Meine Radio-Lesung aus "Die kleine Möwe Kackvorbei" könnt ihr jetzt auf Youtube nachhören. Eine Helgoland-Geschichte aus der Welt meiner Meerjungfrau Nestis mit Gastauftritt des genialen Zitteraals Kurzschluss. Und als Bonus-Story gibt es noch etwas aus meinem Frühschaffen, den "Johannes Küchlein", inspiriert von Ludolf Wienbarg.
Die Original-Sendung lief im vergangenen Monat auf Radio Tonkuhle in Hildesheim. Die Musik wurde aus rechtlichen Gründen herausgeschnitten, aber der Rest der Lesung ist von der Schere unberührt. Viel Spaß damit!
"darüberhinaus" nennt Günter Abramowski seinen neuen Lyrik-Band. Das Buch ist im Hamburger Elbaol-Verlag erschienen und enthält Gedichte, die "Feuer für das Eis des Egos" sind, wie der Klappentext verspricht. Es handelt sich um einen sehr gehaltvollen Band, der vor allem mit Naturschilderungen und Beobachtungen aufwartet. Aber der Autor kann auch durchaus ärgerlich werden, wenn er gegen Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit zu Felde zieht. Dabei strahlt diese Sammlung trotz des angekündigten Feuers eine außerordentliche Gelassenheit aus. Der Autor spricht von den Momenten, in denen der Mensch ganz bei sich ist, manchmal geht es einfach nur darum, Atem zu holen und zur Ruhe zu kommen. Und so gibt er auch dem Leser als Nutzanweisung für dieses Büchlein mit auf den Weg:
tief einatmen alles ausatmen hören sie auf zu denken seien sie still lesen sie einfach weiter vertrauen sie sich darüberhinaus ist jetzt
Wobei der Autor von sich selbst sagt:
wenn ich schreibe kann ich unter wasser atmen weil mir egal ist wo ich gerade bin
Der Autor ist viel unterwegs. Schildert einen Samstagsnachmittagsausflug in den Park einer Kleinstadt, beobachtet den Goldfasan, "gesenkten Hauptes / gegebenen Körnern nach / müde über die schwelle hupfend", nimmt seine Leser mit auf den Weg hinter der Bahnschranke, "der hinausführt ins grüne / dieses hellen heißen tages / summende brummende / von streichelnd blauer luft / getragene fülle zu ergehen" oder erzählt vom Aufwachen am Strand, "die sonne im auge" und vom "feldweg meiner kindheit". Er zeigt "die bollwerkigen / gartenmauern der reihenhäuser" und am verwilderten Hohlweg den geheimen "treffpunkt der grenzgänger / vorwärts gesehen / bei blauem himmel / startrampe / bei grauem wetter / rückwärts gesehen / u-bahn-schacht / kreuzweg der wirklichkeiten". Er erinnert sich an frühe Morgenstunden als Kind, als Mama und Papa noch schliefen, an Angst und Engelsgesang und das Gefühl, "als wär die welt ein großes loch / in das die / schönen träume fallen". Oder auch an den Hinterhof, in dem die Mülltonnen an der Wand der Kegelbahn standen und bemoste Stufen zu den Toren ins Reich der Salamander führten. Freude am Wortschöpfertum und an der Sprache machen den Reiz dieses Büchleins aus, oft stutzt man und findet ungewöhnliche Bilder und seltsame Begegnungen. Da springt es einen schon einmal an "wie ein zierfisch vom seziertisch", da "juckt der rasen / in meinen augen". Oft findet man biblische Anklänge, Erinnerung daran, dass Menschen aus Erde geschaffen wurden, oder an das Psalmwort, dass jedes seine Zeit hat. Dass in unserer Zeit leider auch viel Dumpfheit sich lautstark zu Wort meldet, ist gleichwohl auch an diesem Gedichtband nicht spurlos vorübergegangen. "geistlos geht geht schneller", bilanziert Abramowski im Gedicht "zwietracht", und unter der Überschrift "wer die wohl sind" heißt es:
ist so weit gekommen gesichtet sind der dummen grenzen ihnen befreiung zum angesagten leben aus dem sein ins nichts genommen scheinen im möchten sinn gegeben
der gutmensch lächerlich verlogne solidarität ein surrogat für liebe die das leid der opfer würzt dass dir die welt genießbar bliebe selbst wenn du unbehagen spürst
Insgesamt ist dieses "darüberhinaus" ein sehr reifer, sehr abgeklärter Lyrik-Band. Das Buch hat trotz seiner Langgedichte eine beinahe an Haikus erinnernde, zenhafte Ruhe und Gesammeltheit. Ein Autor, der offenbar bei sich angekommen ist, der mit einiger Melancholie auf seine Kindheit zurückblickt und sich von der Gegenwart nicht mehr den Puls beschleunigen lässt. Und ein Buch, für das man sich auch beim Lesen einige Zeit nehmen sollte. Wer sich auf dieses "darüberhinaus" einlässt, wird sicher nicht enttäuscht werden.
Wow! Dieses magische Doppelpack hat es wirklich in sich. "Magie hoch zwei" von Sibylle Luig ist die Geschichte eines zauberhaften Zwillingspaars, das die Herzen der jungen Leser ganz sicher erobern wird. Der erste Teil der Serie trägt den Titel "Operation Waldmeister" und ist jetzt im Verlag Monika Fuchs erschienen. Die Heldin Elli - eigentlich Elektra - ist zehn Jahre alt, lebt in Berlin und wächst mit ihrer Mutter und deren Zwillingsschwester auf. Ihr Vater, so erzählten es Mutter und Tante der Protagonistin, sei ein Urlaubsflirt ihrer Mutter gewesen, der schönste und beste Tänzer von Rhodos, den die Mutter leider nicht wieder getroffen hatte. Als Elli jedoch zufällig in einer Kommodenschublade ihre Geburtsurkunde entdeckt, stellt sie fest, dass die Geschichte offenbar nicht stimmt. Und beim Googeln mit dem Namen des im Dokument eingetragenen Erzeugers findet sie eine Adresse in Hamburg. Ausgerechnet in Hamburg, wohin sie demnächst mit ihrer Klasse eineKlassenfahrt unternimmt. Klar, dass sich Elli unterwegs davonstiehlt und sich auf die Suche nach ihrem Vater macht.
Getrennte Zwillinge finden sich wieder
Ihren Vater findet sie zwar an diesem Tag nicht, sie begegnet jedoch einem Mädchen, das ihr von Anfang an sympathisch ist: Idi - das ist die Kurzform von Merida - und Elli treffen aufeinander, und plötzlich passieren Dinge, die kein Naturwissenschaftler sich erträumen könnte. Was anfängt wie Erich Kästners berühmtes "Doppeltes Lottchen" entwickelt sich zu einer magischen Geschichte um Hexerei, Familientraditionen und eine besondere Freundschaft unter ungleichen Zwillingsschwestern. Elli und Idi sind Zwillinge und können, wenn sie zusammen treffen, zaubern. Eine Gabe, die auch schon ihre Mutter und ihre Tante sowie ihre Großmutter und deren Schwester hatten. Kurz nach der Geburt wurden die beiden Mädchen allerdings getrennt, weil der Vater, ein ansonsten nicht unrechter Normalo, Angst bekam vor den Kräften der Säuglinge. Und weil die furchtbare Großmutter und ihre Schwester ihm zu recht mehr als unheimlich waren. So wurden die Kinder getrennt, und die Hexenkraft kam nicht zum Ausbruch. Doch nun haben sich Elli und Idi gefunden ...
