Jan-Eike Hornauer (Hrsg.): Wenn Liebe schwant
Lyrik Jan-Eike Hornauer
Die Gedichte waren ursprünglich im Internet auf der Seite "Das Gedicht Blog" zu finden. Eine erste Serie komischer Liebeslyrik ging im Jahr 2014 anlässlich des Valentinstags in 20 Folgen online, wie in der Einleitung des Herausgebers geschildert wird. Zwei weitere 20-Teiler folgten in den Jahren darauf, sodass nun bei der Veröffentlichung ein recht ansehnliches Buch dabei herausgekommen ist. Die Sammlung enthält die 60 Blog-Gedichte sowie neun bisher unveröffentlichte Beiträge als Bonus, Sie gliedert sich, den Blog-Stafeln folgend, in drei Teile. Im ersten geht es unter dem Titel "Anflug von Liebe" und das erste Anbandeln, Zu-einanander-Finden oder eben nicht, um One Night Stands, Abblitzen oder das Aufkeimen von Leidenschaft. Teil zwei, überschrieben "Im halben Himmel", ist eher einer bereits laufenden Beziehung gewidmet, wobei die Übergänge hier manchmal fließend und nicht ganz eindeutig sind. Teil drei schließlich trägt den Titel "Landung - und Neustart?" und widmet sich dem Ende einer Liebe. (Warum eigentlich wird mit solcher Selbstverständlichkeit das Scheitern vorausgesetzt? Ist mit des Humores Mächten gar kein ew'ger Bund zu flechten?)
Die Sammlung ist vielseitig und lädt durchaus zum Lächeln, Grinsen, Schmunzeln ein. Sprachlich hat das Buch einiges zu bieten, vom bayerischen "Ich waar so gern a Zigarettn" Alfons Schweiggerts und dem "Umananda doa" von Anton G. Leitner über das herumalbernde, kindersprachliche "tuchelzuschel / kichertuschel / kuschelpuschel" von Christian W. Burbach bis hin zu Alex Dreppecs Chemiker-Dialog "Doofnickel", der nur aus den Kürzeln chemischer Elekmte besteht. Dreppec steuerte auch ein an Heinz Erhardts ledgendären G-Sketch erinnerndes V-Gedicht bei, in dem Venushügel, Vulkane und Verführung vibrieren, eine Tirade, die dann allerdings lapidar endet mit einem: "Vater verweigerte Volljährigkeit."
Ausführlich und sehr lehrreich kommt das Gedicht "Schneckenliebe" daher und berichtet wissenswerte Details aus dem Liebesleben der Weichtiere: "Samuraischnecke Euhadra subnimbosa / sticht 3.300 mal eine Stunde lang / Viele Tiere kommen bei diesem Vorspiel um / Da sagt keiner was", erfährt der geneigte Leser, und: "Bei der Weinbergschnecke Helix pomatia / Dauert das Ganze mindestens 24 Stunden". Na dann.
Doch auch das Tierreich hat sein tragisches Liebespaar, wie das Titelgedicht "Wenn Liebe schwant ..." von Roland Fritsch beweist, der die unmögliche Liebe eines schwarzen Schwans zu einem weißen Tretboot beschreibt. Wobei "unmöglich" eigentlich das falsche Wort ist, denn dem Gedicht liegt eine reale, wenn auch einseitige Liebesbeziehung einer Trauerschwänin zugrunde.
Sehr nett ist die "Entführung", die Matthias Kröner schildert. Ein Mann beobachtet, wie seine Frau von Aliens mitgenommen wird. Nach zwei Tagen ist sie wieder da. Was sie mit ihr gemacht haben, weiß man nicht: "Doch seither / hat sie weniger an mir auszusetzen und, / unter uns gesagt, / auch der Sex ist besser."
Eigentlich gar nicht komisch, eher mit einem liebevollen, herben Realismus im Ton, kommt Karin Jacobs Gedicht "Großstadtromantik" daher, ein Liebespaar im Hochhauswald der Großstadt, rauschende Autos statt Wind in den Bäumen, und statt des Mondes leuchtet ein Firmenschild. Dem Paar ist seine Liebe zu gönnen.
Desillusionierend liebevoll treten manchmal die Geliebten älterer Männer auf und treffen sie offenbar an ihrer empfindlichsten Stelle. Da muss sich das lyrische Ich Jan-Eike Hornauers schon mal nach einem heißen One-Night-Stand sagen lassen, "die alten Männer / die fände sie halt voll den Renner ..." Und in "Liebe ohne Unterschied" von Michael Schönen heißt es brutal ehrlich:
"Liebst du mich denn", frag ich leichthin,
"auch wenn ich alt und hässlich bin?"
Da spricht sie leise lächelnd: "Och,
mein dummer Schatz, das tu ich doch."
Fazit: Eine kleine, leichtfüßige Sammlung, die die Liebe nicht ganz so ernst nimmt und dem Leser ab und zu ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Wer Abgründe und Liebestragödien sucht, ist hier falsch, der Rest kann sich über ein liebenswürdiges Büchlein für den kleinen Lyrikhunger zwischendurch freuen und vielleicht an dem einen oder anderen Gedicht auch ein wenig länger verweilen.
Jan-Eike Hornauer (Hrsg.): Wenn Liebe schwant. München: muc Verlag, 2017. 136 S., Euro 9,90.
Weiterer Lyrikband von Jan-Eike Hornauer:
Das Objekt ist beschädigt
© Petra Hartmann