
Miriam Rademacher: Talisman und das tote Dorf

Der Jansen-Hof bietet spezielle "Mutmach-Ferien" für Kinder mit schweren Angststörungen und Phobien an. Islandpony Talisman ist dabei nicht nur vierbeiniger Therapeut, sondern auch Kumpel, Begleiter und wertvoller Hinweisgeber. Denn Talisman war dabei, als die frühere Hofbesitzerin ihr Erbe versteckte. Die Hinweise darauf sind in geheimnisvollen blauen Säckchen versteckt, die nur von Kindern gefunden werden können, die sich vor etwas fürchten und ihre Angst überwinden. Eine Schnitzeljagd, die die Kinder immer wieder neue Orte im Emsland entdecken lässt.
Apfelblüte weist den Weg nach Wahn
Am Ende des zweiten Buchs, "Talisman und die Tänzer der Nacht", hatten Cordula, Katla und Lars-Olaf einen Beutel mit drei Gegenständen gefunden: Eine Apfelblüte aus Salzteig, ein Miniatur-Grabstein mit "Ohren" und eine Memory-Karte mit einem Linksabbiegen-Schild. Die Apfelblüte scheint auf den Ort Wahn hinzudeuten, ein Dorf, das in der Nähe eines Schießplatzes lag. Zur Nazizeit ordnete die Regierung an, dass das Dorf geräumt werden sollte, da wegen des Schießbetriebs die Gefahr bestand, dass die Dorfbewohner versehentlich getroffen wurden. Wahn wurde nicht nur aufgegeben, sonden die Häuser wurden auch zerstört, damit niemand daran denken konnte, jemals zurückzukehren.
Kinder mit Ängsten und Phobien
Die drei Kinder Cordula, Katla und Lars-Olaf, die gewissermaßen zur Kernmannschaft der Rätselsucher gehören, erhalten diesmal Unterstützung von zwei weiteren Ferienkindern: David, der schwere Verlustängste hat, seit seine Schwester nach Australien ausgewandert ist, und Lukas, der sich an sein Asthma-Spray klammert wie ein Ertrinkender, obwohl er es eigentlich gar nicht mehr so häufig braucht. Außerdem hat Pony Talisman einen neuen Spielgefährten gefunden: Er teilt sich seine Wiese jetzt mit Schaf Willi. Und dann ist da noch die verwöhnte Charlotte, die Talisman unbedingt besitzen und durch ihren Vater kaufen lassen will. Das kommt zwar für die Jansens nicht infrage. Aber dummerweise hat Charlotte die Sache mit den blauen Rätseln spitzgekriegt. Und sollte sie das Erbe vor den Ferienkindern finden - dann will sie Talisman als Finderlohn fordern, hat sie Cordula angekündigt.
Wüstes Dorf als besonderer Hintergrund
Das Abenteuer lebt vor allem von dem besonderen Handlungsort und seinem Schicksal. Das Dorf Wahn als Kulisse für eine Schatzsuche ist faszinierend, und selbst Nicht-Emsländer, die noch nie zuvor etwas von diesem Dorf gehört haben, werden von der traurigen und bedrückenden Geschichte sofort in das Emsland hineingesogen. Gut möglich, dass die Wüstung Wahn demnächst einen unerwarteten Besucherzustrom erhält.
Die Geschichte ist flüssig und spannend erzählt, lässt sich gut lesen und lässt an keiner Stelle Langeweile aufkommen. Auch das neue Serien-Outfit und die Bilder der neuen Illustratorin Isabel Kaboth gefallen. Nur beim Lösen der Rätsel fühlt sich der Nicht-Ortskundige etwas hilflos. Dass eine Salzteig-Apfelblüte auf Wahn hinweist - wer hätte das geahnt? Und was es mit der geheimnisvollen blauen Flasche auf sich hat ... Man wird es erfahren.
Fazit: Mutmach-Abenteuer mit liebenswertem 1-PS-Titelhelden und viel Hintergrundwissen zum Emsland. Spannend, lehrreich und humorvoll.
Miriam Rademacher: Talisman und das tote Dorf. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2020. 136 S., Euro 14,90.
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© Petra Hartmann