Sibylle Luig gibt klassischem Thema neuen Schwung
Sibylle Luig schafft es, das altbekannte Zwillingsthema neu zu interpretieren und ihm einen unerwarteten, magischen Schwung zu geben. Schon dadurch, dass Elli und Idi nicht eineiige, sondern "nur" zweieiige Zwillinge sind, werden die üblichen Verwechselspielchen ausgeklammert. Und auch sonst sind die beiden Mädchen, die sich seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen haben sehr unterschiedliche Charaktere. Erzählt wird die Geschichte bislang ausschließlich aus der personalen Perspektive Ellis, die sehr schnell Konturen gewinnt und dem Leser ans Herz wächst. Als dann, erst ungefähr in der Mitte des Buches, auch Idi auf der Bildfläche erscheint, stürmt ein wagemutiger Wirbelwind und Schaukel-Akrobat in die Geschichte. Idi ist mutig, draufgängerisch, immer voller Ideen, die sie ohne großes Nachgrübeln und Abwägen in die Tat umsetzt, und wirbelt Ellis Weltbild durcheinander, dass es nur so kracht. Von wegen bei Zwillingen ist alles gleich. Dass die beiden Mädchen in verschiedenen Städten aufwuchsen, dass Hamburg und Berlin nicht gerade Nachbarstädte sind und Elli nicht einmal ein Handy besitzt, macht die Situation zusätzlich kompliziert. Aber die beiden Hexenmädchen sind trotz ihres Schaukel-Unfalls nicht auf den Kopf gefallen und erweisen sich als einfallsreich und willensstark genug, um ihre Wiedervereinigung durchzusetzen ... Die Geschichte ist abenteuerlich und spannend, sie lässt sich sehr flüssig lesen und nimmt den Leser schon auf den ersten Seiten gefangen. "Operation Waldmeister" ist eines jener Bücher, die junge wie ältere Leser erst dann wieder aus der Hand legen können, wenn die letzte Seite erreicht ist. Dann allerdings mit einem leisen "Schade" auf den Lippen und in der Hoffnung, dass der nächste Band bald zu haben ist. Sibylle Luig versteht es zu erzählen, und die gleichfalls magischen Illustrationen von Ulrike Barth-Musil machen das Buch zu einem fantastischen Gesamterlebnis. Ein Buch, das einfach Spaß macht und eigentlich in jedes Kinderzimmer gehört. Vergesst Hanni und Nanni, Bahn frei für Elli und Idi!
Fazit: Zauberhafter Auftakt einer etwas anderen Zwillingsserie. Bitte unbedingt mehr davon. Viel mehr.
Sibylle Luig: Magie hoch zwei. Teil 1: Operation Waldmeister. Mit Bildern von Ulrike Barth-Musil. Hildesheim: Verlag monika Fuchs, 2018. 184 S., Euro 14,90.
Was man so alles findet beim Aufräumen der Festplatte ... Die folgenden Fragen habe ich vor einiger Zeit für ein Bücher-Blog beantwortet. Da das Blog inzwischen offenbar der DSGVO zum Opfer gefallen ist, stelle ich den Text mal hier ein. Die Antworten sind immer noch aktuell. ;-) Bis auf die letzte :-(
1. Seit wann schreibst du?
Seit 1976, seit man mir in der ersten Klasse die Buchstaben erklärt hat. Vorher habe ich Bildergeschichten gemalt, und meine Mutter musste mit ihrer (mechanischen) Schreibmaschine den Text dazu tippen. Naja, die Geschichten waren zugegebenermaßen noch nicht ganz ausgereift. In der 3. oder 4. Klasse begann ich dann, einen Ponyroman zu schreiben - mit so ziemlich allem, was man von Karl May, Enid Blyton und Walter Farley klauen konnte ... Mit 19 Jahren habe ich meinen ersten eigenständigen Roman vollendet. Und natürlich sofort an Suhrkamp geschickt. Gottseidank, dass sie das Ding nicht gedruckt haben.
2. Warum ist „Autor“ für dich der beste Beruf der Welt?
Ich kann nicht anders.
3. Beschreibe dein Buch / eins deiner Bücher in weniger als zehn Worten und verrate, auf welchen Titel sich die Beschreibung bezieht.
Fahrradfahrende und LKW-klauende Nordseenixe rettet kleine Schwester aus Menschenhand. (Nestis und die verschwundene Seepocke. Ein Meermädchen-Roman)
Ups. Weniger als zehn Worte sind verdammt wenig. ...
4. Wo schreibst du am Liebsten bzw. hast du besondere „Rituale“ beim Schreiben?
Zu Hause bäuchlings auf dem Boden mit einem uralten angeknabberten Schönschriftfüller, abwechselnd mit königsblauer, grüner, schwarzer und türkisfarbener Tinte. Oder in der Bibliothek, dann allerdings ganz gesittet am Tisch. Wenn ich zu Hause schreibe, steht meist eine Riesentasse Kakao oder Pfefferminztee mit Milch und Zucker daneben, und es gibt zum Buchthema passende Musik. Rituale habe ich eigentlich nicht, nur den festen Vorsatz, nicht ins Bett zu gehen, bis die nächsten vier Seiten geschafft sind. Auch wenn es bis vier Uhr morgens dauert.
5. Hast du einen Tipp für zukünftige Autoren?
Viel Lesen. Viel schreiben. Viel selbst ausprobieren (Nein, keine Morde oder sowas. Aber ein Fantasy-Autor sollte zum Beispiel schon mal auf einem Ponyhof gelernt haben, wie Pferde funktionieren, oder sich bei einem Schützenverein im Schnuppertrainung ein wenig Kenntnisse im Bogenschießen aneignen ...)
6. Was ist deine Lieblingsfarbe?
Blaugrün, dunkeltürkis
7. Was war als Kind dein Traumberuf?
Meeresbiologe oder Polarforscher. Aber Bücher darüber schreiben wollte ich auf jeden Fall.
8. Was ist dein Lieblingsessen?
Das wechselt stündlich. Ein schönes argentinisches Rindersteak, englisch gebraten, mit Kräuterbutter, Baguette und Ofenkartoffel mit Quark optional. Ein After-Eight-Eisbecher. Hühnersuppe mit selbstgemachtem Eierstich nach dem Rezept meiner Oma. Waldmeister-Softeis. Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Schweinefleisch mit Kokosnuss-Pfeffersauce vom Thailänder. Scampis. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade. Schokolade.
9. Welches Genre liest du selbst am Liebsten?
Fantasy und Märchen. Vormärz und Junges Deutschland, bürgerlicher Realismus, überhaupt viel aus dem 19. Jahrhundert. Griechische Antike. Gern auch mal einen modernen Lyrikband oder einen Green-Lantern-Comic.
