Axel Kruse: Migiersdottir
Bücher - SF Axel Kruse Wurdack-Verlag
"Migiersdottir" von Axel Kruse ist ein Science-Fiction-Roman, der auf einem von Terra kolonisierten Planeten spielt und vom Ende der terranischen Herrschaft durch einen Putsch erzählt. Eine Besonderheit auf dem Planeten Migiersdottir: Die männlichen Bewohner sind fast alle unfruchtbar, weshalb ihre Frauen so ziemlich alles tun würden, um sich von den neuen terranischen Soldaten schwängern zu lassen ...
Wer Axel Kruses "Migiersdottir" kauft, der erhält dreierlei: eine recht ordentlich erzählte SF-Geschichte, ein handwerklich solide hergestelltes Hardcover-Schmuckstück mit von Ernst Wurdack gestaltetem Titelbild und schließlich eine ganze Menge Informationen über das Stilmittel der "Tuckerisierung", wobei das letztere wohl dasjenige Element ist, das dem Leser am nachhaltigsten im Gedächtnis bleiben wird.
Wenn ein Autor seine Freunde "tuckerisiert"
Tuckerisierung, das ist, wenn einer seine Freunde (oder auch Gegner) in seine Romane einbaut. Benannt nach dem SF-Autor Wilson Tucker, der dies exzessiv betrieben hat. Und auch Axel Kruse hat einige in der Szene bekannte Autorenkollegen auf diese Weise mit "verwurstet". Drei Betroffene, nämlich Dirk van den Boom, Holger M. Pohl und Michael Gierse, schrieben jeweils ein Vorwort darüber zu diesem Buch, und der Autor selbst, der auch schon einmal tuckerisiert worden war, geht in seinem Nachwort ebenfalls noch einmal darauf ein. Das ist ein netter Spaß unter Freunden. Für Außenstehende, die insgesamt viermal lesen müssen, dass in diesem Buch - höhö - tuckerisiert wurde - du verstehst schon - zwinkergrins - tuckerisiert? - ist es allerdings deutlich to much. Ich habe es schon beim ersten Vorwort kapiert. Das erinnert ein wenig an einen Comedian, der im Vorfeld seine Pointe dreimal erklärt, dann den Witz erzählt und schließlich sicherheitshalber noch einmal darauf hinweist, dass er etwas Lustiges gesagt hat. Nun gut, gönnen wir dem Autor und seinen Kollegen ihren Spaß.
Migiersdottir wird kolonisiert, vergessen, erneut besetzt und wieder abgeschnitten
Der Planet Migiersdottir kreist um die Sonne Migier und wurde vor langer Zeit von Terra aus besiedelt, dann aber vergessen. Der Planet blieb Jahrhunderte sich selbst überlassen, wurde nun aber von den Terranern neu entdeckt, die erneut die Herrschaft antreten. Die Nachkommen der Erstbesiedler leben auf dem technischen Stand des Mittelalters. Und sie haben ein großes Problem, das als Migiers Fluch bezeichnet wird: Männer sind gewöhnlich unfruchtbar, bei Frauen tickt die innere Uhr, sie können nur bis zu ihrem 30 Lebensjahr Kinder bekommen. Klar, dass die terranischen Soldaten mit ihren funktionierenden Hoden heißbegehrt sind. Sehr direkt wird bei jedem Neuankömmling sofort abgeklärt, ob er fruchtbar ist, und falls ja, soll er gefälligst seine Pflicht tun.
Elak Surex, der Held dieses Romans (in dessen Namen sich die tuckerisierte Version des Verfassernamens wiedererkennen lässt), kommt mit den terranischen Soldaten auf den Planeten, um als Flieger ausgebildet zu werden. Doch der technische Zustand der terranischen Basis und ihrer Maschinen ist alles andere als kriegstauglich. Als Elak auf einem kurzfristig angesetzten Patrouillenflug abstürzt und sich wieder zurück zu seinen Leuten durchschlagen will, stellt er fest, dass die Versorgung von der Erde aus inzwischen zusammengebrochen ist und dass die Chefin der Basis geputscht hat. Ihre Leute sind alles andere als zimperlich, die Zahl der Erschossenen ist hoch. Elak selbst wird, da er verschwunden war, als Verräter gesucht.
Windiger Geschäftsmann nimmt die terranische Armee aus
Zusammen mit seiner Geliebten Jocelynn bzw. mit der Frau, die er seit einiger Zeit zu schwängern sucht, und deren Mann Luca gerät er in die Machenschaften des windigen Geschäftsmanns Kird di Boo hinein. Di Boo hatte schon früher die terranischen Streitkräfte nach Strich und Faden betrogen und ausgeplündert, nun organisiert er einen Zugüberfall und will eine gut gefüllte Soldkasse erbeuten ...
Das Abenteuer ist reich an Action, es lässt sich leicht und zügig lesen, der Autor versteht sein Handwerk. Insgesamt hat die Geschichte einen extrem hohen Headcount. Kaum eine der Figuren, zu denen der Protagonist in irgend einer Beziehung steht, überlebt diesen Roman. Sehr interessant ist, dass trotz der Frage nach fruchtbar oder unfruchtbar und trotz des kompromisslosen Einforderns von Geschlechtsverkehr, falls sich ein Mann als "ungofer" herausstellt, die Geschichte an keiner Stelle in die Bereiche des Porno-Romans und der Sexorgien abgleitet. Elak bleibt seiner Jocelynn treu, Szenen mit Geschlechtsverkehr werden allenfalls kurz angedeutet, und das war es dann auch schon. So betrachtet könnte man den Roman trotz seines zentralen Themas beinahe als asexuell bezeichnen.
Fazit: Spannend geschriebener, actionreicher Roman, in dem sehr viele Leute umkommen. Leser können einige bekannte Namen aus der SF-Szene darin wiederentdecken. Und wer sie nicht kennt, für den bleibt es immer noch eine lesenswerte Geschichte.
Axel Kruse: Migiersdottir. Nittendorf: Wurdack Verlag, 2021. 185 S., Euro 13,95.
© Petra Hartmann