Jahresrückblick: Oktober bis Dezember 2016
Jahresrückblick
Das letzte Quartal meines Lesejahres lässt sich ziemlich genau in drei sehr unterschiedliche Phasen gliedern. Phase 1: Vor meinem Urlaub. Mitten im Zimmer stand ein großer Bücherstapel mit traumhaften Büchern, und ich schlug mir jedesmal mit der Hand auf die Finger, wenn ich es wagte, ihn anzurühren. Nein, die Urlaubslektüre durfte natürlich nicht schon in den Wochen vorher weggeknabbert werden. Also las ich in meiner Verzweiflung alles, was ich sonst noch so im Haus hatte - einschließlich rund 30 Bände der Ponyserie "Sternenschweif". Phase zwei: Vier Wochen Lese-und-Schreiburlaub auf Helgoland in der totalen Einsamkeit, einfach nur schön, geprägt von Phantastik, Klassikern und Abenteuerbüchern. Phase 3: Nach dem Urlaub. Da hatte ich beruflich vielstündige Autofahrten vor mir und habe endlich mal wieder ein paar Hörbücher anhören können.
Also, hier das letzte Quartal im Überblick. Viel Spaß beim Stöbern.
Legende:
Ein (e) hinter dem Titel bedeutet, dass ich den Text in der eBook-Fassung gelesen habe.
Blaue Schrift weist auf herausragend gute Bücher hin.
Rot markiert sind Bücher, die ich so abgrundtief schlecht finde, dass ich euch ausdrücklich davor warne.
Bei verlinkten Titeln landet ihr auf ausführlicheren Besprechungen innerhalb dieses Blogs.
Oktober
Maraba: Die Kirschblüte im Haar. Haiku, Senryu, Tanka. (e)
Ein Lyrikband mit Gedichten in den japanischen Gedichtformen Senryu und Tanka. Recht kurze, extrem verdichtete Texte also in jeweils drei oder fünf Zeilen. Anders als in seinem ersten Lyrikband, "Gedichte vom höchsten Ast des Kirschbaums", geht es hier ausschließlich um Liebeslyrik. Ein Thema, das mit dem Haiku, der bekanntesten japanischen Gedichtform, gar nicht zusammenpasst, weshalb das Wort "Haiku" auf dem Titelblatt eigentlich auch nichts zu suchen hat. Der Autor räumt diesen kleinen Etikettenschwindel im Vorwort freimütig ein - ohne diesen Hinweis in eigener Sache wäre es vermutlich aber den wenigsten aufgefallen, da wir in Deutschland gewöhnlich nicht zwischen Haiku und Senryu unterscheiden und ein Gedicht mit 5-7-5-Silbenschema auch dann als Haiku bezeichnen, wenn es eigentlich ein Senryu ist. "Haiku sind Naturgedichte, Zwischenmenschliches wird eher in der Senryu-Dichtung transportiert", schreibt der Autor. Wieder was gelernt. Die Gedichte sind durch die knappe Form sehr pointiert und konzentriert, trotzdem oder gerade deswegen durchaus eine Sammlung, für die man sich Zeit lassen sollte. Das Haiku oder meinethalben auch das Senryu ist ein langsames Gedicht, das sich vor allem über Atemzeiten definiert, und so gibt es in diesem Lyrikband auch sehr viele Stellen, in denen man innehalten und noch einmal nachatmen sollte. Insgesamt eine sehr schöne Sammlung, vielleicht sogar noch etwas stärker als der erste Lyrikband, da das Thema Liebe besser mit der Gedichtform harmoniert. Der eher philosophisch angelegte erste Band brachte die Gedichte mehr in die Nähe des Aphorismus.
Lesenswert auf jeden Fall das Nachwort, das sich mit der Geschichte und den Formen japanischer Lyrik befasst. Allerdings ist es identisch mit dem Nachwort des bereits erwähnten anderen Band, wer beide Gedichtbände kauft, erwirbt hier also Teile des Buches doppelt.
Fred von Hoerschelmann: Das Schiff Esperanza (Reclam)
Gänsehaut. Ein Hörspiel, das mich gepackt hat. Tragisch und unausweichlich steuert das Stück auf die furchtbare Katastrophe zu, so geradlinig und folgerichtig wie eine griechische Tragödie. Ein junger Seemann ist auf der Suche nach einer neuen Heuer und gerät ausgerechnet auf das Schiff "Esperanza", auf dem sein verschollener Vater Kapitän ist. Was anfängt wie eine harmlose Vater-Sohn-Geschichte wird zum tödlichen Ernst, als der junge Seemann im unteren Schiffsraum versteckte Auswanderer beziehungsweise illegale Einwanderer in die USA entdeckt. Menschenschmuggel ist das eigentliche Geschäft der Esperanca. Der junge Seemann verrät einem der Versteckten den Namen seines Schiffes und setzt damit eine unglückliche Kette von Ereignissen in Gang, die in eine Katastrophe münden. Ein Stück, das unter die Haut geht.
Charles Sealsfield: "... und er meinte die Freiheit" (Das österreichische Wort)
Ein Sammelband aus dem Jahr 1957, der die Geschichten "Christophorus Bärenhäuter", "Ralph Doughty's Esq. Brautfahrt" (Auszüge) und "Die Grabesschuld" enthält, außerden eine recht ordentliche und informative Einleitung über Leben und Werk des Charles Sealsfield, der als Karl Postl in Österreich geboren wurde und unter seinem neuen Namen zum "Dichter beider Hemisphären" avancierte. Ich bin nicht unbedingt der große Sealsfield-Fan. Sein "Kajütenbuch" fand ich ziemlich zäh, und auch diese Skizzen und Erzählungen aus der Neuen Welt haben ihre Sprödigkeiten. Aber die Geschichte vom Bärenhäuter ist doch ganz nett. Dabei geht es hauptsächlich um seine Frau, eine resolute Dame mit Haaren auf den Zähnen, die von einem Indianerstamm gefangen wird, sich bei dem Häuptling aber schnell in Respekt setzt und im Lager genau wie in Bärenhäuters Haus das Kommando übernimmt. Auch die Geschichte der Grabesschuld ist ganz in Ordnung, eine klasssiche Gruselgeschichte.
John Tyerman Williams: Jenseits von Pu und Böse
Eine philosophieparodistische Abhandlung, die aus den Büchern "Winnie the pooh" und "The house at Pooh-Corner" alle Philosophien der abendländischen Welt herzuleiten versucht. Interessanter Ansatz, aber es blieb dann doch sehr oberflächlich und beliebig. Letzten Endes lief es immer wieder darauf hinaus, dass der Autor einen einzelnen Satz aus dem Pu herauszog daran einen ähnlichen eines bekannten Philosophen anhängte und dann ein wenig zur Lehre dieses Philosophen sagte, immer mit dem Hinweis, der große Bär hätte diese Philosophie entweder erfunden oder in seiner Philosophie sei dieser oder jener philosophische Ansatz enthalten. Alles ziemlich oberflächlich. Und meine Lieblings-Pu-Lebensphilosophie hat der Autor nicht einmal erwähnt: Pu zu Gast bei Kaninchen wird gefragt, was er aufs Brot möchte, Honig oder Sahne. Da wurde er so aufgeregt, dass er sagte: "Beides." Und um nicht zu unbescheiden zu wirken, fügte er hinzu: "Aber um das Brot brauchst du dich wirklich nicht zu bemühen." Könnte man nicht den gesamten Hegel aus diesem Satz herleiten?
