Die Welten von Thorgal: Kriss de Valnor 6 - Die Insel der verlorenen Kinder
Xavier Dorison Mathieu Mariolle Roman Surzhenko Comics Thorgal
Auf die "Insel der verlorenen Kinder" gerät Kriss de Valnor im sechsten Band der nach ihr benannten Comic-Albenserie innerhalb der Reihe "Die Welten von Thorgal". Das Abenteuer handelt von einem Paradies für Kinder, das sich aber bald als Albtraumwelt entpuppt.
Kriss de Valnor, die im Vorgängerband, "Rot wie der Raheborg", ohnmächtig im Wasser versunken war, erwacht an der Küste und wird von dem Heiler Osian und dessen verunstalteter Pflegetochter Erwin wieder aufgepäppelt. Doch viel Zeit zur Genesung bleibt ihr nicht: Eine Königin darf, dem chauvinistischen Gesetz ihrer Heimat zufolge, nicht länger als sieben Tage von ihrem König getrennt sein, sonst gilt sie als abgesetzt. Kriss bleibt also nur ein sehr enges Zeitfenster, um vor ihrem Gemahl Jolan zu erscheinen. Doch die versprengten Truppen ihrer Feinde sind schon auf ihren Fersen. Kriss, Osian und Erwin flüchten mit einem kleinen Boot, erleiden Schiffbruch und landen auf einer Insel, die nur von Kindern bewohnt wird. Ein Paradies der Kindheit, ein kleines an Peter Pans "Nimmerland" erinnerndes Fleckchen Erde, auf dem Kinder ungestört von Erwachsenen leben können und von der urzeitlichen Baumgöttin Umai behütet werden. Zu spät erkennt Kriss, dass Umai und die Kinder alles andere als harmlos sind und ihre Welt gegen das Eindringen von Männern und Frauen mit allen Mitteln verteidigen. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt ...
Die Geschichte vom Kinder-Paradies, hinter dem Mord und Todschlag lauert, ist nicht neu. Man ist unwillkürlich an das Volk der Eloi oder in den kriegerischen Jagdszenen auch an den "Herrn der Fliegen" erinnert. Vor allem wirkt das Album aber wie ein zweiter Aufguss des achten Thorgal-Albums "Alinoe", in dem der junge Jolan erstmals seine Kräfte einsetzte und auf Thorgals geheimer Insel ein Volk grünhaariger Jungen schuf, die für seine Mutter Aaricia - zuletzt auch für ihn selbst - zur tödlichen Bedrohung wurden. Auch dort ging es bereits darum, sich den Erziehungsversuchen und der Autorität der Eltern zu widersetzen. Ob die Eltern des Volks von Umai sich tatsächlich so bösartig gegenüber ihren Kindern verhalten haben, wie diese behaupten, verraten die Autoren nicht, auf jeden Fall verwandelt sich die ursprünglich naiv und friedlich wirkende Kinderschar in eine mordlüsterne und ausgesprochen effektive Truppe von Bogenschützen und Speerwerfern, von deren Erfolgen Leichenhaufen und Skelettberge künden. Keine leichten Gegner für Kriss, zumal diese gerade jetzt ihre bisher wenig zum Tragen gekommenen Muttergefühle für den verschollenen Aniel wiederentdeckt.
Die Geschichte ist, vor allem angesichts des bereits erwähnten Alinoe-Abenteuers, nicht unbedingt originell, wirkt auch nach der bisher recht zielstrebig geführten Handlung um das Königinnentum und Machtstreben der Heldin wie eine Verzögerung und eine wenig motiviert eingefügte Episode ohne größeren Tiefgang. Immerhin wartet das Album am Schluss mit einer ähnlich überraschenden Entscheidung auf wie Kriss' Griff nach dem Szepter in Band 3 oder ihr knallhart kalkulierter Eheschluss mit Jolan in Band 4. Insofern darf man gespannt sein, ob und wie sie ihr neues Ziel erreicht und vor allem wie die Kriss-Handlung wieder in die Hauptserie einmündet.
Ob die Geschichte tatsächlich die "Überlänge" gebraucht hätte - die Story umfasst 59 statt der für Thorgal-Alben üblichen 48 Seiten -, erscheint fraglich. Nett sind auf jeden Fall die zusätzlichen beiden Doppelseiten mit Gesamtüberblick über die bisher erschienenen Abenteuer der Hauptserie und der drei "Welten"-Ableger.
Fazit: Eher nichtssagende Unterbrechung der Hauptgeschichte, nett gezeichnet und erzählt, aber nichts Großartiges. Kriss de Valnor hat schon größere Herausforderungen bestanden.
Die Welten von Thorgal: Kriss de Valnor 6 - Die Insel der verlorenen Kinder. Text: Xavier Dorison, Mathieu Mariolle: Zeichnungen: Roman Surzhenko. 59 S., Euro 14,80.
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© Petra Hartmann