10. Verrätst du einen deiner Wünsche für deine Zukunft oder einen Traum, den du dir gerne noch erfüllen möchtest?
Ein Hund. Ich lebe jetzt seit drei Jahren* ohne Hund, das ist kein Leben. Wenn alles gut geht und ich mich literarisch so weit etabliert habe, dass ich "nur noch" Autor bin, in drei oder vier Jahren hoffentlich, wird ein kleiner Dackel bei mir einziehen. Als alleinstehender Journalist bin ich leider für ein Tier unzumutbar.
* Anmerkung, Frühjahr 2019: Inzwischen seit sechs Jahren. :-(((
Die Novelle "Falkenmagie" von Birgit Otten ist jetzt neu im Selbstverlag veröffenticht worden. Die Erstfassung erschien, einer Information der Autorin zufolge, bereits 2013 unter dem Pseudonym Katjana May im Verlag Carlsen Impress. Es handelt sich um eine Fantasy-Novelle, die im Vorfeld den Leser bereits durch den zauberhaften Titel und das sehr ansprechende Coverbild zum Zugreifen beziehungsweise zum Herunterladen verführt. Die Heldin der Geschichte ist eine junge Studentin namens Kyra, der eines Tages buchstäblich ein Mann auf den Kopf fällt. Der Fremde ist nicht gerade hässlich, aber seine Absichten sind für Kyra außerordentlich unerfreulich: Er kam, um sie zu entführen. Kyra ist als neue Braut eines bösartigen Tyrannen bestimmt, der über außerordentlich starke Magie verfügt und in einem Schloss zwischen den Welten residiert. Allerdings gibt es eine kleine Lücke in seinen Berechnungen. Kyras Welt ist eine Welt ohne Magie. Zauber hat hier keinen Platz, weshalb sich der ausgesandte Falken-Mann auch prompt aus seiner Falkengestalt zurück in einen Menschen verwandelt und abstürzt. Als der Tyrann Arik und sein Gesandter Jannis es schließlich doch noch schaffen, die Ausersehene in die Zwischenwelt zu schaffen, ist dies nicht nur für das Entführungsopfer Kyra eine böse Überraschung, sondern auch für den Magier selbst: Denn da Kyra aus einer Welt ohne Magie stammt, wirkt sein Zauber nicht auf sie. Der Herrscher kann sie zwar ins Verlies werfen, doch Kyras Geist bleibt frei - und birgt genug Sprengstoff, eine Revolte gegen den Tyrannen auszulösen. Die Idee, dass eine Heldin nicht an Magie glaubt und daher gegen jeglichen Zauber immun ist, ist recht ungewöhnlich. Interessant auch, wie Kyra und Jannis auf der Ebene des Traums doch noch ein gewissermaßen halbmagisches Medium finden, um sich auf einander einzuspielen. Die Geschichte ist flüssig und zielstrebig erzählt, frei von Verschlingungen und überflüssigen Nebenhandlunen und konzentriert sich ganz auf das Geschehen um Kyra, ihren Gegenspieler und den Falkenmann, zu dem sie langsam eine vertrauensvolle Beziehung aufbaut. Großartige Dramatik und thrillerhafte Hochspannung, bei der der Leser von einem Cliffhanger zum nächsten getrieben wird, dürfen hier gern fehlen, es ist eher eine liebenswürdige und zauberhafte Geschichte mit hellem Märchenton, eben Falkenmagie, die mit einer gewissen Leichtigkeit daherkommt und diese beim Leser auch hinterlässt. Wer Fantasy automatisch mit dickleibigen Schinken und Ziegelstein-Trilogien gleichsetzt, wird hier enttäuscht sein, aber Leser, die Freude an kleinen Kabinettstückchen im klassischen Novellenformat haben, dürfen sich getrost auf diese Falkenmagie einlassen und erleben eine oder zwei Stunden in einer Welt zwischen den Welten.
Fazit: Leicht, aber nicht seicht geschriebene, märchenhafte Fantasy-Novelle. Lesenswert.
Birgit Otten: Falkenmagie. Eine zauberhafte Novelle. eBook, Kindle Direct Publishing, 2018. (Taschenbuch: 2019, 78 S., Euro 4,99)
"Dämonenfriedhof" nennt Ulrike Stegemann ihre neue Geschichtensammlung. Darin enthalten sind neun Kurzgeschichten aus dem Bereich Grusel und Horror. Es handelt sich um Storys, die zum größten Teil bereits in Anthologien und Magazinen veröffentlicht wurden, eine Geschichte, "Der Nachbar", ist hier zum ersten Mal zu lesen. Die Autorin Ulrike Stegemann ist vielen als Herausgeberin der Zeitschrift "Elfenschrift" bekannt, als Verfasserin erotischer Romane hat sie sich unter dem Pseudonym Emilia Jones einen Namen gemacht. In der nun vorliegenden Sammlung zeigt sie, dass sie außer Märchenhaftem und Erotischem auch Gruseliges schreiben kann - und dass sie dies schon seit Jahren immer wieder getan hat. So gibt es mit der Titelgeschichte "Dämonenfriedhof" und mit dem "Engelsgemälde" eine Erinnerung an die Frühzeit der Storyolympiade und die daraus hervorgegangenen "Pandaimonion"-Bände, aber es finden sich auch Geschichten aus John-Sinclair-Ausgaben, andere Texte sind auf Geisterspiegel.de oder bei XUN, in der Aaronis Collection und im UlrichBurger-Verlag erschienen. Die Geschichten sind alle recht kurz und "auf den Punkt" geschrieben. Der Leser begleitet unter anderem einen Dämonenjäger, der auf einem Friedhof die bittere Erfahrung machen muss, dass seine jahrzehntelange Arbeit vergebens war, erlebt in einer Gemäldeausstellung, wie ein Bild ein dämonisches Eigenleben entwickelt, begegnet Vampiren und mörderischen Modeschöpferinnen. Dass es bei all dem versammelten Bösen auch manchmal ein Happy End geben kann, zeigt die unheildrohende Geschichte "Die Vorhersage", und auch in dem bisher unveröffentlichtem Beitrag "Der Nachbar", der ein wenig an den Hitchcock-Klassiker "Das Fenster zum Hof" erinnert, ist vielleicht ja doch nicht alles so böse, wie es aussieht ...? "Dämonenfriedhof" bietet kurzweilige Lektüre für zwischendurch und weist bei allem Grusel auch eine gewisse filigrane, zierliche Note auf. Es sind kleine Fingerübungen, leicht und genau das richtige für den kleinen Grusel unterwegs oder vor dem Einschlafen.
Ulrike Stegemann: Dämonenfriedhof und andere Gruselgeschichten. Selbstverlag, 2018. Taschenbuch, 82 S., Euro 5.
In meiner Serie über Meerjungfrauen, Nixen und Wasserfeen möchte ich euch heute die Loreley vorstellen. Rätselhaft, erotisch und tödlich. Ausnahmsweise mal ein Süßwasserwesen, aber auch sie ist eine Ahnherrin meines Meermädchens Nestis.
"Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen, ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen, wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen, von blonden Haaren schwärmend untergingen."
