Marburg-Con 2016 - ich war dabei
Unterwegs Marburg MarburgCon
Gleich zum Auftakt geriet ich in die Lesung von Tom Daut und Heike Schrapper, die die Anthologie "Mütter" vorstellten. Buah. Also, wenn euch Tom in einer düsteren, einsam gelegenen Dorfkneipe einmal eine Geschichte erzählen will - lauft, lauft weg, ihr sterbt sonst tausend Tode dabei. Wahnsinnig toller Vortrag mit unvergesslicher Lesestimme, die das Kopfkino so richtig in Gang bringt.
Nachmittags besuchte ich die Lesung von Tobias Bachmann ("Liebesgrüße aus Arkham") und Markus K. Korb ("Xenophobia"), nach dessen Story über einen mordlüsternen Kühlschrank und seine Verbündeten ich dem "Internet der Dinge" noch weniger traue als vorher ... Brrr.
Die "Apokalyptischen Schreiber", einst ein schlagkräftiges Quartett aus Krieg, Tod, Pest und Hunger, waren diesmal nur noch von ihrem hungrigen Viertel vertreten. Thomas "Gus" Backus bot einen sehr abwechslungsreichen Strauß von Märchenhaftem (über einen süßen "Schokomops") und Skurrilem (über einen Organspender, der nach der Entnahme plötzlich aufsteht und sein Herz zurückfordert) bis hin zum üblen Horror und Ekel, als Zombie-Ameisen und hirnfressende Fliegen eine Klinik übernehmen. Ich liebe den lebendigen Vortragsstil, der besonders in den humorvollen Passagen absolut einzigartig ist. Sehr schön.
Mehr zufällig geriet ich in die antarktische Welt "Neuschwabenland" hinein. Alex Jahnke erzählte über Pinguine, Diktatoren und Probleme des Alltags ("Ich habe einen neuen Mülleimer bekommen. Er ist kleiner als der alte. Wie werde ich jetzt den alten los?"), außerdem erfuhr man viel Wissenswertes aus der Steampunk-Bewegung. Schade, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon fast pleite war, die "Liebesgrüße aus Neuschwabenland" kommen aber auf meinen Weihnachtswunschzettel.
Etwas nostalgisch wurde mir bei Ernst Wurdacks Vortrag über die Entwicklung und Zukunft seines Verlags zumute. Covermotive aus der alten Zeit, als der Verlag noch nicht existierte und die Bücher als "Storyolympiade Spezial" erschienen, riefen immer wieder ein "Weißt du noch? Warst du da auch drin?" hervor. Mit den "Düsteren Visionen" und den "Pandaimonion"-Bänden fing es an. Und es gab auch ein Wiedersehen mit Doctor Nikola. Böse Zungen behaupten ja, die Katze im "Serum" sei mir damals wesentlich authentischer gelungen als die weibliche Hauptdarstellerin. Immerhin habe ich kräftig recherchiert und mir sogar das Was-ist-was-Buch über Katzen durchgelesen. ;-) Ernst hat vor, wieder mehr dunkle Phantastik, und zwar in Romanform, aufzulegen. Keine Kurzgeschichten mehr, davon hat er seit Verlagsgründung inzwischen einfach zu viele lesen müssen, sagt er. Ein paar Tausend sind es wohl gewesen ... Verstehe ich. Passend dazu erschien jetzt der zweite Band seiner "Edition 100": Michael Siefeners fiktive Biographie "Albert Duncel", ein edles Hardcover in limitierter Auflage von 100 Bänden. Ich bekam Nummer 9, natürlich signiert. Ein Buch, auf das ich mich ganz besonders freue.
Etwas melancholisch war mir am Stand des Wurdack-Verlags noch aus anderen Gründen zumute. Dazu gibt es demnächst noch einen eigenen Blog-Eintrag, wenn ich den Con-Jetlag weggesteckt habe. Soviel vorweg: Es wurde ein Papier unterzeichnet.
