

Der größte Marburg-Con aller Zeiten ...
Unterwegs MarburgCon Bestiarium
Wow, das war er also: Der größte Marburg-Con aller Zeiten. Jedenfalls der größte bis jetzt. 41 Aussteller konnte der Marburger Verein für Phantastik auf seinem 42. Con begrüßen. Über 200 Besucher sollen es gewesen sein. Und wer sich jetzt fragt, ob wir im Bürgerhaus in Niederweimar wie die Ölsardinen aneinandergepresst worden waren, der weiß nichts von der geheimen Sporthalle im Bürgerhaus. Ehrlich wahr: Ich kam rein und riss verblüfft die Augen auf. Dort, wo sonst die braune hölzerne Wand die Rückseite der Ausstellungshalle bildete, tat sich nun eine weite Sporthalle auf, deren Boden sorgfältig mit Gummimatten abgeklebt war, damit wir ihn mit unseren Straßenschuhen nicht beschädigten. Es war, als sei man jahrelang nach Hogwarts gefahren, ohne zu wissen, dass es dort noch einen riesengroßen Tagungsraum für Dumbledores Armee gab. Wie ich von den Marburgern erfuhr, war die Turnhalle tatsächlich schon immer da, aber bisher war es immer zu aufwendig und zu teuer gewesen, den Boden abzudecken, daher blieb die Trennwand zu. Doch jetzt gibt es eben diese relativ leicht zu handhabenden Gummimatten, und da schlug der Verein zu. Die Ausstellungsfläche hatte sich damit mehr als verdoppelt, obwohl wir nur die Hälfte der Halle nutzten. Also: Da ist noch Luft drin. Allerdings, ob der Marburg-Con noch weiter wachsen sollte und damit auch seine kuschelige, familiäre Atmosphäre verlieren könnte, das müsste halt überlegt werden.
Ich war morgens grausam früh in Sillium aufgebrochen. Mein Wecker klingelte um 5 Uhr. Für die Tour von Sillium nach Marburg hatte ich mir das Hörbuch zum ersten "Dune"-Roman von Frank Herbert, gelesen von Mark Bremer und Uta Dänekamp, mitgenommen. Für die 30 Stunden Laufzeit reichte die Strecke freilich nicht, ich habe also noch Stoff für weitere Fahrten in Reserve.
In Marburg angekommen, gegen 8.30 Uhr, fand ich schnell meinen Tisch 26H in der neuen Zauberhalle und stellte fest, dass ich als Tischnachbarn Eric Hantsch hatte. Hauptgewinn. Er hatte mir ein großes Paket mit meinen Belegexemplaren des "Intergalaktischen Bestiariums" mitgebracht, das auf diesem Con seine Premiere feiert. Eine absolute Punktlandung, wie Eric mir verriet: Die Bücher waren erst am Mittwoch aus der Druckerei gekommen. Ich war im siebten Bücherhimmel. Das Buch ist tatsächlich noch schöner, als ich es mir vorgestellt hatte, und eigentlich wollte ich gar keins meiner Belegexemplare wieder hergeben. Einfach horten und im Safe aufbewahren und immer wieder herausholen und anschaun. Naja, es gibt schon Leute, die sich um mich verdient gemacht haben und denen ich ein Bestiarium zukommen lassen werde.
Wenig später traf Thomas Hofmann, mein Partner bei den bestialischen Erkundungen, ein, der für die Zeichnungen im Buch verantwortlich ist. Dass der Mann tatsächlich alles selbst und von Hand zeichnet und keine KI braucht, stellte er später beim Signieren der Bücher unter Beweis: Er zeichnete live und in Farbe wunderwuselige Pelztierchen vorne ins Buch. Leider hat mein Akku beim ersten Fotoversuch schlapp gemacht, daher gibt es keine Fotos davon.
Mein anderer Tischnachbar war das Duo Nadine Muriel und Rainer Wüst, an deren Tisch unter anderem die legendäre Anthologie "Met-Magie" zu haben war, zu der ich eine Movenna-Geschichte beigesteuert hatte. Wir haben uns gegenseitig bei unseren Lesungen vertreten und auf die Büchertische aufgepasst. Wobei ich mich schon sehr beherrschen musste, um nicht eine schöne Flasche Weihnachts-Met verschwinden zu lassen ...
