Nancy M. Armstrong: Kee. Der lange Marsch der Navajo
In ihrem Kinderbuch "Kee. Der lange Marsch der Navajo" erzählt Nancy M. Armstrong die Geschichte der Navajo-Indianer, die im Jahr 1864 aus ihrer Heimat vertrieben und in ein 300 Meilen entferntes Reservat gebracht wurden. Ihre Hauptfigur ist ein Junge namens Kee, der die Vertreibung zusammen mit seiner Großmutter, seiner Mutter und seiner kleinen Schwester am eigenen Leib miterlebt.
Kee und seine Familie leben vorwiegend von der Schafzucht und etwas Ackerbau. Zusammen mit Großmutter, Vater und Schwester wohnt er in einem Hogan, dem traditionellen Haus der Navajos, und ist im Prinzip glücklich. Nur das Verschwinden seiner Mutter Gentle Woman, die vermutlich von einem feindlichen Stamm geraubt wurde, liegt wie ein Schatten über der Familie. Der Vater Strong Man zieht immer wieder aus, um seine Frau aufzuspüren. Doch nun stellt sich heraus, dass noch ein viel größeres Unglück bevorsteht: Die Navajo sollen vertrieben werden.
Soldaten bringen alle Schafe um
Kampf scheint gegen die überwältigende Anzahl der Soldaten unmöglich. Also beschließt die Familie, wie viele andere auch, sich in einem Canyon zu verstecken, bis die Weißen verschwunden sind. Ein Plan, der allerdings nicht aufgeht. Schlimmer noch: Die Weißen töten alle Schafe, die sie entdecken, und zerstören die Felder der Navajos. Damit ist den Indianern die Lebensgrundlage entzogen. Familie nach Familie gibt auf. Schließlich müssen sich auch Kee, seine Großmutter und die kleine Schwester den Weißen stellen. Einzig der Vater Strong Man bleibt verschwunden. So ist es Großmutter Wise Woman, die die kleine Familie in die Verbannung führt.
Für Kee und seine Familie beginnt eine harte Zeit. Und Hunger und Leid sind nicht beendet, als die Navajo in der ihnen zugewiesenen Reservation ankommen. Tatsächlich beginnt das Elend erst jetzt.
Kindgerechte Schilderungen
Nancy M. Armstrong hat einen spannenden, kindgerechten Roman geschrieben. Das Buch wird für Kinder ab neun Jahren empfohlen und ist für diese Zielgruppe auch angemessen geschrieben. Viele der Härten auf dem Zug sind gemildert, der junge Leser erfährt zwar etwas über den Hunger der Vertriebenen und die Wut über die sinnlos hingemetzelten Schafe, doch bleibt Mord an Menschen und das Verhungern der Navajo ausgespart. Stattdessen wird der Zusammenhalt der Familie geschildert und die Beziehung Kees zu seinem Hund und dem Pferd eines Captains. Endlich schließt Kee sogar mit einem weißen Jungen Freundschaft. Die schlimmste Szene ist das Ertrinken des Esels, an dem Großmutter Wise Woman so hing. Das ist für junge Leser verkraftbar dargestellt. Und die historischen Ereignisse haben ja etwas zu bieten, was viele andere Stämme nicht erlebten: Für die Navajo gab es eine Art "Happy End". Sie durften aus der Verbannung zurückkehren. Und so kehrt auch Kee am Ende heim.
Sehr schön ist die Gestaltung des Buchs. Die jedem Kapitel vorangestellten Illustrationen von Paulette Livers Lambert erfreuen nicht nur die jungen Leser. Das Buch hat außerdem kleine Informationskästen zu bieten, in denen der Leser etwas mehr zu schwierigen Wörtern und unbekannten Gegenständen erfährt. Das Abenteuer von Kee bringt außerdem einem Empfehlung des "Bildungsrates für Indianische Angelegenheiten" mit sich und bietet einige Hintergrundinformationen für Erwachsene. Eine Karte ist ebenfalls beigefügt, sodass man den Weg der Navajo nachvollziehen kann.
Fazit: Kindgerechte Erzählung für Grundschüler, aber durchaus auch für Ältere geeignet. Sehr informativ und mit einem jungen Helden, der gut als Identifikationsfigur taugt. Sehr schön gestaltet, sodass nicht nur das Lesen, sondern auch das Anschaun Spaß macht.
Nancy M. Armstrong: Kee. Der lange Marsch der Navajo. Hohenthann: TraumFänger Verlag, 2021. 160 S., Euro 14,50.
© Petra Hartmann