Der MarburgCon war (wieder einmal) schön. Eine kleine, feine Veranstaltung in Niederweimar mit geschätzt 100 Besuchern inklusive Ausstellern, diesmal sogar mit zwei Lese-Schienen, denn zusätzlich zum Konferenzraum wurde Nachmittags auch noch die Kegelbahn für Lesende geöffnet.
Ich hatte die Ehre, den Reigen der Lesungen zu eröffnen. Was bedeutete, dass ich mich morgens mit einer leichten Panik hinter das Steuer setzte. Wäre peinlich geworden, ausgerechnet zur eigenen Lesung zu spät zu kommen. Ich hatte jedoch eine recht freie Strecke vor mir, lediglich einige Baustellen mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, sodass ich gegen 9 Uhr das Bürgerhaus an der Agip-Tankstelle erreichte und ausreichend Zeit hatte, meinen Büchertisch aufzubauen. Zwischen dem Team vom Geisterspiegel und dem Luzifer-Verlag war ich sehr gut untergebracht uhd hatte gute Gesellschaft, auch wenn sich die Nestis-Kinderbücher zwischen den Horror-Bänden sicher etwas ulkig ausnahmen. Aber - hey! - es geht schließlich um die furchtbarsten Monster des Meeres, es kommen Geister drin vor und Haie und Mathelehrer ...
Die Lesung erreichte 100 Prozent der anwesenden Kinder (nämlich die beiden Verlegertöchter aus den Verlagen Luzifer und Torsten Low) sowie ein paar Erwachsene, die sich köstlich über die Drohung des kleinen Wassermanns Nick amüsierten: "Ich wwwarne Sie - ich kann Taek won Platsch!" Die Kinder interessierten sich vorwiegend für die Nestis-Postkarten und die Bilder im Prospekt. Und verhungert bin ich auch nicht, denn die kleine Anna-Marie gab mir großzügigierweise etwas von ihrem süßen Speck ab.
Von den Lesungen der Kollegen habe ich wieder einmal nicht viel mitbekommen, lediglich ganz zum Schluss, als die Büchertische schon größtenteils wieder abgeräumt waren, gönnte ich mir die Lesung der Apokalyptischen Schreiber, die diesmal in kleiner Besetzung und ohne Kutten auftraten: Hunger und Pestilenz (Thomas Backus und Volker Ilse) brachten die Lesung mit Düsterem und Humorvollem trotzdem gut über die Bühne, und man erhielt interessante Einblicke in die Arbeit eines Apokalyptischen Filmstars.
Netten Besuch aus Gronau gab es am frühen Nachmittag: Ulrike Reineke und ihr Mann schauten vorbei, und es gab viel Gelegenheit zum Klönen über phantastische Literatur.
Meinen Bücherkaufrausch hatte ich diesmal recht gut im Griff. Immerhin hatte ich den letzten Anfall ja erst vor knapp einem Monat auf der Homburg. Aber unbedingt zugreifen musste ich doch, als ich das Buch mit den Beiträgen zum Marburg-Award sah. Der Wettbewerb stand diesmal unter dem Motto "Atlantis", und ich hatte mir ganz fest vorgenommen ... Naja, ich nahme mir ja jedesmal vor, beim nächsten Mal mitzumachen, nächstes Mal also. Auf jeden Fall ein dickes Lob an die Veranstalter für die Präsentation. Die besten zehn Texte wurden sehr wertschätzend mit ihren Stärken, aber auch mit ihren kleinen Ecken und Kanten vorgestellt, man hatte als Zuhörer wirklich das Gefühl, dass die Texte hier sehr sorgfältig gelesen und bewertet worden waren. (Da könnte sich eine Gewinnerpräsentation in Dreieich durchaus eine Scheibe von abschneiden.) Gewonnen hat Sabine Frambach mit ihrer Geschichte "Lene Bruck und die Suche nach Atlantis". Die Entscheidung der Jury soll sehr knapp gewesen sein, die drei Erstplatzierten lagen nur um Zehntelpunkte auseinander. Jedenfalls freue ich mich auf das Buch.
Außerdem wurde auf dem Con der Vincent Preis vergeben. Für ihre Arbeiten im Jahr 2013 wurden ausgezeichnet:
1. Bester deutschsprachiger Roman: Jörg Kleudgen - Saburac (Goblin Press)
2. Bestes internationales Literaturwerk: Stephen King: Dr. Sleep (Heyne)
3. Beste deutschsprachige Kurzgeschichte: Vincent Voss: Eine kurze Geschichte über den Tod und den Untod (Diabolos)
4. Beste Grafik aus dem deutschsprachigem Raum: Björn Ian Craig: Zwielicht 3
5. Beste deutschsprachige Anthologie/Kurzgeschichtensammlung/Magazin: Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht 3 (Saphir im Stahl)
6. Bestes deutschsprachiges Hörspiel/Hörbuch: H. P. Lovecraft & Marc Gruppe - Gruselkabinett 78: Das Ding auf der Schwelle (Titania Medien)
7. Sonderpreis: Bernd Rothe für verlegerische Tätigkeiten
Gefreut habe ich mich über die Auszeichnung für Bernd Rothe. Irgendwie sitzt mir immer noch ein Kloß im Hals, wenn ich daran denke, wie Bernd, Roselinde Dombach und ich auf diesem Con zusammen gelesen und die neue Aufstellung der "Welt der Geschichten" präsentiert haben ... Die Verleihung begann mit einer Schweigeminute für Bernd, sehr angemessen.
Mitten in der Preisverleihung brach draußen die Hölle los. Sintflutartige Regenfälle prasselten draußen nieder, und immer wenn ich dachte, jetzt müsse doch endlich Schluss sein, holte das Unwetter kurz Luft und verdoppelte dann seinen Wasserausstoß. Ich hatte schon Angst um meine Bücher, denn die musste ich noch irgendwie ins Auto schaffen. Aber ich konnte mich mit dem Wagen dann doch rückwärts bis direkt unter das Dach des Eingangs herantasten, so blieb Nestis trocken.
Als ich gegen 22 Uhr - aufgeputscht mit zwei starken Tassen Kaffee - aufbrach, goss es immer noch wie aus Kübeln, und ich schwamm mehr als dass ich fuhr, in Richtung Sillium davon. Zwischendurch hatte ich auch einige wenige trockene Streckenabschnitte, und beim Überschreiten der hessisch-niedersächsischen Landesgrenze etwas Nebel, aber abgesehen von einigen Verspannungen in Rücken und Beinen kam ich drei Stunden später wohlbehalten zu Hause an. Gute Nacht!
© Petra Hartmann