So schrieb es Erich Kästner in seinem Gedicht "Der Handstand auf der Loreley". Und schon in diesen vier Zeilen ist gut zusammengefasst, worum es in der Geschichte geht: Eine blonde Frau, möglicherweise mit übersinnlichen Kräften, auf jeden Fall ausgestattet mit Haar, das einen Betrachter in exaltierte Zustände versetzen kann und dadurch besonders Schiffern auf dem Rhein sehr gefährlich werden kann. Vor allem aber spielt der Felsen eine großes Rolle. Und dass die Loreley "bekannt als Fee und Felsen" war, also eine seltsame Doppelheit aus geographischer Bezeichnung und Menschenwesen beziehungsweise Geisterwesen darstellt, wird gleich zu Anfang betont.
Die Loreley - ursprünglich nur ein Felsen am Rhein
Tatsächlich liegt nicht nur ein besonderer Schwerpunkt auf der Felsnatur dieser Frau, sondern die Loreley war und ist vor allen Dingen eben ein Felsen, jener bekannte Ort am Rhein, ein Schieferfelsen, 132 Meter hoch, 193,14 Meter über dem Meeresspiegel, gelegen am östlichen Rheinufer auf Rheinkilometer 555. Etymologen leiten den Namensbestandteil "Ley" von dem keltischen Wort für Felsen ab. Beim zweiten Bestandteil ist die Herkunft nicht ganz so eindeutig. Hier könnte das mittelhochdeutsche "luren" (lauern) Pate gestanden haben, aber auch das gleichfalls mittelhochdeutsche "lurren" oder "lorren" (heulen, schreien). Auch das rheinische "luren" (summen) könnte in Betracht gezogen werden. "Lur" schließlich, um noch ein weiteren mittelhochdeutsches Wort heranzuziehen, bedeutet soviel wie Elfe. Es handelt sich also entweder um einen lauernden Felsen - durch die dortigen Riffe und Untiefen gab es in alten Zeiten zahlreiche Schiffsunglücke an dieser Stelle - oder einen summenden, heulenden oder sonstwie tönenden Felsen, was durch das starke, siebenfache Echo dort und durch das rauschende Wasser wohl seine Berechtigung hat. Geräusche, die man ursprünglich den Zwergen zuschrieb, die in den Höhlen des Felsens hausen. Und so wäre auch der "Elfenfelsen" - Zwerge waren ja ursprünglich nichts als Swartalfen, Schwarzelfen - durchaus ein berechtigter Name. Ursprünglich hieß es übrigens auch "der" Loreley", der weibliche Artikel kam erst später dazu. Mein "Taschenlexer" (Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 3. Auflage) kennt ferner das Wort "lûre" für "nachwein" oder "tresterwein" (vom lateinischen lora oder lorea). Laut Duden ist das ein "aus Traubensaft, der aus Rückständen beim letzten Pressen gewonnen wurde, hergestellter Wein minderer Qualität". Aber dies scheint von der Wissenschaft nicht weiter verfolgt worden zu sein. Schade, ein Weinfelsen hätte ja auch etwas.
Clemens Brentano erfindet eine "Kunstsage" oder "Scheinsage"
Die Geschichte von der schönen Frau kam erst wesentlich später hinzu, lange nachdem der Felsen seinen Namen erhalten hatte. Zwar gab es immer wieder Erzählungen von Wassernymphen oder Zwergen, die die Schiffsunglücke verursacht hätten, doch die Geburtsstunde der Loreley-Sage oder genauer gesagt der "Kunst-Sage" - gelegentlich wird auch von einer "Scheinsage" gesprochen - schlug, als der romantische Dichter Clemens Brentano sich des Felsens mit dem sonderbaren Namen annahm. Wie bei den alten Volksetymologien muss es zugegangen sein: Da war dieser Ort mit dem inzwischen unverständlich gewordenen Namen, und wer darüber nachdachte, was es zu bedeuten hatte, der kam irgendwann ins Phantasieren, Schwärmen, Geschichtenerzählen.
"Godwi" - ein verwilderter Roman
In seinem 1801 erschienen Roman "Godwi oder das steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman" zog der junge Clemens Brentano alle Register romantischer "Universalpoesie", vereinigte Formen und Gattungen unterschiedlichster Art zu einem dickleibigen "Gesamtkunstwerk", das dann doch Fragment blieb. Ein Briefroman mit eingeschobenen Gedichten, Liedern, Märchen und anderen Erzählungen, mit Dialogen und Berichten, der bewusst die Gattungsgrenzen sprengte oder überbrückte. Und dieser Godwi sprengte auch den Rahmen des auf Papier gebannten Romans, indem der Held plötzlich seinem Herausgeber begegnet und auf die Druckausgabe des ersten Bandes zurückverweist, indem er dem Manne erklärt, welch ein Chaos er angerichtet hat, ihm aber dann doch zugesteht: "Ja [...], wir wollen den zweiten Band miteinander machen." Oder indem er im Gespräch auf einem Spaziergang plötzlich die Hand ausstreckt und sagt: "Das ist der Teich, in den ich Seite 266 im ersten Band falle." (Clemens Brentano: Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman. Hrsg. v. Ernst Behler: Stuttgart: Philipp Reclam junior, 1995. S. 345). Im 36. Kapitel des zweiten Bandes ist das Lied von der Loreley zu finden. Es trägt dort keinen Titel, wird daher zitiert nach dem ersten Vers: "Zu Bacharach am Rheine". Das Lied erscheint relativ unvermittelt. Die Gräfin fordert einfach: "Violette, singe ein Liedchen" (S. 284), und sofort hebt die junge Frau an:
Zu Bacharach am Rheine Wohnt eine Zauberin, Sie war so schön und feine Und riß viel Herzen hin.
Und brachte viel zu schanden Der Männer rings umher, Aus ihren Liebesbanden War keine Rettung mehr.
Der Bischoff ließ sie laden Vor geistliche Gewalt - Und mußte sie begnaden, So schön war ihr' Gestalt.
Er sprach zu ihr gerühret: "Du arme Lore Lay! Wer hat dich denn verführet Zu böser Zauberei?"
"Herr Bischoff laßt mich sterben, Ich bin des Lebens müd, Weil jeder muß verderben, Der meine Augen sieht.
Die Augen sind zwei Flammen, Mein Arm ein Zauberstab - O legt mich in die Flammen! O brechet mir den Stab!"
"Ich kann dich nicht verdammen, Bis du mir erst bekennt, Warum in diesen Flammen Mein eigen Herz schon brennt.
Den Stab kann ich nicht brechen, Du schöne Lore Lay! Ich müßte dann zerbrechen Mein eigen Herz entzwei."
"Herr Bischof mit mir Armen Treibt nicht so bösen Spott, Und bittet um Erbarmen, Für mich den lieben Gott.
Ich darf nicht länger leben, Ich liebe keinen mehr - Den Tod sollt Ihr mir geben, Drum kam ich zu Euch her. -
Mein Schatz hat mich betrogen, Hat sich von mir gewandt, Ist fort von hier gezogen, Fort in ein fremdes Land.
Die Augen sanft und wilde, Die Wangen rot und weiß, Die Worte still und milde Das ist mein Zauberkreis.
