Autorentreffen in Nürnberg - Himmelfahrt 2024
Unterwegs Nürnberg Autorentreffen
Das Nürnberger Autorentreffen am Himmelfahrtstag hat eine lange Tradition, und ich habe seit Gründung des Treffens durch Ursula Schmid-Spreer nur wenige der Veranstaltungen versäumt. Wegen Corona hatte das Treffen einige Zeit pausiert, und im vergangenen Jahr hatte Ursula den Stab an Michael Kress weitergereicht. Letztes Jahr hatte ich es nicht geschafft nach Nürnberg zu pilgern, aber dieses Mal war ich wieder dabei, und Michael und seine Helfer hatten tatsächlich ein sehr spannendes und lehrreiches Programm zusammengestellt, das ich sehr genossen habe. Herzlichen Dank dafür.
Tschüs, Bahn - hallo, Autobahn ...
Eine Premiere gab es für mich in Bezug auf die Anfahrt. Erstmals fuhr ich nicht mit der Bahn zum Treffen, sondern mit dem Auto. Schade. Aber ich bin nun einmal etwas empfindlich, was meine Handynummer und meine persönlichen Daten angeht. Mit Supersparpreis, aber unter Preisgabe meiner Daten hätte ich für 109 Euro von Hannover nach Nürnberg fahren können. Wer anonym reisen will, muss für die Bahnfahrkarte 259 Euro zahlen. Ohne mich. So kam ich mit einer Tankfüllung - Kostenpunkt: 80 Euro - von Sillium aus hin und zurück, sparte mir sogar noch die Fahrt nach Hannover und die Parkhaus-Kosten für 24 Stunden, hatte unterwegs viel Freude an dem neuen Hörbuch "Winnetous Erben" und musste nicht mal Angst vor Verspätungen habe. 25 Jahre war ich mit meiner Bahncard sehr glücklich. Jetzt geht es eben nicht mehr.
Beinahe ein Bombenalarm
Rund 20 Kilometer vor Nürnberg genehmigte ich mir dann noch ein ausgiebiges Nickerchen. In der Stadt selbst kam ich dann rechtzeitig für ein ausgiebiges Frühstück an. Leider war im Bahnofsbereich nur Ditsch und LeCrobaq zu finden, ich hätte gern ein "richtiges" Frühstück gehabt, Aufschnitt, Käse, etwas Lachs, Rührei, aber was solls? Dass ich, nachdem ich meine Reisetasche an einem der Tische platziert und mich in der Schlange angestellt hatte, beinahe für einen Polizeialarm gesorgt hätte, vermerke ich mal unter Frankenhysterie. Jedenfalls hatte ich kaum 30 Sekunden in der Schlange gestanden, als schon ein Mann Panik schob und nach dem Besitzer der Tasche fragte. Der Typ hat mich danach auch eine komplette Baguettelänge lang zugetextet. Warum bin ich so höflich?
Egal, ich aß auf und schlenderte gemütlich die Königsstraße bis zum ICF-Haus entlang. Um 9.30 Uhr ging es los, ich war schon etwas früher da und traf schon ein paar bekannte Gesichter. Auf dem Büchertisch platzierte ich meinen Indianerroman "Das Herz des Donnervogels" und nahm mir eine sehr schön gestaltete Leseprobe von "Nicht für alle Zeit", Michael Kress' Buch über die 1848er Revolution mit. Sieht vielversprechend aus.
Kompaktes Programm
Eingeladen waren, wie gewohnt, drei Dozenten: Jana Beck sprach über „Spannung im Roman“, Titus Müller hatte sich das Thema „Motivation, Ausdauer, Begeisterung - Wie man trotz Selbstzweifeln kreativ bleibt" ausgesucht, und Gunnar Cynybulk berichtete unter dem Titel „Von der Idee zum fertigen Buch“ über seine Arbeit als Lektor und die Betreuung seiner Autoren.
Das Programm war gegenüber den Vorgängertreffen etwas abgespeckt, reduziert auf das Wesentliche. Die Lesungen der Dozenten und auch die Lesungen der Teilnehmer entfielen diesmal. Es gab am Tag darauf noch ein Seminar mit Gunnar Cynybulk zur Textarbeit, aber daran nahm ich nicht teil, aber das hätte ich nicht geschafft. Insgesamt waren wir am Donnerstag rund 50 Leute. Also, wie gesagt: konzentriert und kompakt.
