang, denn der erinnerte mich sehr an „Bladerunner“ und die Frage: Wer ist denn hier Mensch und wer nicht - also Android? Dass es sich bei den „Robotern“ bei ÄŒapek um Androiden, also biologische Wesen, handelt, dürfte ja allgemein bekannt sein. Und dabei bleibt es auch. Ob aber alle Sachen, die hier in diesem Text zur biologischen Konstruktion der Robots stehen, wirklich von ÄŒapek stammen, möchte ich auch bezweifeln (in Richtung Mikrobiologie, Nanotechnik†¦). Auch die verkürzte „Lebensdauer“ der Robots erinnert dann stark an „Bladerunner“.
Nun, jetzt bin ich etwas schlauer. Yehuda Shenef sei gedankt, das es das Stück überhaupt aktuell gibt!
7 / 10 Punkte == siehe im Kommentar-Teil: Ich muss noch was hinzufügen und korrigieren ==

 

50 - John Clagett: „Das perverse Paradies“
Wie komme ich denn auf diesen Schmöker aus dem Jahre 1973 (dt. 1980)? Den Autor kannte ich zuvor überhaupt nicht, der Titel lockt den Käufer in eine völlig falsche Richtung. Also: Warum?
Na, hängt mit dem Thema unseres Jahresend-NEUEN-STERNS zusammen. Da soll es um Indianer in der SF (und Fantasy) gehen. Und tatsächlich geht es in diesem Roman auch darum, wenn auch nicht vorrangig. Es ist ein Alternativwelt-Roman. Eine US-amerikan. Pilot wird durch einen Unfall in eine andere Realität katapultiert. Der Knackpunkt ist die Tatsache, dass es Jesus Christus nie gab.
Für den Autor ist das der Grund, weshalb es in der anderen Welt kaum verheerende Kriege gab, angefangen von den Kreuzzügen, bis zu den Weltkriegen. Dafür ist aber die Sklavenhaltergesellschaft erhalten geblieben und auch nach Amerika exportiert worden. Doch nicht die Ureinwohner dort sind die Sklaven, sondern halt große Teile der europäisch-stämmige Bevölkerung selbst.
Die Indianer leben in ihren Stammsitzen in der Prärie, allerdings irgendwie immer noch wie im 19. Jahrhundert.
Es ist eine abenteuerliche Geschichte, in der der Held, so ein Buck Rogers-Typ, scheint mir, namens Ash, sich behaupten muss. Er beginnt als Sklave, verbringt ein utopisches Lebensjahr bei den „edlen Wilden“, deren Leben in wundervollen Bildern idealisiert dargestellt wird und endet mit einem ziemlich kitschig anmutenden Ende sogar noch ziemlich missionarisch (nach all den Jahrtausenden ohne monotheistische Religion findet sich dann doch noch ein Prophet. Nun ja…
7 / 10 Punkte (leichte, ein bisschen spannende Unterhaltung, ohne hohen Anspruch)








Motto

„Die Welt der Kunst & Fantasie ist die wahre, the rest is a nigthmare.“ 
Arno Schmidt
 
„Er weiß nun auch, was er gegen die … lauernde Stupidität, die sich als Realismus ausgibt, zu tun hat: das Bild von Wirklichkeit eingrenzen, sie mit ästhetischem Maß und nur mit diesem messen, den Schritt in surreale Reiche wagen."
(aus: Gunnar Decker: Franz Fühmann. Die Kunst des Scheiterns. Eine Biographie. S. 201)

 

 