Ich selbst muß drin verderben, Das Herz tut mir so weh, Vor Schmerzen möcht' ich sterben, Wenn ich mein Bildnis seh'.
Drum laßt mein Recht mich finden, Mich sterben, wie ein Christ, Denn alles muß verschwinden, Weil er nicht bei mir ist."
Drei Ritter läßt er holen: "Bringt sie ins Kloster hin, Geh Lore! - Gott befohlen Sei dein berückter Sinn.
Du sollst ein Nönnchen werden, Ein Nönnchen schwarz und weiß, Bereite dich auf Erden Zu deines Todes Reis'."
Zum Kloster sie nun ritten, Die Ritter alle drei, Und traurig in der Mitten Die schöne Lore Lay.
"O Ritter laßt mich gehen, Auf diesen Felsen groß, Ich will noch einmal sehen Nach meines Lieben Schloß.
Ich will noch einmal sehen Wohl in den tiefen Rhein, Und dann ins Kloster gehen Und Gottes Jungfrau seyn."
Der Felsen ist so jähe, So steil ist seine Wand, Doch klimmt sie in die Höhe, Bis daß sie oben stand.
Es binden die drei Ritter, Die Rosse unten an, Und klettern immer weiter, Zum Felsen auch hinan.
Die Jungfrau sprach: "da gehet Ein Schifflein auf dem Rhein, Der in dem Schifflein stehet, Der soll mein Liebster sein.
Mein Herz wird mir so munter, Er muß mein Liebster sein! -" Da lehnt sie sich hinunter Und stürzet in den Rhein.
Die Ritter mußten sterben, Sie konnten nicht hinab, Sie mußten all verderben, Ohn' Priester und ohn' Grab.
Wer hat dies Lied gesungen? Ein Schiffer auf dem Rhein, Und immer hat's geklungen Von dem drei Ritterstein:
Lore Lay Lore Lay Lore Lay
Als wären es meiner drei. (ebd. S. 486-490)
In einer Fußnote verortet der Autor dieses Ereignis sogar ganz genau: "Bei Bacharach steht deser Felsen, Lore Lay genannt, alle vorbeifahrenden Schiffer rufen ihn an, und freuen sich des vielfachen Echos." (S. 490)
Verwandtschaft mit der Nymphe Echo
Gerade das Echo, das in der letzten Strophe so ergreifend nachhallt, hat es Brentano offenbar besonders angetan. Schon zu Beginn des ersten Bandes hatte Godwi zusammen mit seinem Herausgeber eine sehr interessante Unterhaltung über dieses Phänomen:
"Wir erreichten bald den tiefsten Theil des waldigten Thales, und da wir noch einige Schritte links in das Gebüsch gethan hatten, ertönten mehrere Jagdhörner auf eine sehr muntere Art. Es war eine rufende Melodie, und ich unterschied bald drei Hörner, die von verschiedenen Puncten aus sich in einem Wechselliede antworteten. Das Echo verdoppelte die Töne und brachte dadurch die gedrängte Melodie in eine angenehme tonschimmernde Verwirrung. Bald schien sich auch das Echo zu verdoppeln und aus allen Tiefen des Waldes tönte es der Melodie nach, als ziehe ein geheimnisvolles musikalisches Leben durch die Wipfel der Bäume. Das Echo verdoppelt sich, sagte Haber, haben Sie es bemerkt? O ja, sagte Godwi, ich habe es leider so oft bemerkt, daß mir durch die Gewohnheit die Rührung entgeht, welche alles fremde geheimnißartige begleitet. Auch ich war durch den tönenden Wald wunderbar überrascht, und fühlte, was die Alten in ihren Wädern empfinden mochten, die noch von Göttern belebt waren, welche in wunderbaren Waldstimmen um den Wanderer ertönten." (S. 265f)
Brentano, der auch sonst zahlreich Motive aus Ovids "Metamorphosen" aufgegriffen hat, rückt seine Lore Lay damit in die Nachbarschaft der Bergnymphe Echo. Aber auch Erinnerungern an den Sturz vom Felsen, der der Dichterin Sappho angedichtet wurde, ebenfalls aus verschmähter Liebe, werden hier wach.
Ein fiktives Volkslied
Interessant ist, dass hier bei Brentano die typisch romantische "Volksliedtheorie" auftaucht: Vorgetäuscht wird hier, dass es sich um ein Lied handelt, das aus dem Volk entstand, vom Volk gesungen wurde, das keinen namentlich bekannten Dichter und Komponisten besitzt. Eine Vorstellung, die beispielsweise auch dem bekannten Märchensammelwerk der Brüder Grimm zugrunde liegt. Und auch Brentano hat sich ja bekanntermaßen als Sammler alter Lieder und Sagen aus dem Volk betätigt. Zusammen mit seinem Freund Achim von Arnim gab er in den Jahren 1805 bis 1808 die Sammlung "Des Knaben Wunderhorn" heraus. Eine Sammlung, in der zahlreiche Volkslieder, die die beiden Herausgeber gesammelt hatten, veröffentlicht wurden, ein beträchtlicher Anteil der enthaltenen 723 Lieder sind allerdings auch selbstverfasste, alten Volksweisen nachempfundene, aber eben nicht authentische "Volkslieder", sondern vielleicht "volkstümliche Lieder". Brentanos Sagen/Volkslied-Fiktion über die Lorelei gibt sich selbst als ein Lied aus, das "ein Schiffer auf dem Rhein" gesungen hat. Und er war darin offenbar sehr erfolgreich. Als Heinrich Heine sich des Stoffes annahm, schrieb er bereits in der ersten Strophe es sei ein "Märchen aus alten Zeiten", was es definitiv nicht war.
Die Lureley in den Rheinmärchen
Brentano gab der Loreley, hier unter dem Namen Lureley, auch in seinem Buch "Rheinmärchen" eine tragende Rolle. In dem Buch, das zwischen 1810 und 1812 entstand und im Jahr 1846 postum veröffentlicht wurde, taucht die Wasserfrau an vier Stellen und in sehr unterschiedlicher Gestalt auf. Die Handlung ist sehr verschlungen und enthält zahlreiche eingestreute Lieder und Märchen oder Erzählungen. Es geht um den jungen Müller Radlauf, der ein besonderes Verhältnis zum Fluss Rhein hat, an dem seine Mühle steht. Als die Königreiche von Mainz und Trier ihre Thronfolger miteinander vermählen wollen, begegnen sich die Schiffe aus beiden Städten auf dem Wasser nahe der Mühle. Aufgrund einer Auseinandersetzung der beiden "Staatstiere" - Katze und Ratze (Ratte) - kommt es zu Turbulenzen, Prinzessin Ameley von Mainz fällt ins Wasser, wird von dem Müller gerettet, verliebt sich in ihn, während es zwischen beiden Königreichen zu kriegerischen Auseinadersetzungen kommt. Dem Müller Radlauf will der Mainzer König seine Tochter natürlich nicht geben. Das Trierer Königpaar wird samt Sohn getötet, woraufhin der jüngere Prinz das Erbe antritt, während Radlauf sich beim Versuch, seine Ameley wiederzuerlangen, als Rattenfänger verdingt, um seinen Lohn geprellt wird und sich - ähnlich wie der bekannte Hamelner Rattenfänger - rächt, indem er die Kinder der Mainzer in den Rhein lockt. Allerdings sind sie dort unter den Wellen nicht verloren. Müller Radlauf, der auf einer abenteuerlichen Odyssee herausfindet, dass er ebenfalls königlichen Geblüts ist, und sich am Ende sogar als Sohn der Loreley/Lureley entpuppt, wird schließlich neuer König von Mainz und bringt die frohe Kunde, dass jeder sein Kind aus dem Rhein auslösen kann, indem er dem Fluss ein Märchen erzählt. An jedem Tag soll nun jeweils ein Vater oder eine Mutter ein Märchen erzählen. Den Anfang macht König Radlauf selbst und löst seine Ameley aus, danach ist eine Fischerin dran, dann ein Schneider, und damit hört Brentanos Buch auf.
