Christel Scheja und Uta Hesse: Im Bann der wilden Jagd
Bücher - phantastisch Christel Scheja Uta Hesse
Zornige Highlander und stolze Sidhe, Aberglaube, Magie und Wissenschaft - in Christel Schejas und Uta Hesses Roman "Im Bann der Wilden Jagd" finden Schottland-Fans und Freunde der keltischen Sagenwelt alles, was ihr Herz begehrt. Es ist eine harte, von ganz eigenem Zauber durchdrungene Welt, die die beiden Autorinnen da zum Leben erweckt haben, und für die beiden Helden, Alastair und Calumn, wird es eine todgefährliche Reise beziehungsweise Flucht. Eine Flucht vor der Rache eines Lairds, aber auch vor dessen sexuellen Gelüsten.
Altfans der Fanzine-Reihe "Legendensänger-Edition" werden sich vielleicht noch an die beiden jungen Halb-Sidhe erinnern: "Aly und Cal" und ihre Abenteuer in den Highlands waren dort erstmals erschienen, und die vier Hefte strahlten schon damals einiges an Romanpotenzial aus. Nun also, rund 15 Jahre später, haben es die beiden Helden geschafft, und ihre Geschichte ist in überarbeiteter Form als über 400 Seiten starkes Taschenbuch im Verlag Legendarion erschienen.
Ein Mann ohne Gedächtnis am Schweinetrog
Der junge Aly ist Gehilfe des Alchimisten und Schwarzmagiers Mikhail Scotus, der ihn ziemlich schlecht behandelt, aber was hat ein Junge ohne Eltern schon groß zu erwarten vom Leben? Als Aly einen heruntergekommenen Fremden entdeckt, der den Schweinen seines Lairds das Fressen wegessen will, schleppt er ihn zu einem Priester, der sich zunächst um ihn kümmert. Es stellt sich heraus, dass der Fremde, der zunächst unter Gedächtnisschwund leidet, ein Bastard und der Halbbruder eines benachbarten Clanchefs ist. Und Malcolm will den Entlaufenen unbedingt zurück haben. Einerseits, um Rache zu nehmen, da dieser seine Braut verführt hat, andererseits, weil er Cal schon seit einiger Zeit sexuell missbraucht und die Nächte mit ihm nicht missen möchte. Bald wird klar, dass sowohl Aly als auch Cal so schnell wie möglich fliehen müssen, dieser vor Malcolm, jener vor dem Magier Scotus, der den Jungen misshandelt und üble Pläne für Samhain mit ihm hat.
Ungleiche Brüder
Es sind zwei sehr ungleiche Männer, die sich gemeinsam auf den Weg machen: Cal, der die Harfe wesentlich besser zu führen weiß als das Schwert, und Aly, der von einem hilflosen Knaben nach und nach zu einem Mann der Wissenschaften heranreift und ein besonderer Heilkünstler werden wird. Unterschiedlich, aber doch durch eines verbunden: Beide sind Söhne eines Sidhe, eines Feenfürsten aus der Anderswelt, der mit den Seinen gebrochen und sich den Menschen zugewandt hat. Und so werden die beiden bald nicht nur von Malcolm und Scotus verfolgt, sondern auch von den unsterblichen Feinden ihres Vaters. Von der Wilden Jagd und den Schreien der Banshees ...
Eine wilde Jagd durch die Jahrhunderte
Die Geschichte ist fiktiv. Christel Scheja, die im Nachwort ein wenig die historischen Hintergründe aufdröselt, spricht von einem "wilden Mix", den die beiden Autorinnen hier zusammengebraut haben. "Aber es hat unheimlich Spaß gemacht, aus der Reihe zu tanzen und nicht alles streng auseinanderzuhalten", schreibt sie, und dieser Spaß und die überschäumende Fabulierfreude der beiden kommt auch beim Lesen des Buchs genau so rüber. Die Geschichte solle in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts spielen, wobei das schottische Leben und die Clantraditionen sich eher am 17. Jahrhundert orientieren, und in Italien die Renaissance etwas vorgezogen wurde, wie Scheja schreibt.
Gelungene Charaktere
Herausgekommen ist auf jeden Fall ein spannender Roman, in schöner, angenehm zu lesender Sprache, der sich trotz seines Umfangs sehr schnell "wegliest", man vergisst einfach die Zeit über diesem schönen Stück Literatur. Sehr gut gelungen ist den beiden Autorinnen die Charakterzeichnung der beiden Helden und einiger Nebenfiguren, vor allem die Entwicklung des Alastair vom Knaben bis hin zum reifen, selbstbewussten Medicus wirkt sehr überzeugend. Sehr interessant auch die Figur des Mikhail Scotus, eines Wissenschaftlers und Philosophen, der um die Jahrhundertwende vom 12. zum 13. Jahrhundert gelebt hat. Ob er tatsächlich so ein finsterer Beschwörer der alten heidnischen Kräfte war, scheint fraglich, aber mit der Kirche hatte er tatsächlich den einen oder anderen Strauß auszufechten.
Auf jeden Fall ein flüssig geschriebenes und spannendes Stück Fantasy-Literatur, das jedem Freund guter Bücher unbedingt ans Herz gelegt werden kann.
Fazit: Highlander, Magie und Elfenfürsten, dazu ein Schuss italienische Renaissance, das alles spannend und in gepflegter Sprache erzählt - was will man mehr von einem Buch?
Christel Scheja und Uta Hesse: Im Bann der wilden Jagd. Steina: Legionarion Verlag, 2020. 415 S., Euro 18.
© Petra Hartmann