Hinter dem Tresen diesmal: ein "neues Gesicht". Michael Gierse mit dem T-Shirt-Aufdruck "Aushilfs-Thekenschlampe" vertrat Dirk van den Boom würdig. Obwohl ich Dirks Lästereien über meinen noch immer nicht erschienenen SF-Roman "Der Weltraum-Planet" auch irgendwie vermisst habe. Immerhin, diesmal hatte ich schließlich ein dickes Buch mit Außerirdischen, Raumschiffen und jeder Menge Space-Kreaturen anzubieten.
Ein paar Mitbringsel habe ich auf kurzen Einkaufstouren zu den anderen Büchertischen natürlich auch erworben.
Ein besonderer Schatz ist "Angst im Empire" aus der Edition Dunkelgestirn, ein richtiges Kleinod und ultradick.
Bei Shadodex war der erste Band von "Das Pegasos-Gen" von Eve Gras fällig. Das hatte ich bei Bettina Ickelsheimer-Förster ja schon auf der Leipziger Buchmesse geordert.
"Carl, der Henker von Poel" von Anke Brandt musste natürlich auch mit. Der Vorgängerband "Lucy, die Hexe von Poel" hatte mir damals so gut gefallen.
Bei "Saphir im Stahl" erstand ich "Fledermäuse", eine Sammlung mit Erzählungen von Gustav Meyrink, sowie den SF-Band "Die Galaxis steht offen" von Alfred Ph. König.
Drei Hefte aus der Reihe "BunTes Abenteuer" wurden ebenfalls meins: Rolf Krohn: "Adlerwind über Vicus Herculanius", J. H. Rosny Aine: "Die junge Vampirin" und Stanley G. Weinbaum: "Eine Frage der Sicht".
Pflicht war natürlich der Sammelband "Spuk im Weltraum" des Marburger Vereins für Phantastik. Er enthält die Beiträge zum Marburg-Award, und es sollen ein paar tolle Texte dabei sein.
Beim Verlag Torsten Low erstand ich eine Anthologie mit phantastischen Geschichten aus Griechenland und den Sammelband "Das Schaukelpferd" von Arndt Ellmer.
"Das Galgenmännlein" von Friedrich de la Motte Fouqué in der sehr schönen Ausgabe des JMB-Verlags gehörte ebenfalls zu meiner Beute, dazu Holger Muchs Wechselwesen Weisheiten aus dem Leseratten-Verlag und "Verführerisches Aztekengold" von Rainer Wüst.
Ich hatte schwer an meinen Einkäufen zu tragen, als ich sie am Abend in mein Auto schleppte ...
Unsere Lesung im "Raum Arkham" (Konferenzraum) hat Spaß gemacht. Ich hatte zu Hause anhand meines Textausdrucks geübt, aber jetzt las ich das erste Mal aus dem richtigen Buch vor. Ein erhebendes Gefühl. Ausgesucht hatte ich die Geschichte "Die Parasiten". Eine Hommage an oder Parodie auf Lovecraft und Cthulhu, in der ich den urbösen, unheiligen, blasphemischen, widergöttlichen, monströsen vergessenen Urgott des Planeten Lost Glory wiederauferstehen ließ zu einem bestialischen, furchtbaren, gewalttätigen, unheiligen, schrecklichen Leben. Eric hatte Thomas' Zeichnungen auf Din-A-3-Plakate drucken lassen, und meine beiden "Nummern-Boys" hoben abwechselnd die jeweiligen Bilder zu der Geschichte hoch. Das Publikum hatte eine Menge Fragen, die aber vor allem an Thomas gingen. Und Thomas schlug vor, einen Disclaimer auf dem Buch anzubringen wegen der doch manchmal etwas heftigen Schimpfwörter, mit denen Fahrer Roderic in der Geschichte die anderen Verkehrsteilnehmer bedachte.