Ein Goldfisch erzählt von Frau Lureley
Das erste Mal tritt die Lureley in Erscheinung, als ein zahmes Goldfischlein, das Fischerin Marzibille auf die Suche nach ihrer im Rhein versunkenen Tochter ausschickt, im Saal am Grund des Flusses die Jungen und Mädchen entdeckt. Das Goldfischchen berichtet, wie die Brüder Weiß-Main und Rot-Main in den Saal treten und einen alten Wassermann um Auskunft bitten:
"Da fragte der Rote Main:
Sag besser uns, wohin die Gänge Gewölbet auf der Säulenmenge Zuletzt noch führen in der Länge?
Da sagte der Wassermann:
Die sieben Bogengänge führen Zu sieben reinen goldnen Türen, Die sieben Treppen dann berühren.
Und diese Treppen auf sich winden, Bis sie in einem Saal verschwinden, Dem sieben Kammern sich verbinden.
Im Saal auf siebenfachen Thronen Sitzt Lureley mit sieben Kronen, Rings ihre sieben Töchter wohnen.
Frau Lureley, die Zauberinne, Ist schönes Leibs und kluger Sinne, Hoch hebt sich ihres Schlosses Zinne.
Von innen aus der Maßen fein, Von außen schroff ein Felsenstein, Umbrauset von dem wilden Rhein.
Sie ist die Hüterin vom Hort, Sie lauscht und horchet immerfort, Und höret sie ein lautes Wort,
Singt, tut ein Schiffer einen Schrei, So ruft die Töchter sie herbei, Und siebenfach schallt das Geschrei Zum Zeichen, daß sie wachsam sei.
'Das ist recht wunderbar', sagte der Weiße Main, 'ich will dich aber nicht fragen, wer die Frau Lureley eigentlich ist, und warum sie alles siebenfach hat, und wie sie zu dem Wächteramt gekommen; du möchtest mich wieder zu deinen vier weisen Meistern schicken.' - 'Ach!' sagte der Wassermann, 'die wissen auch gar nichts von ihr; Frau Lureley ist viel älter als diese Herren, obschon jeder von ihnen ein paar hundert Jahre älter ist als der andere. Frau Lureley ist eine Tochter der Phantasie, welches eine berühmte Eigenschaft ist, die bei Erschaffung der Welt mitarbeitete und das allerbeste dabei tat; als sie unter der Arbeit ein schönes Lied sang, hörte sie es immer wiederholen und fand endlich den Widerhall, einen schönen Jüngling, in einem Felsen sitzen, mit dem sie sich verheiratete und mit ihm die Frau Lureley zeugte; sie hatten auch viele andere Kinder, zum Beispiel: die Echo, den Akkord, den Reim, deren Nachkommen sich noch auf der Welt herumtreiben. Doch das wird euch Frau Lureley selbst erzählen, und zwar siebenmal, wenn ihr sie darum fragt. Jetzt aber ist Schlafenszeit, hier oben seht eure Kammer, morgen früh um fünf Uhr müßt ihr aufstehen, und dem alten Rhein ein Morgenlied singen.'"
Wenig später tritt Frau Lureley selbst in den Saal. Brentano beschreibt es im Bericht des Goldfischchens folgendermaßen:
"Die Sonne ließ eben ihre ersten Strahlen in den Rhein niedersinken, der wie ein fließendes Gold zitterte; man sah die Felsen oben und die Städte und die Berge und die Menschen und die Schiffe; man sah an der Felswand das ganze Haus der Frau Lureley hinauf bis an den blauen Himmel, wo die Vögel hin und her schwebten; man sah den Reiher niederstürzen und einen vorwitzigen Fisch holen; ein Schifflein zog oben, und darauf fuhren zwei Knaben, der eine freudig mit braunen Haaren, der andere traurig mit schwarzen Haaren. Als sie an dem Fels waren, riefen sie:
Lureley! Lureley! Es fahren zwei Freunde vorbei.
Und nun sang der Schwarze:
Am Rheine fahr ich hin und her Und such den Frühling auf; Mein Sinn so leicht, mein Herz so schwer, Wer wiegt sie beide auf? Der Mond gehet unter, Die Liebe geht unter, Das Schiff zieht hinunter, Wer hält sie auf?
Und Frau Lureley rief siebenmal zurück:
Wer hält sie auf?
Und dann sang der Braune:
Die Sonne geht auf, Wonne, Wonne, still in Schauern Dich umfangen, frische Luft; Sinnend auf die Strahlen lauern, Spielend in dem Morgenduft; Lieben und geliebt zu werden Ist das Einzige auf Erden, Was ich könnte, was ich dächte, was ich möchte, Daß es mir nur könnte werden, Lieben und geliebt zu werden.
Und nun sprach Frau Lureley ihm siebenmal zurück:
Auch Müller Radlauf begegnet auf seiner Reise der Lureley. Er versinkt im Rhein und trifft die Waserfrau, die ihm sehr freundlich gegenübertritt und ihn über Teile seiner Familiengeschichte aufklärt. Lureley ist Radlaufs Mutter und daher dem jungen Müller und angehenden König sehr zugetan. Zunächst aber ist sie darum bemüht, die Ahnherren Radlaufs, die ein Fluch bis dahin am Sterben gehindert hat, zu Grabe tragen zu lassen. Es handelt sich um eine sehr umfangreiche Schilderung der Grablegungszeremonien mit zahlreichen Gesängen und Gedichten. Interessant ist auch, dass die Lureley hier mit Schiffsunglücken auf dem Rhein in Verbindung gebracht wird. Radlauf erzählt von dieser Begegnung kurz nach seiner Ankunft in Mainz folgendes:
"Als ich hinabgesunken, stand ich in einer grünen Laube von Wasserbinsen geflochten; die vier Pfähle, worauf sie ruhte, waren vier Korallenbäume; rings herum standen sieben Wasserlilien, und auf jeder saß eine sehr traurige Jungfrau; in der Mitte aber saß dasselbe holdselige Weib, das ich auf dem Felsen gesehen hatte, als unser Boot unterging. Ich war in ihren Anblick ganz verloren, sie aber schien mich nicht zu bemerken und sang also -
Frau Lureley:
Es fahren die Lebenden über den See, Sie bringen den Toten nach Haus; Es hebt sich ein Wetter am Berg in die Höh, Der Wind macht die Wellen so kraus: Töchterlein, Töchterlein Herzeleid! Was hast du gesponnen so lange Zeit?
