Nestis und ihre Ahnherrinnen: Andersens kleine Meerjungfrau
Nestis Hans Christian Andersen Meerjungfrau
Meine "kleine Meerjungfrau" Nestis ist ja schon seit einigen Tagen zu haben. Zeit, um ein wenig Rückschau zu halten und die Ahnherrinnen der Nordsee-Prinzessin hier im Blog vorzustellen. Und klar, dass der erste Platz dem großen dänischen Märchenerzähler Hans Christian Andersen gehört. Andersen hat mich fast mein Leben lang begleitet, und eigentlich war er für mich wesentlich prägender als die Brüder Grimm. Schon in jungen Jahren schrieb ich einige seiner Märchen um, es entstanden Geschichten wie "Die Erbse unter der Prinzessin" oder "Das böse Mädchen mit den Streichhölzern".
Für einen privaten Kopenhagen-Reiseführer, den ich Mitte der 90er Jahre für meine kleine Schwester zusammenstellte, schrieb ich folgende Kurzbiographie Andersens (wer mehr mag, darf jetzt gern wikipedieren, das Internet-Lexikon gab's damals aber noch nicht ...):
Hans Christian Andersen, der zweite große Dichter Dänemarks, wurde am 2. April 1805 in Odense (Fünen) geboren. Anders als Kierkegaard stammt er aus ärmlichen und wenig wohlanständigen Verhältnissen, und seine Familie ließ auf keine besonders großen Karrieremöglichkeiten schließen. Die Mutter hatte in jungen Jahren bereits eine uneheliche Tochter zur Welt gebracht (von einem verheirateten Mann), und erst zwei Monate vor Andersens Geburt heiratete sie einen Schuhmacher, der bereits elf Jahre danach starb. Der Großvater endete im Wahnsinn, die Schwester der Mutter eröffnete in Kopenhagen ein Bordell - „Wärest du wenigstens ein kleines Mädchen gewesen!“ soll sie zu Andersen gesagt haben.
Alles in allem kein besonders glänzender Ausgangspunkt, als der Vierzehnjährige sich allein aufmachte in die Stadt Kopenhagen, um berühmt zu werden: „Weil, ich möchte es nämlich so gern.“ Ähnlich wie Kierkegaard war auch Andersen sehr religiös, doch stellte er sich den lieben Gott eher wie eine gute Fee vor, er brach auf wie der Tölpel-Hans aus seinem späteren Märchen, voller Arglosigkeit und Gottvertrauen, und offenbar konnte die Stadt seiner entwaffnenden Naivität nicht lange widerstehen.
Zuerst freilich klappte gar nichts, weder als Schauspieler, noch als Sänger, noch als Tänzer wollte man ihn haben, aber nach einiger Zeit entdeckt der wohlhabende Jonas Collin das Talent des jungen Odensers und läßt ihn erstmal auf seine Kosten ausbilden. Die Schulzeit wird ihm allerdings herzlich sauer. 1828 besteht er sein Abitur. Im Jahr darauf veröffentlicht er eine kleine Reisegeschichte, wie überhaupt in seinem gesamten Leben das Reisen die wichtigste Erfahrung werden wird. Zeigt man normalerweise in Dichtermuseen die Bibliothek des Betreffenden, so weist man hier Andersens Koffer und Reisetaschen vor. Er bereist Deutschland, Frankreich, Italien, Holland, Belgien, England, Griechenland, gelangt sogar nach Smyrna und Konstantinopel, er ist auch der erste, der die landschaftlichen Schönheiten Schwedens zu würdigen weiß.
Seinen ersten großen Wurf landet er 1835 mit dem Roman „Der Improvisator“, nachdem ihm Heiberg in einer Kritik vorgeworfen hatte, er improvisiere nur. (Heiberg schrieb auch eine Satire über einen ziemlich langweiligen Spießbürger, der nach seinem Tode weder im griechischen Elysium noch im Christenhimmel Aufnahme findet, sondern in der Hölle landet, da findet er einen bequemen Sessel und warme weiche Pantoffeln, und es werden Andersens Theaterstücke gespielt, und der langweilige Spießer ist es zufrieden ...)
