

Nürnberger Autorentreffen 2025
Unterwegs Nürnberg Autorentreffen
Die einen feiern Vatertag, die anderen fahren zum Autorentreffen nach Nürnberg. Die Himmelfahrtstradition, die nächstes Jahr ihre 20. Auflage erleben wird, habe ich auch dieses Jahr wieder gepflegt und gefeiert. Ein rappelvoller Tag mit Informationen, guten Gesprächen und der Möglichkeit, "sich die jährliche Dosis Motivation abzuholen", wie es eine Teilnehmerin vor zehn oder mehr Jahren einmal formulierte.
Angereist bin ich mit dem Auto, ich hatte mich bereits am Mittwochabend nach Dienstschluss von Goslar aus auf den Weg gemacht. Meine Begleiter waren die zweite und die dritte CD des Hörbuchs "Dune", die mich auch durchaus für eine oder zwei Stunden im Stau entschädigt haben. Die A7 in Bayern ist eine Großbaustelle, etwa so schlimm wie die A7 in Südniedersachsen vor einigen Jahren. Statt dreieinhalb Stunden waren es locker fünf, aber immerhin, mit einem guten Hörbuch lässt sich das aushalten. Schlimm war allerdings, dass in den Abendstunden alle Parkplätze an der Autobahn von Lastern zugeparkt waren, die dort Stoßstange an Stoßstange standen. Im vorigen Jahr waren es nicht so viele, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich habe vier oder fünf Parkplätze angefahren, ohne einen Platz zum Halten, CD-Wechseln und Trinken zu finden. Genächtigt habe ich auf der letzten Raststätte vor Nürnberg. Etwas unbequem, aber ich habe tief und fest geschlafen.
Für Organisator Michael Kress, der das Treffen von der Gründerin Ursula Schmid-Spreer übernommen hat, war es bereits das dritte Mal. Für mich das zweite Mal unter Michaels Regie. Wieder waren wir rund 50 Teilnehmer, wobei sich eine erstaunlich große Anzahl Neulinge eingefunden hatten. Schön, dass das Treffen auch neue Leute anlockt und zum Gang in die nächste Generation bereit ist.
Glaubwürdige Gladiatoren und schurkische Katzenretter
Den Auftakt machte Titus Müller. Für Stammgäste sind da keinerlei Erklärungen nötig, der Mann gehört seit Beginn zum lebenden Inventar des Autorentreffens. Diesmal lautete sein Thema: "Protagonisten erschaffen: Glaubwürdig, lebendig und außergewöhnlich". Titus sprach darüber, wie der Held eines Romans beschaffen sein muss, um den Leser wirklich an sich zu binden. Ähnlichkeit sei hier ein wichtiger Faktor. Im Prinzip wolle der Leser es mit einem Protagonisten zu tun haben, der ähnliche Vorstellungen, Ideale und Ansichten habe. Doch sei es nicht schlecht, der Figur eine "kleine Macke" zu geben, etwas, das sie verschroben, aber eben nicht unsympathisch wirken lasse. Ein Held brauche ein Ziel, einen Traum, etwas, das ihn antreibe. Titus' Paradebeispiel hierfür war erneut der Film "Gladiator", dessen Held eben nicht von großen Taten und Schlachtenruhm träume, sondern immer nur an sein Zuhause denke, die Ernte, die Familie. Es müsse klar sein, was den Helden antreibe. Ähnliches gelte für den Schurken. Oft würden sich Autoren wenig Mühe mit dem Bösen geben. Was treibt ihn an, was will er und wie wurde er zu dem, was er ist? Der Ratschlag: "Rette die verdammte Katze". Ein Mörder, der auf dem Weg zum Tatort ist, aber kurz bevor er einen Menschen umbringt, innehält und eine in Not geratene Katze aus dem Baum rettet, wird den Lesern nicht ganz unsympathisch bleiben ...
Eine Buchhändlerin packt aus
Buchhändlerin Jana Brammer gab mit einem kurzen Impulsvortrag einen kleinen Einblick in ihre Arbeit. Tja, wie bekommt man als Autor seinen Roman in ihr Geschäft? Letzten Endes ist es wohl wie mit der Bewerbung bei einem Verlag. Wer ihr einfach nur ein Buch ins Haus bringen will, ohne sich mit dem Konzept ihrer Buchhandlung auseinandergesetzt zu haben, hat schlechte Karten. Selfpublisher, die bei Amazon veröffentlicht haben, sollten wissen, dass Buchhändler mit der Bestellung Probleme haben. "Es wäre super, wenn das Buch bei Umbreit gelistet wäre", sagte Brammer. Ja, und das Cover, das müsse schon nach etwas aussehen, wenn sie das Werk in ihrer Buchhandlung zwischen den etwa 1000 vorrätigen Büchern auslegen soll ...