Herzeleid:
Ich habe gesponnen manch Kissen reich Von Gold und Seide und Samt, Drauf liegt des Helden Haupt gar weich, Dem dieses Haus entstammt.
Frau Lureley:
Töchterlein, Töchterlein Liebesleid! Was hast du gesponnen so lange Zeit?
Liebesleid:
Ich habe gesponnen drei Särge breit, Drei Särge von Elfenbein, Sie stehen und harren schon lange Zeit - Drei Greise steigen hinein.
(...)
Als sie so gesungen hatten, stand die schöne blonde Frau auf und sprach zu mir: »Nun, lieber Radlauf, komm!« - und da nahm sie mich mit einer überaus holdseligen Miene an der Hand und führte mich durch die Wellen, die wie zwei Mauern von Kristall fest neben uns hinliefen; vor uns aber ging erst Herzeleid mit ihrem schöngestickten Samtkissen, dann Liebesleid, neben der die drei Elfenbeinsärge herschwammen, ihr folgte Liebeseid mit einer goldnen herzförmigen Kapsel, Reu und Leid mit einer goldnen Krone, Mildigkeit mit drei kleinen Kronen, Liebesfreud mit Perlenkranz und Perlenstrauß. Dann ging ich an der Hand des lieben blonden Wasserfräuleins, und hinter uns ging Liebesneid mit einer Rute und trieb die zwölf Mühlsteine wie eine Herde Schafe vor sich her. Bald kamen wir an einen Felsen, der sich auftat, und nun stiegen wir viele Treppen hinan, bis wir in einem gewölbten Saale ankamen; da stand ein großer Tisch von gewachsenem Erz, und oben an dem Tisch saß ein uralter Mann; er stützte sein bleiches Angesicht auf seine zwei Hände, seine Ellenbogen ruhten auf dem Tisch, sein silberweißer Bart war durch den Tisch durchgewachsen und glänzte wie Asbest, seine Augenbrauen waren auch sehr lang, und seine Augen sahen unter ihnen durch eine große blitzende Brille wie zwei traurige Gefangene hervor; er hatte einen Schäferrock an von dem zartesten Lammfell, einen breiten goldgelben Schäferhut auf, auf dem die Fürstenkrone befestigt war, und um seinen Nacken hing ein Lamm, dessen Beine über seine Brust zusammengebunden waren; in seinem Arm lehnte ein hoher weißer Schäferstab; an seiner Seite hing ein Dudelsack von einem schwarzen Bocksfell; neben ihm saß ein zottiger Schäferhund mit seiner Laterne im Maul. - Er war ganz still und schien mit offnen Augen zu schlafen; zu seiner Rechten saß der Grubenhansel in seinem Knappenhabit, dann saß der Kautzenveitel in seinem Eulenwams, und dann der Kohlenjockel in seiner Kohlenjacke; alle in derselben Stellung, alle ganz still; die zwölf Knappen aber saßen ringsum auf der Erde mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Erstaunt über diesen Anblick wollte ich fragen, ob dieser alte wunderbare Schäfer mein ältester Ahnherr sei, und ob alle meine andern Urväter hier tot seien oder nur schliefen. Aber die liebe blonde Frau Lureley hielt mir den Mund zu und winkte mir mit dem Finger, zu schweigen; hierauf begann sie mit einer hellen Silberstimme zu singen:
Heil dem, der die Zeit erfüllet, Der die ewgen Maße mißt Und die Pein mit Schlaf umhüllet, Wenn die Schuld versühnet ist.
(...)
Während diesem Liede ging Frau Lureley an dem Tische umher und stieß die vier Alten an: da erwachten sie, sahen sich einander und die Frau Lureley und mich gar innerlich freudenselig an und lächelten und weinten und nickten mir freundlich und küßten mich der Reihe nach auf die Stirne; und auch ich mußte heftig weinen; dann aber sang Frau Lureley wieder, und alle sangen mit:
Heil dem, der die Zeit erfüllet, Der die ewgen Maße mißt Und die Pein mit Schlaf umhüllet, Wenn die Schuld versühnet ist.
(...)
Und unter diesem Gesang schliefen die vier wundersamen Greise einer nach dem andern wieder ein und sanken mit ihren Häuptern auf den Tisch nieder. Nun tat sich hinter ihren vier Sesseln die Felsenwand in vier Türen auf, und vier schöne wunderbare Frauen, jede mit einem Gefolge von seltsamen Jungfrauen kamen herein.
(...)
»Die Tage der Rache sind zu Ende, ihr treuen Diener eures unglücklichen Herrn! Geht auf den Hof des Schlosses, ich will euch seinen frommen Sohn vorstellen.« Nach diesen Worten hoben sich die Stare von dannen, und sie sprach zu mir: »Mein teurer Radlauf, erschrecke nicht über das, was ich dir sagen werde, unterbrich auch nicht meine Rede mit Worten und Fragen und Ausrufungen; sobald du redest, muß ich dich verlassen, und du zerbrichst ein Werk, was dich und mich beglücket; reiche mir deine Hand, umarme mich, o komm an mein Herz, ich bin deine Mutter.« Hier schloß sie mich in ihre Arme; Schauer und Entzücken nahmen mir die Sinne; aber sie benetzte mein Antlitz mit dem Quell, und mir ward unendlich wohl - dann fuhr sie fort: »Der schwarze Hans, den wir hier begraben haben, ist dein Bruder; hier diese Kapelle ist die Grabstätte deines Vaters, noch ruht er nicht hier, noch lebt er, du wirst ihn noch einmal umarmen; noch mehr Geschwister hast du, du sollst sie alle sehen; in wenigen Stunden muß ich dich verlassen; drum bleibt mir nicht die Zeit, dir alles zu erklären, was dich heute mit Erstaunen erfüllt; aber bald sehe ich dich wieder, und du lernst mich kennen; jetzt folge mir, daß ich dich deinen Untertanen vorstelle, die dich erwarten.« Stumm und erschüttert, mehr durch ihre Erzählung, als durch ihr Gebot zu schweigen, folgte ich ihr in der Begleitung ihrer sieben Jungfrauen. Wir gingen aus der Kirche hinaus; auf schönen reinen Treppen stiegen wir zu heiteren Terrassen, mit mancherlei Bildsäulen und schönen Gefäßen, aus denen Wasser sprudelte, geschmückt; so gelangten wir durch geräumige Vorsäle in prächtig geschmückte Gemächer, die, bequem und vornehm aneinander gereiht, auf bunten Teppichen durchwandelt wurden, bis sie auf einer großen Marmorgalerie wieder zu Tage liefen. Von diesem Standpunkte übersah man den grünen Spiegel des Sees und das jenseitige Waldgebirge, das sozusagen erst die Folge dieser Säle beschloß; aber, hinausgetreten auf den Balkon, erblickte ich den Hof des Schlosses und die ihn umgebenden Gärten und Terrassen mit einer Menge von Menschen bedeckt, die mit Hüten und Tüchern wehend einem freudig stürmenden, jauchzenden Meere glichen, das mit tausend Wogen des Jubels an mein bestürztes Herz schlug und immer: »Heil! Heil! unserm Fürstensohne, Heil! Heil! seiner Mutter!« rief. Die liebe blonde Mutter aber sprach zu mir: »Sage, mein Sohn, an wen gedenkst du jetzt, du, der kummervoll und arm war und jetzt mit allem weltlichen Entzücken berauscht ist?« Da sprach ich: »Daß der Vater lebt, ist mir lieb; daß ich meine Mutter sehe, ist mir süß; aber ich wollte, ich wäre am Rhein und dieses Schloß wäre meine Mühle und dieses Volk wäre der Rhein; Ameley wäre in seinen Wellen, ich stürzte hinein, trüge sie in meinen Armen auf die Wiese ans Ufer und sähe in ihre holdseligen Augen; ach! das wäre süßer als alles.« Darauf sprach meine Mutter: »Du bist der treueste Mann, und glücklich, die dich liebet; bald sollst du sie wiedersehen.« Dann sprach sie zu dem Volke: »Rüstet das Land und das Schloß, in wenigen Tagen kehret euer Herr zurück.« Somit wendeten wir uns um und gingen durch die Gemächer, über die Treppen, durch die Kirche, hinab in das Gewölbe, wo die zwölf Knappen um den Tisch saßen wie Ratsherrn. »Nun«, sagte Lureley, »muß ich dich verlassen, bitte dir eine Gnade aus, bald sehe ich dich wieder.« Ich wußte über all der Herrlichkeit nicht, was ich begehren sollte, und da ich die zwölf alten Knappen so gewaltig besorgt sitzen sah, sagte ich: »Verzeihe diesen armen Schelmen und lasse sie deiner Milde genießen, und schenke sie mir zur Begleitung, daß ich nicht so einsam nach Hause ziehen muß.« Da umarmte sie mich und küßte mich und verschwand; ich aber wußte nichts mehr von mir, ein wunderbarer Schlaf befiel meine Augen."