Die Edda, übersetzt von Karl Simrock (e)
eBook-Ausgabe der 7., verbesserten Auflage, erschienen bei Cotta in Stuttgart, 1878. Ich habe schon einige Edda-Ausgaben zu Hause, darunter auch eine Menge Simrock-Eddas, aber dieses eBook ist im Vergleich zu heute erhältlichen Eddas schon eine Besonderheit durch ihren Umfang und ihre Materialfülle. Es sind eine Menge nicht-eddische Lieder drin, die in heute gängigen Edda-Ausgaben nicht aufgenommen sind. Da sind zum Beispiel einige Fragmente, die meist weggelassen werden. Auch das Sonnenlied kannte ich vorher nicht.
Linda Chapman (u.a.): Sternenschweif
1 - Geheimnisvolle Verwandlung
2 - Sprung in die Nacht
3 - Der steinerne Spiegel
4 - Lauras Zauberritt
5 - Sternenschweifs Geheimnis
6 - Freunde im Zauberreich
7 - Nacht der tausend Sterne
9 - Flug durch die Nacht
10 - Geheimnisvolles Fohlen
11 - Spuren im Zauberwald
12 - Mondscheinzauber
13 - Magischer Sternenregen
14 - Der goldene Schlüssel
15 - Das Geheimnis der Einhörner
16 - Geheimnisvoller Zaubertrank
17 - Die magische Versammlung
18 - Sommerzauber
19 - Zauberhafte Freundschaft
20 - Geheimnisvolles Einhorn
21 - Magische Kräfte
25 - Freundschaftszauber
27 - Die Zauberquelle
28 - Schatz der Sterne
29 - Die goldene Muschel
30 - Funkenzauber
31 - Die Magie der Sterne
32 - Lauras Rettung
Mädchen-und-Pony-Serie für sehr junge Leser. Sie kam zu mir ins Haus, als der pferdebegeisterte Sohn einer Schulfreundin sein Zimmer "ausmistete" und sich von seinen Kinderbüchern trennte. Die Kiste war eigentlich bestimmt für meine Nichte, aber da sie noch ein paar Jahre brauchen wird, bis man ihr das mit den Buchstaben erklärt, bin ich erstmal das Zwischenlager. Wirklich eine Schande, dass es so wenig Pferdebücher für Jungs gibt, der Sohn meiner Freundin muss ganz schön verstört gewesen sein nach soviel Einhornglitzer. Betrachten wir es also auch mal als Milieustudie und Konkurrenzbeobachtung für den Fall, dass ich irgendwann mal ein Ponybuch schreibe. Gute Bücher für pferdeliebende Jungs sind jedenfalls dünn gesät, und meine Freundin war mir extrem dankbar, als ich sie an die Blitz-Serie erinnerte.
Die Sternenschweif-Kiste habe ich kurz vor meinem Urlaub aufgemacht. Ich brauchte dringend Lesestoff, aber ich wollte auf keinen Fall noch ein Exemplar meines Bücherstapels für meinen Leseurlaub vor der Abfahrt weglesen. Also lieber ran an die Ponyserie.
Die Bücher lassen sich von einem geübten (erwachsenen) Leser in etwa einer halben Stunde durchlesen. Sie sind sehr schön illustriert und nett geschrieben, man erlebt keine großartigen Tragödien, sondern nette kleine Abenteuer, die einem Kind aber durchaus als Tragödie vorkommen können. Laura, die Heldin, zieht zusammen mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder aufs Land. Um den Kindern den Umzug aus der Großstadt schmackhaft zu machen, schenken die Eltern ihrem Sohn einen Hund, und Laura darf ein Pony haben. Zunächst sieht es so aus, als gebe es keines, das für sie passt, doch als Laura auf einer Auktion das graue, unscheinbare, aber sehr liebe Pony Sternenschweif entdeckt, weiß sie sofort, dass er etwas ganz Besonderes ist. Und tatsächlich: Sternenschweif ist mehr als besonders, er ist in Wirklichkeit ein Einhorn. Nur mit Hilfe eines menschlichen Freundes kann ein solches Einhorn seine wahre Gestalt finden. Laura, sanft auf die richtige Spur gebracht von einer freundlichen älteren Buchhändlerin, findet den Zauberspruch und die dazu gehörige Blume und ist nun eine echte "Einhornfreundin". Nach und nach entdecken Laura und ihr Pony immer mehr Fähigkeiten, die Sternenschweif in seiner Einhorngestalt hat. Er kann sprechen, fliegen, Wunden und Krankheiten heilen, Mut machen, Sternenregen versprühen und ähnliches. Aber es muss ein Geheimnis bleiben, dass er ein Einhorn ist, sonst wären seine Kräfte, alle anderen Einhörner und das magische Land Arkadia in Gefahr.
Die weiteren Abenteuer sind recht ähnlich aufgebaut, sie beginnen meist damit, dass Laura und Sternenschweif nachts durch die Luft fliegen, dann folgt eine kurze Rückschau und Erklärung, in der der Leser erfährt oder daran erinnert wird, was es mit Sternenschweif und seiner Verwandlung auf sich hat. Dies ist nicht unbedingt glücklich gelöst, eine kurze vorangestellte Informationsseite mit immer gleichem Infotext und Personenvorstellung hätte den gleichen Zweck erfüllt, ohne die Geschichte schon auf Seite drei durch diesen immer wiederkehrenden Info-Dump zu unterbrechen, aber okay, das muss wohl so sein. Es geht um Freundschaft, gute Taten, Reitwettbewerbe und Rallyes, Geburtstage und manchmal auch um kleine Krimis beziehungsweise böse größere Kinder und Jugendliche, manchmal werden Kranke oder Verletzte gefunden und gerettet. Die Bücher sind wirklich nett, allerdings wiederholt sich vieles. Wer bis zum 32 Band vorgedrungen ist, hat außer bei Laura noch eine gute Handvoll andere Entdeckungen und Erstverwandlungen von Ponys aus der Nachbarschaft in Einhörner erlebt, mal wird Sternenschweif krank und verliert seine Kräfte, mal erkrankt Laura an einer Krankheit, die nur Einhornfreunde bekommen können. Mal geht es darum, dass Sterneschweif wieder zurück nach Arkadien soll. Aber das ist nun einmal so bei Kinderserien, die prinzipiell auf unendlich angelegt sind. Fazit: ganz nett, sehr lehrreich für den angehenden Ponyroman-Autor, aber ich war doch froh, als ich endlich meinen Bücherstapel in den Koffer packen konnte und verreisen durfte.
Roald Dahl: Charlie und die Schokoladenfabrik
Mächenhafte Geschichte über eine besondere Schokoladenfabrik, über ziemlich verzogene Gören und über Charlie, der ein ganz patenter Junge ist. Oh mann, diese Beschreibungen der unterschiedlichen Schokoladensorten - ich will da hin!
Hans Henny Jahnn: Medea (Reclam)
Eine der bedeutenderen Verarbeitungen des Medeastoffs, inspiriert von Euripides, aber durchaus eigen. Jahnn versucht, den exotischen Charakter der Medea und ihre Einsamkeit in Korinth zu unterstreichen, indem er sie zur Schwarzen macht. Historisch/Mythologisch nicht ganz korrekt, aber wirkungsvoll. Bemerkenswert ist auch, dass sich der Dichter als erster Gedanken über die beiden Söhne Medeas gemacht hat, er gibt ihnen zwar keine Namen, aber ein eigenständiges Profil, Ziele, Gefühle. Am Schluss lässt er sie in einer homoerotischen Begegnung von ihrer Mutter getötet werden, das Ganze hat auf seine handgreifliche Art etwas außerordentlich Zärtliches. Ein sehr ungewöhnliches Medea-Stück, trotzdem oder gerade deswegen verdammt nahe am Euripides.
