Thorgal 35: Scharlachrot
Comics Thorgal Grzegorz Rosinski Xavier Dorison
"Scharlachrot" lautet der Titel des 35. Thorgal-Albums. Vielleicht eine Anspielung auf den ebenfalls sehr blutigen Kriss-de-Valnor-Band "Rot wie der Raheborg", in dem es ja auch sehr kriegerisch zuging. Das Album schließt beinahe nahtlos an den Vorgänger "Kah-Aniel" an, zeichnet sich ebenfalls durch den neuartigen, etwas verwaschenen "orientalisierenden" Zeichenstil Grzegorz Rosinskis aus und hat mit Xavier Dorison einen neuen Texter.
Die Geschichte spielt in Bagdad, wo die Roten Magier inzwischen ihr unseliges Ritual vollendet haben, das Aniel, Thorgals Sohn, zum Gefäß für den wiedergeborenen Kahaniel machen sollte. Thorgal ist Gefangener der Roten und wird gefoltert, da er sich immer noch erdreistet, Aniel als seinen Sohn zu bezeichnen. Doch Thorgal kann fliehen. Mehrfach kommt es zu Begegnungen mit Aniel, der allerdings nicht viel mit ihm zu tun haben will. Aniel wirft seinem Vater vor, sich niemals um ihn gekümmert zu haben, nie ein echter Vater gewesen zu sein. Bei den Roten Magiern fand er zum ersten Mal einen väterlichen Freund, Beachtung, Wertschätzung. Allerdings ist Aniels Metamorphose zum mächtigen Feuermagier offenbar noch nicht ganz vollzogen. Und so schmieden die Magier den ultimativen Plan, um Aniel in den nötigen Zorn zu versetzen: Thorgal soll als Mörder von Aniels Mentor Magon dastehen. Und schließlich kommt es sogar so weit, dass Thorgal einen Pfeil auf seinen eigenen Sohn anlegen muss ...
Die Geschichte ist spannend und optisch ansprechend erzählt. Der neue Stil Rosinskis kommt in den feurigen Rottönen, mit denen das Album aufwartet, in den Feuerbeschwörungen, Zornausbrüchen und Brandszenen sehr gut zur Geltung und bietet durchaus eine Steigerung gegenüber dem Vorgänger. Schön auch, dass endlich mal wieder ein Abenteuer ohne ewig lange Rückblenden und Vorgeschichten flüssig durcherzählt wurde. Mit dem Hinweis auf Kriss de Valnor und ihre Karriere als mächtige Nordlandherrscherin wird auch langsam ein Fenster hinüber in die Parallelserie geöffnet, durch das die Mutter Aniels wohl bald wieder in die Hauptserie zurückkehren wird. Darauf werden sich sicher viele Fans freuen. Außerdem schön: Es gibt ein Wiedersehen mit den fliegenden Schiffen des Landes Qâ.
Ein kleines Fragezeichen möchte ich erneut hinter die mentale Entwicklung Aniels setzen. Wie kann es sein, dass der Junge, der deutlich jünger ist als seine Schwester Lupine um so vieles reifer und älter, oder sagen wir: altklüger, dargestellt wird als Thorgals Tochter Lupine in der Parallel-Serie? Und was sollen die eigenartigen Vorwürfe, Thorgal sei ihm nie ein richtiger Vater gewesen? Wenn Thorgals ältester Sohn Jolan Derartiges behauptet hätte, wäre es glaubwürdig gewesen. Aber Aniel, der erst seit Band 28 - "Alte Feindin" - mit dabei ist und von Thorgal und Aarica als Kleinkind in die Familie aufgenommen worden ist, kann sich nun wirklich nicht über einen abwesenden Vater beschweren ... Seit seinem Eintritt in Thorgals Familie hat er ununterbrochen Vater und Adoptivmutter zur Verfügung gehabt, bis eben die Roten Magier kamen und ihn entführten. Mag sein, dass hier die Magier ihn manipulierten und eine falsche Erinnerung einpflanzten. Aber warum widerspricht Thorgal dann nicht?
Das Album hält vielleicht nicht ganz die Höhe der besten Thorgal-Alben, ist jedoch eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorgängerband. Alles in allem aber ein schönes, spannendes Abenteuer, eher blutig als märchenhaft, aber es geht voran.
Fazit: Spannungsreiches, blutiges, kampfbetontes Abenteuer mit beeindruckenden Rottönen. Dramatische Vater-Sohn-Geschichte und ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Zielstrebig und zügig erzählt, lesenswert.
Thorgal 35: Scharlachrot. Text: Xavier Dorison, Zeichnungen: Grzegorz Rosinski. Bielefeld: Splitter-Verlag, 2017. 56 S., Euro 14,80.
© Petra Hartmann
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