Weihnachtsfeier mit Knut
Unterwegs Sillium
"Knut, der kleine Tannenbaum" war Überraschungsgast auf der Weihnachtsfeier für die Silliumer Senioren. Die Anfrage, ob ich dort etwas aus meinen Werken vorlesen könnte, kam relativ kurzfristig vor ein paar Tagen, und da ich gerade zu Hause war, habe ich gern zugesagt. Als ich daraufhin meine zahlreichen selbstverfassten Weihnachtsmärchen (sieben) durchblätterte, war mir ziemlich schnell klar, dass eigentlich nur der "Knut" wirklich seniorentauglich war, der Rest ist vor allem für Kinder gedacht. Auch wenn die Kinder durchaus mal mein Alter haben dürfen ... Also Knut.
Durch den Schnee zur "Linde"
Ich gestehe, ich war ziemlich aufgeregt, als ich kurz vor 15 Uhr mein Auto freischaufelte und mir dann auf rutschigen Schneepisten den Weg hinüber zum Gasthaus "Zur Linde" bahnte. Lesungen direkt vor der eigenen Haustür mache ich ja sonst so gut wie nie. Die Schneeflocken fielen so dicht, dass ich schon Sorge hatte, ob sich außer mir überhaupt ein Einwohner Silliums aus dem Haus gewagt hatte. Eine Sorge, die sich als völlig unbegründet erwies. Als ich die Tür zum Saal der "Linde" aufstieß, war schon alles rappelvoll.
Am Tisch des Frauenchors, dessen Mitglieder den Nachmittag organisiert hatten, war noch ein Plätzchen frei für mich. Die Sängerinnen legten dann auch nach ein paar einleitenden Worten des Ortsbürgermeisters Wilhelm Söchtig gleich los mit "Nimm die Freude" und "Seht, die gute Zeit ist nah". Beim gemeinsamen Lied "Wir sagen euch an" machte ich allerdings nur tonlos mit. Ich kann es einfach nicht verantworten, vor hörfähigen Menschen zu singen.
Gut gefallen hat mir die kleine Lisa Mund, die anschließend zwei Klavierstücke vortrug. Und beim Lied "In der Weihnachtsbäckerei" hätte ich fast mit meinem Vorsatz gebrochen und doch noch lauthals durch den Saal gegrölt: "Sind die Finger rein? - Du Schwein!" Ich hab es dann aber lieber bleiben lassen.
Knut will ein Weihnachtsbaum werden
Knut kam, glaube ich, ganz gut an. Jedenfalls waren die Gäste mucksmäuschenstill, als ich von dem armen krummen Krüppelbaum und seinen eingebildeten Tannengeschwistern erzählte. Knut wünscht sich nichts sehnlicher, als auch ein Weihnachtsbaum zu werden. Und die nett gemeinten Worte der alten Nordmanntanne, dass krumme Bäume, wenn sie ein gutes Herz haben, vielleicht später im Himmel Weihnachtsbaum werden dürfen, ach, die können den armen Knut nicht wirklich trösten ... Ein bisschen was für's Herz gehört in der Vorweihnachtszeit eben einfach dazu. Und natürlich habe ich den kleinen Baum am Ende glücklich gemacht. Märchenerzählerehrenwort.
"Wirbelwind"-Kinder zeigen Eric Carles "Traumschnee"
Nach mir stürmte der Silliumer Kindergarten die Bühne. Die Jungen und Mädchen von der Gruppe "Wirbelwind" wirbelten die Feier ganz schön durcheinander. Zauberhafte kleine Schneeflocken im weißen Kleid tanzten herum und deckten mit weißen Decken die Tiere zu, die der alte Bauer der Einfachheit halber "Eins", "Zwei", "Drei", "Vier" und "Fünf" genannt hatte, woraufhin der auf dem Hof stehende Baum namens "Baum" mit Goldpapierketten in einen echten Weihnachtsbaum verwandelt wurde. Es war ein Theaterstück nach dem Buch "Traumschnee" von Eric Carle, dem Vater der kleinen Raupe Nimmersatt.
Gedichte für den Weihnachtsmann
Die kleinen Wirbelwinde freuten sich riesig, als nach ihrer Aufführung ein Mann mit weißem Bart und rotem Mantel auftauchte. Allerdings hätte es beinahe Streit gegeben, als der Ankömmling fragte: "Wisst ihr denn, wer ich bin?" "Der Weihnachtsmann!", rief die eine Hälfte. "Der Nikolaus!", brüllte die andere. Wie die theologische Grundsatzdiskussion ausging, habe ich in dem Trubel nicht recht mitbekommen, jedenfalls wollte der Geschenkebringer vor dem Auspacken noch ein Gedicht hören. Die kleine Maren war als erste dran. "Sonne, Sonne ...", sagte sie zur allgemeinen Überraschung und verstummte dann. Okay, das war vielleicht nicht besonders lang, der Germanist in mir musste dem Mädchen allerdings bescheinigen, dass es sich bei "Sonne-Sonne" immerhin um einen stepputat-konformen "identischen Reim" handelte. Ob denn jemand ein längeres Gedicht wüsste?, frug der Rotberockte. Da kam er bei dem pfiffigen Kilian genau an die richtige Adresse. Der Junge rückte seine runde Brille gerade, warf sich in die Brust und verkündete: "Sonne, Mond und Sterne." Als das dritte Kind erneut sagte "Sonne, Sonne", gab der Weihnachtsmann auf und öffnete seinen Sack, der voller Schoko-Nikoläuse war. Die kleinen Wirbelwinde waren begeistert.
An Darbietungen muss ich jetzt unbedingt noch Ruth Wiesner erwähnen, die den Weihnachtsklassiker vom fehlenden Lametta vortrug, und Claudia Maaß mit ihrer Weihnachtsgeschichte.
Ihr seht, es war ganz schön viel los, an diesem Nachmittag. Und als ich abends wieder nach Hause wollte, war mein Micra mit einer weißen Schneedecke zugedeckt, genau wie "Eins", "Zwei", "drei", "Vier" und "Fünf" im Weihnachtsschnee-Märchen.
© Petra Hartmann