Maja Nielsen: Titanic-Untergang als Hörabenteuer
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Das neue Hörspiel der Reihe "Abenteuer und Wissen": eine packende Inszenierung des Stoffs, die keinen Hörer unbewegt lässt. 78 spannende und nachdenklich machende Minuten ...
Maja Nielsen kann'S einfach. Mit ihren Hör-Features lässt sie verlorene Welten auferstehen, taucht ein in fremde Zeiten und Räume und erzählt Geschichten, die Hörer jeden Alters gefangennehmen. In ihrem neuesten Hörspiel aus der Reihe „Abenteuer und Wissen“ schiffte sich die Autorin auf der „Titanic“ ein. Und wer glaubt, dass man die Geschichte der tragischen Schiffskatastrophe nicht packender schildern kann als in dem Film mit Leonardo DiCaprio, sollte sich diese CD unbedingt anhören und sich eines Besseren belehren lassen.
Charles Lightoller berichtet über die Schiffskatastrophe
Nielsen beweist erneut ihr Gespür für Zeitzeugen und authentische Erzähler. Einen Großteil der Geschichte erleben die Hörer aus der Perspektive von Charles Lightoller (gesprochen von Peer Augustinski), des ranghöchsten Offiziers unter den Überlebenden und eines der wichtigsten Zeugen in den späteren Untersuchungen der Katastrophe. Lightholler als Protagonist ist für die Autorin eine geradezu optimale Erzählfigur: ein erfahrener Seemann, der schon einmal einen Schiffbruch erlebt hat, und gleichzeitig ein Mensch, der noch staunen kann über das riesenhafte Wunderschiff, in dessen kilometerlangen Fluren sich selbst das Bordpersonal verlaufen kann. Ein Mensch, der bis zuletzt auf dem sinkenden Dampfer seinen Dienst tat, der die Reaktionen der Passagiere aus professioneller Distanz schildert und doch gleichzeitig einen Blick für bewegende kleine Situationen wie das Schicksal eines alten Ehepaars hat, das gemeinsam in den Tod geht. Ein Protagonist für den jugendlichen Hörer schließlich, der sich beim Kampf um Rettungsboote seine Integrität bewahrt hat und am Ende in den Prozessen gottfroh sein darf, dass ihm niemand Feigheit vorwerfen kann, wie etwa dem Schiffseigner, der sich mit dem letzten Rettungsboot in Sicherheit brachte.
Der verzweifelte Kampf der Funker
Aber das Hörspiel kennt auch andere Helden. Die beiden Funker zum Beispiel, die zwei Stunden lang ihre SOS- und CQD-Notrufe senden und verzweifelt versuchen, anderen Schiffen den Ernst der Lage klar zu machen. Der Mythos des Schiffes wurde in dieser Nacht zum Albtraum, denn viele Funker und Kapitäne glauben eher an einen Scherz und begreifen den Ernst der Lage einfach nicht. „Die Titanic ist unsinkbar, das weiß doch jeder“, muss sich der Funker der „Carpathia“ von seinem 1. Offizier zurechtweisen lassen. Wie gerne würde man dem begriffsstutzigen Kapitän der „California“ eine Ohrfeige verpassen, und wütend möchte man der „Frankfurt“, die noch nach zweistündigem Hilferufen anfragt: „Bitte mehr Einzelheiten“ genau wie der Funker der Titanic morsen: „You Idiot!“
Ein "unsinkbarer" Mythos reißt 1522 Menschen in den Tod
Die Titanic - ein Schiff, das schon beim Stapellauf ein Mythos war: Das größte, luxuriöseste und sicherste Schiff, das sich die Welt vorstellen konnte, verwandelt sich in den Stunden nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg in die Karikatur ihres Götterstolzes. Wie in einer klassischen griechischen Tragödie ruft der Stolz, die Überheblichkeit des Menschen das Schicksal auf den Plan, und noch auf der Jungfernfahrt werden dem himmelstürmenden Giganten die Flügel gebrochen. Der Sturz des Götterschiffs reißt 1522 Menschen mit in den Tod. Und viele, wenn nicht sogar alle hätten gerettet werden können, hätte die Selbstsicherheit der Erbauer nur ausreichend Rettungsboote auf dem "unsinkbaren" Schiff vorgesehen. Hätten die Wachen im Krähennest nur ihre Ferngläser bekommen. Hätte der Kapitän der nur fünf Meilen entfernten "California" einfach seinen Funker geweckt und nachfragen lassen, was das komische weiße Feuerwerk bedeuten sollte ...
Auf der Suche nach dem Wrack der Titanic
Wie alle Beiträge der Reihe „Abenteuer & Wissen“ zerfällt auch dieses Hörspiel in zwei Teile: Auf den Abenteuer-Teil, der die Hörer die Schiffskatastrophe miterleben lässt, folgt ein Bericht mit Interviews, in denen heutige Forscher zu Wort kommen. Diesmal ist Jean-Louis Michel der Gesprächspartner Maja Nielsens. Der Franzose entdeckte 1985 gemeinsam mit dem Amerikaner Robert Ballard das Wrack der Titanic. Die Geschichte der Suche nimmt etwa ein Drittel des Hörspiels ein und fällt nach dem bewegenden ersten Teil etwas ab. Doch Michels Schlusswort auf die Frage, was er aus der Suche nach der Titanic gelernt habe, könnte den Mythos des Schiffes gar nicht besser treffen: „Bescheidenheit. Ja, das ist es. Du kannst Ingenieur sein, aber bleib bescheiden.“
Fazit: Ein spannendes, bewegendes Hörspiel, das seinen Hörer packt und mit in die Meerestiefe zieht. Ein Abenteuer, das unter die Haut geht und sehr nachdenklich macht.
Maja Nielsen: Titanic. Entdeckung auf dem Meeresgrund. Headroom Sound Production, 2009. 78 Minuten. Euro 12,90.
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© Petra Hartmann