Marburg-Con 2024
Unterwegs Marburg-Con
Einmal im Jahr zieht es mich nach Niederweimar. Der Marburg-Con ist einer der schönsten Cons im Bereich Phantastik, und auch in diesem Jahr war es wieder ein Treffen, das einfach gute Laune machte. Nette Leute, gute Gespräche, Verpflegung zu zivilen Preisen, was braucht man mehr ...?
Trotzdem zog ich wohl ein ziemlich grimmiges Gesicht, als mir um 4.30 Uhr mein Unsympath von Wecker die Nacht zerriss. Ich stellte ihn erstmal grummelnd auf eine halbe Stunde später. Aber dann fügte ich mich in mein Schicksal.
Die Straße war erstaunlich frei, ich kam ohne Staus, Baustellen und Verkehrsunfälle durch. Begleitet hat mich das Hörspiel "Heim der Phantome" aus der Reihe "Sherlock Holmes und Co." der Romantruhe, das ich auf der Leipziger Buchmesse geschenkt bekommen hatte. Im Halbdunkel der morgendlichen Autobahn nicht ganz ungruselig.
Im Niederweimarer Bürgerhaus war schon viel los, als ich ankam. Ich hatte einen Platz neben Lara Lorenz erhalten, deren Büchertisch ein echter Hingucker war. Drache Fridolin und die glitzernden Zaubertränke machten den Vorbeikommenden sofort klar: Hier geht es um phantastische Geschichten. Ich selbst bin ja eher Purist und klatschte eben Buch an Buch, Hauptsache alles passt drauf.
Meine erste Cola am Tresen der bezaubernden Thekenschlampe Dirk van den Boom brachte mir ein paar Frotzeleien wegen meines immer noch nicht erschienen Science-Fiction-Romans ein. Pah, irgendwann schreibe ich wirklich mal so ein Teil. Den Titel habe ich ja schon: "Der Weltraumplanet". Und nächstes Jahr gibt es ein Buch von mir, in dem ganz viele außerirdische Kreaturen vorkommen. Wartet's nur ab.
Thomas "Vati" Vaterrodt eröffnete den Con um 10 Uhr. Und er hatte zwei Jubiläen zu verkünden. Der Leseratten-Verlag und der Verlag Shadodex feieren in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag.
Ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an Anke und Wolfgang Brandt. Wenn die beiden nicht aufgepasst hätten, hätte ich dieses Jahr tatsächlich die Frist für die Bewerbung um einen Büchertisch verschwitzt. Umso trauriger, dass Wolfgang nun den Rückzug aus dem Orga-Team verkündete. Aber der Ruhestand sei ihm gegönnt. Genauso wie Anke der neue, längst verdiente Titel gegönnt sei: Grande Dame der Phantastik. Das ist doch etwas.
Auch Jörg Kaegelmann vom Blitz-Verlag hatte erklärt, dass er nun das Dasein als Ruheständler anstrebt. Den Verlag werden Danny und Markus Winter von Full Cast Audio übernehmen. Jörg sagt, dass die beiden vor allem im Bereich digitale Vermarktung viel verstehen und den Verlag optimieren wollen. Klingt spannend.
Spannend war auch meine Begegnung mit Wolverine: Jan Ludwig Schick ist als Wolverine-Double auf dem Con unterwegs gewesen und war so lieb, mal für mich mit dem "Donnervogel" zu posieren. Das Besondere: Er ist schon der zweite Wolverine, der meinen Indianer-Roman in den Krallen hatte. Denn Martin Hildebrandt, der Goslarer X-Man, der auch unter dem Namen Lucky Logan bekannt ist, ist zugleich als Rezensent tätig und hat mein Buch auf Lovelybooks besprochen. Scheinbar sind krallenbewehrte Marvel-Helden besonders bibliophil.
Da ich für diesen Con keine Neuerscheinung zu bieten hatte - "Das Herz des Donnervogels" hatte ich ja bereits im vergangenen Jahr vorgestellt - hatte ich mich auch nicht um eine Lesung beworben. Immerhin konnte ich eine Zweitauflage verkünden, die derzeit in der Druckerei ist. Auf dem Con waren also nur noch ein paar Restexemplare der Erstauflage zu haben.
Ich hatte, da ich nicht las, jedenfalls viel Zeit zum Quatschen und für ausgedehnte Shoppingtouren.
Mit Sherlock-Holmes-Autor Michael Buttler tauschte ich mich über die Neuigkeiten zum Blitz-Verlag aus. Tanja Kummer vom Leseratten-Verlag versorgte mich mit Knoppers-Kugeln und spendierte mir ein Exemplar von "Der Fluch des Ritters Anastasius". Und ich holte mir natürlich die Jubiläums-Antho zum Zehnjährigen, die ich schon auf der Leipziger Buchmesse geordert hatte. Ich sage nur: farbiger Cookie-Beschnitt ...
Beim bissigen Verleger Torsten Low erstand ich "Die Welten der Herbstlande", auch diese stehen schon seit Leipzig auf meiner Einkaufsliste.