Ebenfalls 1835 erscheint Andersens erster Märchenband, ein schmales, unscheinbares Heftchen neben dem „Improvisator“, „für Kinder erzählt“, das, was er nicht für möglich gehalten hätte, den Grundstein zu seinem Ruhm legt. Nach und nach entstehen weitere Märchensammlungen, und bald ist Andersen in aller Munde, geliebt und geehrt, sogar in seiner Heimatstadt Odense gibt es ein großes Feuerwerk ihm zu Ehren.
Einzig Kierkegaard ist wenig begeistert: „Andersen, der kann euch das Märchen von den Galoschen des Glücks erzählen, ich aber kann das Märchen von dem Schuh erzählen, welcher drückt.“ Er schreibt ein ziemlich kompliziertes Buch in hegelscher Manier über Andersen, von dem es heißt, nur Kierkegaard und Andersen hätten es je bis zu Ende durchgelesen. Das tut aber dem Aufstieg Andersens keinen Abbruch mehr.
Zu seinen bekanntesten Märchen zählen „Das Feuerzeug“, „Die Prinzessin auf der Erbse“, „Der kleine Klaus und der große Klaus“, „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“, „Die Schneekönigin“, „Das häßliche Entlein“, „Däumelinchen“ und „Die kleine Meerjungfrau“.
Andersen starb am 4. August 1875 in Kopenhagen.
So weit meine Andersen-Biographie aus Studententagen.
Mich selbst als begeisterten Segler und Meeres-Fan hat natürlich vor allem seine Geschichte von der kleinen Meerjungfrau fasziniert. Und als ich bei einem Kopenhagentrip die dreibändige Ausgabe "Samlede Eventyr og historier", erschienen bei Gyldendal im Jahr 1996, entdeckte, war es um meine Reisekasse natürlich geschehen. Drei Bände à 88 Kronen wanderten in meine Bordbibliothek an Bord der "Orca", und die kleine Segelyacht, die im Hafen Langelinie geduldig vor sich hin schaukelte, ertrug die zusätzliche Last mit der nötigen Gelassenheit.
Da ich im selben Jahr meinen ersten Dänischkurs an der Volkshochschule Bockenem absolviert hatte, wollte ich meine Fähigkeiten natürlich aus ausprobieren. So entstand nach und nach die nun folgende Übersetzung. Ich habe sie inzwischen in der Orthografie etwas modernisiert, für die Blogveröffentlichung noch ein paar Tippfehler herausgenommen, aber ansonsten ist sie noch original, mit den unvermeidlichen Ecken und Kanten. Eines noch: Wer sich wundert dass es nicht um eine "Meerjungfrau", sondern nur um eine "Meerfrau" geht - das war eine der Erkenntnisse, die mir meine Dänischlehrerin Helga vermittelte. Nix mit Jungfrau, einfach nur eine "Lille Havfru", mehr sagt der Dichter nicht ... Hier also
Hans Christian Andersen:
Die kleine Meerfrau
übersetzt von Petra Hartmann
Teil I
Weit draußen auf dem Meer ist das Wasser so blau wie das Blau der schönsten Kornblume und so klar wie das reinste Glas, aber es ist dort auch sehr tief, tiefer als irgend ein Ankertau reicht, und man müsste viele Kirchtürme aufeinander stellen, um vom Grund bis hinauf zum Meeresspiegel zu reichen. Dort unten wohnt das Meervolk.
Nun muss man aber bloß nicht glauben, dass dort unten nur weißer Sandboden ist! Nein, dort wachsen die seltsamsten Bäume und Pflanzen, einige sind so geschmeidig im Stiel und in den Blättern, dass sie sich bei der leisesten Bewegung des Wassers regen, ganz so als ob sie lebendig wären. Alle Fische, kleine und große, schlüpfen durch die Zweige, genau so wie hier oben die Vögel in der Luft. An der allertiefsten Stelle liegt das Schloss des Meerkönigs, die Mauern sind aus Korallen, und die hohen, spitzen Fenster sind aus dem allerklarsten Bernstein, aber das Dach ist aus Muschelschalen, die öffnen und schließen sich, je nachdem, wie das Wasser fließt; das sieht schön aus, denn in jeder liegen glänzende Perlen, jede einzige von ihnen würde in einer Königinnenkrone großen Staat machen.
