BuCon 2023: Mit dem Donnervogel nach Dreieich
Unterwegs BuCon Buchmesse-Convent
Über 1000 Besucher auf dem BuCon - was für eine Menge! Schon am frühen Morgen beim Aufbau ging das Orga-Team davon aus, dass der bisherige Rekord aus dem Vorjahr wohl eingestellt würde, erwartet wurden mehr als 900 Besucher. Darf man vom "größten BuCon aller Zeiten" reden? Naja, alle Zeiten sind ja noch nicht vorbei, aber es wird schwer sein, dieses Mega-Event zu toppen.
Für mich begann der BuCon-Tag eine halbe Stunde nach Mitternacht mit einer kleinen Katastrophe. Es knackte einmal unter mit, dann ein zweites Mal, dann brach mit einem furchtbaren Rumms unter mir der Rahmen meiner Bettfederung aus der Auflage, alles hing schief, und die Autorin, die bewusst mal vor Mitternacht schlafen gegangen war, war plötzlich hellwach. Hilflose Reparaturversuche nutzten nichts, das perfide Teil rutschte immer wieder ab. Schließlich kam ich auf die Idee, die uralte Fußbank meiner Großmutter unter die ständig wegbrechende Auflage zu schieben, was angesichts des niedrigen Betts und der engstehenden Holzlatten ein ziemlich herausforderndes Geschicklichkeitsspiel war. Insgesamt habe ich mich wohl eine Dreiviertelstunde mit Heimwerkerarbeiten befasst. Danach war das Bett wieder halbwegs nutzbar, wenn auch etwas schief, nur ich war hellwach. Ich muss aber gegen 4 Uhr doch noch eingeschlafen sein, denn als der Wecker klingelte, riss er mich aus einem ziemlich tiefen Schlaf ...
Wie im Flug nach Dreieich
Dieses Mal fuhr ich nicht allein. Katharina Gerlach und ich sind quasi Nachbarn, sie aus Königsdahlum, ich aus Sillium, da haben wir eine Fahrgemeinschaft gebildet. Start: 5.45 Uhr in Königsdahlum, Ankunft rund dreienhalb Stunden später in Dreieich, dazwischen eine angeregte Unterhaltung, sodass die Zeit wie im Fluge verging.
Donnervogel und Falkenblut
Ich hatte den Stand mit der Nummer 45. Türkisgrüne Decke, haufenweise Bücher darauf, ihr kennt das. Prominent platziert habe ich natürlich meine Neuerscheinung "Das Herz des Donnervogels", meinen Indianerroman, der im April herausgekommen ist. Und natürlich hatte ich auch meine Walküren-Roman "Falkenblut" mit, der im vergangenen Jahr erstmals mit zum BuCon durfte.
Mit Paula Schwanitz hatte ich eine sehr nette Tischnachbarin gefunden, die zwei liebenswerte Bilderbücher über Meerschweinchen und ihre Abenteuer vorstellte.
Eine geerbte Spontanlesung
Noch vor dem Hereinströmen der Besucher gab es eine positive Überraschung für mich: "Möchtest du lesen?", fragte Kurt Zelt. Ja, klar. Ich hatte bei der Anmeldung zwar eine Absage für einen Lese-Slot bekommen, aber auch des Hinweis, dass ich spontan lesen könnte, falls jemand ausfiele. Eine Autorin, Susanne Leuders, war kurzfristig erkrankt. So "erbte" ich ihre halbe Stunde, ab 17 Uhr auf der Kegelbahn. Ich besorgte mit vom Con-Team ein weißes DIN-A-4-Blatt und malte mit Kugelschreiber in schiefen Buchstaben einen Lesungshinweis darauf - mit einer ungelenken Skizze einer Kugel, die ein paar Kegel auseinanderfliegen lässt.
95 Stände und 128 Programmpunkte
Der BuCon war riesig, jedenfalls ist der Blick auf die Zahlen eindrucksvoll: 95 Stände, 10 parallele Programmschienen, 128 Programmpunkte und über 1000 Besucher. Was man aber unbedingt festhalten muss: Das von mir befürchtete Gedränge in den Gängen blieb aus. Die Tische waren weit genug auseinander gezogen, und dadurch, dass auch die Bühne und Teile des sonst für Esstische genutzten hinteren Bereichs jetzt für Standplätze verwandt wurde, blieb alles sehr entkrampft und fluffig. Auch waren wohl viele der Besucher dann in den jeweiligen Lesungen, und so verteilte sich alles recht gut.
Ich muss mal ganz doll
Ausnahme war lediglich eine furchtbare, undurchdringliche Menschentraube auf der Treppe, als ich mal ganz dringend auf die Toilette musste. Alle 1000 Messebesucher wollten dort offenbar gemeinsam ein Gruppenfoto machen. Es könnten die PAN-Autoren gewesen sein. Puh, das war knapp, Leute, ich bin nach dem Fotoshooting wirklich auf den allerletzten Drücker unten angekommen. ;-)
Herbstlande, Teufelsgarn und teure Cola
Leider ist man als Standbetreiber ja sehr angebunden. So konnte ich das umfangreiche Lesungsprogramm gar nicht würdigen. Aber ab und zu stahl ich mich dann doch mal weg zu ein paar Einkaufstouren. Torsten Low und das Herbstlande-Team hatten ja die Bösartigkeit besessen, gleich vier neue Herbstlande-Novellen anzubieten. Seufz. Ich kann mich ohnehin schwer entscheiden. Also habe ich gleich alle vier mitgenommen: "Wenn Menschen Märchen sind" von Bernhard Stäber, "Hinter den fallenden Blättern" von Fabienne Siegmund, "Der Pfad des Kolibris" von Stefanie Bender und "Fieberträume" von Stephanie Kempen. Bernhard hat mir sein Buch signiert. Als ich kurz darauf Fabienne traf, habe ich leider nicht daran gedacht, sie auch um ein Autogramm zu bitten.