Labyrinthe (Anthologie zur Storyolympiade)
Die Anthologie zur Storyolympiade 2014/2015. Eine Sammlung der Siegertexte, die mir sehr viel Spaß gemacht haben. Über die vier Erstplatzierten habe ich ja schon hier im Blog geschrieben, aber auch 20 anderen Geschichten können sich sehen lassen. Da gibt es Maislabyrinthe, Irrwege aus Eibenbüschen, Odysseen durch den Cyberspace und Computerspiele, aber auch den legendären Wohnort des Minotaurus. Ritter kämpfen sich durch einen tödlichen Irrgarten voller Aufgaben zur gefangenen Prinzessin vor, unterirdische Gangsysteme und die Kanalisation bergen genau so viel gräuliches Potential wie das unüberschaubare U-Bahn-Netz der Großstadt oder verschlungene Hirnwindungen. Insgesamt ziemlich viel dunkle Phantastik, sehr wenig Science Fiction und reine Fantasy, einiges an Parabelhaftem, vieles ohne Happy End. Alles in allem eine sehr spannende Sammlung, und man sollte die 24 darin veröffentlichten Autoren im Auge behalten, da ist sicher einiges zu erwarten.
Hans Magnus Enzensberger: Mausoleum
Dem Titel ist es schon zu entnehmen, in dieser Gedichtsammlung geht es um Verstorbene, ein Lyrikband mit Gedichten über oder an berühmte Tote, es geht um bedeutende Personen der Geschichte, um Forscher, Politiker, Wissenschaftler, wobei es meist nicht um Ehrung und Huldigung dieser großen Toten geht, sondern Enzensberger geht durchaus kritisch ins Gericht mit den von ihm geschilderten Persönlichkeiten, selbst Alexander von Humboldt wird auf einige dunkle Flecken auf seiner philanthropischen weißen Weste hingewiesen. Unter den Personen, denen hier im Mausoleum ein Platz eingeräumt wird, befinden sich so unterschiediche Menschen wie Gutenberg, Macchiavelli, Leibnitz, Tycho Brahe, Linné, Chopin, Bakunin, Semmelweis, Darwin, Guillotin oder Che Guevara. Das Ganze ist, wie so oft bei Enzensberger, ein sehr kluges Buch, das vom großen Wissen des Autors zeugt und dieses auch vom Leser verlangt. Auch handwerklich untadelig bis großartig. Leider, auch wie so oft bei Enzensberger, sehr kalt und kopflastig, es springt einfach kein Funke über, berührt nur intellektuell und nicht emotional. Das ist vermutlich auch nicht die Intention des Dichters, aber mir fehlt bei seiner Lyrik oft einfach das "mehr", das über das Gesagte hinausgeht. Andernfalls hätte man ja auch einen Fachaufsatz oder ein politisches Programm schreiben können.
Nikolai von Michalewsky: Küsten im Sturm. Grüner Auftrag für "Fortuna"
Geschichte über eine Gruppe von Umweltschützern im Mittelmeer, die auf einer kleinen abgelegenen italienischen Insel eine Kolonie Mönchsrobben betreuen. Wütende Fischer sehen die Tiere als Konkurrenten und machen sie für den Rückgang der Fischbestände verantwortlich. Und dann gibt es noch ganz andere Interessen an der Insel. Ein Roman aus dem Jahr 1988, als der Umweltschutz noch in seinen Kinderschuhen steckte, inzwischen wäre es vermutlich ein Unding, gegen eine Robbenpopulation vorzugehen. Ich kannte bereits den Roman "In gefährlichen Tiefen", in dem ebenfalls das Schiff "Fortuna" eine Rolle spielt, fand diesen zweiten Teil auch nicht schlecht, aber der erste war besser, in sich geschlossener und nicht so sehr vom Zufall bestimmt. Trotzdem ein gut geschriebenes, spannendes Abenteuerbuch, das auch für Kinder im Alter von 46 Jahren noch geeignet ist.
Jonathan Philippi: Mary Island III - Das Geheimnis der dunklen Baracke
Armin Rößler: Cantals Tränen
Sammelband mit Geschichten aus dem Argona-Universum, das derzeit eine Neuausgabe seiner ersten drei Romane erlebt und auf dessen vierten Teil, "Die Nadir-Variante" ich schon seit ein paar Jahren warte. Für die Zwischenzeit gibt es nun einen Band mit Kurzgeschichten aus diesem Universum, in dem man einige der bekannten Personen und Völkerschaften wiedertrifft. Es sind größtenteils Geschichten, die schon in Anthologien erschienen sind, einige kannte ich schon aus der Science-Fiction-Reihe des Wurdackverlags, zwei sind im Corona Magazine erschienen, drei sind erstmals hier zu lesen. Unter den neuen Geschichten gefiel mir am besten "Schwärzer als die Nacht, dunkler als der Tod", in der ein Wissenschaftler versucht, hinter das Geheimnis der Lotsen zu kommen, die universumsweit ein Monopol darauf haben, Raumschiffe durch Wurmlöcher zu steuern. (Interessantweise las ich diese Geschichte auf Helgoland, wo das Lotsenmonopol ebenfalls eifersüchtig gehütet wurde und die wichtigste Lebensgrundlage der Inselbewohner war.) Die Versuche, während der Passage die Hirnströme der Lotsen aufzuzeichnen, bringen jedoch nicht viel, für den Forscher aber hat es die denkbar schlimmsten Folgen. Unter den älteren Storys gefiel mir die Titelgeschichte immer noch sehr gut, es geht um ein seltsames Wesen, das für andere Emotionen fühlbar und sichtbar machen kann, die Abfälle werden in Form von besonderen Tränen abgesondert. Auch Cantal hat diese Fähigkeit, muss sie jedoch als Zirkusattraktion einsetzen, und jeden Abend nach der Vorstellung holt der Direktor sich die Tränen ab, nach denen er süchtig ist. Insgesamt eine schöne, vielschichtige Sammlung aus einem bunten, facettenreichen Universum, über das es mal wieder einen Roman geben sollte.
Samuel Beckett: Molloy
Der erste Teil einer Romantrilogie ("Malone stirbt" und "Der Namenlose" waren im nächsten Monat dran). Der Roman zerfällt in zwei Hälften, wobei die erste diejenige ist, die mir am besten gefallen hat. Eine sehr schöne, melodische Sprache, die gerade beim lauten Lesen sehr viel Spaß macht. Inhaltlich passiert fast nichts, nur dass ein Mann vor einer Stadt herumlungert, Leute und Landschaft beobachtet, nach langer Zeit irgendwie hinein gelangt und auf verschlungene Wegen dann doch zu seiner Mutter kommt. Das Ganze als ununterbrochener innerer Monolog, bei dem man zusehen kann, wie sich die Gedankenwelt des Ich-Erzählers mehr und mehr zersetzt. Ein großes sprachliches Kunstwerk. Die zweite Hälfte scheint sich um eine Art Geheimagent zu drehen. Dieser Moran erhält den Auftrag, Molloy aufzusuchen, nimmt seinen Sohn mit und hat einen ziemlich brutalen Erziehungsstil. Irgendwo auf halber Strecke passiert ein Unfall, darauf schickt er seinen Sohn vor in die Stadt, während er mit gebrochenem Bein liegen bleibt. Er erschießt jemanden. Nach und nach weisen seine Gedanken die gleichen Symptome auf wie bei Molloy, sodass man fast den Eindruck bekommt, es sei die gleiche Person. Als Moran schließlich irgendwann nach Hause kommt, ist Winter, sein Haus steht leer, und alle seine Bienen sind gestorben. Klingt in der Beschreibung ziemlich wirr, das ist es auch, aber sehr gut geschrieben, und ich habe es geradezu verschlungen.