Der Meerkönig dort unten war seit langem verwittwet, aber seine alte Mutter erledigte den Haushalt für ihn; sie war eine kluge Frau, aber sehr stolz auf ihren Adel, darum trug sie zwölf Austern an ihrem Schwanz, und die anderen Vornehmen durften nur sechs tragen. - Aber sonst verdiente sie großes Lob, denn sie kümmerte sich sehr um die kleinen Meerprinzessinnen, ihre Enkelinnen. Es waren sechs niedliche Kinder, aber die schmuckste von allen war die jüngste, ihre Haut war so klar und rein wie ein Rosenblatt, ihre Augen so blau wie die tiefste See, aber wie alle anderen hatte sie keine Beine, ihr Körper endete in einem Fischschwanz.
Den ganzen Tag konnten sie dort unten im Schloss spielen, in den großen Sälen, wo lebende Blumen aus den Wänden hervorwuchsen. Wenn die großen Bernsteinfenster geöffnet waren, dann schwammen gleich Fische hinein, genauso wie bei uns die Schwalben hereinfliegen, wenn wir die Fenster öffnen, aber die Fische schwammen gleich hin zu den kleinen Prinzessinnen, fraßen ihnen aus der Hand und ließen sich streicheln.
Draußen vor dem Schloss war ein großer Garten mit feuerroten und dunkelblauen Bäumen, die Früchte leuchteten wie Gold und die Blumen wie brennendes Feuer, und ständig bewegten sie Stil und Blatt. Der Boden war der feinste Sand, aber blau wie Schwefellicht. Über dem Ganzen dort unten lag ein wundersamer blauer Schein, man könnte glauben, dass man hoch hoben in der Luft stünde und nur blauen Himmel über und unter sich sehe, und doch war man auf dem Meeresgrund. Wenn es windstill war, konnte man sogar die Sonne sehen, die schien eine Purpurblume zu sein, aus der alles Licht hervorströmte.
Jede der kleinen Prinzessinnen hatte einen kleinen Platz im Garten, an dem sie graben und pflanzen konnte, was sie selbst wollte. Eine gab ihrem Blumenbeet die Form eines Walfischs, einer anderen gefiel es besser, dass ihr Beet einer kleinen Meerfrau glich; aber die jüngste machte ihres ganz rund wie die Sonne, und sie hatte nur Blumen, die auch so rot wie die Sonne leuchteten. Sie war ein seltsames Kind, still und nachdenklich, und als die anderen Schwestern ihr Beete mit den eigenartigsten Dingen ausschmückten, die sie in gesunkenen Schiffen gefunden hatten, wollte sie außer den rosenroten Blumen, die der Sonne glichen, nur eine schmucke Marmorstatue haben. Ein hübscher Junge war das, herausgehauen aus hellem, weißem Stein, der war bei einem Schiffbruch herunter auf den Meeresgrund gekommen. Sie pflanzte bei dem Steinbild eine rosenrote Trauerwinde, die wuchs so herrlich und hing mit ihren frischen Ranken über ihn, hinunter bis auf den blauen Sandboden, wo der Schatten violett erschien und immer in Bewegung war, genau wie die Ranken, das sah aus, als ob die Spitze und die Wurzeln einander im Spiel küssten.
Nichts machte ihr mehr Freude, als von der Menschenwelt dort oben zu hören. Die alte Großmutter musste ihr alles erzählen, was sie über Schiffe und Städte wusste, und vor allem erschien ihr märchenhaft schön, dass oben auf der Erde die Blumen dufteten, denn das taten sie nicht auf dem Meeresgrund, und dass die Wälder grün waren und dass die Fische, die man dort in den Bäumen sah, singen konnten, so laut und schön, dass es eine Lust war; das waren kleine Vögel, die die Großmutter Fische nannte, denn anders konnten sie es nicht verstehen, da sie noch nie einen Vogel gesehen hatten.
