
Margareta Simari: Spiralmond

Eine ungewöhnliche astronomische Konstellation steht bevor: Sieben spiralförmig um den Mond laufende Sterne sollen die Wiederkehr des Propheten Schneenase verkünden. Das Volk der Hatti hofft auf einen Krieger, der es in den Kampf gegen die verhassten Stadtbewohner, die Hurtantes, führt.
Mit ihrem Kurzroman "Spiralmond" entführt Margareta Simari ihre Leser ins anatolische Hochland des dritten vorchistlichen Jahrtausends. Der historische Stamm der Hatti, die geheimnisvolle Stadt Hattuscha und der Mythos vom Felsdämon Ullikummi vermischen sich mit der fantastischen Fähigkeit von Simaris Protagonisten, sich zur Zeit des Vollmonds in Schneetiger zu verwandeln.
Der Held der Geschichte ist Uwanna Pat, ein junger Hatti, der zur Zeit der Begeisterung für den neuen Propheten und den Krieg gegen die Stadtbewohner einen seltsamen Traum, beziehungsweise eine Vision hat: Eine Stimme fordert ihn auf, sich zum "Rauchzahn" - so bezeichnet sein Volk die Stadt der Feinde - zu begeben. Uwanna Pat lernt die völlig andere Kultur der Hurtantes kennen, tritt in die Dienste eines Professors und erfährt hier aus alten Schriften, dass der angebliche Prophet zur Vernichtung der Stadt ein schlimmes Bündnis eingegangen ist: Die alten, bösen Götter aus den Tiefen der See drohen zurückzukehren und Hatti wie Hurtantes gleichermaßen zu verschlingen.
Der Roman schildert eine faszinierende, versunkene Welt und Zeit, über die nur wenig bekannt ist, und der Autorin gelingt es, eine spannende Handlung mit interessanten Schilderungen über das Leben der beiden verfeindeten Völker zu verbinden. Sehr gelungen sind die Zeichnung der jungen Hurtanza Leliwanza, die unbedingt Kriegerin werden will und trotz der Kriegsgefahr nicht ins Heer aufgenommen wird, und die naiven Blicke Uwannas auf das irritierende Leben und Treiben der Stadtleute.
An einigen Stellen wirkt die Ausdrucksweise der Helden unangemessen modern, zum Beispiel als im Kriegsrat die junge Sumiri feststellt: "So wie ich das verstanden habe (...), haben wir nur zwei Optionen". Ohne die genaue Redeweise der historischen Hatti und ihrer Gegner zu kennen, steht doch zu vermuten, dass sie nicht unbedingt das "Managersprech" des 21. Jahrhunderts im Munde führten. Auch Professor Hadanza, der in alten Tontafeln wühlt und sich an Übersetzungen versucht, wirkt eher wie ein angestaubter, redlicher Altphilologe an einem humanistischen Gymnasium. Doch sind dies Kleinigkeiten, die den Lesegenuss nicht schmälern. Der Autorin gelang ein spannender, hochinteressanter Roman in einer ganz eigenen Welt.
Fazit: Ein eigenwilliger Blick auf eine versunkene Epoche. Lesenswert.
Margareta Simari: Spiralmond. Weltenwanderer X. Fantasy-Kurzroman. Dortmund: Arcanum Fantasy Verlag, 2010. 68 S., Euro 4.95.
Infos zur Autorin:
Margareta Simari wurde 1988 in Wien, Österreich, geboren und hat 2006 einen Monat in einer Bäckerei gearbeitet, woraufhin sie sich als Schöngeist outete. Ihre sorgfältig ausgearbeitete Arroganz wurde in ihrer Heimatstadt wohlwollend aufgenommen; es wird geplant, sie im ganzen Land einzuführen. Margareta Simari lebt mit großem Wohlbehagen und einem Haufen Kellerasseln in Wien. Bisher ist ein Buch von ihr im Arcanum Fantasy Verlag, Dortmund, erschienen.
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© Petra Hartmann