Thomas Ostwald: Auf der Spur
Bücher - Abenteuer Thomas Ostwald Karl May Old Shatterhand Osagen Blitz-Verlag
"Auf der Spur" ist der zweite Teil der Trilogie "Die schwarzen Teufel von Missouri", verfasst von Thomas Ostwald und erzählt aus der Perspektive von Karl Mays Old Shatterhand. Ostwald setzt die im Band "Aufbruch ins Ungewisse" begonnene Erzählung fort und lässt nun, nach dem Auswandererschiff im ersten Band, einen Raddampfer auf dem Mississippi zum Schauplatz der Handlung werden.
Old Shatterhand bzw. Karl May, der unter dem Namen Karl Winter reist, hatte im ersten Teil seinen Autorenkollegen Friedrich Gerstäcker kennen gelernt, der sich nun Fred Miller nennt. Beide schlossen Freundschaft mit der jungen und schönen Klara von Rauten, wobei es im Falle Old Shatterhands sogar etwas mehr als Freundschaft ist. Klara ist zusammen mit ihrer Zofe Anna nach Amerika gekommen, um hier ihren Verlobten und zukünftigen Ehemann zu treffen. Aufgrund eines Briefes, der ihr von drei zwielichtigen Typen überbracht wird, beschließt sie, weiter ins Landesinnere zu reisen. Karl, Fred, Klara und Anna begeben sich also an Bord.
Als Hilfssheriffs vereidigt
Unterwegs gibt es mehrere Abenteuer zu bestehen. Hauptproblem scheint eine Gruppe Bushwhackers zu sein, die die Gegend terrorisieren. Zahlreiche Überfälle gehen auf das Konto dieser Bande, und es heißt, ihr Anführer habe Insiderkenntnisse über Geldtransporte. Eine Zeitungsredaktion, die dies öffentlich macht, wird kurz nach Erscheinen des Artikels in die Luft gesprengt. Bei einem anderen Vorfall während eines Dampferaufenthalts werden Fred und Karl vom örtlichen Sheriff im Handstreich als Deputies vereidigt und müssen gegen Banditen zu Felde ziehen. Und an Bord entlarvt Fred einen Falschspieler. Ein Abenteuer reiht sich an das andere auf dieser Fahrt. Doch dann wird Klara entführt. Während Fred zurückbleibt, um sich um Anna zu kümmern, macht sich Old Shatterhand allein auf und folgt den Entführern, um die Geliebte zu retten. Hierbei lernt er zwei Osagen auf dem Kriegspfad kennen, die mit den Entführern ebenfalls noch ein Hühnchen zu rupfen haben ...
Ein "wilder" und ein "zivilisierter" Osage
Die beiden Osagen sind zweifellos die beiden faszinierendsten Charaktere im vorliegenden Abenteuer. Es handelt sich um zwei sehr gegensätzliche Charaktere, von denen der eine, Roter Donner / Pah-me-o-ne-qua, ein zürnender Häuptling vom alten Schlag ist und sich auf einem Rachefeldzug befindet, während sein Begleiter, der Führer der Pferde oder Schon-ka-ki-he-ga, seinen Frieden mit den Weißen schloss, einen Anzug trägt und sich mit dem Weißen-Namen Tomsen anreden lässt. Der Ich-Erzähler nennt ihn bei sich: "der Zivilisierte". Beide Indianer sind auf der Jagd nach einem Mann, der Donners Frau entführte und das Heilige Bündel der Osagen raubte.
Ostwald schreibt spannend und flüssig, das Buch lässt sich zügig lesen, und Langeweile kommt an keiner Stelle auf. Abenteuer folgt auf Abenteuer, und die bei Karl May oft gerügten "Längen", etwa bei Personenbeschreibungen oder Landschaftsschilderungen, werden hier geflissentlich vermieden. Das ist nicht schlecht, allerdings hat man auch beim Lesen manchmal das Gefühl: Mensch, das, was hier in fünf Seiten abgehandelt wurde, hätte bei May einen kompletten Roman ergeben. Vielleicht hätte sich der Autor auch die Zeit nehmen können, die eine oder andere Episode ein wenig ausführlicher auszumalen.
Old Shatterhand ohne Jagdhieb
Sehr interessant ist der schon im ersten Band verfolgte Ansatz, Old Shatterhand ein wenig vom Sockel herunterzuholen. Während er in "Aufbruch ins Ungewisse" als "Junior-Partner" des erfahreneren Gerstäckers auftrat und sich dem erfolgreichen und tüchtigen Westmann auch gern unterordnete, sind es nun die beiden Osagen, die den jungen Weißen an ihrer Seite dulden, aber eben auch nur dulden. Von Winnetou, dem Häuptling der Apachen, als dessen Blutsbruder der Ich-Erzähler sich bezeichnet, haben sie noch nie etwas gehört. Und den Namen "Old Shatterhand", kommentiert einer der beiden mit dem treffenden Satz: "Das ist ein guter Name, weißer Mann, wenn du ihn denn verdient hast."
Den berühmten Jagdhieb, dem er seinen Namen verdankte, konnte Old Shatterhand bislang noch kein einziges Mal anwenden. Für den legendären Henrystutzen kann er sich erst in der Mitte dieses Buches überhaupt Munition verschaffen, der Bärentöter bleibt bis auf weiteres ungeladen. Der Versuch, die Osagen zu beschleichen, geht gnadenlos schief, weil sie den ungeschickten Weißen herankommen hören. Und auch die legendären Sprachkenntnisse des West-Supermans versagen hier: Die Sprache der Osagen hat er noch nicht gelernt.
Nicht aufgeklärt wird die Frage, warum im ersten Teil jemand immer wieder versuchte, sich an Old Shatterhands Waffen zu schaffen zu machen. Ebenfalls rätselhaft bleibt, warum der Ich-Erzähler, der genau wie Klara ein ungutes Gefühl angesichts der drei Galgenvögel in der ersten Szene hat, der jungen Frau auf Teufel komm raus widerspricht, als sie ihr Misstrauen äußert, und darauf hinweist, dass man im Westen nun damit rechnen müsse, raues Volk statt geschniegelter Burschen zu treffen.
Fazit: Spannender, schnell erzählter Roman, in dem sich Abenteuer an Abenteuer reiht. Old Shatterhand wird auf ein Normalmaß zurechtgestutzt und landet keinen einzigen Jagdhieb. Gut lesbarer Abenteuer-Roman, ordentlich abgeliefert.
Thomas Ostwald: Old Shatterhand - Neue Abenteuer. Auf der Spur. Teil 2 der Trilogie Die schwarzen Teufel von Missouri. Blitz-Verlag, 2017. 153 S., Euro 12,95.
Weitere Karl-May-Fortsetzungen:
Thomas Ostwald: Aufbruch ins Ungewisse
Thomas Ostwald: Der schwarze Josh
Axel Halbach: Blutige Schluchten
Klaus-Peter Walter: Sherlock Holmes und Old Shatterhand
Wolfgang Berger: Weißer Vater
© Petra Hartmann