Von kriminellen Reiseführern und dem Trend zu Stunden voller Angst
Oskar Rauch, Programmleiter Taschenbuch bei dtv und unter anderem Lektor von Titus Müller, erzählte nach dem Mittagessen (bei unserem Stamm-Iren im "O Shea's"), wie ein Manuskript sich zum Buch entwickelt und was das Lektorat dabei alles leistet. Er sprach über Agenturen und darüber, dass kaum noch direkt und unverlangt eingesandte Manuskripte beim Verlag angenommen würden. Und er erzählte, wie das geht mit den Trends. Gute Aussichten, zum Trendsetter zu werden, hat ein Buch, das etwas Bekanntes anbietet, aber in Kombination mit einem neuen Element. Ein solcher Trend waren zum Beispiel einmal Krimis, die eine besondere Urlaubsgegend schilderten und zusätzlich zur spannenden Geschichte auch Reiseführerqualitäten bieten. Nach und nach hat wohl jeder Verlag da nachgezogen.
Wir erlebten die Entwicklung eines Italienkrimis inklusive Textarbeit, 45 Coverentwürfen und Festlegung des Pseudonyms mit und erfuhren auch, dass der Titel "6 Stunden Angst", den Rauch für sehr gut gehalten hatte, sich nach der Veröffentlichung als ziemlich unoriginell erwies. Als das Buch erschienen war und der Lektor bei Amazon mit "Stunden" und "Angst" suchte, stieß er auf Hunderte von Büchern mit solchen Titeln. Stunden der Angst, Stunden in Angst, Fünf Stunden Angst, Sieben Stunden Angst, Acht Stunden Angst, Zehn Stunden Angst, Zwölf Stunden Angst, 24 Stunden Angst ... bis hin zu 72 Stunden Angst. Naja, immerhin scheint der Titel ja einen mehrheitsfähigen Geschmack getroffen zu haben.
Lesungen locker vom Hocker
Monika Martin schließlich gab Tipps für die Gestaltung von Lesungen. "Gut schreiben ist nicht gleich gut lesen", nannte sie ihren Beitrag, wobei sie betonte, dass nicht alles, was bei ihr funktionierte, auch für andere Autoren das richtige sei. Man solle sich also einfach das herausnehmen, was man gebrauchen könne. Die Sozialpädagogin, Stadtführerin und Selfpublisherin hat sich in Nürnberg durch ihre Lokalkrimis einen Namen gemacht und betreibt das Lesungsgeschäft offensichtlich mit einem hohen Professionalisierungsgrad. Sie erzählte etwas zu Verhandlungen und Mindesthonoraren, stellte aber auch ihr Equipment vor. Sie besitzt eine eigene Mikrofonanlage, betonte die Vorteile eines Headsets gegenüber dem Handmikro oder dem Mikro am Ständer und liebt es gar nicht, an einem Tisch genau auf Augenhöhe mit dem Publikum zu sitzen. Für den leicht erhöhten Sitz hat sie einen eigenen klappbaren Stuhl, daneben ein kleines Tischchen für das Wasserglas. Ansonsten rät sie dazu, wenn wir nicht aus dem Buch direkt vorlesen, unsere Mappen mit den Blättern ansprechend zu gestalten. Einiges davon klingt nicht schlecht. Aber das mit dem hohen Stakelsitz werde ich alte unförmige und steifgelenkige Oma lieber nicht nachmachen. Ich brauche beim Lesen Bodenkontakt mit beiden Füßen. Mein Lieblingszitat aus dem Vortrag: "Eine Lesung ist wie der Duft aus der Küche - aber nicht das Essen selbst." Man muss nicht alles erzählen und sollte sich von der Vorstellung verabschieden, sein ganzes Buch rüberbringen zu wollen.
Autorenleben: Jede Idee aufschreiben
Als kleinen humorvollen "Rausschmeißer" gab es zum Abschluss noch einen Zeichentrickfilm, den Michaels Tochter produziert hatte. "Wiederholungstäter" kannten die Geschichte schon, aber auch die alten Hasen haben schallend gelacht beim Wiedersehen mit dem gezeichneten Autor, der bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten von Ideen überfallen wird und zu seinem Schreibtisch stürzt, um sie aufzuschreiben.
Ein gemeinsamer Pizzaschmaus in der Lounge rundete das Treffen ab. Für mich ging es dann zurück auf die Autobahn, ich hörte die letzte Dune-CD bis fast zu Ende und kam nach einer relativ entspannten abendlichen Fahrt ohne Staus und mit wenig Verkehr relativ entspannt zu Hause an. Wiedereintritt in die Hildesheimer Atmosphäre: 23.30 Uhr. Ich schlief tief und traumlos, und den Freitag über war ich nicht zu gebrauchen. So ähnlich wie die Leute, die an Himmelfahrt den Vatertag gefeiert haben.
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© Petra Hartmann
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