
Sascha Raubal: Kurt in göttlicher Mission

Privatdetektiv Kurt ist Titelheld einer Krimiserie aus der Feder von Sascha Raubal. Wobei das Wort Krimi die Romane nur unzureichend beschreibt, denn der Ermittler hat sich durchaus auch mit phantastischen Phänomenen, Klienten und Tätern herumzuschlagen. Der Titel des ersten Bandes verrät es bereits: Der Bestandteil "In göttlicher Mission" ist durchaus wörtlich zu verstehen.
Kurt tritt auf als klassischer Detektiv im Hardboiled-Style, ständig klamm, keine Aufträge, versifftes Büro, verbitterte Weltsicht und ein leicht sarkastischer Tonfall. Ein ehemaliger Afghanistan-Soldat, der ein traumatisches Erlebnis mit sich herumträgt und gelegentlich von Flashbacks gepackt wird. Wobei es etwas gibt, das ihn noch schlimmer peinigt als die immer wieder hochkochende Erinnerung und das Kriegstrauma, nämlich ein nicht totzukriegender Hit von Frank Zander. Aber, Hand aufs Herz: Wer könnte bei einem Gesprächspartner namens Kurt wirklich alle "Ohne Helm und ohne Gurt"-Anspielungen herunterschlucken?
Anschläge auf Atheisten
"In göttlicher Mission" - ja, es geht um Götter, die im Buch auch als handelnde Personen auftreten. Auch wenn Kurt eigentlich von einer Atheisten-Vereinigung angeheuert wird. Der Verein hat Angst vor Anschlägen auf seine Referenten, immerhin ist es bereits zu einem Sprengstoff-Attentat und einer Messerattacke gekommen. Kurt soll weitere Anschläge verhindern. Aber ist es wirklich ein Engel, der die tiefreligiösen Attentäter durch Einzelheiten aus ihren Beichten von seiner göttlichen Mission überzeugt und für ihre Anschläge gewonnen hat?
Um Kurt schaart sich bald eine merkwürdig zusammengesetzte Gruppe aus Ermittlern: Der Chef eines Atheisten-Vereins, eine als Nonne getarnte vatikanische Agentin und ein germanischer Gott, der einen beeindruckenden Hammer führt und außerordentlich trinkfest ist. Dass auch der alte biblische und koranische Gott ein großes Interesse hat, die Anschläge zu beenden, muss Kurt zu seiner Verwunderung ebenfalls feststellen. Aber wer ist der Engel, der bevorzugt in der Gestalt Brad Pitts auftritt? Wieso sponsert ausgerechnet Allvater Wodan Kurts Einsatz? Und ist der alte Jahwe-Allah nun Auftraggeber der Attentate oder ebenfalls ein Opfer?
Interessantes theologisches Konzept
Sascha Raubal hat einen spannenden Krimi geschaffen, der trotz des phantastischen Elements eine gewisse Logik aufweist. Interessant ist das theologische Konzept und die Theorie über die Entstehung der Götter, die am Ende sogar einen hartgesottenen Atheisten zum Nachdenken bringt. Das Ermittlerquartett aus vier sehr unterschiedlichen Charakteren hat außer Schlagkraft und Hirnschmalz eine Menge Humor zu bieten. Es bilden sich Allianzen, die man kaum für möglich gehalten hätte. Dazu: rasante Verfolgungsjagden, heftige Schlägereien, Bordellbesuche, Plüsch-Handschellen und Besäufnisse.
Dass freilich eine vatikanische Agentin sich als Nonne tarnt, um an einer Atheisten-Veranstaltung teilzunehmen, erscheint doch etwas unglaubwürdig und weniger logisch als das Einwirken der Götter. Insgesamt wirkt das Buch sehr "filmisch" geschrieben, und die Bilder einer sich durch eine Rockergang hindurch prügelnden Nonne haben durchaus Spielfilm-Potenzial.
Alles in allem ein Buch, das Spaß macht und das sich leicht und flüssig lesen lässt. Und dass der Titelheld ohne Helm und ohne Gurt Serienpotenzial hat, hat der Autor bereits selbst herausgefunden.
Fazit: Krimi-Phantastik zwischen hardboiled und humorvoll mit einem leichten philosophischen Ansatz und einem Ermittler-Quartett, in dem zusammenwächst, was eigentlich nicht zusammen gehört. Lesenswert.
Sascha Raubal: Kurt in göttlicher Mission. Machandel Verlag, 2. Auflage 2024. 406 S., Euro 14,90.
© Petra Hartmann