Abschied von Arcanum
Aus Petras Werkstatt Darthula Falkin Arcanum
Der Arcanum Fantasy Verlag schließt die Tore. Schade. Wieder ein kleines Stück Fantasy- und Kleinverlagskultur, das ich geliebt habe und vermissen werde. Meine Beziehung zu Arcanum war leider nur kurz, dafür aber umso intensiver, es entstanden in Zusammenarbeit mit dem Verlag einige Fantasy-Novellen und Kurzromane, die mir viel bedeuten und die ich zum Großteil inzwischen bei anderen Verlagen untergebracht habe.
Ja, es war vorhersehbar. Arcanum starb in Raten. Und als Verleger Simon Czaplok jetzt das Ende - zunächst nur des "operativen" Verlagsbetriebs - verkündete, war ich nur noch mit einem Gedicht in der Anthologie "Balladen und Bänkelsänger" im Verlag vertreten. Trotzdem schmerzt der Abschied.
Am Anfang stand ein Fantasy-Gedicht
Ich bin im Jahr 2009 zum Verlag gestoßen, als ich mich mit meinem Gedicht "Die ganze lange Nacht" an der Ausschreibung zum Thema Fantasy-Lyrik beteiligte. Vor allem der freundliche und hilfsbereite Umgang des Verlegers Jens Salzmann ist mir sehr positiv in Erinnerung geblieben. Ein Verlag, der sehr "autorenzentriert" dachte, ein Verlag, in dem "sich gekümmert wurde", wenn Autoren Fragen hatten. Ich hatte ein sehr gutes Gefühl dabei - so gut, dass ich mich an zwei Ausschreibungen für Kurzromane beteiligte und im Jahr darauf mit den Romanen "Darthula" und "Die letzte Falkin" im Verlagsprogramm vertreten war. "Darthula" erschien als zweiter Teil innerhalb der Reihe "Weltenwanderer", "Die letzte Falkin" war der dritte Teil der Heftromanserie "Aegirs Flotte", die in der germanischen Sagenwelt spielte und in der Zeit nach dem Weltuntergang bzw. Ragnarök angesiedelt war. 2011 veröffentlichte ich im Verlag ein "Prequel" zu meiner Falkinnen-Geschichte, das eBook "Falkenfrühling".
Erste Probleme bei "Aegirs Flotte"
Doch schon zu dieser Zeit zeigten sich Risse im Verlagsgefüge. Das ursprüngliche Verlegerduo wurde zunächst zu einem Verlegertrio, zuletzt blieb nur noch Jens Salzmann an Bord.
Nach außen sichtbar wurde erstmals, dass etwas nicht stimmte, als die Serie "Aegirs Flotte" nach Teil IV eingestellt und die geplante zweite Staffel der "Weltenwander" abgesagt wurde. Für mich besonders bitter, da ich für eine geplante zweite Staffel der "Flotte" bereits zwei weitere Heftromane über meine Heldin, die Falkin, verfasst hatte. Die Walküre sollte also nicht mehr fliegen. Über das Ende der Serie schrieb ich damals einen "Nachruf auf Aegirs Flotte" im Fandom Observer und versuchte zu analysieren, was alles schief gegangen war - marketingtechnisch, vertrieblich und literarisch. Da kam einiges zusammen. Gerade als der Artikel fertig war, erreichte mich eine eMail von Jens Salzmann, der seinen Autoren mitteilte, dass er hauptberuflich so viel um die Ohren hatte, dass er Arcanum aufgeben müsse.
Arcanum wird Imprint von Scratch
Aber er wollte seinen Verlag nicht sterben lassen. So kam Simon Czaplok, der Verleger des Scratch-Verlags, ins Spiel. Beide Verlage hatten eine ähnliche Ausrichtung, daher passte das Arcanum-Programm recht gut ins Scratch-Verlagsgefüge. Auch der Name Arcanum blieb erhalten, als Imprint des Scratch-Verlags. Eine gute Lösung und ein Abschied, der noch einmal an den guten und fürsorglichen Umgang mit den Autoren erinnert, die ich dort kennen gelernt hatte.
Ich hole mir die Rechte an "Darthula" zurück
Die Zeit bei Scratch war dann allerdings eher von Stille geprägt als von einer neuen Aufbruchstimmung. Verleger Simon Czaplok stellte leider ziemlich schnell fest, dass er die "Weltenwanderer" nicht so kostengünstig weiter produzieren konnte wie der bisherige Verlag. Die Mail über die Einstellung der Reihe erhielt ich wenige Tage vor der Leipziger Buchmesse 2014. Da Scratch dort einen Stand hatte, nutzte ich die Gelegenheit für ein Treffen mit dem Verleger und brachte auch gleich einen von mir entworfenen Aufhebungsvertrag über die Rechte an "Darthula" mit, den Simon Czaplok nach einem sehr freundlichen Gespräch unterzeichnete. Damit war ich frei und konnte mich nach neuen Veröffentlichungsmöglichkeiten für die Geschichte umsehen.
