Kerstin Groeper: Adlerkralle. Der Indianer-Junge und sein Wolf
Die Geschichte eines jungen Menominee-Indianer namens Adlerkralle erzählt Kerstin Groeper in ihrem gleichnamigen Roman. Das Kinderbuch für neunjährige Leser handelt von den Abenteuern des Jungen und seiner Freunde, von Leben und Kultur des Stammes der Menominee und von einer ungewöhnlichen Freundschaft des Protagonisten zu einem jungen Wolf.
Adlerkralle, in der Sprache seines Volke Keniu-neskas gerufen, ist noch ein Kind, aber er und seine Freunde können schon mit selbst gefangenen Fischen oder selbst geschossenen Kaninchen oder Truthähnen zum Unterhalt ihrer Familien beitragen. Doch noch machen Spiel und Schwimmspaß im Fluss den größten Teil ihres Tages aus. Wenn nur die "Großen" nicht wären. Vor allem Wilder Puma, ein älterer Junge macht Adlerkralle und seinen beiden Freunden das Leben schwer. Er ist einer der stärksten und wildesten Jungen im Lager, und die Erwachsenen gehen davon aus, dass er einmal ein tüchtiger Krieger wird, der für sein Volk kämpfen und Frauen und Kinder erfolgreich beschützen kann. Vorerst haben die Kinder aber nur unter seinen rauen Späßen zu leiden und können seiner Kraft bei Balgereien nichts entgegen setzen. Da hat Adlerkralle eine Idee: Eine Gespensterpuppe, ein Wendigo, an den die benachbarten Anishinabe (Ojibwe / Chippewa) glauben, soll dem Halbstarken einen gehörigen Schrecken einjagen. Was für ein Spaß!
Ein Wolf als bester Freund
Adlerkralle und seine Freunde bestehen zahlreiche Abenteuer. Sie gehen auf die Jagd, spielen Ballspiele, sind im Sommerlage bei der Ahornsaft-Ernte mit dabei und können ihren Stamm sogar vor einem Überfall durch die feindlichen Anishinabe retten. Sie üben für das große Medizin-Spiel, hören die traditionellen Legenden ihres Volkes. Vor allem aber ist es ein besonderer Freund, der bald das Leben des jungen Menominee prägen wird: Als die Kinder eine verendete Wölfin finden und kurz danach ihr verwaistes Junges, ist es Adlerkralle, der den Welpen an sich nimmt und aufzieht. Das Tier, das erst nur ein nerviger Zeltgenosse ist und alles annagt, wird bald zum Spielgefährten, schließlich zum Partner und Beschützer. Doch wer hätte geahnt, dass die tote Wolfsmutter auch bei Adlerkralles Visionssuche und dem Werben um einen Schutzgeist ihre Pfoten im Spiel haben wird?
Das Buch ist spannend und kindgerecht geschrieben und vermittelt obendrein eine Menge Wissen über die Kultur und Lebensweise der nordamerikanischen Waldindianer. Sehr schön sind auch die Zeichnungen von Marion Großer, die das Buch auch zu einem optischen Vergnügen machen. Die Sprache ist altersangemessen und auf junge Leser zugeschnitten, doch auch Eltern werden beim Vor- oder Mitlesen auf ihre Kosten kommen. Ebenfalls kindgerecht ist die Schilderung der Begegnung zweier feindlicher Stämme: Hier fällt kein einziger Schuss, und die Kinder lernen zum einen, dass man den Gegner nicht nur durch Waffengewalt, sondern auch durch Köpfchen an bösen Taten hindern kann, zum anderen, dass man sich den Feind zum Freund machen kann und sollte.
Fazit: Ein spannendes und lehrreiches Kinderbuch, das auf unaufdringliche Art viel über die Kultur der Menominee vermittelt. Außerdem ein Lehrbuch in Sachen Freundschaft. Und welches Kind träumt nicht davon, einen eigenen Hund zu besitzen? Hier ist es eben ein noch nicht domestizierter Hund.
Kerstin Groeper: Adlerkralle. Der Indianerjunge und sein Wolf. Kinderroman. Hohenthann: TraumFänger Verlag, 2017. 169 S., Euro 9,90.
Weitere Bücher von Kerstin Groeper:
Grauer Wolf - Ein Indianerjunge will nach Hause
Indigene Märchen
Mohawk Love
Im Eissturm der Amsel
Im fahlen Licht des Mondes
Der scharlachrote Pfad
Wie ein Funke im Feuer
Die Feder folgt dem Wind
Kranichfrau
Geflecktes-Pferdemädchen
© Petra Hartmann