
Antje Babendererde: Findet mich die Liebe?

Wer den Namen Antje Babendererde nicht kennt und nicht weiß, dass die Autorin vorwiegend Romane über die nordamerikanischen Indianer der Gegenwart schreibt, wird dieses Buch vermutlich aus den falschen Motiven in die Hand nehmen: Es ist ein knallrotes Mini-Buch mit zwei Herzen darauf und trägt den völlig irreführenden Titel: "Findet mich die Liebe?"
Dabei handelt es sich um alles andere als eine Teenie-Herzschmerz-Geschichte. Mal abgesehen davon, dass die Heldin sich auf der zweiten Seite sarkastisch als Anwärterin auf den Titel "Leonie die Ungeküsste" bezeichnet und auf der vorletzten Seite tatsächlich einen Kuss erhält, kommt in dem Buch absolut kein romantisches Liebes-Kuss-und-Schwarm-Gesülze vor. Dazu haben Leonie und der Schwarzfuß-Indiander Chas nämlich gar keine Zeit in dieser Abenteuer-Geschichte.
Indianische Schwitzhütte statt Sonnenbad am Balaton
Leonie ist Tochter eines Fotografen, der für ein Reisebuch Fotos von Indianern und der wunderschönen Landschaft machen soll. Die Fünfzehnjährige begleitet ihn auf einer Reise ins Reservat der Schwarzfüße, ist zu Gast in der Hütte eines Indianers und beneidet ihre Klassenkameraden, die sich jetzt in Ungarn in der Sonne räkeln dürfen.
Chas, der Sohn ihres Gastgebers, begegnet den weißen Eindringlingen mit offener Ablehnung. Er möchte das traditionelle Leben der alten Prärieindianer führen, lehnt die oberflächlichen Touristen und Nachkommen der Landräuber ab und führt seinen privaten Feldzug gegen eine Ölfirma, die ohne Erlaubnis im Indianerland nach Öl sucht. Menschlich enttäuscht ist er auch, als Leonies Vater die Ölbohrtürme nicht fotografieren will: Sein Verlag hat Heile-Welt-Bilder bestellt, alles andere kann er nicht verkaufen.
Erst als Leonie an Fieber erkrankt und während einer Schwitzhütten-Zeremonie eine Vision hat, kommen sich Chas und das weiße Mädchen näher: Einer zahmen Wölfin, die von Chas großgezogen wurde, droht höchste Gefahr durch einen Fallensteller. Chas und Leonie brechen auf um das gemeine Fangeisen zu finden, das Leonie in ihrer Vision gesehen hat.
Zielstrebige Novelle mit typischer Babendererde-Story
Die Geschichte, eine schmale Novelle von 100 Seiten Umfang, ist schnell und zielstrebig geschrieben und lässt sich sehr leicht lesen. Insgesamt ist es eine typische Babendererde-Jugend-Indianer-Geschichte: Eine junge Weiße oder weiß erzogene Halb-Indianerin gerät in ein indianisches Milieu und lernt langsam, die alten Traditionen und die Indianer zu verstehen. Ein gleichaltriger traditioneller Indianer verhält sich erst ablehnend, doch bald wird daraus Liebe, die meist auf den ersten Sex hinausläuft. Diesmal bleibt es allerdings bei einem Kuss.
Die Hopis prophezeiten das World Wide Web
Sehr interessant und nachdenkenswert sind die Ansichten des alten Indianers Old Wolf zum WWW: "Die alten Hopi prophezeiten schon vor Hunderten von Jahren, dass die Menschen auf der ganzen Welt durch ein großes Spinnennetz miteinander verbunden sein werden. Und heute gibt es Computer und das World Wide Web." Oder die Idee, dass der Weltschöpfer Napi bei seiner Rückkehr irgendwann die Welt so verändert vorfinden wird, dass er sie nicht wiedererkennt. Man hätte sich etwas mehr Informationen aus der Welt der alten Schwarzfüße gewünscht, aber das war wohl in dem schmalen Büchlein nicht möglich.
Fazit: Ein netter, kleiner Lesehappen für unterwegs mit einer Indianergeschichte für junge Leser. Lesenswert.
Antje Babendererde: Findet mich die Liebe? oder Der Wolfstraum. Arena, 2009. 112 S., Euro 3,95.
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© Petra Hartmann