Eoin Colfer: „Und übrigens noch was ...“
Bücher - SF Eoin Colfer Douglas Adams
Aufschrei geht durch die Fangemeinde
Als bekannt wurde, dass der irische Bestsellerautor an einem sechsten Teil der Kultserie „Per Anhalter durch die Galaxis“ arbeitet, ging ein Aufschrei durch die Fangemeinde der „Hitchhiker“. Der Vorwurf von Blasphemie war schnell bei der Hand, Colfer soll von den Beschimpfungen irgendwann so die Nase voll gehabt haben, dass er seinen Freunden verbot, ihm dergleichen überhaupt noch weiterzugeben. Vielleicht ist ein Teil dieses Ärgers sogar in die Figur des „unendlich verlängerten“ Wowbagger eingeflossen, jenes unsterblichen Außerirdischen, der seinen ersten Auftritt im dritten Anhalterband („Das Leben, das Universum und der ganze Rest“) hatte und der nun in Colfers Roman eine tragende Rolle erhielt und weiterhin seiner Mission folgt, alle Lebewesen zu beschimpfen und beleidigen. Jetzt liegt das von Adams' Witwe autorisierte Werk in deutscher Übersetzung vor, es trägt den Titel „Und übrigens noch was ...“ - und befriedigt nicht.
Artemis Fowl und Meg Finn begeistern Millionenpublikum
Colfer ist ein beeindruckender Autor, seine Romane um das jugendliche Verbrechergenie Artemis Fowl, die beiden Benny-Romane, der junge Detektiv Fletcher Moon oder die Geschichte von Meg Finn und der Liste der vier Wünsche begeisterten ein Millionenpublikum, und das völlig zu Recht. Umso trauriger ist es, dass sich der Schriftsteller hier offenbar auf einen Kampf eingelassen hat, den er nicht gewinnen konnte. Brauchte es eine Fortsetzung? Brauchte es einen zweiten Teil von „Vom Winde verweht“? Braucht "Winnie the pooh" einen dritten Band? Im Prinzip wäre es nicht einmal Douglas Adams selbst zu raten gewesen, noch einen sechsten Band zu schreiben, nachdem er der „Trilogie“ bereits einen vierten und fünften Teil hinzugefügt hatte. Denn Adams' letzter Anhalterroman („Einmal Rupert und zurück“) hätte gut und gern ungeschrieben bleiben können.
Eoin Colfer weiß alles über Handtücher und Plapperkäfer ...
Bemüht hat Colfer sich, keine Frage. Er dürfte „Per Anhalter durch die Galaxis“ besser kennen als Adams selbst es je getan hat. Er weiß alles über Handtücher, Vogonen und ihre Lyrik, Pangalaktische Donnergurgler, Beteigeuzianer, Dentrassi-Köche, den unendlichen Unwahrscheinlichkeitsdrive der „Herz aus Gold“, Eccentrica Gallumbits und den gefräßigen Plapperkäfer von Traal. Er lässt das bewährte Quartett aus Arthur Dent, Tricia McMillan, Ford Prefect und Zaphod Beeblebrox sowie die junge Random erneut auf Weltraumreise gehen, und - natürlich - erlebt Arthur erneut die völlige Zerstörung der Erde. Alles vorschriftsmäßig eingebaut wie von einer vogonischen Bauflotte paragraphenkonform durchexerziert. Aber man hört förmlich die Karteikarten klappern, wenn Colfer wieder einen Anhalter-Baustein in seine Erzählung einfügt.
... aber er kann kein Chaos stiften
Colfer ist ein sehr kluger Autor. Er ist ein großer Planer. Seine Plots sind ausgefeilt, perfekt konstruiert, seine Pointen von langer Hand vorbereitet. Es ist garantiert der am sorgfältigsten gebaute Anhalter-Band, der je geschrieben wurde. Aber es fehlt ihm gerade das, was Adams' fünfbändige „Trilogie“ ausmachte: Die übersprudelnde, unkontrolliert ausbrechende und völlig irrsinnige Spontaneität, mit der Adams' Ideen dem Leser entgegengeschleudert wurden. Es fehlt das kreative Chaos, das Adams verbreitete. Hier wurden zwei Erzählstile verquickt, die niemals hätten zusammenwachsen können. Statt der irrwitzigen Einträge aus dem Reiseführer „Per Anhalter durch die Galaxis“, die das Herzstück der Reihe ausmachten, schiebt Colfer alle paar Seiten als Handlungsunterbrechung eine „Anmerkung“ ein, man könnte fast sagen: Er zwingt sich dazu. Darin findet man all' die Abstrusitäten, die das richtige Anhalter-Kolorit ausmachen und den vertrauten Tonfall hervorbringen sollen. Doch das Ganze wirkt einfach nur verkrampft und bemüht, man spürt förmlich, wie der Autor sich das Hirn zermartert, um irgendwelche absurden „Fakten“ zu erfinden. Und vielleicht ist es sogar als Geständnis seines inneren Widerstrebens zu lesen, wenn Colfer schreibt: „Alles kann real sein. Alles, was man sich vorstellen kann, geschieht tatsächlich irgendwo auf der Dimensionsachse. (...) Denken Sie an etwas Verrücktes, oder, falls das zu anstrengend ist, werfen Sie einfach willkürlich ein paar Adjektive und Substantive zusammen: Zorniges Seegras? Kein Problem: die Aufgebrachten Hijiki von Damogran. Die Hijiki-Halme waren so sauer über ...“ (S. 127) Das mag das sein, was er als Bauplan des Anhalters erkannt hat. Aber „Leben“ entsteht so nicht.
Fazit: Ein handwerklich ordentlicher Roman, der keine großen Fehler aufweist. Von der Lektüre abzuraten ist jedoch allen Anhalter-Fans, Douglas-Adams-Fans und Eoin-Colfer-Fans. Es bleibt zu hoffen, dass Eoin Colfers nächster Roman wieder ein echter Colfer wird.
Eoin Colfer: Und übrigens noch was ... Douglas Adams' : Per Anhalter durch die Galaxis. Teil 6 der Trilogie. Heyne, 2009. 414 Seiten, Euro 19,95.
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© Petra Hartmann