

Lennardt M. Arndt: Die Buschklepper
Bücher - Abenteuer Karl May Lennardt M. Arndt Old Surehand
Old Surehand ist den meisten Karl-May-Fans bekannt als zielsicherer Westmann, der mit der Hilfe Winnetous und Old Shatterhands seine Familie sucht und findet. Inzwischen hat der Held einer Karl-May-Trilogie einen weiteren Biografen gefunden, der die Vorgeschichte der bekannten Abenteuer schildert: "Die Surehand-Story" nennt Lennardt M. Arndt sein Western-Epos, von dem unter dem Titel "Die Buschklepper" inzwischen bereits der zweite Teil erschienen ist. Weitere Abenteuer sollen folgen.
Leo Bender, der sich im ersten Band, "An den Ufern des Nebraska", von Old Firehand getrennt hatte, macht sich nun auf eigene Faust auf die Suche nach seiner Familie. Begleitet wird er von seinem Blutsbruder, dem Pawnee Sakuruta, der ihn auf der Reise unterstützen will. Allerdings ist dies für den jungen Häuptlingssohn nicht ganz ungefährlich, denn es geht in Gegenden, in denen die Pawnees nicht gerade beliebt sind. Sakurutas Versuche, sich als Delaware auszugeben, werden von weißen und roten Gesprächspartnern meist schnell durchschaut, von freundlichen Menschen mit einem wohlwollenden Augenzwinkern abgetan, doch die Begegnungen mit den Cheyenne und vor allem den Kiowa sind extrem gefährlich und verlaufen beinahe tödlich. Wobei sich die beiden Helden mehrfach geschickt aus der Affäre ziehen können. Obwohl beide ausgesprochen kampferprobt und tüchtig im Gebrauch ihrer Waffen sind, sind es zumeist intelligente Ideen und entschlossene Überraschungsaktionen, durch die Sakuruta und Surehand die Situationen für sich entscheiden können.
Buschklepper rauben, morden und plündern
Bei den titelgebenden "Buschkleppern" handelt es sich um marodierende Horden von Landstreichern, die mit Raub, Mord und Plünderungen den Westen unsicher machen. Der Autor bezeichnet damit Banden, die auch unter dem amerikanischen Namen "Bushwhacker" bekannt geworden sind. Karl May hatte solche Banden seinerzeit als "Tramps" bezeichnet.
Vor allem einer dieser Buschklepper, der von Surehand und Sakuruta vor dem Martertod bei den Kiowas gerettet wird, spielt im Roman eine tragende Rolle. Der Kerl ist ein Ausbund von Bosheit, Selbstgerechtigkeit und Undankbarkeit, der die Schuld für alles, was in seinem Leben schiefgelaufen ist, bei anderen sucht. Dass er die beiden Helden nach seiner Befreiung nicht einmal eines kleinen "Dankeschön" würdigt, ist nur der Beginn einer Kette von Auseinandersetzungen. Für Surehand besonders unangenehm, da der Bandit zu seiner geliebten Stephanie in einem sehr engen Verhältnis steht.
Begegnung mit Tangua
Wie bereits im ersten Band begegnet Surehand auch diesmal einigen Charakteren aus dem Kosmos Karl Mays, allen voran dem zu diesem Zeitpunkt noch gehfähigen Kiowa-Häuptling Tangua, der allerdings jetzt schon einen ziemlich miesen Charakter offenbart. Sehr interessant sind die Bemerkungen des Autors im Nachwort zur Etymologie des Namens Tangua.
Außerdem lässt Arndt einige historische Charaktere auftreten und lässt Surehand einen Teil der amerikanischen Geschichte beziehungsweise deren Folgen hautnah miterleben. Konkret erfährt der Leser etwas über die Ereignisse des "Bleeding Kansas" und der Frage, ob Sklavenhandel in dem Staat legitim sein sollte oder nicht. Eine blutige Auseinandersetzung, an der, wie hier gezeigt, ganze Familien zerbrachen. Auch einige historische Häuptlinge treten auf oder werden erwähnt, und Sakuruta gewinnt aus zahlreichen Begegnungen die Idee, Frieden zwischen allen indianischen Völkern zu stiften. Eine große Aufgabe, an der auch Winnetou gescheitert ist ...
Gut recherchiert, flüssig erzählt, zu viele Fußnoten
Arndt hat erneut ein spannendes und gut recherchiertes Abenteuer abgeliefert, das durch historische Details und Bezüge auf Mays Werk punkten kann. Das Buch ist recht flüssig geschrieben, ließe sich allerdings noch angenehmer lesen, wenn der Verfasser seine Liebe zum Setzen von Fußnoten ein wenig zügeln würde. Vor allem im ersten Drittel wird man auf fast jeder Seite mehrfach aus dem Lesefluss herausgerissen und muss seine Augen gleichzeitig im Text und am Fuß der Seite haben.
Vielleicht ließe sich dies etwas angenehmer gestalten, wenn die Hinweise "Siehe Band eins der Surehand-Story" entfallen würden und der Autor die indianischen Namen bei der ersten Erwähnung im Text übersetzen würde. Sehr hilfreich wäre es auch, wenn diese Übersetzung vorn im Personenverzeichnis zu finden wäre.
Sicher ließen sich die über 220 Fußnoten auf weniger als ein Drittel reduzieren, wenn Arndt sich auf Hinweise zu historischen Begebenheiten und notwendige Worterklärungen und Maßeinheiten beschränken würde. Dass der Autor einen gewissen historischen, wissenschaftlichen Anspruch geltend machen will und dies auch darf, bleibt unbenommen. Nur ist ein Roman keine Doktorarbeit.
Eine Suche, die nicht enden darf
Insgesamt zeugt Arndts Roman auf jeden Fall von großer Sachkenntnis und tiefer Einarbeitung in den Stoff, sowohl was Mays Romane als auch was den historischen Hintergrund betrifft. Aus den wenigen Hinweisen, die Surehand auf den Verbleib seiner Angehörigen hat, eine spannende und glaubwürdige Suche zu machen, den Helden nicht nur ergebnislos im Nebel herumstochern zu lassen und ihn doch nicht zum Ziel zu führen, das ist eine große Kunst, immerhin ist die Auflösung ja, wie May-Leser wissen, erst Old Shatterhand im letzten Band der Old-Surehand-Trilogie vorbehalten. Eine Suche also, die nicht enden darf. Und eine Gratwanderung, die Arndt in den ersten beiden Bänden hervorragend bewältigt. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein.
Fazit: Spannender, flüssig geschriebener Abenteuerroman, gut recherchiert und von einem Autor, der sich auskennt. Lesenswert.
Lennardt M. Arndt: Die Buschklepper. Die Surehand-Story Band II. Berlin: epubli, 2023. 598 S., Euro 19,95.
Weitere Karl-May-Fortsetzungen:
Thomas Ostwald: Aufbruch ins Ungewisse
Thomas Ostwald: Auf der Spur
Thomas Ostwald: Der schwarze Josh
Axel Halbach: Blutige Schluchten
Klaus-Peter Walter: Sherlock Holmes und Old Shatterhand
Wolfgang Berger: Weißer Vater
Lennardt M. Arndt: An den Ufern des Nebraska
Bettina Schneider: Die Opfer des Apachen
© Petra Hartmann