Weitere Mitbringsel vom MarburgCon waren die Ausgabe der Sagen um Dietrich von Bern aus dem Verlag Saphir im Stahl, mit der ich schon lange liebäugele, das Hörbuch "Protektor. Monsterjäger mit Sockenschuss" von Andé Wiesler aus dem Verlag Torsten Low, das von Felix Woitkowski neu herausgegebene "Gespensterbuch", Band 1, aus dem Blitz-Verlag sowie ein dicker Mark-Tate-Band von W.A. Hary, der Pilotroman zur Heftserie.
Nicht fehlen durfte auch der Band mit den Storys zum Marburg-Award, der zum Con in limitierter Auflage von 50 Exemplaren erschien. Die Siegerehrung mit Vorstellung der besten Beiträge lässt auf Hochwertiges hoffen. Das Thema lautete diesmal: "Back to the Roots", und gesucht war Horror bzw. düstere Phantastik. Die Preisträger sind:
1. Platz: "Rückkehr nach Doberwind" von Martin Beyerling
2. Platz: "Meine spezielle Art" von Wolfram Christian Sauter
3. Platz: "Die Wurzel allen Übels" von Iver Niklas Schwarz
(Und ich habe mich angesichts des schönen Buches wieder mal geärgert, dass ich es nicht geschafft habe, etwas zum Thema zu schreiben.)
Der zweite Preis, der traditionell auf dem Marburg-Con vergeben wurde, war der Vincent-Preis. Ausgezeichnet wurden:
ROMAN NATIONAL
1. Jörg Kleudgen - Teatro Oscura
2. Vincent Voss - Wasser
3. Faye Hell - Keine Menschneseele
4. Felix Woitkowski: Rattensang (p.machinery)
5. Jörg Karweick - Rönum
INTERNATIONAL
1. Clive Barker - Das scharlachrote Evangelium
2. Robert McCammon: Swans Song 1: Nach dem Ende der Welt
3. Kealan Patrick Burke - KIN
4. Clark Asthon Smith - Die Bestie von Averoigne
5. Laird Barron: Hallucigenia
6. Josh Malerman: Bird Box - Schließe deine Augen
ANTHOLOGIE/STORYSAMMLUNG/MAGAZIN
1.Constantin Dupien - Mängelexemplare Haunted
2. Jörg Kleudgen - Ulthar-Reiseführer
3. T.Backus, E. Hantsch, N. Horvath, S.Hubmann (Hrsg.): Verbotene Bücher
4.Torsten Exter (Hrsg.): Zombie Zone Germany (Amrûn)
5. Markus Kastenholz (Hrsg.): Fleisch 3
KURZGESCHICHTE
1. Richard Lorenz: So dunkel die Nacht
2. Carmen Weinand - Der große Stefano
3. Markus K. Korb: Candyman Jack
4. Fred Ink: Frau Adonay
5. Alfred und Tia Berger, Totwald, Spiegelberg 4
6. Susanne O†™Connell: Das Geheimnis von Brigus
HÖRSPIEL/-BUCH
1. Gruselkabinett 96+97 - Madame Mandilips Puppen (Titania)
2. Dorian Hunter 27: Der tätowierte Tod (Zaubermond Audio)
3. The Walking Dead 1 (Lübbe Audio)
4. Larry Brent Classics 2: Die Angst erwacht im Todesschloss (Winterzeit Studio)
5. Gespenster Krimi 2: Teufelstochter
GRAFIK
1. Mark Freier - Keine Menschenseele
2. Timo Kümmel - Auferstehung
3. Björn Ian Craig: Zwielicht Classic 8
4. Jörg Vogeltanz - Visionarium 4
5. Fabian Fröhlich - Der Schmerz des Erwachens
6. Christian Krank - Für eine Handvoll Füße
SONDERPREIS
Team des Marbug-Con - für die langjährige Arbeit für das Fandom
Bleibt abschließend noch ein Lob für die hervorragende Verpflegung, die zivilen Preise und die charmante Thekenkraft Dirk van den Boom sowie überhaupt für das typische Niederweimar-Feeling.
Jawohl, Daumen hoch: Der Preis an das Team des Marburg-Con ist hochverdient, die Marburger waren auch dieses Jahr wieder ganz phantastische Gastgeber. Das Horrormäßige dieses Cons beschränkt sich ganz eindeutig auf literarischen Horror, der Rest ist himmlisch.
© Petra Hartmann