Verlagsgründung? "Lass es bleiben!" - Ein Interview mit Verlegerin Simone Edelberg
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Verlegen ist kein Zuckerschlecken: Der Jung-Verlegerin Simone Edelberg ist in den ersten sechs Monaten ihres „WortKuss Verlags“ der Wind bereits heftig um die Ohren geweht. Mit „Das ist unser Ernst!“ - einem Buch als Dankeschön für den Verleger Ernst Wurdack - erlebte sie eine turbulente Odyssee durch vier Druckereien. Jetzt ist das Buch allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch erschienen. Ein Interview mit Simone Edelberg über Verleger, Druckereien, Autoren und ein besonderes Buch ...
Kannst du den Namen „Ernst“ überhaupt noch hören, ohne laut loszuschreien?
Auf jeden Fall. Ich mag Ernst sehr und bin ein großer Fan von ihm. Martin Witzgall hatte uns auf dem Garching-Con einander vorgestellt. Er war so ... ja, putzig muss man fast schon sagen. Als ich ihm erzählt habe, dass ich einen Verlag gründen will, hat er gesagt: „Du bist verrückt, verrückt, verrückt!“ Und später, bei der Lesung von Heidrun Jänchen, hat er gesagt: „Jetzt erzähl ich mal fünf Minuten nur für Simone ...“ und hat über seine Arbeit als Verleger gesprochen.
Das hat dich aber offenbar nicht abgeschreckt ...
Nein. Als die Geschichtenweber einen Verlag für „Das ist unser Ernst!“ suchten, habe ich mich regelrecht um das Projekt gerissen. Jetzt habe ich immer „einen Ernst“ in der Tasche! (lacht)
Bis dahin war es aber ein weiter Weg. Ursprünglich sollte das Buch ja zum BuchmesseCon im Oktober erscheinen. Dann gab es immer wieder Verzögerungen. Es hieß, du bist gleich mit mehreren Druckereien auf die Nase gefallen. Was ist denn da genau passiert?
Beim ersten Versuch ist mir die Leipziger Buchmesse dazwischengekommen. Die Druckerei hat plötzlich einen Großauftrag von einem großen Verlag bekommen, da bin ich mit meiner kleinen Auflage rausgeflogen. Ich habe dann eine andere Druckerei beauftragt. Aber die ist angeblich Pleite gegangen. Ein Verwandter führt sie zwar unter anderem Namen weiter - aber mein Geld habe ich nicht wiedergesehen. Die dritte Druckerei hat dann tatsächlich gedruckt. Aber das war so schlecht, dass ich es zurückgeschickt habe. Der Druck war einfach schmuddelig, und die Papierqualität war auch nicht, wie ich sie bestellt hatte. Es sah aus wie in diesen dicken Comicbüchern. Und der Beschnitt war auch ganz schlecht.
Und beim vierten Versuch hat es dann geklappt?
Bei den Hardcovern haben sie den falschen Buchblock genommen. Die hatten dann im Innenteil die ISBN der Softcover drin. Die Druckerei und ich streiten uns noch, wer für den Fehler verantwortlich ist ... Ich verwende diese Ausgabe jetzt als Rezensionsexemplare und für eine Verlosung.
Beim Buch „Spukhaus zu verkaufen“ hattest du ja auch Probleme mit dem Druck. Woran liegt es? Gibt es in den Druckereien keine Handwerkerehre mehr - oder haben sie es einfach nicht nötig, sich um ihre Kunden zu bemühen?
Handwerkerehre? Das weiß ich nicht. Ich glaube einfach, wenn man ein No-Name ist, wird man auch wie ein No-Name behandelt. Das ist sehr frustrierend. In einer Dienstleistungsgesellschaft leben wir wirklich nicht. Insgesamt habe ich inzwischen rund 30 Druckereien ausprobiert - im Münchner Raum, aber auch in Nordrhein-Westfalen ...
Dein Verlag ist jetzt gut ein halbes Jahr alt. Hattest du dir das Geschäft so rau vorgestellt?