Ein Höhepunkt des Cons war sicher die Verleihung des Vincent-Preises für herausragende Veröffentlichungen im Bereich der Horror-Literatur. Ausgezeichnet wurden:
Bester Roman national
1. Platz: Julia A. Jorges - Hochmoor (Blitz Verlag)
2. Platz: Michael Blihall - Die Brücke (Blitz Verlag)
3. Platz: Tobias Bachmann - DrEAmeD -Totgeträumt (Nectu Verlag)
4. Melanie Vogltanz - Backstage- Tote geben keine Zugabe (Verlag Ohneohren)
5. Marie Erikson - Sterbendes Blut (Drachenmond Verlag)
Beste Kurzgeschichte:
1. Platz: Julia A. Jorges - Zwischen zwölf und Mittag (Zwielicht 20)
2. Platz: Thomas Karg - Baphomets Opfer (Seelenfurcht)
3. Platz: Michael Blihall - Warten auf GODO (Gespenster-Krimi 162)
4. Platz: Erik Hauser - Das Mädchen von nebenan (Zwielicht 21)
5. Platz: Vincent Voss - Amducias (Rock Planet)
Beste Anthologie/Magazin
1. Platz: Achim Hildebrand und Michael Schmidt (Hrsg.) - Zwielicht 21 (Zwielicht)
2. Platz: Sabine Brandl und Gisela Weinhändler (Hrsg.) - Dunkle Gestalten: Geschichten aus dem Dorf (muc Verlag)
3. Platz: Tobias Reckermann (Hrsg.) - Hellbound (Nighttrain)
4. Platz: Moe Teratos und Thomas Karg - Seelenfurcht - Geisterhafte Geschichten (Eigenverlag)
5. Platz: Alexander Klymchuk - Schattenseiten (RediromaVerlag)
6. Platz: Thomas Karg - Hardcore - Kranke Storys (Eigenverlag)
Beste Horror-Grafik
1. Platz: Detlef Klewer - Weltenportal Vampire (Weltenportal)
2. Platz: Azrael ap Cwanderay - Das Grauen schleicht durch Wien (Eigenverlag)
3. Platz: Mario Heyer - 40 Jahre Der Hexer (Bastei)
4. Platz: Timo Kümmel - Seelenfurcht (Eigenverlag)
5. Platz: Björn Ian Craig - Zwielicht 20 (Zwielicht)
Bester Heftroman
1. Platz: Alexander Weisheit - Die Formel der Hölle (Gespenster-Krimi 138)
2. Platz: Adrian Doyle - Der Fluch von Saint-Cyriac (Professor Zamorra 1305)
3. Platz: Michael Blihall - Wiener Wahnsinn (Gespenster-Krimi 141)
4. Platz: Ulrich Gilga - Die Vampir-Allianz (Isaac Kane 7)
5. Platz: Veronique Wille - Der Teufel kommt an Halloween (Professor Zamorra 1315)
Beim Marburg-Award hatten insgesamt 41 Autoren ihre Geschichten zum Thema "Spuk im Weltraum" eingereicht.
Auf dem Siegertreppchen landeten:
Platz 1: "Der tote Raumfahrer" von Tobias Lagemann
Platz 2: "Ewig verbunden" von Roswitha Böhm
Platz 3 (punktgleich): "Zum Frühstück sind wir wieder zurück" von Felix M. Hummel sowie "Das Erwachen" von Torsten Scheib
Nach der Verleihung räumten wir die Tische ab, packten unsere Bücher ein und konnten dabei zuschauen, wie die Schutzmatten eingerollt wurden und der Hallenfußboden wieder zum Vorschein kam. Bei einer gemütlichen Pizza ließen wir den Abend langsam ausklingen. Die Klugen und Reichen hatten ja für die Nacht noch ein Zimmer in Marburg gebucht, aber ich machte mich auf den Heimweg nach Sillium. Begleitet von "Dune" und dem unguten Gefühl, vielleicht nicht auf dem richtigen Weg zu sein, war ich noch etwas über drei Stunden unterwegs, von denen ich nach einem offenbar neuen Autobahnschwenk einen Großteil im Nirvana verbrachte. Mein Navi signalisierte mir jedenfalls rund eine Stunde lang, ich sei auf einer nicht digitalisierten Strecke. Aber die blauen Schilder nach Kassel und Hannover konnte ich als analog aufgewachsener Mensch ja zum Glück noch lesen. Gegen Mitternacht kam ich zu Hause an, guckte noch ein wenig im Netz herum um zu lesen, was die anderen schon über den Con geschrieben hatten, dann schlief ich ein, tief, fest und traumlos. Was für ein Samstag.
© Text: Petra Hartmann, Fotos: Joerg Ritter, Petra Hartmann