„Wenn ihr euer fünfzehntes Jahr vollendet habt“, sagte die Großmutter, „dann werde ich euch die Erlaubnis geben, aus dem Meer aufzutauchen, bei Mondschein auf den Klippen zu sitzen und die großen Schiffe zu sehen, die dort vorbeisegeln, und die Wälder und Städte sollt ihr auch sehen!“
In dem Jahr, das nun kam, wurde eine der Schwestern fünfzehn Jahre alt, aber die anderen - ja, die eine war immer ein ganzes Jahr jünger als die die andere, die jüngste von ihnen hatte also noch ganze fünf Jahre zu warten, bis sie aufsteigen durfte vom Meeresgrund und sehen, wie es bei uns aussah. Aber die eine versprach den anderen zu erzählen, was sie gesehen und was ihr gefallen hatte am ersten Tag; denn die Großmutter erzählte ihnen nicht genug, da war so vieles, worüber sie Bescheid wissen wollten.
Keine hatte solche Sehnsucht wie die Jüngste, gerade sie, die die längste Zeit zu warten hatte und die so still und nachdenklich war. In vielen Nächten stand sie am offenen Fenster uns sah hinauf in das dunkelblaue Wasser, wo die Fische mit ihren Flossen und Schwänzen schlugen. Mond und Sterne konnte sie sehen, zwar schienen die nur sehr blass, aber durch das Wasser hindurch sahen sie viel größer aus als für unsere Augen; glitt dort etwas wie eine schwarze Wolke unter ihnen dahin, dann wusste sie, dass das entweder ein Walfisch war, der über ihr schwamm, oder aber ein Schiff mit vielen Menschen; die ahnten gewiss nicht, dass eine schöne kleine Meerfrau dort unten stand und ihre weißen Hände den Kielen entgegenreckte.
Nun war die älteste Prinzessin fünfzehn Jahre alt und durfte aufsteigen zur Meeresoberfläche.
Als sie zurückkam hatte sie hunderte Dinge zu erzählen, aber das schönste, sagte sie, das war im Mondschein auf einer Sandbank in der rollenden See zu liegen, wo die Lichter blinkten wie Hunderte Sterne, die Musik und den Lärm und Gebraus der Wagen und Menschen zu hören, die vielen Kirchtürme und Dachspitzen zu sehen und zu hören wie die Glocken läuteten; denn weil sie nicht dort hinauf kommen konnte, war es dies, was sie am allermeisten wahrnahm.
O! wie lauschte ihr die jüngste Schwester da. Und später, am Abend, als sie am offenen Fenster stand und hinauf in das dunkelblaue Wasser blickte, dachte sie an die große Stadt mit all dem Lärm und Gebraus, und da dachte sie, sie könne die Kirchenglocken bis zu sich herunter läuten hören.
Das Jahr danach bekam die zweite Schwester die Erlaubnis, aufzusteigen zur Wasseroberfläche und zu schwimmen, wohin sie wollte. Sie tauchte auf; genau in dem Moment, als die Sonne niederging, und die Sonne, dachte sie, war das schönste. Der ganze Himmel hat ausgesehen wie Gold, sagte sie, und die Wolken, ja, deren Schönheit konnte sie überhaupt nicht beschreiben! Rot und violett waren sie über ihr dahingesegelt, aber viel schneller als sie flogen wie ein langer weißer Schleier eine Schar wilder Schwäne über das Wasser, wo die Sonne stand. Sie schwamm auf sie zu, aber die versank, und der Rosenschein auf der Meeresfläche und den Wolken erlosch.
Das Jahr danach kam die dritte Schwester nach oben, sie war die mutigste von allen, darum schwamm sie einen breiten Fluss hinauf, der ins Meer floss. Schöne grüne Hügel voller Weinranken sah sie, Schlösser und Bauerhöfe glänzten aus prächtigen Wäldern hervor; sie hörte, wie alle Vögel sangen; und die Sonne schien so warm, dass sie rasch untertauchen musste, um ihr brennendes Gesicht zu kühlen. In einer kleinen Bucht traf sie eine ganze Schar kleiner Menschenkinder; ganz nackt liefen die herum und platschten im Wasser. Sie wollte mit ihnen spielen, aber sie liefen ganz erschrocken weg, und da kam ein kleines schwarzes Tier, das war ein Hund, aber sie hatte ja noch niemals zuvor einen Hund gesehen; der bellte sie so schrecklich an, dass sie Angst bekam und versuchte, das offene Meer zu erreichen. Aber nie konnte sie die prächtigen Wälder vergessen, die grünen Hügel und die niedlichen Kinder, die im Wasser schwimmen konnten, obwohl sie keinen Fischschwanz hatten.
