Mark Brandis: Astropolis
"Astropolis" ist der 19. Band der SF-Serie "Mark Brandis", der jetzt zusammen mit Band 20, "Triton-Passage" im Wurdack-Verlag erschienen ist. Das Taschenbuch handelt von einer riesigen Raumstation, die als künstlicher Planet eine neue Heimat für zehntausend Auswanderer werden soll, und von der Sehnsucht nach Unsterblichkeit.
Mark Brandis erhält einen Auftrag, der wohl der Traum eines jeden seiner Kollegen ist: Nicht ein Raumschiff, nein, einen ganzen Planeten soll er steuern: Astropolis, eine in der Mondumlaufbahn zusammengebaute Station nach Vorbild der "Pilgrim 2000", soll nun in einen Orbit um die Sonne gebracht werden. Der künstliche Planet ist der erste einer ganzen Planetenkette, mit der die Menschheit der drohenden Übervölkerung ihres Planeten begegnen möchte. Immerhin leben im Jahr 2082 allein in der EAAU, der Europäisch-Amerikanisch-Afrikanischen Union, 6,7 Milliarden Menschen, und in den Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) setzen die Regierungen eine radikale Geburtenkontrolle durch, wie in "Aktenzeichen: Illegal" beschrieben. Jetzt sollen künstliche Planeten für zunächst 20 Millionen Menschen eine neue Heimat bieten.
Astropolis - ein Paradies mit Unsterblichkeits-Spritze
Eine neue paradiesische Heimat unter den Sternen - das könnte so schön sein, wenn es nicht auch andere Ideen zum Kampf gegen die Bevölkerungsexplosion gäbe: Gil Graham, ein Arzt und Anhänger der "Tarassenko-Spritze", hat sich auf der Flucht vor der Polizei an Bord der Station versteckt. Sein Heilsversprechen: Unsterblichkeit, erkauft um den Preis der Unfruchtbarkeit. Ein Serum soll den "Status quo" der Menschheit erhalten, ein weiterer Anstieg der Bevölkerung ist nach der Impfung ausgeschlossen. Zuerst heimlich, dann immer offener und fordernder und getragen vom Schwarm seiner Jünger schwingt sich Graham in Astropolis zum neuen Guru auf, und der Hass auf alle "Impfungsverweigerer" schlägt bald in Gewalt um. Brandis sieht sich mit Krawallen und Zwangsimpfungen konfrontiert, sogar mit Gewalt gegen Schwangere. Die Lage gerät außer Kontrolle, zumal sich Brandis nicht auf seine bewährte Crew stützen kann, sondern mit zwei Partnern fliegt, von denen der eine auf jeden Fall nach der Mission in Astropolis bleiben will, während der zweite noch unentschlossen ist.
Mark Brandis trifft auf "Die Grenzen des Wachstums"
Das Buch greift ein Thema auf, das in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts heftig diskutiert wurde. Dennis Meadows' Bericht an den Club of Rome "Die Grenzen des Wachstums" oder Heinz Habers "Stirbt under blauer Planet?" waren Schullektüre, die Bevölkerungsexplosion in China war das Schreckgespenst schlechthin. Ein Thema also, an dem auch Mark Brandis nicht vorbei kam. Sehr geschickt stellt der Autor in Grahams Theorie die Konsequenzen eines "Einfrierens" der Menschheit auf gleichbleibendem Niveau dar: Unsterblichkeit auf der einen Seite, aber eben auch den Preis dafür, die Unmöglichkeit, Kinder zu haben.
Wütender Mob unter den Sternen
Und noch ein weiterer Preis wird gezahlt: der Verlust der Menschlichkeit. Wieder einmal zeigt der Verfasser sich als guter Beobachter mit einem Gespür dafür, wie die "Masse Mensch" funktioniert. Wer als Geimpfter plötzlich zur Mehrheit gehört, wird Teil eines wütenden Mobs, getragen vom Hass auf alles, was anders ist, auf jeden, der nicht mitmachen will. Aber auch die zwischenmenschlichen Konflikte innerhalb der Crew, die schon zu Beginn der Reise keine Einheit bildet, sind treffend und überzeugend herausgearbeitet.
Die Handlung ist spannend, das Buch flüssig und mitreißend geschrieben, und der Leser wird schnell hineingesogen in den Strudel des Wahnsinns, der in Astropolis wütet. Die Auflösung der Geschichte und das Ende der Hysterie hätte vielleicht etwas filigraner gearbeitet und besser vorbereitet sein können, doch dies sind Kleinigkeiten, die den Lesegenuss sicher nicht stören.
Fazit: Spannend, nachdenklich und mitreißend. Ein Weltraumabenteuer, das zum Verschlingen gemacht ist.
Mark Brandis: Astropolis. Nittendorf: Wurdackverlag, 2011. 174 S., Euro 12.
Weitere Besprechungen zu Mark-Brandis-Romanen:
Band 5: Vorstoß zum Uranus
Band 6: Die Vollstrecker
Band 11: Operation Sonnenfracht
Band 12: Alarm für die Erde
Band 13: Countdown für die Erde
Band 14: Kurier zum Mars
Band 15: Die lautlose Bombe
Band 16: Pilgrim 2000
Band 18: Sirius-Patrouille
Band 19: Astropolis
Band 20: Triton-Passage
Band 23: Vargo-Faktor
Band 24: Astronautensonne
Band 25: Planetaktion Z
© Petra Hartmann