November
Samuel Beckett: Malone stirbt
Zweiter Teil von Becketts Romantrilogie. Wobei Trilogie nicht unbedingt heißt, dass hier die Geschichte von Molloy und Moran fortgesetzt wird. Aber es geht wieder um einen Mann, dessen Gedankenwelt sich langsam zu zersetzen beginnt. Malone sitzt allein in einem Zimmer eines Heimes oder Krankenhauses und dementiert vor sich hin, erinnert sich an das, woran er sich noch erinnern kann, etwa an die Schwester, die ihm ab und zu etwas zu essen bringt, an Sexgeschichten, seine Mutter, das klingt alles ganz ähnlich wie bei Molloy, und vielleicht ist es auch wirklich eine Art noch etwas älter gewordener Molloy, der da langsam seine letzten Gedanken ausfließen lässt. Nicht schlecht, hat mir aber nicht mehr ganz so viel Spaß gemacht wie der "Molloy".
Nicole Rensmann: Niemand
Ist das ein Zufall, dass ich ausgerechnet vor dem "Namenlosen" von Beckett Nicole Rensmanns "Niemand" las? Es gibt mehr Dinge zwischen meinem SUB und meinem SGB, als sich unsere Schulweisheit träumen lässt ...
"Niemand": Das ist ein Buch, bei dem der Leser immer wieder das Gefühl hat, er müsste sich einfach mal zurücklehnen und sagen: "Ja." Ein zauberhaftes, magisches, vor allem sprachmagisches Buch über das "Niemandsland" - ein phantastisches Reich, in dem es Wesen gibt wie Laberköppe, Stromschwimmer, Arschkriecher, siamesisch verdrillingte Kreischzwerge, das Dumme Würstchen, die Rote Armee, die Wimpernwunschfee Fräulein Klimper, Pin und Nöckel, eine Abrissbirnenkatze (ABK), Drecksäcke, Trauerklöße, den Nikolaus, das Christklind, den Heiligen Geist und den Kampfgeist sowie goldgelockte Giganten-Greislinge. Es gibt Orte wie das Haus vom Nikolaus, das Bockshorn, den Floskelwald, den Arsch der Welt oder das Gar Nichts. Ein Land, dessen Herrscher unsichtbar ist und nur "Niemand" genannt wird und der nun darauf hofft (ein kleiner Gruß nach Phantásien), dass das zufällig über die unsichtbare Grenze ins Land hineingeratene Mädchen Nina für ihn einen Namen finden kann. Der Roman ist ein großartiges, phantastisches Stück tiefsinniger Unsinnspoesie, bei dem man in jedem Satz spürt, wie viel Spaß die Autorin am Erfinden und Beschreiben der tausend und abertausend niemandsländischen Besonderheiten hatte. Eine Wortfreude, die auch auf den Leser übergeht. Ein schönes Buch, ein besonderes Buch, absolut einzigartig. (Aber es gibt ja inzwischen eine Fortsetzung, nur mal so fürs nächste Jahr notiert.)
Samuel Beckett: Der Namenlose
Dritter und letzter Teil der Romantrilogie. Ein neuer Held. Oder der alte unter neuen Namen bzw. Nicht-Namen? Der Protagonist bzw. eigentlich der "Non-Agonist" sitzt völlig passiv da und lässt seinen inneren Monolog fließen, reflektiert, soweit sich das noch feststellen lässt, Dinge, die auch Molloy und Malone beschäftigt haben, Sex, Alkohol, seine Mutter und andere Frauen, dabei lösen sich nicht nur die Gedanken auf, sondern zum Schluss auch die Sprache. Sehr anstrengend, aber ich habe ja dieses Jahr den "Ulysses" überlebt, damit lässt sich auch der "Namenlose" durchstehen, der sich eindeutig an Joyce orientiert. Irgendwann erwähnt der Namenlose, dass er in einem Topf oder Krug steckt, und ich wurde die Bilder von Eurystheus in dem Bronzetopf aus den alten Herakles-Trickfilmen nicht mehr los. Wobei man ja nicht weiß, ob der Ich-Erzähler nun tatsächlich in einem Topf steckt oder sich das nur einbildet oder ob er gar nicht mehr weiß, was ein Topf ist, und das Wort für was-auch-immer benutzt. Immer wieder fallen Namen. Mahood, ein Bekannter oder Freund aus alten Zeiten, am häufigsten. Viele mit "M", und außer Murphy tauchen dann auch Molloy, Moran und Malone auf. Alte Identitäten des sich Auflösenden? Oder Brüder im Nicht-Geiste? Fazit: Eine interessante Trilogie, eine Entwicklung von intellektuellen Auflösungserscheinungen, sehr überzeugend nachvollzogen. Als Roman und Klanggebilde hat mir der erste Teil am besten gefallen, als literarischen Meilenstein, nicht nur in Becketts Werk, muss man vor allem den letzten Teil würdigen. Keine leichte Kost, aber nicht schlecht.
Bergengrueniana III
Drittes Jahrbuch der Werner-Begengruen-Gesellschaft. Enthält als kleine Kostbarkeit wieder einen Auszug aus dem "Compendium Bergenguenianum", eine Art zeitloses Tagebuch des Dichters mit Notizen, Gedanken, Aphorismen, Betrachtungen über Sprache und Stil, diesmal auch etwas zum Thema Plagiate. Es gibt in diesem Band auch eine "Einführung ins Compendium Bergengruenianum" von Maria Schütze-Bergengruen, einer Tochter des Dichters. Als Zeitzeuge berichtet Albert von Schirnding über Bergengruen in der NS-Zeit, Otto Betz trug einen Aufsatz über Bergengruens Lyrik bei, von Günter Schmidt gibt es ebenfalls einen Beitrag über die Lyrik des Autors, eine Analyse des Gedichts "Der erste Patrouillenritt", ferner ist ein Artikel von Peter Steinbach zum Thema "Innere Emigration" enthalten. Bemerkenswert die Laudatio an Bergengruen-Preisträgerin Felicitas Hoppe. Der Bruder der Autorin hatte nämlich seine Doktorarbeit über Bergengruen geschrieben und konne so als mit beiden Autoren vertrauter Fachmann sehr interessante Gemeinsamkeiten in beider Werken herausarbeiten.
Herzog Ernst (Reclam)
Eines der phantastischsten mittelalterlichen Versepen - und darüber hinaus eines, das ein internationales und interkulturelles Epos ist, das Bezüge zum Orient hat und eine Parallele zu den Märchen aus Tausendundeiner Nacht, nämlich zu den Abenteuern Sindbads des Seefahrers. Herzog Ernst, der Held des Epos, ist, wie so oft in solchen Dichtungen, ein Held ohne Fehl und Tadel, fromm, tapfer, freigiebig und tüchtig. Als seine verwittwete Mutter zur neuen Braut des Kaisers auserkoren wird, avanciert er darüber hinaus zum Liebling des Kaisers und hat Aussichten, dessen Erbe zu werden. Doch das erweckt auch Neid, ein Verleumder macht den Herzog beim Kaiser schlecht, der Herzog muss nach einigen Kampfhandlungen außer Landes fliehen und gerät in exotische, südliche Länder. Unter anderem in eine Stadt, die von Kranichen bewohnt wird, und an einen gefährlichen Magnetberg, der alles Metall an sich zieht und nie wieder loslässt, also auch nicht die Schiffe, deren Nägel er festhält. In dieser Situation kommt ein Riesenvogel, der auf Beutesuche ist, gerade recht. Ernst und seine Gesellen nähen sich schließlich in Rinderhäute und lassen sich von dem Tier als "Futter" für dessen Nachwuchs aus der Gefahrenzone fliegen. (Ähnliches gibt es außer im Sindbad auch im Gudrun-Epos.) Nach vielen weiteren Abenteuern hat Ernst es im Orient zu Ansehen und Reichtum gebracht. Es geht nun darum, den Kaiser zu versöhnen ...