Die vierte Schwester war nicht so mutig. Sie blieb draußen, mitten im wilden Meer, und sie erzählte, dass gerade das das schönste war. Man sah viele Meilen rings im Umkreis, und der Himmel stand wie eine große Glasglocke über einem. Schiffe hatte sie gesehen, aber weit entfernt, sie sahen aus wie Strandmöwen, die putzigen Delphine hatten Purzelbäume geschlagen, und die großen Walfische hatten Wasser aus ihren Nasenlöchern gespritzt, sodass es ausgesehen hatte wie hunderte von Springbrunnen um sie herum.
Nun kam die Reihe an die fünfte Schwester. Ihr Geburtstag war im Winter, und darum sah sie etwas, was die anderen beim ersten Ausflug nicht gesehen hatten: Die See sah ganz grün aus, und ringsum schwammen große Eisberge, jeder sah aus wie eine Perle, sagte sie, und war doch so groß wie die Kirchtürme, die die Menschen bauten. Sie zeigten sich in den wunderbarsten Gestalten und glänzten wie Diamanten. Sie hatte sich auf den größten von ihnen gesetzt und alle Seeleute kreuzten erschreckt umher, wo sie saß und den Wind in ihrem langen Haar spielen ließ. Aber am Abend wurde der Himmel von Wolken überzogen, die blitzten und donnerten, während die schwarze See die großen Eisblöcke hoch emporhob und sie von roten Blitzen widerscheinen ließ. Auf allen Schiffen holte man die Segel ein, da herrschte Angst und Grauen, aber sie saß ruhig auf ihrem schwimmenden Eisberg und sah die blauen Blitzstrahlen im Zickzack in die leuchtende See einschlagen.
Beim ersten Mal, wenn eine der Schwestern an die Oberfläche kam, war jede immer entzückt über all das Neue und Hübsche, das sie sah, aber weil sie nun, da sie erwachsene Mädchen waren, die Erlaubnis zum Aufsteigen hatten, wurde es ihnen bald gleichgültig, sie sehnten sich zurück nach Hause, und nach Verlauf eines Monats sagten sie, dass es unten bei ihnen doch am allerschönsten war und dass man es so hübsch zu Hause habe.
Zu mancher Abendstunde nahmen die fünf Schwestern einander bei der Hand und stiegen in einer Reihe hinauf zur Oberfläche. Herrliche Stimmen hatten sie, schöner als irgend ein Mensch, und wenn sich ein Sturm zusammenzog, sodass sie davon ausgehen konnten, dass Schiffe verloren gehen mussten, schwammen sie vor den Schiffen her und sangen so lieblich davon, wie schön es wäre auf dem Meeresgrund, und sie baten die Seeleute, keine Angst davor zu haben, hinunter zu kommen. Doch diese konnten die Worte nicht verstehen, sie glaubten, dass er der Sturm war, und noch weniger bekamen sie die Schönheiten dort unten zu sehen. Denn wenn das Schiff sank, ertranken die Menschen und kamen nur als Tote zum Schloss des Meerkönigs.
Wenn die Schwestern so in den Abendstunden Hand in Hand hoch hinaufstiegen durch das Meer, dann blieb die kleine Schwester ganz allein zurück und sah ihnen nach, und ihr war, als ob sie weinen müsste, aber Meerfrauen haben keine Tränen, und so litt sie noch viel mehr.
„Ach, wäre ich doch schon fünfzehn Jahre!“, sagte sie. „Ich weiß, dass ich die Welt dort oben lieben werde und die Menschen, die da oben wohnen!“
Endlich wurde sie doch fünfzehn Jahre alt.
Fortsetzung folgt ...
© Petra Hartmann
Zu Teil II
Zu Teil III
Zu Teil IV
Zu Teil V
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