Ein besonderes Schmuckstück für meine Sammlung ist "E/Meth" von Felix Woitkowski, das in der Edition Dunkelgestirn erschien. Ich habe Nummer 16 der auf 100 Exemplare limitierten Edition erhalten. Dass Eric Hantsch wunderschöne Bücher macht, ist wohl allgemein bekannt. Wäre toll, da einmal ein Buch herauszubringen. Vielleicht nächstes Jahr.
Zwei weitere Anthologien, die ich unbedingt haben musste, sind die "Wundersamen Haustiere", die ich von Nadine Muriel und Rainer Wüst erhielt, und der Band mit den Beiträgen zum Marburg-Award, der diesmal unter dem Motto "Ein (zweites) phantastisches Fest" stand. Im Vorjahr ging es um real existierende Feste, diesmal drehte sich alles um ausgedachte Feste. Ich bin gespannt. Die Laudatio auf die Siegergeschichte bei der Preisverleihung klang supervielversprechend.
Als Markus K. Korb mit einem Bücherkarton an mir vorbeikam, erleichterte ich ihn gleich um die "Finstere Stadt - Sourcecode".
Aber das teuerste Mitbringsel von allen ist ein Buch, das ich gar nicht selbst lesen werde: Ich bin auf ein Buch vom Verlag Zauberfeder mit dem Titel "Krasse Zöpfe - von Wikings bis Game of Thrones" zugelaufen. Darin werden 45 Zöpfe, Knoten und Twists für Scifi- und Fantasyverrückte erklärt. Meine Coronafrisur ist zwar inzwischen wieder auf das übliche Maß zurechtgestutzt worden, aber das Buch ist genau das richtige Mitbringsel für meine Nichte mit ihren endlos langen Haaren, die ihr ganzer Stolz sind. Ich bin halt eine liebe Tante.
Das Chili war gut, der Kuchen auch, und die Pizza zum gemütlichen Ausklang nach dem offiziellen Teil ist inzwischen auch eine schöne Tradition geworden, die ich nicht mehr missen möchte.
Abends wurde zunächst der Vincent-Preis verliehen. Die Gewinner sind:
Bester Roman national: Vincent Voss - Der Fliegenmann (Torsten Low)
Bestes Internationales Literaturwerk: Frank Festa und Hardy Kettlitz (Hrsg.) - 100 Jahre Weird Tales (Festa)
Beste Kurzgeschichte: Jörg Fuchs Alameda - Das Rufen des Ozeans (Neue Geschichten aus den Herbstlanden)
Beste Anthologie/Magazin: Andreas Dörr (Hrsg.) - 13 Urbane Legenden (Shadodex)
Beste Storysammlung: Thomas Karg - Das Böse (Selbstverlag)
Beste Horror-Grafik: Timo Kümmel - Der Fliegenmann (Verlag Torsten Low)
Bester Heftroman: Gespenster-Krimi Band 122 - Leichenfresser in London von Chris Steinberger Sonderpreis: Bettina Ickelsheimer-Förster für die Förderung der Phantastik als Verlegerin und Herausgeberin des SHADODEX Verlag der Schatten
Außerdem wurde der Rein A. Zondergeld-Preis für sekundär- und tertiärliterarische Beiträge zur Phantastik verliehen. Ausgezeichnet wurde Robert N. Bloch (Hrsg.) - Eine Bildergalerie vergessener Phantasten (Sub Rosa).
Beim Marburg-Award landeten auf dem Siegertreppchen:
1. Platz: „Kanzei“ von Mala Jay Suess
2. Platz: „Reiche Ernte“ von Silke Katharina Weiler
3. Platz: „Der Tag der Unsterblichkeit“ von Lennox Lethe
Ich freue mich auf die Lektüre.
Die Rückfahrt dauerte diesmal ziemlich lange. Mein Navi behauptete steif und fest, ich solle in einem der vielen Kreisel die erste Ausfahrt nehmen, und lotste mich immer wieder in eine Art Industriegebiet, in dem es irgend ein Konzert zu geben schien. Daraufhin spielte das Gerät mit mir Pingpong und ließ mich immer wieder zwischen zwei Kreiseln hin und her pendeln. Irgendwann schaltete ich den Kasten aus und hielt mich an die Wegweiser, und das rettete mich.
Die nächtliche Irrfahrt war jedenfalls von leichten Gruselgefühlen begleitet, denn Anke Brandt hatte mir noch ein Krimihörspiel der Romantruhe gestiftet: "Der Wiedergänger" aus der Serie "Sherlock Holmes & Co." Keine gute Idee, das nach Mitternacht auf finsteren hessischen Straßen allein im Auto zu hören. Aber eine gute CD.
Ich kam schließlich um 1.34 Uhr wieder in Sillium an, schleppte meine Bücherschätze ins Haus und fiel dann in tiefen, traumlosen Schlaf.
© Text: Petra Hartmann
© Fotos: Anke Brandt, Joerg Ritter, Petra Hartmann