Thomas Hofmann, ein Phantastik-Fan

Angehängtes Bild: Demiurg_g.jpg

© Thomas Hofmann

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Als Freund der phantastischen Künste artikuliere ich mich seit ca. 1988. Vielleicht kennen einige von Euch meine Zeichnungen. War auch als Rezensent im Fandom unterwegs, einst vor allem im leider nicht mehr existenten Fanzine SOLAR-X, neuerdings im NEUEN STERN (kein Fanzine, nur ein "Rundbrief...")
Dieses Blog soll den geneigten Leser auf Tipps und Termine in Sachen Phantastik aus dem Raum Halle / Leipzig hinweisen. Einer alten SOLAR-X-Tradition folgend möchte ich auch Berichte zu von mir besuchten SF / Phantastik-Veranstaltungen einstellen.
Ich will immer mal wieder auf die Stammtisch-Termine meines Heimat-SF-Clubs, des ANDROMEDA SF CLUB Halle und auf die Veranstaltungen des Freundeskreis SF Leipzig hinweisen.

 

Man wird hier auch die eine oder andere Rezension zur Phantastik aus alten Tagen von mir finden, von denen zumindest ich meine, dass sie nicht völlig dem Vergessen anheim fallen sollen.

 

Mehr als Merkhilfe für mich, aber vielleicht auch als Anregung für den einen oder die andere Leser/in wird hier meine kommentierte Leseliste zu finden sein.

 

 

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Archiv

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Bücher, die weitestgehend von mir illustriert wurden:
♦ Sagen der Oberlausitz, Nordböhmens und angrenzender Gebiete; Oberlausitzer Verlag A. Nürnberger, 1990
♦ Sagen der Oberlausitz..., Band II, ebd., 1991
♦ Oberlausitzer Kochbuch mit historischen Betrachtungen, ebd., 1991
♦  Märch. d. Bergwelt, ebd., 1991
♦ Wilko Müller jr. & Renald Mienert: Die Zeitläufer, Solar-X-Prod., 1994
♦ Das große Dorfhasser-Buch, Aarachne, Wien, 2000
♦ Christian v. Aster: Nachmieter gesucht, midas 2000
♦ Von dunklen Kräften und alten Mächten, Rollenspielbuch, Caedwyn, Hannover 2001
♦ Das große Verwandtenhasserbuch, Aarachne, Wien 2001
♦ N. Rensmann: Ariane, Bastian, Luzifee und Co., K&C Buchoase,Solingen, 2001
♦ Felten & Streufert: Gänsehautgeschichten, K&C Buchoase, Solingen, 2001
♦ Spinnen spinnen. Die Anthologie zu nützlichen Tieren, Aarachne, Wien 2002
♦ Peter Brandtstätter: Von Schmetterlingen und der Liebe..., Wien, 2002
♦ Feenmond, Rollenspielbuch, Caedwyn, Hannover 2002
♦ Ruf der Ferne, Rollenspielbuch, Caedwyn, Hannover 2003
♦ Frank Haubold: Das Geschenk der Nacht. Phantastische Erzählungen, EDFC e.V., Passau, 2004
♦ Das Mirakel, Phantastische Erzählungen, EDFC e.V., Passau, 2007
♦ Rose Noire, Anthologie im Voodoo-Press, 2009
♦ Michael Knoke: Das Tal des Grauens, Voodoo-Press, 2010
♦ Michael Siefener: Die Entdeckung der Nachtseite, Verlag Lindenstruth, 2011
♦ A.G.Wolf: Die weissen Männer, VP 2013
♦ Tobias Bachmann, "Liebesgrüße aus Arkham", Edition CL, 2016
♦ A.G.Wolf: Die weissen Männer, KOVD 2020 (Neuauflage)
♦ Peter Schünemann, "Nachtmahr", Ed. Dunkelgestirn, 2023
♦ Andreas Fieberg & Ellen Norten (Hrsg.): RÃœCKKEHR NACH BLEIWENHEIM, p.machinery, 2023

