Herbstlande - Verklingende Farben
Bücher - phantastisch Herbstlande Fabienne Siegmund Stephanie Kempin Vanessa Kaiser Thomas Lohwasser
Die Abenteuer in den Herbstlanden gehen weiter, und die Welt der Monate September, Oktober und November wird noch bunter und detailreicher. Mit "Verklingende Farben" haben die Autoren Fabienne Siegmund, Stephanie Kempin, Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser ihren zweiten Gemeinschaftsroman vorgelegt. Die Fortsetzung der Herbstlande-Wanderung ist erneut ein magischer und berührender Ausflug in die vermutlich schönste und spannendste Jahreszeit.
Die Geschichte ist ähnlich, aber auch komplett anders als die des ersten Herbstlande-Romans. Wieder geht es um eine Frau, die aus der "wirklichen" Welt in die Herbstlande verschlagen wird, und wieder geht es darum, deren Herrscherin zu zu suchen. Es ist auch ein Roman darüber, wie man aus der phantastischen Welt nach Hause findet, das alte Thema von Odysseus und Bastian Balthasar Bux gewissermaßen. Wie im ersten Buch ist es auch diesmal eine Heldin, die im wirklichen Leben nicht so ganz glücklich ist, aber eigentlich gar nicht wahrnimmt, dass sie nie sie selbst gewesen ist, sondern immer nur anderer Leute Wünsche erfüllen wollte.
Ally Merlin, die Heldin des Buches, geht darin auf, die Kinder ihrer Schwester zu betreuen und für ihre Familie dazusein. Sie ist eine aufopferungsvolle, hilfsbereite und tatkräftige Frau, wenn es darum geht, sich nützlich zu machen. Das ist kein schlechter Charakterzug. Problematisch wird es jedoch, wenn ein Mensch sein gesamtes Selbstwertgefühl daraus ableitet, für andere eine unverzichtbare Stütze zu sein.
Landung in einer fremden Welt
Als Ally im Stadtpark-Teich ein ertrinkendes Mädchen sieht, zögert sie nicht: Sie stürzt sich in die Fluten, um das Kind zu retten. Doch als beide wieder auftauchen, ist alles anders. Ally und die kleine Maisie sind in den Herbstlanden gestrandet. Ally hat fortan nur ein Ziel: Sich und das kleine Mädchen zurück nach Hause zu bringen. Nur ist Maisie ein Waisenkind und war in der wirklichen Welt nie zu Hause. Während Ally die Verantwortung für Maisie übernimmt und ihre gesamte Energie darauf verwendet, das Kind zurückzubringen, hat Maisie bald nur noch ein Ziel: In den Herbstlanden zu bleiben und hier eine Heimat zu finden.
Wie Scarlet, die Heldin des ersten Bandes, müssen auch Ally und Maisie die Herbstlande durchwandern, um deren Herrscherin, die Kürbiskönigin, zu finden. Denn nur diese kann sie zurück in die reale Welt bringen. Doch diesmal wandern die Heldinnen durch eine "verkehrte" Welt. War es für Scarlet und alle Bewohner der Herbstlande noch unmöglich, die Monate in "umgekehrter" Reihenfolge zu bereisen, so ist die Reise zurück nun gerade das Prinzip von Allys und Maisies Queste: Sie sind im November angelangt, arbeiten sich dann zum Oktober vor und gelangen schließlich in den September. Hierbei helfen ihnen eine anscheinend kaputte, weil rückwärts laufende, Taschenuhr und ein Bissen vom Wunschkürbis.
Zwischen Drachen und Elfen
Auf ihrem Weg begegnen sie bekannten zauberhaften Wesen wie dem Laubdrachen, besuchen Orte wie Halloween oder Bumble, die Stadt der Hummelkönigin, und geraten beinahe in Doloras See der ewigen Verzweiflung. Sie treffen auf Holmili, kleine Elfen mit empfindlichen, schnell zerspringenden Flügeln, auf Zwerge, Trolle, Wichte. Eine neue und sehr interessante Figur ist Eligius Halo, der Uhrmacher, der sie auf ihrer Reise begleitet.
Aber bei allem Zauber: Die Herbstlande sind eine sterbende Welt. Schon Scarlet, die vom September über den Oktober in den November wanderte, sah die Farben und das Leben schwinden. Doch diesmal, obwohl die Reise in umgekehrter Reihenfolge verläuft, wird das Sterben noch bedrohlicher, weil unerwarteter. Irgend etwas bedroht diese Welt und raubt ihr die Farben. Und nur Ally und Maisie können es aufhalten.
Erneut ist dem Autorenteam ein zauberhafter und besonderer Roman gelungen. Vor allem in der Charakterzeichnung Allys und der Auseinandersetzung mit ihrem fremdbestimmten Selbstbewusstsein haben die Verfasser einiges geleistet, und die Gegensätze zwischen Ally und Maisie sind sehr lebendig und überzeugend dargestellt. Obwohl der Roman in drei Einzelteile mit jeweils einem Verfasser oder einem Verfasser-Duo gegliedert ist, fallen doch keine Stilbrüche oder Widersprüche ins Auge. Ein sehr gut auf einander eingestimmtes Quartett, kongenial ergänzt durch die Illustratorin Veronika Schnattinger, die das Buch auch optisch in eine kleine Kostbarkeit verwandelte. Ein sehr schönes Buch - inhaltlich und gestalterisch.
Fazit: Auch dieser Ausflug in die Herbstlande ist etwas Besonderes. Fortsetzungen guter Titel sind ja meist enttäuschend, aber hier hat auch der zweite Teil Magie. Chapeau.
Fabienne Siegmund, Stephanie Kempin, Vanessa Kaiser, Thomas Lohwasser: Herbstlande - Verklingende Farben. Meitingen/Erlingen: Verlag Torsten Low, 2019. 429 S., Euro 14,90.
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© Petra Hartmann