MarburgCon 2017 - phantastisches Niederweimar
Unterwegs Marburg
Der Marburg-Con in Niederweimar gehört zu meinen liebsten Ausflügen in die Welt der Phantastik, und auch am vergangenen Sonnabend war es wieder so weit, dass ich ziemlich früh am Morgen und noch reichlich verschlafen mit meinem kleinen Panda die A7 südwärts zuckelte.
Da ich dieses Jahr keinen Büchertisch zu bestücken hatte und meine Lesung erst um 17 Uhr begann, konnte ich es etwas gelassener angehen. So traf ich gegen 11 Uhr am Bürgerhaus neben der Agip-Tankstelle ein und fand den Raum schon recht gut gefüllt vor. Dass ich dann doch noch eine ganze Menge Signierarbeit bekam, liegt an Gerd-Michael Rose (TES), zu dessen Verlagsprogramm auch die Reihe „BunTES Abenteuer“ gehört, in der mein „Feuervogel“ erschienen ist. Ich setzte also in rund zehn Hefte meinen Namenszug und hoffe, den Verkauf damit ganz gehörig angekurbelt zu haben. Mitgenommen habe ich mir aus dem Verlag Rolf Krohns Kurzgeschichtensammlung „Bunte Lichter“. Klingt sehr interessaant, ich bin gespannt.
Arcanum und Scratch haben neue Heimat
Bei Saphir im Stahl entdeckte ich einige interessante Arcanum-Restbestände, unter anderem den Gedichtband „Balladen und Bänkelsänger“ mit Fantasy-Lyrik, zu dem ich vor Urzeiten mal das Gedicht „Die ganze lange Nacht“ beigesteuert hatte. Erik Schreiber ist durch die Übernahme von Arcanum und Scratch nun dreifacher Verleger. Wie macht der Mann das bloß? Wenig Neuigkeiten hatte er allerdings über eine Anthologie, zu der ich Ende April eine Geschichte eingereicht hatte. Anscheinend sind bislang nur zwei Beiträge vorhanden ... Abwarten. Jedenfalls nahm ich mir ein altes und ein neues Buch mit: „To bad to be god“ von Kristina Lohfeldt aus den Scratch-Verlag und Eriks neuen Beitrag zu den „Mystischen Schriften“ von Arcanum, die Novelle „Schwalbennest“.
Beim Blitz-Verlag schaute ich mir schon mal Teil drei des "Gespensterbuchs" an. Den hole ich mir aber erst, wenn ich mit Teil zwei durch bin. Also wohl zum BuCon. Es gibt übrigens noch ein paar Exemplare der Anthologie "Drachen! Drachen!", die ich zusammen mit Frank G. Gerigk im Blitz-Verlag herausgegeben habe. Holt sie euch.
Bei Torsten Low liebäugelte ich mit dem Reiseführer durch die Herbstlande. Das dazugehörige Buch kenne ich ja schon, aber das Heft sieht vielversprechend aus. Vielleicht auch beim BuCon. Beim Geisterspiegel stöberte ich in den Geisterschocker-Hörspielen. Auf meiner Einkaufsliste steht ja immer noch der aktuelle Malcolm Max, der war allerdings nicht da. Dafür entdeckte ich noch zwei alte Bessy-Hefte für meine Sammlung.
Anderthalb Lesungen
Ich habe mir anderthalb Lesungen angehört. Zuerst die von Markus K. Korb aus "Spuk": Horror, Grusel und eine Portion Humor, dazu eine schöne, volltönende Stimme mit südlichem Zungenschlag, da hätte ich noch stundenlang weiter zuhören können. Sehr schön war auch die erste Hälfte von Tom Dauts Lesung aus "ANNO SALVATIO 423 - Das Licht der Ketzer". Tom hat eine geniale Art vorzulesen, und die Soundeffekte verwandelten den Konferenzsaal tatsächlich in ein großes Hörbuch-Kino. Leider habe ich dann vor lauter Spannung einmal zu schnell geatmet und mich verschluckt. Wer meine Hustenanfälle kennt, weiß, dass sie nicht so schnell wieder aufhören. Da bin ich lieber rausgeschlichen und habe mich am Tresen mit Cola medizinisch versorgt.
Von Chili und Weltraumplaneten
Apropos Tresen: Das Chili war klasse. Ich hätte gut noch eine zweite Portion vertragen können. Die Bockwurst mit Senf und Brötchen war aber als Ersatz akzeptabel. Dirk van den Boom als Thekenkraft gewohnt charmant. Dank seiner Sticheleien über meinen geplanten Roman „Der Weltraumplanet“ habe ich nun auch schon einen Verleger: Hermann Schladt vom VSS-Verlag schrie gleich „Hier!“, als er hörte, ich arbeite an einem SF-Roman. Naja, wenn ich jetzt schon einen Titel und einen Verleger habe, dann sollte ich langsam anfangen über den Inhalt nachzudenken.
Demantin und Hödeken in Marburg
Am Abend las ich dann im Raum „Kegelbahn“ aus „Demantin“ und „Hödeken“ vor, beide erschienen im Hildesheimer Verlag Monika Fuchs. Beim „Demantin“ trug ich die Kandimant-Episode mit dem furchtbaren Meerweib vor, aus den Hödeken-Sagen die Geschichte, in der Hödeken die Frau eines Rosshändlers vor zudringlichen Freiern beschützen soll. Was der Geist allerdings nicht ahnte, als er den Auftrag annahm: Die Frau war, sagen wir: außerordentlich aktiv und lockte beinahe mehr Männer an als ein ehrenamtlicher Tugendwächter verscheuchen kann. Ein echter Knochenjob für den armen Hütchenträger.
