Neue Rezension zum "Serum": "Wie eine Gruselgeschichte von Titania Medien"
Doctor Nikola
"13. Mai 1927 Der sogenannte Schwarze Freitag in Berlin lässt innerhalb weniger Stunden die Aktienkurse um 20 bis 80 Prozent fallen. Zu den Arbeitslosen gehört auch der Bankierssohn Felix Pechstein. Der Name ist Programm, denn Felix, der Glückliche, hat nur Pech. Arbeitslos, pleite und mit der Miete im Rückstand muss er aus Nichts Geld machen, damit er überlebt. Da fällt ihm, wie aus heiterem Himmel ein Angebot für eine neue Tätigkeit. Es erscheint ihm das Angebot, in die Dienste eines fremden Geschäftsmannes zu treten, zuerst einmal wie ein Wunder und nur vernünftig für ihn. Der fremde Mann, der sich als Doktor Nikola vorstellt, ist ihm jedoch etwas unheimlich.
Durch seinen Zimmernachbarn hat Felix Kontakt zu einer Sekte, in deren Hohepriesterin er sich verliebt. Doch der eigentliche Drahtzieher dahinter ist ein alter Mann, der sein langes Leben dadurch erhält, dass er sich das Blut junger Männer injizieren lässt. Leider leben die jungen Männer nicht sehr lange und ein solches Ableben war für Felix ebenso geplant. Doch als der Sektenführer Meister Rainhart der Kinder des Lichts von seinem Kontakt zum langlebigen, ja fast unsterblichen Doktor Nikola erfährt, erhält er einen ganz besonderen Auftrag. Meister Rainhart träumt von der Wiederkehr der altägyptischen Pharaonenzeit. Dazu gehören aufwendige Zeremonien, für die er gern seine bezaubernde und betörende Tochter Mathilde einsetzt.
Der Jungbankier Felix Secundus Pechstein aus eine Familie von Privatbankern muss sich nun entscheiden, was er und vor allem für wen er was macht. Seit sein Vater sich eine Kugel in den Kopf geschossen hat, geht es mit ihm nicht aufwärts, und wenn er glaubt, er sei schon ganz unten, kennt er den lichtlosen Keller der Sekte des Lichts noch nicht. Der neue Arbeitgeber scheint ihm jedoch ein letzter Halt zu sein und so sagt er schliesslich zu, in die Dienste von Doktor Nikola, dem scheinbar unsterblich gewordenen Super-Verbrecher, zu treten. Da auch der Doktor in die Börsenkrise mit seinen Aktienpaketen geraten ist, scheint der leicht beeinflussbare Felix und Jungbanker gleichermassen wichtig für ihn zu werden. So ist die Arbeit bei Doktor Nikola für beide Seiten erst einmal gewinnbringend.
Aber verliebte junge Männer machen immer wieder dumme Sachen. So entführt er dem Sektenführer seine Tochter und beschwört damit Rainharts Zorn herauf. Hinter Rainhart jedoch steht ein gewisser Herr namens Ra-em-heb, der vorgibt, ein Überlebender aus der Zeit der Pharaonen zu sein. Betrachtet man sein mumienhaftes Aussehen, ist man durchaus geneigt, dem Glauben zu schenken. Sieht man dagegen Doktor Nikola, so ist dessen Methode der Langlebigkeit aber bestimmt erfolgreicher. Ra-em-heb giert sowohl Mathilde als auch Doktor Nikolas Serum hinterher. Felix soll sich bereiterklären, Doktor Nikolas die ebenfalls unsterbliche Katze Apollyon zu stehlen.
Das Buch DAS SERUM DES DOKTOR NIKOLA funktioniert so, wie die Gruselgeschichten die Titania Medien in der Reihe Gruselkabinett anbietet. Eine manchmal naiv anmutende, dafür aber umso spannendere Handlung, die diverse Klischees bedient. Dies ist jetzt nicht abwertend gemeint, denn die Vorlage die Guy Newell Boothby anbietet, erwartet geradezu eine solche Fortführung.
Da ist also der Australier Guy Newell Boothby, der in seinen Erzählungen einen unsterblich erscheinenden Schurken und Abenteurer erfindet und ihn die Abenteuer erleben lässt, wie sie die damalige Leserschaft gern las. In dieser Hinsicht ist Doktor Nikola einem Alan Quatermain nicht unähnlich.
Das Besondere an Petra Hartmann ist, dass sie einiges der tatsächlichen Geschichte Deutschlands mit in das Buch einfliessen lässt. Es beginnt also mit dem schwarzen Freitag, der für einen Börsencrash sorgte. Dabei spielt sie mit der Sektengläubigkeit von damals, in der Hoffnung dort Hilfe zu finden, wo ein christlicher Gott versagte, schliesst aber die militante Variante des Arbeiterstaates aus und lässt die Anfänge der NS-Schergen und Anspielungen ganz heraus. Der literarische Kniff sorgt dafür, dass die Welt etwas geheimnisvoller wirkt, ohne auf damalige oder gar heutige politische Entwicklungen eingehen zu müssen.DAS SERUM DES DOKTOR NIKOLA bleibt daher ein spannender Roman, der etwas vom Flair derjenigen Romane hat, die Ende der 1890er Jahre geschrieben wurden. Die Beschreibung von Felix Sekundus Pechstein hat mir sehr zugesagt, und wirkte für mich wie eine Realfigur. Dem Seriencharakter geschuldet blieb die etwas oberflächlichere Art der Beschreibung von Doktor Nikola, da andere Autoren ihn etwas anders anlegen. Mathilde erschien mir etwas widersprüchlich. Manchmal wirkte sie wie eine moderne Frau, dann wieder als gegängeltes Mädchen. Aber vielleicht war das gewollt. Insgesamt gesehen war dieser Roman eine gute Unterhaltungslektüre mit dem Gefühl des „damals“."
Die Originalrezension findet ihr in:
Der Phantastische Bücherbrief, Ausgabe 594, Juni 2013, Seite 20-21.
http://www.world-pha...0mai%202013.pdf