Gut kommentierte zweisprachige Ausgabe. Gut lesbarer hochdeutscher Text, der aber gern etwas "poetischer" hätte ausfallen dürfen.
Ã…sa Böker: Im Glanz der Welten
Hermann Hesse: Der Steppenwolf
Kultbuch einer Generation, der ich nicht angehöre. Ich hab's lange vor mir hergeschoben, auch weil ich vor Jahren mal in Hesses "Narziss und Goldmund" stecken geblieben war und nicht so umwerfend viel von der dort genossenen Schreibkunst des Auors hielt. Als ich jetzt den "Steppenwolf" doch noch vornahm, war ich verblüfft und geriet dann in ein Lesefieber. Das Irre an der Sache ist, dass Hesse hier ein Problem behandelt, das ich damals anhand des "Jungen Deutschlands" beobachtet habe. Bei Mundt, Kühne, Grabbe und Lenau war es mehr als Gegensatz zwischen den Typen "Faust" und "Don Juan" definiert, Hesses Held trägt ebenfalls wie Goethes Faust "zwei Seelen, ach, in seiner Brust", hier der kulturliebende Bildungsbürger Harry Haller und das in ihm lebende zynische, triebgesteuerte Tierwesen, das er als Steppenwolf bezeichnet. Ich bin sehr wach geworden, als ich Textstellen gefunden habe, die fast wörtlich mit Stellen aus Mundts "Madonna" und seinen "Modernen Lebenswirren" und Kühnes "Quarantäne im Irrenhause" zusammenfallen. Und Hesse zitiert auch ausschweifend die beiden Kerntexte, die in diesen Büchern ebenfalls als identitätsstiftende Grundlage dienen: Goethes "Faust" und Mozarts "Don Giovanni" / "Don Juan". Ich muss mich mal näher mit Hesse beschäftigen und ihn auf seine Prägung durch das Junge Deutschland hin abklopfen. Ich meine, da war mal was mit Georg Büchner ... Hesse findet jedenfalls eine hochinteressante Art der Auflösung für diesen Seelenzwiespalt und zwar über die indische Seelenlehre, die den Jungdeutschen damals noch nicht so zur Hand war. Er stellt klar, dass eine Person eben nicht aus nur zwei "Seelen" besteht, die miteinander im Streit liegen, sondern aus mehreren Hundert oder Tausend Komponenten zusammengesetzt ist, die sich auch je nach Situation neu organisieren beziehungsweise sich je nach Situation neu zusammenstellen lassen. Eine Idee, auf die die Jungdeutschen, ohne große Beziehungen zu Indien und obendrein lange vor Freud, nicht kommen konnten. Und wohl auch nicht kommen wollten, bei ihrem Sinn für das "In-Dividuum" und ihrer Suche nach Identität. Hochinteressanter Ansatz, wenn auch nicht der meine. (Nicht ganz mitgehen möchte ich allerdings als Tierfreund und Wolfsliebhaber bei der Bezeichnung "Steppenwolf" für die Ansammlung von negativen Eigenschaften, überdies sind gerade Wölfe hochsoziale Tiere und keine Eremiten und Sonderlinge, auch in der Steppe nicht. Aber das steht auf einem anderen Blatt.)
J. D. Salinger: Der Fänger im Roggen
Klassiker, Bestseller, Weltliteratur ... Das Buch ist nicht unbedingt schlecht, aber ich hab es nicht so mit diesen Ami-Teeny-Highschool-Zeugs. Der Held und Ich-Erzähler ist 16 Jahre alt, schon mehrfach von diversen Schulen geflogen, und auch jetzt fliegt er aus seinem Internat, weil er schlechte Noten hat. Er bricht ein paar Tage vor Schulschluss auf, verbringt eine Nacht im Hotel, versucht, mit einer Prostituierten zu schlafen, bekommt dann aber kalte Füße, ist ansonsten mächtig am Pubertieren, regt sich über die Verlogenheit der Erwachsenen auf, wird von einem ehemaligen Lehrer beinahe unsittlich berührt, ist superfürsorglich gegenüber seiner kleinen Schwester. Sicher ein gut geschriebenes und erfolgreiches Buch, aber dieses Pubertierendengedöns ist einfach nichts für mich.
J. K. Rowling, John Tiffany und Jack Thorne: Harry Potter und das verwunschene Kind
Ich war skeptisch, aber, ja, es stimmt: Die Welt der J.K. Rowling und ihres Zauberlehrlings hat in all den Jahren nichts von ihrem Zauber verloren. Es ist ein neues Medium, wir haben es mit einem Theaterstück zu tun, aber nach nur ein paar Seiten ist man wieder "drin" in der Welt. Und in dieser Welt passiert etwas, das absolut widernatürlich scheint: Harry Potters Sohn wird der beste Freund von Draco Malfoys Sohn, und der sprechende Hut schickt ihn ins Haus Slytherin. Die beiden versuchen, mit Hilfe eines Zeitumkehrers Cedric Diggory, der damals beim trimagischen Turnier ums Leben kam, zu retten. Allerdings verändern sie damit den weiteren Verlauf der Geschichte. Mit jedem weiteren Versuch der beiden, in das Zeitgefüge einzugreifen, wird die Gegenwart furchtbarer und dunkler - bis hin zu einer Weltherrschaft Voldemorts. Schließlich greifen Harry und seine Freunde ein, reisen weit in die Vergangenheit und sorgen dafür, dass Voldemort, wie gehabt, im finalen Kampf um Hogwarts besiegt werden kann. Doch dies bedeutet auch, dass weder Cedric gerettet wird noch jener andere Mord verhindert werden kann, mit dem alles anfing: Harry muss tatenlos zusehen, wie Voldemort seine Eltern tötet. Die Idee, dass man in der Vergangenheit nicht einfach ein oder zwei Details ändern kann, ohne einen hohen Preis in der Gegenwart zu zahlen, ist nicht neu. Aber die Geschichte ist spannend und mitreißend erzählt, auch das neue Potter-Abenteuer ist ein Buch, das man nicht aus der Hand legen kann und erst weit nach Mitternacht oder im Morgengrauen, wenn man es durchgelesen hat, zur Seite legt. Die Umsetzung als Drama ist zunächst etwas irritierend, doch man hat sich schnell eingelesen. Gut gemacht.
Georg Rittschlag: Das Asyl auf dem Felseneiland
Geschichte zweier Jugendfreunde, die sich nach Jahren auf Helgoland wiederfinden. Altertümlich und ziemlich schwülstig, heutzutage würde wohl keiner mit solch para-homoerotischem Geseufze seines Klassenkameraden gedenken, und für die "Empfindsamkeit" ist das Buch auch schon etwas spät dran. Interessant ist, dass sich hier Spuren des gescheiterten Revolutionärs Harro Haring auf der Insel finden, Auszüge seiner "Möwe" werden zitiert. Der überwiegende Teil aber sind Tiraden des Freundes, der mit dem auf dem Festland existierenden Christentum nicht zufrieden ist und endlose Exzerpte aus Predigten und Erbauungsschriften auflistet und als unchristlich verwirft. Heutzutage kaum noch zu genießen, aber als Zeitdokument nicht uninteressant.