Es gab eine sehr lebendige Diskussion, und trotz des eigentlich sehr hildesheimischen Stoffes waren wir schnell beim Vergleichen von indoeuropäischen Sagen und Mythen und, zogen Parallelen zwischen Demantins Irrfahrten und der Reise des Odysseus. Da hätte der „Crane“ fast noch besser gepasst.
Vincent-Preis und Marburg-Award
Am Abend wurden der Vincent-Preis und der Marburg-Award verliehen. Hier zunächst die Ergebnisse des Vincent-Preises:
Roman national
1. Platz: Vincent Voss: Frischfleisch
2. Platz: Michael Merhi: Candygirl
3. Platz: Jenny Wood: Letzter Plan
4. Platz: Sabine D. Jacob: Rabenauge
5. Platz: Arne Beitmann: Familientreffen
Roman international
1. Platz: Tim Curran: Skull Moon
2. Platz: Edward Lee: Header
3. Platz: Joe R. Lansdale: Gekreuzigte Träume
4. Platz: Greg F. Gifune: Bösartig
5. Platz: Jeff Strand: Dead Clown Barbecue
Anthologie
1. Platz: Constantin Dupien (Hrsg.): Heimgesucht
2. Platz: Bettina Ickselsheim - Förster (Hrsg.): Mysteriöse Orte
3. Platz: Markus Kastenholz (Hrsg.). Fleisch 4
4. Platz: Carolin Gmyrek (Hrsg.): Unheimliches Ungeziefer
5. Platz: Kastenholz/Ippensen (Hrsg.): Blutgrütze 1
Storysammlung
1. Platz: Tobias Bachmann: Liebesgrüße aus Arkham
1. Platz: Markus Kastenholz: Rotjäckchen und der perverse Wolf
2. Platz: A.C. Hurts: Gone Mad
3. Platz: Markus K. Korb: Xenophobia
4. Platz: Inhonourus: Morbid-Krankhaft
Kurzgeschichte
1. Platz: Faye Hell: Cock sucking †¦
2. Platz: Thomas Williams: Clown Syndrom
3. Renee Engel: Die Augen der Geisha
4. Platz: Juliane Schiesel: Grenzgebiete
5. Platz: Kaiser/Lohwasser: Im Zeichen der gestrengen Mutter
6. Platz: Inhonourus: Logout
Grafik
1. Platz: Markus Lawo: Gone Mad
2. Platz: Arndt Drechsler: American Wasteland
3. Platz: Markus Freier: BioPunk'd
3. Platz: Björn Ian Craig: Zwielicht 8
4. Platz: Jacqueline Spieweg: Besessen
Sonderpreis
Horror-Forum
Der Wettbewerb zum Marburg-Award hatte diesmal das Thema "Finstere Übernahme". Die Gewinner sind:
1. "Ihre Entscheidung!" von Sonja Hermeneit
2. "Die Welt retten" von Anke Höhl-Kayser
3. "Entmietung" von Anja Buchmann
3. "Symbiose" von Julia Annina Jorges
Ich habe mir das Buch zum Marburg-Award gekauft und die Sieger-Geschichte schon gelesen. Wirklich faszinierend und sehr mutig. Das ganze ist eigentlich keine Geschichte, sondern eher ein „Entscheide dich“-Abenteuer: Das und das passiert. Was tust du? Wenn du das und das machst, lies weiter bei Nummer 7, wenn du lieber dieses oder jenes tust, lies weiter bei 19. Die Veranstalter hatten im Vorfeld sogar überlegt, ob sie den Text nicht disqualifizieren sollten. Schon bemerkenswert, dass diese Ausnahme-Geschichte dann sogar gewonnen hat.
Und sonst? Es waren sehr viele Besucher da. Das Bürgerhaus war gut gefüllt. Trotzdem habe ich einige Freunde vermisst. Wir werden wohl alle nicht jünger und gesünder. Alles Gute an euch da draußen.
Herrenloses Warndreieck und verschwundene Autobahn
Ich kam spät in der Nacht nach Hause. Außergewöhnliche Vorkommnisse: Ein herrenloses Warndreieck auf dem Standstreifen und schon fast an der Fahrbahn kurz vor der Werratalbrücke. Eine weggemachte Autobahn, die kurz vor Seesen einfach verschwand (seit wie vielen Jahren komme ich nun schon aus Marburg nach Hause und taste mich durch Baustellen vor Bockenem?). Ein eigenartiger Lichtreflex beim Einfahren in eine hessische Ortschaft (Sollte ich zu schnell gewesen sein? Ich glaube eigentlich nicht). Wiedereintritt in die Silliumer Atmosphäre gegen 1.30 Uhr mit voller Büchertasche, leerem Geldbeutel, viel neuem Wissen über Verlaine dank der "Langen Nacht" des Deutschlandfunks und sehr kleinen Augen. Nächstes Jahr nehme ich mir bestimmt ein Zimmer in Marburg.
© Petra Hartmann