Gewarnt hatten mich ja alle ... Aber witzigerweise haben die mich vor ganz anderen Sachen gewarnt: Autoren seien unzuverlässig, schlecht, nervig. Ich habe selbst aber bisher relativ wenige schlechte Erfahrungen mit Autoren gemacht. Naja, ich hatte schon mal eine tote Ratte - eine schockgefrostete Babyratte - im Briefkasten. Anonym. In einem Polsterumschlag. Mit einem Zettel darin: „Vielen Dank, dass Sie mein Manuskript abgelehnt haben.“ Das war der negative Höhepunkt. Aber es gibt auch sehr viele positive Erlebnisse. Zum Beispiel, als ich mit Karin Jacob ihre Geschichte aus „Spukhaus zu verkaufen“ in einem indischen Restaurant lektoriert habe und wir dabei zu Freundinnen geworden sind. Jetzt habe ich gerade den Lyrikband „Gerupfte Engel“ von ihr herausgebracht und auch die Fotos dazu gemacht. Talentförderung macht mir inzwischen fast mehr Spaß als das Schreiben selbst.
Stichwort: „Nervige Autoren“ ... Wie war die Zusammenarbeit mit den Geschichtenwebern an dem Ernst-Buch?
Ausgezeichnet. Ich war erstaunt, wie gut lektoriert das Manuskript war. Ich habe nur an ein oder zwei Stellen gesagt: „Das könnt ihr so nicht schreiben“ - es ging um Wortwiederholungen - , aber ansonsten war ich begeistert. Das war sehr professionell gemacht. Ich weiß schon, warum ich die Geschichtenweber so liebe!
Und jetzt bist du mit dem Buch zufrieden?
Auf jeden Fall. Es ist sehr schön geworden. Ich bin ein ganz großer Fan von dem Buch und wünsche ihm einen großen Erfolg.
Wie geht es weiter mit deinem Verlag?
Als nächstes erscheinen die „eROTischen Märchen“ - Märchen, in denen die Farbe Rot eine Rolle spielt - und die Anthologie „Vernascht!“ des Münchner REALTRAUMs. Im Sommer gibt es ein literarisch-künstlerisches Kochbuch unter dem Titel: „München schmeckt mir!“. Außerdem bekommen wir einen neuen „Hauslook“, das Layout wird schöner und professioneller.
Wie sieht das aus?
Rechts und links wird der Seitenrand etwas breiter, und wir erhalten neue Farben. Ursprünglich wollten wir ja alle Bücher in Schwarz-Weiß gestalten - aber da haben sich mehrere Herausgeberteams quergestellt. Jetzt machen wir weiße Cover mit einem kleinen bunten Blickfang.
Was würdest du einem jungen, hoffnungsvollen Verlagsgründer raten?
Lass es bleiben!!! (lacht) Das habe ich dieses Jahr schon drei Leuten geraten und zehn im letzten Jahr.
Man sollte es auf keinen Fall ohne entsprechendes finanzielles Polster machen. Und sich nicht täuschen lassen von der schönen digitalen Welt: Es kommen doch enorme Kosten auf einen zu.
Das Allerschlimmste, was man machen kann, ist: Autoren zu enttäuschen. Niemand kann besser Verrisse im Netz verbreiten als frustrierte Autoren. Das kann für einen kleinen Verlag tödlich sein. Wenn Kritik kommt, nimm sie ernst!
Angenommen, dein Verlag feiert sein zehnjähriges Bestehen, und deine Autoren basteln dir eine ähnliche Glückwunschanthologie. Wie sähe die wohl aus?
Ich hoffe, sie kommt bei Ernst raus ... Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Mit Sicherheit würden meine Autoren mich durch ein Horrorlabyrinth torkeln lassen. Und wahrscheinlich werden jede Menge männlich markante Vampire aus irgendwelchen Besenkammern springen. Ich hasse nämlich Vampire in Rüschenhemden - furchtbar!