Michael Stoffers: Unheimliche Freunde
Kim Scheider: Der rote Feuerstein und das Geheimnis von Atlantis
Yvonne S. Bonnetain: Loki. Beweger der Geschichten
Umfangreiche Dissertation über den rätselhaftesten Gott der Germanen. Das Buch bietet eine Sammlung der Mythen, die über Loki bekannt sind, stellt die unterschiedlichen etymologischen Deutungsversuche des Namens vor und gibt eine sehr gute, umfassende Übersicht über die Interpretationen, die man der Funktion Lokis beilegte, von der Klassifikation als Feuergott oder Todesgottheit, Teufelsgestalt oder Dämon bis hin zum wohl bekanntesten Etikett, das man ihm anheftete, nämlich das des "Tricksters". Bonnetain verwirft so gut wie alle diese Ansätze und arbeitet einen neuen Aspekt heraus, den ich so bisher noch nicht gesehen habe: Ausgehend von Abbildungen des Todes Balders überlegt sie, ob nicht Loki als Beauftragter Odins gehandelt hat und es hier nicht um einen Mord, sondern um ein Ritual gegangen sei, eine rituelle Opferung des lichten Gottes, veranlasst und gebilligt durch Odin selbst. Balders Tod sei demnach beschlossen gewesen und von Odin möglicherweise gezielt ins Werk gesetzt, um Balder vor dem Weltuntergang / Ragnarök in die Unterwelt in Sicherheit zu bringen und von dort aus seine Auferstehung als neuer Götterkönig und Weltherrscher zu gewährleisten. Damit wäre dann auch das geheimnisvolle letzte Wort, das Odin seinem toten Sohn ins Ohr geflüstert hat, erklärt. Loki wäre dabei als Stellvertreter, Beauftragter oder als ein Aspekt Odins zu denken und führe die unangenehme Tat aus, die der Götterkönig in eigener Gestalt niemals hätte vollbringen können oder dürfen. Bonnetain bringt auch die wechselnde Rollen Lokis als Freund und Feind der Götter recht elegant unter einen Hut, indem sie ihn als einen "Beweger der Geschichten" definiert. Loki sei immer derjenige, der die Weiterentwicklung, die Folge der Geschlechter und Äonen vorantreibe. So sei er es gewesen, der zunächst pro-asisch den Bau der Götterburg mit forciert und anschließend den Hauptgöttern Odin, Thor und Freyer ihre Attribute und Waffen verschafft habe, er ist aber auch derjenige, der dann die Weltgeschichte weiter vorantreibt, noch über das Asengeschlecht hinaus, und nach ihrem Wachstum und ihrer Fortentwicklung nun auch ihren Absturz beschleunig. Damit wäre er wohl als so etwas wie ein Geschichtsprinzip zu verstehen. Sehr interessanter Gedanke. Ich frage mich nur, ob das nicht ein etwas zu abstraktes Modell für die Germanen war. Den Griechen oder Indern hätte ich eine solche Denkweise eher zugetraut.
Wolfram von Eschenbach: Titurel
Mittelalterliches Versepos aus der Feder von Wolfram von Eschenbach. Das Werk blieb unvollendet, es gibt jedoch noch einen "Jüngeren Titurell", in dem ein anderer Autor versucht, Wolframs Werk fortzusetzen. Zunächst einmal der Hinweis, dass sich hinter dem Titel "Titurel" nicht die Geschichte eines Mannes namens Titurel verbirgt, sondern die Geschichte des Liebespaares Sigune und Schionatulander, die im Parzifal eine Rolle spielt. Dort traf Parzifal dreimal auf seine Cousine Sigune, die um den toten Schionatulander klagte. Wobei vermutet wird, dass "Sigune" ein Anagramm aus Cousine" sei (die Rechtschreibung hat sich inzwischen gewandelt). "Titurel" heißt das Buch, mittelalterlicher Konvention gemäß, weil Gralskönig Titurel die erste Person ist, die im Buch vorkommt. Eine weitere Besonderheit: Schionatulander ist der erste Mensch, von dem ich gehört habe, er sei durch eine Hundeleine ums Leben gekommen. Es ist überhaupt eine ganz erstaunliche Hundeleine, die in diesem Epenfragment vorkommt. Unheimlich lang und breit muss sie sein, damit nicht nur die zahlreichen Edelsteine, mit denen sie geschmücht sein soll, sondern auch ein Liebesbrief, der einen Abenteuerroman enthält, auf ihr Platz haben. Ganz schön schräg. Aber im Parzifal ist Sigune ja auch etwas merkwürdig und dazu noch nekrophil.
Hermann Hesse: Narziß und Goldmund
Das Buch hat mir vor Jahren mal eine Freundin als ihren Lieblings-Hesse empfohlen. Ich habe damit angefangen, bin aber stecken geblieben. Jetzt, nach der positiven Lektüreerfahrung des "Steppenwolfs" fing ich es nochmal an und kam damit zu Ende. Naja, so schlecht ist es nicht. Hesse stellt zwei junge Klosterschüler dar, der eine zum strengen, logischen, wissenschaftlichen Streben, der andere zum Künstler und Liebenden berufen. Vorwiegend wird das bewegte Leben Goldmunds geschildert, der aus dem Kloster wegläuft, sich als Landstreicher und Frauenliebhaber durch die Welt schlägt und schließlich ein großartiger, genialer Holzschnitzer wird. Ja, die Darstellung beider Typen ist sicher überzeugend. Aber bei aller Verachtung der guten Ratschläge aus Schreibratgebern: An dem Buch merkt man doch, dass man das Gesetz "Show, don't tell" nicht ungestraft über längere Strecken vernachlässigt. Es werden zu oft und zu weitläufig innere Zustände Goldmunds beschrieben, das ist auf die Dauer etwas ermüdend. Aber das ist natürlich auch unserer heutigen Erzähl- und Lesegewohnheit geschuldet.
Kerstin Groeper: Im fahlen Licht des Mondes
Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita
Phantastischer Klassiker aus Russland, absolute Pflichtlektüre. Der Teufel taucht in Moskau auf und wirbelt die dortigen Literatureinrichtungen, Behörden und Einkaufszentren ganz schön durcheinander. Es wird ein ausschweifender Hexensabbat bzw. Teufelsball gefeiert, und Margarita als Ballkönigin des Teufels nutzt ihre Position schließlich, um ihren Geliebten, den namenlosen Meister aus der Irrenanstalt zu holen und sein vernichtetes Manuskript eines genialen Romans über Pontius Pilatus zu retten. Phantastisch, skurril, magisch, einfach gut.