♦ "Angst im Empire", hg.v. Reinhard Klein-Arendt, Ed. Dunkelgestirn, 2024

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Bücher, an denen ich mich beteiligen durfte:
♦ Der Abenteuerwald. Phantastische Nachwuchsanthologie, Kreutziger Verlag, 1996
♦ Das Herz des Sonnenaufgangs, Eine Alien Contact Anthologie, 1996
♦ Liber XIII und andere unerwünschte Nachlässe, Goblin Press, 1999
♦ Lichtjahr 7, Freundeskreis SF Leipzig e.V., 1999
♦ Von kommenden Schrecken, Buch zum ElsterCon, Leipzig, 2000
♦ Der Erstkontakt. Stories und Bilder aus dem Perry-Rhodan-Wettbewerb, Berlin, 2001
♦ Phantastik 2002, Taschenkalender, 2001
♦ Michael Lohr, Gemurmel aus dem Buch der Drachen, 2001
♦ Hysterisch funktionieren, Aarachne, Wien. 2002
♦ C. Bomann: Anthrins Kind, Abendstern-Verlag, Parchim, 2002
♦ C. Bomann, Parchimer Hexengeschichten, Abendstern-Verlag, Parchim, 2002
♦ Des Todes bleiche Kinder, Abendstern-Verlag, Parchim 2002
♦ Geschichten von Phönix und Sperling. Buch zum ElsterCon, Leipzig, 2002
♦ Cover: Wilko Müller jr.: Operation Asfaras, Ed. Solar-X, 2003
♦ Alien Contact Jahrbuch 1 für 2002, Shayol, 2003
♦ Alien Contact Jahrbuch 2 für 2003, Shayol, 2004
♦ Alien Contact Jahrbuch 3 für 2004, Shayol 2005
♦ Cover: Carl Grunert: Der Marsspion, DvR, 2005
♦ G. Arentzen: Christoph Schwarz, Detektiv des Ãœbersinnlichen, Bd. 1 bis 6, Romantruhe, 2005
♦ M. Borchard: Der Zeitarzt, SF Blues Bd. 4, edfc, 2005
♦ Cover: Wilko Müller jr. & Renald Mienert: Die Zeitläufer, Ed. Solar-X, 2005
♦ Cover: Carl Grunert: Im irdischen Jenseits, DvR, 2005
♦ Cover: Carl Grunert: Zukunfts-Novellen, DvR, 2005
♦ Markus Kastenholz: Tiamat 1 - Asche zu Asche, VirPriV-Verlag, 2005
♦ Welt der Geschichten 1, Web-Site-Verlag, Mai 2006
♦ Cover: Wilko Müller jr.: Mandragora, Ed. Solar-X, 2006
♦ Kastenholz, Ippensen: Tiamat 2 - Die Stunde Null, VirPriV-Verlag, 2006
♦ Nocturno 6, VirPriV-Verlag, 2006
♦ Alien Contact Jahrbuch 4 für 2005, Shayol, 2006
♦ Welt der Geschichten 2, 2006 (alte Ausgabe; in der Nachauflage von 2008 sind keine Bilder von mir enthalten)
♦ Welt der Geschichten 3, 2008 (neue Ausgabe)
♦ Cover: Bernd Rothe & Astrid Pfister (hg.): Gequälte Seelen; Welt der Geschichten Sonderausgabe, 2008
♦ Robert N. Bloch: Michael Siefener. Eine kommentierte Bibliographie, Verlag Lindenstruth, 2011
♦ Frank W. Haubold: Der Puppenmacher von Canburg, Edition Lacerta(eBook) und CreateSpace Ind. Pub. Platform, 2012
♦ "Saramees Blut", Atlantis 2012
♦ M. Kastenholz: Projekt Hexenhammer, Printausgabe, 2013
♦ Simon & Steinmüller: Die Wurmloch-Odyssee, Shayol, 2014
♦  Richard Kühle: Alraune und der Golem, Goblin-Press, 2015
♦ Ine Dippmann und Uwe Schimunek: Leipzig mit Kindern, Jaron 2015
♦ Leipzig - Visionen. Gestern und heute, FKSFL & Edition Solar-X 2015
♦ Simon & Steinmüller: Die Wurmloch-Odyssee, Memoranda, 2017
♦ Simon & Steinmüller: Leichter als Vakuum, Memoranda, 2017
♦ Uwe Lammers, „Mein Freund, der Totenkopf“, Teil 1, 2017
♦ IF Magazin für angewandte Fantastik # 666, Okt. 2017
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Andymon, Memoranda, 2018
♦ Ferne Welten, Buch zum 14. ElsterCon, 2018
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: SPERA, Memoranda, 2018
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Sphärenklänge, Memoranda, 2019
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Der Traummeister, Memoranda, 2020
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Marslandschaften, Memoranda, 2020
♦ Fahrenheit 145, Buch zum 15. ElsterCon, 2020
♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Pulaster, Memoranda, 2021
♦ (N)IRGENDWO (N)IRGENDWANN. Utopie und Humor. Begleitband zum ElsterCon 2022
♦ Goblin Press. Die frühen Jahre: 1990 - 2004. Eine illustrierte Dokumentation von Uwe Voehl, Lindenstruth 2022
♦ Hubert Katzmarz: Im Garten der Ewigkeit, p.machinery, 2022

