Berthold von Holle - Leben und Werk
Berthold von Holle
Berthold von Holle lebte und wirkte in der Mitte des 13. Jahrhunderts und gilt als einziger mittelalterlicher Dichter im norddeutschen Raum. Über sein Leben ist wenig bekannt. Er war Ministeriale, eine Art Beamter, im Dienst des Hildesheimer Bischofs Konrad II. (gest. 1249, Bischof 1221-1246) und wurde von dem Braunschweiger Herzog Johann von Braunschweig (ca. 1242-1277, ab 1252 Herzog zu Braunschweig und Lüneburg) gefördert. Letzterer wird in Bertholds Versepos „Crane“ als Gewährsmann und Quelle erwähnt wird, dadurch lässt sich das Werk auf die Zeit um 1260 datieren.
Berthold von Holle verfasste mehrere Epen. Vollständig oder zumindest beinahe vollständig erhalten sind die Werke „Crane“ und „Demantin“, von einem dritten Epos, das den Titel „Darifant“ trug, sind nur Fragmente überliefert. Da sich Berthold im „Crane“ als Verfasser des „Demantin“ bezeichnet, den „Darifant“ aber nicht erwähnt, ist davon auszugehen, dass „Demantin“ das älteste der drei Gedichte ist und der „Darifant“ bei Abfassung des „Crane“ noch nicht vorlag.
Der "Demantin" ist ein Epos, das recht farbenfroh und exotisch daherkommt. Schauplätze sind Griechenland und England, aber auch fiktive Reiche wie das Königreich Antrium, in dem der Titelheld herrscht, die Burg des Zwergenkönigs Commandion oder der Herrschaftsbereich der Fee Pheradzoye. Die Geschichte handelt von der Liebe Demantins zu Sirgamot, der Tochter des Königs von Griechenland. Letzterer verweigert Demantin die Hand der Prinzessin, da Sirgamot noch zu jung ist - sie ist gerade mal zwölf Jahre alt. Demantin zieht hinaus in die Welt, um Ruhm und Ehre zu erwerben und sich so der griechischen Prinzessin würdig zu erweisen. Unterwegs schließt er Freundschaft mit dem Ritter Firganant, dem er dabei hilft, die Hand der Königin Englands zu erringen. Schließlich kehrt Demantin aufs Festland zurück, besteht zahlreiche Kämpfe, unter anderem gegen ein schauriges Meerweib und gegen den Favoriten einer zauberhaften Fee. Doch unterwegs erhält er die Nachricht, Sirgamot sei einem anderen König verlobt worden. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt, ein erbitterter Krieg um Sirgamot schließt sich an.
Im "Crane", dem mutmaßlichen Spätwerk des Dichters, geht es weniger opulent und ausufernd zu. Knapp und sehr klar strukturiert, fast karg wirkt das Gedicht, in dem der ungarische Königssohn Gayol unter dem Namen Crane (Kranich) inkognito an den Hof des deutschen Kaisers gelangt und sich unsterblich in die schöne Kaiserstochter Acheloyde verliebt. Der Versuch eines Hofbeamten, die anscheinend unstandesgemäße Liebesbeziehung zu unterbinden, wird zu einer tödlichen Gefahr für Acheloyde, und auch später, als die beiden Verliebten endlich den Segen des Kaisers erhalten, ist eine Ehe mit Happy End noch in weiter Ferne.
Bertholds Sprache orientiert sich an der Sprache der mittelhochdeutschen klassischen Werke der süddeutschen Dichter, ist jedoch von niederdeutschen Lauten durchsetzt und stellt in der Literatur des Mittelalters eine Besonderheit dar. Ein Indiz für die Bekanntheit und Beliebtheit seiner Werke ist, dass der „Crane“ noch zwei Jahrhunderte nach seiner Entstehung Nachahmer fand. Im 15. Jahrhundert entstand eine niederrheinische Prosabearbeitung des Stoffes. Ferner ist ein Lübecker Fastnachtsspiel namens „Crane, Valke und Stare“ aus dem Jahre 1444 überliefert. Über ein Nachwirken des „Demantin“ und „Darifant“ ist nichts bekannt.
Eine ausführlichere Darstellung der Werke Bertholds und seiner Art zu denken und zu dichten findet ihr als Nachwort in meinem Buch "Crane".
Berthold von Holle / Petra Hartmann: Crane. Ein Ritter-Epos.
84 Seiten | 12 x 17 cm | Softcover | Klebebindung |
Verlag Monika Fuchs | Hildesheim 2016
ISBN 978-3-940078-48-3
6,95 EUR
© Petra Hartmann
Falls ihr euch mal näher an das alte Epos heranwagen möchtet:
Hier gibt es Auszüge aus meiner Übersetzung des "Crane"