Klaus Doderer: James Krüss. Insulaner und Weltbürger
Enttäuschend. Das Ding war bezeichnet worden als "Biographie", aber es ist nichts weniger als das. Klaus Doderer hat dieses Buch mit Unterstützung der Familie von James Krüss geschrieben, heißt es, er selbst war offenbar mit dem Schriftsteller befreundet. Aber das alles spürt man nicht beim Lesen. Mag sein, dass da jemand mit einer Schere im Kopf geschrieben hat, weil es um einen Menschen ging, mit dem er sehr eng befreundet war, mag auch sein, dass er irgendwie befangen war und die Familie es auch nicht so privat haben wollte. Aber es fehlt so ziemlich alles, was eine Biographie ausmacht. Der erste Teil, wohl der biographische Teil, ist ein kurzer Abriss seines Lebens, nennt halt ein paar Daten, enthält aber so gut wie nichts, was über das rein Lexikalische hinausgeht. Mensch, wenn jemand die Geschwister von James Krüss als Informationsquelle zur Verfügung hat, dann muss er doch einfach ein bisschen mehr zu erzählen haben, Erlebnisse, Anekdoten, Aussprüche, Farbe. Über die Familie und Herkunft - nichts, gerade mal den Beruf des Vaters und die Anzahl der Geschwister erfährt man. Wie lange lebte die Familie schon auf Helgoland? Waren es sehr alt Eingesessene oder noch relativ neue Insulaner? Wie verläuft eine Kindheit und Jugend auf Helgoland? Wie war er als Bruder - nett, freundlich, verantwortungsvoll oder ein Kleineschwesteradventskalenderplünderer? Nichts über Krüss als Schüler. Was waren seine Lieblingsfächer? Wie waren seine Deutschnoten? Am Rande wird erwähnt, er hätte aus Ärger über einen Lehrer, der die Schüler immer kniff, eine Zeitung gegründet, die Kneifzange. Hallo? Man erfährt nicht den Namen des Lehrers und die Fächer, man erfährt nicht einmal, ob Krüss selbst gekniffen worden ist. Und was stand nun in der Zeitung drin? In jeder ordentlichen Biographie wäre das mindestens eine Seite gewesen. James Krüss kam als viel zu junger Mensch in die Armee und war Flakhelfer, er war nach dem zweiten Weltkrieg bedingungsloser Pazifist. Kein Wort über seine Erlebnisse im Krieg, keine Briefe, nichts. Es ist, als sei dieser Mensch nach dem Krieg aus dem Nichts gekommen und von Null auf Hundert zum Shooting Star der Kinderliteratur geworden. Aber kein Mensch kommt aus dem Nichts, nicht in einer Biographie. Einmal wird kurz erwähnt, er sei wegen seiner Homosexualität angefeindet worden. Ich wusste nicht, dass Krüss homosexuell war, das wäre doch zumindest ein Kapitel wert gewesen. Hier ist es nur ein Satz. Wie war das? Gab es eine Hetze durch alle Medien hindurch? Wie hat er reagiert? Hat er geschwiegen? Sich leise oder lautstark verteidigt? Wie hat sein Freundeskreis reagiert? Nichts? Wie hat er es selbst gemerkt, dass er auf Männer stand? Das muss doch der totale Hammer für ihn gewesen sein. Das Buch schweigt. Schließlich zog er mit seinem Lebensgefährten Dario nach Spanien, nach Gran Canaria. Wie lebt man als Pazifist, politisch engagierter Weltbürger, Deutscher und Homosexueller in Spanien unter Francos Diktatur und mit katholischen Nachbarn? In jeder anderen Biographie hätte sich ja zumindest eine Beschreibung gefunden, eine kurze Charakteristik seines Lebensgefährten. Was war/ist das für ein Mensch, wie haben sie sich kennen gelernt? Nichts. Stärker ist Doderer im literaturwissenschaftlichen Teil, in dem er die Werke des Autors beschreibt und ein paar Motiv- und Traditionslinien herauszuarbeiten versucht. Aber über den Menschen und sein Leben erfährt man so gut wie nichts, nur ein paar Sachen über den "fertigen" Autor James Krüss, seine Freundschaften mit namhaften Kollegen, seine Reisen und sein ungeheures Talent, sich fremde Sprachen anzueignen. Sicher beeindruckend. Aber zu wenig. Schade.
Ransom Riggs: Die Insel der besonderen Kinder
Geschichte über einen jungen Mann, dessen Großvater früher viel über seine Kindheit auf einer Insel und seine Freundschaft mit "besonderen Kindern" erzählt hatte. Der Großvater redete von einer Art Heim, geleitet von einem Habicht, der Pfeife rauchte. Von einem Jungen, der einen Bienenschwarm in sich beherbergte, von einem Mädchen, das fliegen konnte, einem Kind mit einem zweiten Mund am Hinterkopf, superstarken, flugfähigen Kindern und so weiter. Später erfährt der Enkel, dass sein Großvater als jüdisches Kind aus Deutschland fliehen musste, seine gesamte Familie im Holocaust verloren hat und dass diese Kinder im Heim eben tatsächlich "besondere Kinder" waren, weil sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft ausgesondert wurden, besonders auch, weil sie überlebten, eben auf dieser besonderen Insel. Es sieht so aus, als habe der Großvater, der im Alter schon etwas tüddelig geworden ist, für sich dieses Märchen erfunden und die Wahrheit darin verpackt. Aber dann wird der Großvater eines Tages von einer furchtbaren Bestie umgebracht, die außer ihm nur der Enkel sehen kann. Der Enkel macht sich auf die Spurensuche und begibt sich auf die Insel des Großvaters. Und stellt fest: Es gibt diese besonderen Kinder wirklich, superstarke, flugfähige, bienenbeherbergende Kinder mit besonderen Begabungen aller Art. Sie leben seit der Auslöschung des Heims durch eine Fliegerbombe der Nazis in einer Zeitblase, geschaffen von der Heimleiterin, die nicht nur magische Fähigkeiten hat, sondern auch Pfeife raucht und sich in einen Greifvogel verwandeln kann. Doch die scheinbare Sicherheit der besonderen Kinder ist bedroht, die Monster sind auf der Suche nach ihnen ...
Das Buch ist spannend und stellenweise unheimlich, vor allem wirkt es durch die zahlreichen historischen Fotos darin, verstörende Aufnahmen sind darunter, alles künstlerisch wertvoll, aber auch mit viel brrr-Effekt. Fotos wie aus Freakshows eben, die durch Beleuchtung oder winzige Details um einen halben Grad neben die Wirklichkeit geraten wirken. Ein ziemlich gutes Buch mit einem etwas zu schnell dahingehuschten Ende, das dann doch kein richtiges Ende ist, sondern den Ausblick auf den folgenden Band eröffnet. Dass es ein Mehrteiler war, ist mir erst da klargeworden, da hängt man dann als Leser ein bisschen in der Luft. Kein schlechtes Buch, aber ich weiß noch nicht, ob ich mir Teil 2 anschaffen werde.
Hörbuch
Elea Eluanda 1: Das Labyrinth der blauen Eulen
Dezember
Gunnel Linde: Tina zaubert Geburtstage
Nettes Kinderbilderbuch über ein Mädchen, das morgens im Bett versucht zu zaubern. Tina sagt ihren Zauberspruch auf und wünscht sich, dass sie Geburtstag hat und alle mit Geschenken hereinkommen. Das passiert tatsächlich, wohl aus Zufall. Dann versucht sie es in der Schule und auf der Straße noch ein paarmal mit ihrem Zauberspruch Manchmal klappt es, manchmal nicht. Sehr liebenswert und humorvoll.
Fabienne Siegmund, Thilo Corzilius: Das Mädchen und der Leuchtturm
Holger M. Pohl: Im Schatten der Hondh
Gelungene und superspannende Fortsetzung des Bandes "Fünf für die Freiheit", wieder mit ausgesprochen einprägsamer Personenzeichnung und gut ausgearbeiteten zwischenmenschlichen Beziehungen und Interaktionen. Fünf Agenten dringen im Auftrag des Den-Haag-Instituts hinter die Linien der Hondh vor und suchen nach Informationen über die geheimnisvollen Eroberer. Es gibt eine Notlandung, Fluchten, neue Verbündete und einen Hinweis auf die Vorfahren der Hoc. Offenbar sind die Angehörigen dieses Volkes nicht nur immun gegen die mentale Beeinflussung durch die Hondh, die fremden Eroberer haben sogar eine schwere Niederlage durch sie erlitten und haben mächtig Schiss vor ihnen. Der Handlungsstrang gehört zu den besten innerhalb der Serie. Ich bin gespannt, was aus dem Hoc wird ...