♦ Angela & Karlheinz Steinmüller: Computerdämmerung, Memoranda, 2023

♦ Andreas Fieberg (Hrsg.): ABSCHIED VON BLEIWENHEIM. In memoriam Hubert Katzmarz MMXXIII, p.machinery, 2023

♦ Hubert Katzmarz: EIN MEISTERWERK DER WELTLITERATUR, p.machinery, 2023
 

 
Magazine und SmallPress
Alien Contact, Kopfgeburten, GOTHIC, The Gothic Grimoire, Vanitas, Tanelorn, Fleurie, Bonsai 6 / Zimmerit 5, 1995, Tumor (Sonderheft 8), Andromeda SF Magazin des SFCD 143 / 144, EXODUS 15 / 16 / 17 / 18 / 19 (mit Galerie v. mir, 2006) / 20 / 21 / 22 / 24 / 25 / 27
einblicke. Zeitschrift der Krebsforschung, August 2005,
Watchtower 8 / 9
Die Ruhrstadt-Zeitung 41
ARCANA 6 (2005)
Andromeda Nachrichten 216, 218 / 219, 220, 222, 223, 224
Nova 16 (2010)
Fantastic Artzine 1, Fantastic Artzine. Halb-Zeit, beide 2012

Nova 22 (2014)
Der lachende Totenschädel, Nr. 3 (10 / 2015)
Cthulhu Libria Neo, BuCon-Ausgabe 10/2015

Cthulhu Libria Neo 1, April 2016
Cthulhu Libria Neo 2, Oktober 2016
Cthulhu Libria Haunted Houses, März 2017
EXODUS 36, Juni 2017

Der lachende Totenschädel Nr. 4, Jan.2018
!Time Machine, Januar 2018
IF #7, März 2018

EXODUS 38, 09 / 2018
!Time Machine 2, Januar 2019
!Time Machine 3, April 2020
!Time Machine 4, Januar 2021
Der neue Pegasus Nr. 2, April 2021

!Time Machine 5, Oktober 2021
!Time Machine 6, Januar 2022
!Time Machine 7, Januar 2023

!Time Machine 8, Januar 2024
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Fanzines
aktuell & laufend NEUER STERN, Solar-X, Fiction Post, Goblin Press Hefte
TERRAsse 27 (zum 60. FörsterCon, April 2019)
TERRAsse zum PentaCon 2019
TERRAsse zum PentaCon 2021
REISSWOLF S5, 2024
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CD-Cover
♦ The Beat Of Black Wings: Nightfall; 1999
♦ Syngularity: The Four Horsemen; 2000
♦ Gothica: Within A Dream; 2000
♦ Gothica: Into The Mystic; 2000
♦ The Beat Of Black Wings: Black Love; 2000
♦ Gothica, Workbook 1995, 2003

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