Wenn der alte Hut besser ist als der neue
Jana Beck hatte für ihr Thema einen sehr interessanten Ansatz gewählt: Sie stellte zwar auch klassische Zitate zum Thema "Spannung erzeugen" vor - etwa die bekannte These von Hitchcock über die Bombe unter dem Tisch - aber das besondere an ihrem Vortrag war, dass sie sich an Filmklassikern orientierte und Original und Remake gegenüberstellte. Was hat der Klassiker besser gemacht als die Nachdreher? Und wo und warum ist der neue Film wesentlich besser und spannender? Ich wusste gar nicht, dass es eine Neuausgabe von "Sabrina" gibt. Aber so, wie Jana Beck das umständliche Ende schildert, lockt es mich auch nicht, mir das Ding anzuschauen. Lieber einfach die junge Frau bitten, mal die Hutkrempe zu richten. Damit ist alles gesagt. Perfekt.
Zitatenfüllhorn gegen den Selbstzweifel
Titus Müller öffnete erneut sein schier unerschöpfliches Schatzkästlein voller Zitate über das Schreiben. Wer vor seinem Roman sitzt und von Selbstzweifeln und Komplexen gelähmt wird, kann sich damit trösten, dass es den ganz Großen genau so gegangen ist. Schriftsteller, deren Namen Deutschlehrer zum Niederknien und Anbeten bewegen, scheinen selbst bei ihren größten Meisterwerken die gleiche Unsicherheit und Versagensangst zu spüren, wie der Anfänger, der seinen Erstling zu Papier bringt. Oder vielleicht sogar noch mehr. Titus vertrat sogar die These, dass die verbreitete Einteilung der Autoren in "Bauchschreiber" und "Plotter" nur dazu da ist, den Schreibenden das Gefühl der Minderwertigkeit zu geben. Da schaut der Bauchschreiber mit einem gewissen Neid auf den Planer und denkt sich, dass der doch der professionellere, "richtige" Schriftsteller sei, während der Plotter als simpler Handwerker den inspirierten, von der Muse geküssten Kollegen als den wahren Dichter bewundert. Die Botschaft ist alt, muss aber immer mal wieder gehört werden: Lass dich nicht verunsichern und demotivieren. Schreib und mach dein Ding, wie auch immer. Jedenfalls wurde Titus seiner Rolle als Spender der jährlichen Dosis Motivation wieder vollkommen gerecht.
Absurd und doch zielführend: Dialoge über die Entstehung eines Manuskripts
Lektor Gunnar Cynybulk erzählte sehr humorvoll, doch ohne Namensnennung, wie sich das Buchprojekt eines von ihm betreuten Autors von der ersten Idee bis zum fertigen Manuskript entwickelte und veränderte. In langen Spaziergängen diskutieren die beiden über das Thema, der Autor hat eine Wahnsinnsidee, doch was am Ende dabei herauskommt, sieht dem allerersten Plan überhaupt nicht mehr ähnlich ...
Der Text, den Gunnar Cynybulk vortrug, war irrsinnig komisch, gerade weil er so trocken und ernsthaft vorgelesen wurde. Das Ganze hatte etwas Absurdes, Surreales, aber es wird wohl so oder so ähnlich gewesen sein. Ich selbst habe eine solche intensive Zusammenarbeit am Manuskript, inklusive gemeinsamer Themenentwicklung, nur einmal erlebt, und zwar bei PersonalNovel, als ich "Die Schlagzeile" schrieb. Das war schon beeindruckend. Allerdings bin ich nicht unbedingt der Typ, der gern über ein Manuskript redet, wenn es noch nicht fertig ist. Naja, jeder Autor ist eben anders.
Jeder sollte einmal im Leben ...
Die Mittagspause im "O Shea's" war gewohnt lecker. Ich nahm mir den Rat zu Herzen, den Ursula auch immer auf die Auswahl-Liste der der Gerichte geschrieben hatte: "Jeder sollte mindestens einmal im Leben Irish Stew essen." Und ich muss sagen: Einmal reicht wirklich nicht. Ich will das unbedingt nochmal essen.
Zum Abendessen gab es diverse Pizzen, alle sehr lecker. Aber das dickste Lob verdient doch die Kuchenauswahl, die den ganzen Tag über zur Verfügung stand. Es ist doch toll, wenn man jemanden kennt, der backen kann.
Gottseidank ein Brückentag
Die Rückfahrt verlief entspannt und relativ ereignislos. Es gab keine Staus, und ich hörte mein Karl-May-Hörbuch weiter. Frühmorgens um 1.34 Uhr traf ich zu Hause in Sillium ein, dankte im Stillen den Kollegen dafür, dass sie die Arbeit am Brückentag übernommen hatten, und versank in einen tiefen, langen Schlaf.
Weitere Berichte vom Nürnberger Autorentreffen:
Nürnberger Autorentreffen 2010
Nürnberger Autorentreffen 2011
Nürnberger Autorentreffen 2012
Nürnberger Autorentreffen 2015
Nürnberger Autorentreffen 2016
Nürnberger Autorentreffen 2017
Nürnberger Autorentreffen 2019
© Petra Hartmann