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Zur Person: Simone Edelberg
Jahrgang 1969, besteht aus feuchter Tinte und Druckerschwärze. -- Vorsicht, bei Berührung könnte sie abfärben! Als Autorin und Journalistin basiert Simone Edelberg auf einer wahren Geschichte und hat bereits mehrere erfolgreiche Sach- und Fachbücher sowie Lernprogramme auf CD-ROM veröffentlicht. Als Literatin schlüpft sie in die Fantasien der Menschen und bannt sie auf Papier. Zudem ist sie Mitherausgeberin verschiedener Anthologien und gestaltet und moderiert Lesungen. Als Verlegerin widmet sich die leidenschaftliche Wortküsserin Nischenliteratur in Form von Anthologien, Ratgebern und anderen originellen Büchern.
© Petra Hartmann
das tut mir aber sehr leid, dass Sie mit so vielen Druckereien schlechte Erfahrungen gemacht haben. Da hatten Sie wohl das Pech, die schlechtesten im Lande erwischt zu haben.
Ich hatte vor fünfzehn Jahren auch ins Auge gefasst, einen Verlag zu gründen. Als Druckermeister wäre ich wohl nicht am Herstellungsprozess gescheitert, sondern an anderen Dingen. Ich bin froh, dass ich stattdessen eine kleine Druckerei aufgemacht habe. Trotz meine Vorkenntnisse habe ich auf meinem ureigensten Terrain so viel Lehrgeld gezahlt, dass ich mir davon einen ganz dicken Luxuswagen hätte leisten können. Was Berufsehre angeht, ich habe sie. Manchmal läuft etwas sehr unglücklich, aber meine Kunden sind zufrieden gewesen, vor allem weil sie bemerkt haben, wie sehr mir daran liegt. Daher habe ich einen treuen Kundenstamm und brauche nicht viel zu akquirieren.
Ich weiß aber durch meine Kollegen, dass meine Einstellung nicht selbstverständlich ist. Allerdings bemüht sich so gut wie jede Druckerei, die ich kenne, um gute Arbeit. Ganz wichtig ist der persönliche Kontakt zwischen Kunde und Druckerei!
Wenn man eine zuverlässige Druckerei (am besten 'gleich um die Ecke') gefunden hat, kann man der alles geben und die wirft den Auftrag auch nicht heraus, selbst nicht für einen anderen größeren Fisch (dann werden eben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um beide Aufträge gleichzeitig zu schaffen. Das geht, man muss es nur wollen! Ich als Fachmann weiß das.). Da zählt jeder Kunde und keiner ist ein No-Name! Ich hoffe, Sie finden bald eine oder haben bereits eine gefunden. Es lohnt sich, dann auch einmal persönlich Kontakt aufzunehmen.
In unserer Zeit ist es Usus, eine Reihe von Angeboten bundesweit einzuholen und das billigste zu nehmen, in allen Branchen. Der Trugschluss ist, das auch billig gut sei. Es hat aber seinen Grund, warum einer der billigste ist, er ist nämlich meist tatsächlich der Schlechteste. Denn irgendwo hat er gespart, am Service oder an der Qualität.
Die letzen Jahre merkte ich aber, das es doch nicht mein Leben ist, für andere etwas zu drucken. Mein Kreativität lag brach. So begann ich mit dem Schreiben. Aber eine Firma lässt einem nicht viel Zeit. Letztendlich habe ich meine Druckerei verkauft und habe nun mehr Zeit, auch für mich persönlich. Beim neuen Besitzer arbeite ich auf Rechnung und er kann problemlos weitermachen, denn er hat meinen Kundenstamm, der ihm treu bleibt, weil ich ja noch dort als Kleingewerbetreibender arbeite. (Dort arbeiten, wo einem einmal alles gehört hat? - Geht! Einstellungssache) Jetzt sitze ich öfter an der Tastatur und kann - endlich - meine Ideen zu Datei bringen.
Alles Gute - kinnison