Beim Leseratten-Verlag erstand ich die Anthologie "Teufelsgarn". Und Tanja Hamacher war so lieb, mir einen Iso-Drink aus den Verlagsvorräten zu spendieren. Der BuCon-Caterer verlangte doch glatt 5 Euro für einen halben Liter Cola (zum Vergleich: Auf der Rückfahrt bekam ich 0,5 Liter Cola an der Autobahn-Tankstelle für 4,99 Euro).
Schließlich holte ich mir von Alexandra Bauer die beiden ersten Bände der Midgard-Saga: "Niflheim" und "Jötunheim". Das hatte ich schon seit Jahren vor.
Doch keine Kegelbahn als Startbahn
Ich habe gefühlt 1000 Leuten gesagt, dass ich um 17 Uhr auf der Kegelbahn lese. Allerdings gab es dann um 16.30 Uhr doch noch eine Änderung: Die geplante Diskussionsveranstaltung darüber, wie man das Con-Programm etwas diverser gestalten könnte, fand so viele Interessenten, dass die Organisatoren einen Raumtausch beschlossen. Ich korrigierte also mein Hinweisschild. Mein neuer Lesungsort war der Raum C1. Viele potentielle Zuhörer guckten zur Tür rein, sahen mich, schauten verwirrt aus der Wäsche und wurden dann von Helfern aus dem Con-Team umgeleitet. Aber ein paar Leute haben sich dann doch noch zu mir verirrt.
Ich las das zweite Kapitel von "Das Herz des Donnervogels", und, ohne mich selbst allzu sehr loben zu wollen, es war die bisher beste Lesung aus dem Buch, die ich bisher hatte. Es war je dieses Jahr auch erst die fünfte, bei mir war also noch keine Routine eingekehrt, aber diesmal hatte ich das Gefühl, dass ich stimmlich und betonungstechnisch wirklich angekommen bin.
Die Luftfahrtgeschichte Darmstadts
Witzig war, dass einer der Zuhörer Pilot war, und so haben wir hinterher noch ein wenig über Luftfahrtgeschichte und Flugpioniere gefachsimpelt. Ich wusste zum Beispiel bisher gar nichts über die Darmstädter Flugtradition. Ein anderer fragte nach, ob ich den Jungen Adler in meinem Roman als einen "edlen Wilden" beschrieben habe. Hm, nein, eigentlich ist er weder edel noch wild. Die Einwohner von Kitty Hawk halten ihn bloß für einen "Wilden", während der aus sehr einfachen Verhältnissen stammende Ich-Erzähler Fred O'Connor ihn durchaus als "edel" betrachtet. Im Prinzip ist Wanbeli-teca aber einfach nur ein junger Mann, der vom Zauber der Naturwissenschaften besessen ist. "A man with a song", wie mein ehemaliger Englisch-Lehrer einen solchen Menschen einmal benannt hat. Er hat sicher eine gute Ausbildung bekommen, sowohl von seinen indianischen Lehrern als auch durch durch seine naturwissenschaftlichen Lehrer, aber man kann ihm auch eine gewisse Naivität nicht absprechen, etwa im Umgang mit Gold oder in Gesprächen mit Frauen ...
Der Rest: Gespräche, ein Buchtausch, Pommes, Cola, Con-Atmosphäre. Und ganz viele Leute, die ich erst beim Rausgehen oder am nächsten Morgen auf den Con-Fotos zum ersten Mal sah. Wir holen alles nächstes Jahr nach, ja?
Wie man ein Reh aufbricht
Die Rückfahrt war kurzweilig und entspannt. Katharina und ich spürten einer Geister-Tankstelle nach, die zwar ausgeschildert, aber nicht vorhanden war, und fuhren auf dem Raststätten-Gelände ein paarmal im Kreis. Außerdem erklärte sie mir haargenau, wie man ein totes Reh schnell und effektiv aufbricht und ausweidet. Einen Haken in den Unterkiefer treiben, aufhängen, einen Schnitt über die Ohren und dann das Fell runterziehen, raus mit den Eingeweiden, dauert fünf Minuten, wieder was gelernt. Außerdem konnte ich bei ihr noch die Autobiografie eines ihrer Schreibschüler abstauben. So kamen wir wohlbehalten nach Königsdahlum. Umpacken, und dann ab nach Sillium. Meine Uhr zeigte 1.49 Uhr als ich zu Hause ankam. Einen Rehbock habe ich unterwegs nicht erlegt. Ich hätte es auch gar nicht geschafft, ihn auszuweiden. Aber ich schlief tief und fest auf meiner Fußbank-Notschlafkonstruktion.
© Text: Petra Hartmann
© Fotos: Joerg Ritter