Nürnberger Autorentreffen 2018
Unterwegs Nürnberg
Zum inzwischen 15. Mal lud Ursula Schmid-Spreer Autoren nach Nürnberg ein. Das Treffen an HImmelfahrt gehört für viele Schriftststeller einfach dazu und ist unverzichtbarer Bestandteil des Jahresprogramms, und natürlich zog es auch mich wieder in die Frankenmetropole.
Neu war, dass es eine musikalische Begrüßung durch die Sängerin LeeZa Nail gab. Sie versetzte den Saal des Caritas-Pirckheimer-Hauses gleich zu Beginn auch ohne Mikrofon in positive Schwingungen. Wer länger blieb, konnte sie am Abend darauf auch bei der Lesung in der Galerie im Weinlager hören. Ein guter Einstieg und Ausklang des literarischen Treffens.
Den ersten Teil des Seminars bestritt Verleger Ulrich Wellhöfer, der allen, die es noch nicht wussten, erzählte, welche Leistungen Verlage bringen und welche Entscheidungen für die Publikation und Vermarktung eines Buches getroffen werden müssen. Da ist schon mal die Frage zu klären, ob man nicht lieber auf das Hardcover verzichtet, um das Werk strategisch günstig auf die Stapeltische zu bekommen.
Sehr interessant war seine Betrachtung der "Umwelt" eines Buches. Wellhöfer unterscheidet zwischen Umwelt I, die durch den Verlag und den Autor beeinflussbar ist, und Umwelt II, also Dingen, auf die die Buch-Macher keinen Einflus haben. Die Umwelt I ist gestaltbar, etwa durch Pflege eines guten Kontaktnetzes, durch Veranstaltungen zur Buchpremiere, Lesungen, durch Gespräche mit Buchhändlern, Pressekontakte und mehr. Hier lässt sich einiges anschieben, um ein gutes Verkaufsklima um das Buch herum zu schaffen. Beim Verlag von Ulrich Wellhöfer sind hierzu vor allem Veranstaltungsreihen und Kulturprojekte entstanden; Musik,Kabarett, Rezitationen, Workshops und mehr schaffen eine Verbundenheit zwischen Verlag, Lesungen, Buchhandlungen und der Region. Da nimmt man dann auch gern mal ein Buch mit nach Hause.
Titus Müller, der beim Autorentreffen so unverzichtbar ist wie Gastgeberin Ursula Schmid-Spreer, hatte sich diesmal ein literaturwissenschaftliches, historisches Thema gewählt. Er ging der Frage nach, was heutige Autoren von Thomas Mann lernen können. Ja, das hat schon was, wie im "Zauberberg" anhand weniger kleiner Worte und Gesten die Personen gezeichnet werden. Und ja, man sollte sich den alten Mann mal wieder vornehmen. Ich erinnere mich noch gut an mein Hörbuch des Romans mit dieser penetrant zuklappenden Speisesaaltür. Er hatte schon was drauf. Wenn ich mir sienen Satzbau auch garantiert nicht zu eigen machen werde.
Spannend war das anschließenden Werkstattgespräch zwischen Ulrich Wellhöfer und Titus Müller. Vor allem an der Stelle, an der es um Folgeverträge ging.Verleger Wellhöfer betonte, er wolle seine Autoren nicht knechten und bei Verträgen gleich festlgen, dass die nächsten Werke des Autors auch in seinem Verlag erscheinen müssen. Titus dagegen - als Genreautor und Familienvater, wie er betonte - wäre außerordentlich glücklich, wenn er auch schon Verträge über die nächsten drei Romane in der Tasche hätte. So unterschiedlich kann man das also sehen.
Matthias Matting, bekannt durch die Selfpublisher-Bibel, erzählte in seinem Vortrag etwas über die Möglichkeiten des Selfpublishing und legte sehr beeindruckende Zahlen vor. In Deutschland gibt es inzwischen über 70.000 Selbstveröffentlicher, darunter wesentlich mehr Frauen als Männer. Hauptmedium ist dabei das eBook, der Print-Bereich ist für die meisten eher uninteressant. Rund die Hälfte der Top 100 bei Amazon stammen nicht von Verlagen. Am besten laufen Chicklit, Romantik, Thriller, Fantasy und Krimis, auch Sachbücher verkaufen sich teilweise ganz ordentlich.
Die meisten Autoren veröffentlichen mehr als einen Titel und sind inzwischen schon länger als ein Jahr dabei. Etwa 4 Prozent der SPler verdienen 2000 Euro oder mehr im Monat mit ihren Werken. Naja, da liege ich deutlich drunter. Von Zahlen wie Poppy J. Andersen (1,2 Millionen verkaufte eBooks) kann ich erstmal nur träumen. Aber wir arbeiten dran.
Interessant die Tipps zur Anlage eines eigenen Newsletters. Mit dem Gedanken trage ich mich ja schon länger. Aber warten wir erstmal ab, wie das mit der Datenschutz-Geschichte sich entwickelt ...
Übernachtet habe ich diesmal in der Galerie im Weinlager (Danke, Walther und Kathleen, für die Gastfreundschaft). Dort gab es am Abend darauf noch eine Lesung einiger Teilnehmer. Und wer Ursula Schmid-Spreer kennt, weiß ja, dass jeder, der das Zeitlimit von fünf Minuten überschreitet, gnadenlos erschossen wird. Die Geschichten drehten sich um Mord und LIebe und - dieses Jahr erstaunlich oft - ums Kochen. Wieder eine Menge gelernt. Und die musikalische Begleitung durch Sängerin LeeZa Nail war genauso hörenswert.
Die Rückfahrt verbrachte ich größtenteils zwischen Schlafen und Wachen in einem extrem stickigen und klebrigen Nachtzug-Abteil. Erst als ich feststellte, dass man stehend auf dem Gang wesentlich bessere und frischere Luft bekam, wurde die Reise etwas angenehmer. Ich denke, ich war gegen 7 Uhr zu Hause und fiel in eine tiefen Schlaf.
© Petra Hartmann
Weitere Berichte vom Nürnberger Autorentreffen:
Nürnberger Autorentreffen 2010
Nürnberger Autorentreffen 2011
Nürnberger Autorentreffen 2012
Nürnberger Autorentreffen 2015
Nürnberger Autorentreffen 2016
Nürnberger Autorentreffen 2017
Nürnberger Autorentreffen 2019
Nürnberger Autorentreffen 2024