Operatives Geschäft eingestellt
Nun ereilt Arcanum also zum zweiten Mal das gleiche Schicksal. Auf der Verlagshomepage von Scratch - schrieb Simon Czaplok:
"Alle im Team betrieben den Verlag als Hobby. Geld hat damit niemand verdient, da es uns vor allem darum ging, schöne Geschichte von tollen Autorinnen und Autoren zu Ihnen, liebe Leser, zu bringen. Gestartet haben wir vor mehr als sieben Jahren als kleines Team direkt in der Ausbildung bzw. dem Studium und dann kamen mit dem Arcanum Fantasy Verlag weitere tolle Geschichten dazu. Doch auch die Leben von mir und den Mitstreitern haben sich verändert.
Nun ist der Punkt erreicht, dass sich diese Leben so stark gewandelt haben, dass es mir leider nicht mehr möglich ist, den Verlagsbetrieb aufrecht zu erhalten und dabei Ihnen, zu sagen, dass in 2016 alles wieder besser wird. Und da ich das nicht sagen kann, ist für mich die traurige Konsequenz, den operativen Verlagsbetrieb zum Monatsende (31.01.2016) einzustellen."
Was bleibt? Darthula, Timur und die Falkin
Was bleibt mir von Arcanum? Eine ganze Menge schöner Erinnerungen - und viele tolle Bücher von Autorenkollegen, die ich in dieser Zeit kennen lernen durfte. Mit einigen Kolleginnen habe ich zusammen Lesungen veranstaltet, einige haben ihre für Arcanum verfassten Geschichten inzwischen bei anderen Verlagen untergebracht und ich habe die Bücher und Hefte mit Gewinn gelesen.
Ich persönlich habe durch die Zusammenarbeit mit Arcanum sechs Romane gewonnen, die ohne den Verlag sicher nicht entstanden wären - oder zumindest später und vollkommen anders ...
Da ist zunächst einmal meine "Darthula", geschrieben für die erste Weltenwanderer-Ausschreibung, erschienen als Heft zwei der Serie. Die Novelle habe ich nach der Trennung von Arcanum inzwischen beim Verlag Saphir im Stahl veröffentlichen können. Es ist ein sehr schönes, handliches Taschenbuch dabei herausgekommen, das mich nicht zuletzt durch das gelungene Cover von Miguel Worms immer wieder begeistert.
Ebenfalls ein Kind des Arcanum-Verlags ist die Novelle "Timur", die für die zweite Weltenwanderer-Ausschreibung entstanden war. Auch diese Geschichte gibt es inzwischen im Verlag Saphir im Stahl, ebenfalls mit einem Cover von Miguel Worms.
Etwas turbulent ging es zu mit den Abenteuern meiner Walküre Valkrys, der Falkin: Fertiggestellt hatte ich vier Romane. "Die letzte Falkin" erschien als Heftroman, "Falkenfrühling" als eBook bei Arcanum. Außerdem gab es zwei weitere Romane: "Der Auftrag der Falkin" und "Die Rückkehr der Falkin", die für die zweite Staffel von Aegirs Flotte bestimmt waren. Eigentlich war geplant, die vier Abenteuer als Sammelband in der "Welt der Geschichten" von Bernd Rothe erscheinen zu lassen. Der Text war bereits lektoriert. Roselinde Dombach hatte umwerfende Illustrationen und ein Titelbild für das Buch angefertigt. Da bekam ich eine Mail von Bernd, in der er erklärte, er werde sich aus gesundheitlichen Gründen als Verleger zurückziehen. Ein Jahr später war er tot, er hatte den Kampf gegen den Krebs verloren. In derselben Woche bekam ich die Nachricht, dass auch Roselinde - plötzlich und unerwartet - verstorben war. Das ist etwas, das ich noch immer nicht ganz fassen kann ...
Die vier Falkinnen-Romane kamen 2012 zunächst als eBook unter dem Titel "Falkenblut" heraus. Eine traurige Episode mit der unsäglichen "Chichili Agency", der ich schließlich kündigen musste. Derzeit gibt es einen Verlag, der sich für das Manuskript interessiert, und ich hoffe, dass ich die Falkinnen-Serie eines Tages doch noch als Taschenbuch herausbringen kann. Allein schon wegen der fantastischen Illustrationen von Roselinde Dombach, die ich nicht in Vergessenheit geraten lassen möchte. Doch das ist eine andere Geschichte. Also, auf zu neuen Abenteuern. Wir sehen uns wieder in Walhall.
© Petra Hartmann