Malcolm Max: Gesamtausgabe 1
- Body Snatchers
- Auferstehung
- Nightfall
- Das Teufelsdutzend
Der Splitter-Verlag versteht es wirklich, besondere Bücher zu machen. Zur Feier des zehnten Verlagsgeburtstags gab es jetzt diese opulente Gesamtausgabe des Malcolm-Max-Comics, eine edle Hardcover-Ausgabe und so kostbar eingebunden, dass man sich fast gar nicht traut, das Buch anzufassen oder gar aufzuschlagen. Im Inneren finden sich nicht nur der Alben-Dreiteiler, sondern auch eine bisher unveröffentlichte Kurzgeschichte des Autors Peter Mennigen über ein Abenteuer des Helden auf einem Friedhof voller Untoter, einige Skizzen des Zeichners Ingo Römling sowie ein Interview mit den beiden Machern des Comics. Der Albendreiteiler berichtet über die Abenteuer Malcolms und seiner halbvampirischen Begleiterin Charisma mit einem irrsinnigen und perversen Erfinder, der fast unzerstörbare und supergehorsame Arbeitsroboter erschafft und diesen die Hirne frisch Verstorbener, oft hingerichteter Verbrecher, einpflanzt. Allerdings ist das erste Experiment schief gegangen, das Gehirn eines enthaupteten Sereinmörders konnte nicht "gefügig" gemacht werden, der Verbrecher nutzt den neuen Körper zur Fortsetzung seiner Untaten und überzieht London mit einer Serie an Bluttaten, die der etwas eingeschränkte Polizeichef ausgerechnet Malcolm Max zur Last legt. Der Leser erlebt eine abenteuerliche Flucht aus dem Tower, großformatigen Steampunk-Horror mit Leichenfledderern und Frauenmördern, einen atemberaubenden Schwertkampf im Zeppelin der von Monster-Robotern bedrohten Queen und eine schöne und gefährliche Charisma, die in den Kampfszenen zulangt, als sei sie Mitglied der X-Men. Dazu die schrägen und schnippischen, in herrlich verschrobener altertümelnder Schriftsprache abgefassten Dialoge des Heldenpaars und die überwältigenden großformatigen Seiten, einfach ein Erlebnis. Bleibt zu hoffen, dass das Duo Mennigen/Römling mit diesem Werk nicht seine letzte gemeinsame Arbeit abgeliefert hat. Ich schreie schon mal zweimal "Hier" - für wenn es weitergeht ...
Miriam Rademacher: Talisman und die blauen Rästsel
Dirk van den Boom: 1713 (D9E)
Für mich bisher der Höhepunkt der Serie. Der gnadenlos und präzise durchexerzierte Sturz der Roboterzivilisation 1713. Der Autor schafft es, dem Leser diese gefühllosen und rein logisch funktionierenden Wesen derart ans Herz wachsen zu lassen, dass es extrem wehtut, als die Hondh sie auslöschen. Das ist große Kunst.
Hildesheimliche Autoren: Tatort Hildesheim. Zehn Kneipenkrimis
Zehn Kneipenkrimis aus der Feder von zehn Hildesheimlichen Autoren. Richtig gut gefallen hat mir die Geschichte von Peter Hereld, der das "be bop" wieder aufleben lässt, sehr schön auch Bernward Schneiders Krimi über seinen Anwalt Michael Bendis, der schon einmal die Hauptfigur in einem Hilldesheimer Lokalkrimi Schneiders war. Es gibt einen historischen Kriminalfall aus der Zeit der Hexenverbrennung, ein vergiftetes Pilzgericht, Hühnerdiebstahl, eine Entführung, einen diebischen Koch, etwas Liebe, Filmaufnahmen, palettenweise verschwundene Elektrogeräte und sehr viel Lokalkolorit. Für Hildesheimer und Gäste sicher ein kriminell gutes Mitbringsel.
Hörbuch
Elea Eluanda 2: Der Elefantengott
Elea Eluanda 3: Ezechiel, die Weihnachtseule
Edith Nesbit: Der Ebenholzrahmen
Grusel-Hörspiel über einen jungen Mann, der eigentlich bereits die Frau gefunden hat, die er um ihre Hand bitten möchte. Nun macht er eine Erbschaft, erbt ein Haus und viel Geld, außerdem zahlreiche Bilder, allesamt sehr kostbar und geschmackvoll. Doch in einem besonders aufwändig gestalteten Ebenholzrahmen hängt einfach nur ein billiger Kunstdruck, der die Augen des jungen Erben geradezu beleidigt. Er sucht nach dem ursprünglichen Gemälde und findet es schließlich auf dem Dachboden. Es ist das Porträt einer wunderschönen Frau, die er in einem früheren Leben geliebt hatte. Eine Liebe, die stärker ist als der Tod. Oder zumindest eine Liebe, die mit HIlfe des Teufels den Tod besiegen kann. Denn so lange sich das Porträt in dem von Höllendämonen angefertigten Ebenholzrahmen befindet, kann die Geliebte heraussteigen. Der wiedergeborene junge Mann kann sie endgültig zu sich ins Leben zurückholen und sich wieder mit ihr vereinigen, wenn er sich ebenfalls dem Teufel verschreibt. Aber dann bricht im Schloss ein Feuer aus ...
Gut gemachtes Hörspiel mit viel Atmosphäre und einer spannenden Geschichte. Könnte stellenweise etwas gestrafft werden. Einen halben Punkt Abzug für den zufällig entstandenen Brand. Bei so kurzen Werken sollte es keine Zufälle geben, sondern eine lückenlose Choreografie und und Motivationskette.
Mark Brandis, Raumkadett 2 - Verloren im All
Die Abenteuer des jungen Mark Brandis, bevor er zum legendären Kommandanten der Delta VII wurde ... Teil 2 der Serie setzt dort ein wo, der erste endete: Mark Brandis darf, nach seiner Feuertaufe aus "Klabautermann" und blinder Passagier, tatsächlich an der Astronautenausbildung der VEGA teilnehmen. Er ist der Jüngste im Kurs und zeigt in der ersten Trainingseinheit bereits, was in ihm steckt. Auf einem ersten "Raumflug" geht so ziemlich alles schief, Erschütterungen des Schiffes, Ausfall aller Verbindungen nach außen und zur Brücke, und fünf Azubi-Raumfahrer allein im Maschinenraum eingeschlossen. Das Szenario ist beängstigend, und die jungen Kadetten müssen damit rechnen, auf ewig steuerlos durchs All zu trreiben. Doch langsam werden sie zu einem Team und schaffen es, das Notfall-Programm aufzulösen. Das Abenteuer des jungen Mark Brandis ist erneut ein Hörgenuss und knüpft nahtlos an die hohe Qualität der "großen" Mark-Brandis-Hörspiele an.Das Ende ist zwar ein wenig vorhersehbar, aber das tut der Spannung, die ja zum Großteil auf den zwischenmenschlichen Reibereien im Team und deren Überwindung beruht, keinen Abbruch. Die Fortsetzung ist gelungen.
Dat Späl von Dokter Faust: Goethes Faust als plattdeutsches Hörspiel
Goethes Faust auf Plattdeutsch, ein schönes Stück Literatur, das mir viel Spaß gemacht hat. Es ist nicht der ganze Faust, sondern nur rund eine Stunde, aber die Kernzitate sind drin, zum Beispiel: "Dor stah ick nu, ick arme Narr, un wüßt giern, wat ick dorvon harr!" Empfehlenswert. Ihr solltet es allerdings nicht im Autoradio hören, sondern besser zu Hause, das Motorgebrumm hat bei mir etwas gestört, in der semi-fremden Sprache musste ich schon manchmal etwas genauer hinhören.
Teil I: Januar bis März 2016
Teil 2: April bis Juni 2016
Teil 3: Juli bis September 2016
© Petra Hartmann
Hoerschelmanns "Schiff Esperanza"... ein toller/s Text / Hörspiel. Hat mir damals als Schüler im Deutschunterricht gut gefallen, obwohl es als gelbes Reclam-Heftchen zunächst so unscheinbar rüber kam.