Die Lureley als neue Melusine
Erst bei ihrem dritten Auftreten im "Rheinmärchen" erzählt die Lureley schließlich dem Müller/König, wie es sich mit ihrer eigenen Ehe verhielt. Sie hatte Christel, einen Spross aus der Familie der Starenberger geheiratet, in dessen Ahnenreihe bereits die vier anderen erwähnten übernatürlichen Wesen standen. Wie diese, nahm sie ihrem Mann das Ehrenwort ab, sie in jedem Monat eine Woche allein und unbeobachtet zu lassen. Es ist das alte Melusinen-Motiv, das in dieser Geschichte wieder auflebt, also eine sehr alte Wasserfrauensage. Die Heirat ist, wie schon zu Lohengrins oder zu Amors und Psyches Zeiten, daran gebunden, dass der Ehepartner in einem bestimmten Punkt Diskretion bewahrt. Alles könnte so schön und vollkommen sein, wenn da nicht Neider und böse Zungen wären. Schließlich gibt der Ehepartner nach, lässt sich zum Spionieren bereden - und alles zerbricht. Im Buch ist es Frau Lureley, die ihre Geschichte selbst und als Ich-Erzählung vorbringt, wiedergegeben wird das Ganze allerdings vom Müller/König Radlauf, der diese Geschichte am Ufer des Rheins als Auslösemärchen vorträgt und damit seine Prinzessin Ameley wieder vom Grund des Flusses herauferzählt. Radlauf berichtet über seine Wieder-Begegnung mit seiner Mutter und über die Erzählung der Lureley, die Wasserfrau habe ein Liebesverhältnis mit dem Müller Christel gehabt, das ihre Mutter aber nicht billigte. Die Mutter habe die Lureley mit dem Hinweis, sie sei nun alt genug, eine eigenen See zu beherrschen, aus der Heimat fortgeschickt. Radlauf/Lureley erzählt über den weiteren Fortgang der Beziehung Folgendes:
"Als die Nacht herankam, schlich ich mich von ihrem Lager und eilte zu Christel in die Mühle, dem ich unter Tränen erzählte, daß ich ihn verlassen müsse. Er weinte auch sehr, und ich schwur ihm, sobald wiederzukehren als möglich und sein Weib zu werden. Gegen Morgen verließen wir uns, aber meine Mutter war mir gefolgt und hatte uns belauscht. Sie schmähte mich aus und sagte mir: 'Lureley! du wirst sehr unglücklich sein, du hast dich einem Starenberger verbunden, und er wird dich verraten, wie all seine Vorfahren ihre Frauen verraten haben; lasse von ihm ab.' Da weinte ich heftig und sagte ihr, daß ich das nicht könne. 'Wohlan', sagte meine Mutter, 'du sollst deinen Willen haben, die Bedingung aber sei, daß du sein Weib wirst, ohne daß er weiß, wer du bist, und daß du ihn nie ganz für seine Verräterei verlassen darfst.' ich mußte mich ihrem Willen fügen, und sie brachte mich den andern Morgen in den Laacher See. Hier war ich einsam und traurig; meine Ufer waren mit alte Eichen bedeckt; nur der Glockenklang und Chorgesang der Kirche unterbrach die Stille, und ich hatte alle Zeit, meiner Sehnsucht zu meinem lieben Christel nachzuhängen. Ein Jahr war herum, und da meine Mutter sah, wie ich mich kümmerte, sagte sie mir: 'Lureley! gehe hin, wohin dein Herz dich treibt, aber gebe dich nicht zu erkennen.' Ich verließ also beim Aufbruch des Frühlings meinen Aufenthalt und begab mich in der Gestalt, wie du mich siehst, nach Starenberg. Diese Kleidung, dieses Aussehen habe ich von einem hessischen Bauernmädchen entliehen, die ich auf meiner Reise im Walde um Erdbeeren suchen sah, und die an einem Brunnen, in dem ich übernachtete, heftig über ihre böse Stiefmutter weinte. Sie war so wunderschön und lieblich, daß ich sie der Brunnenfrau herzlich empfahl und mich ganz so gestaltete wie sie, und wenngleich meine eigene Gestalt glänzender und reizender ist als diese, so hat doch niemals ein so edles, frommes und schönes Menschenbild gelebt als dieses. So kam ich nach Starenberg und setzte mich in den Wald, nicht weit von der Mühle, und hatte ein Körbchen voll Erdbeeren im Schoß. Es war am Morgen, Christel kam von der Mühle her, und es freute mich, zu sehen, daß er die Mühle noch besuchte. Er schien mir sehr traurig, als er mich aber sah, erheiterte sich sein Antlitz, er war durch meinen Anblick gerührt. Er setzte sich zu mir ins Gras, er aß von meinen Erdbeeren und gewann mich so lieb, so lieb, daß er mich bat, seine Ehegattin zu werden. Traurig willigte ich ein, weil ich sah, daß er mich nicht kannte, und daß er mich also vergessen hatte. Doch machte ich ihm die Bedingung, mich unter harter Strafe am siebenten Tage in der Woche in der Nähe der Mühle allein zu lassen und nie nachzuforschen, was ich dann mache. Er versprach mir alles heilig und brachte mich nach Starenberg. Wir hielten Hochzeit und lebten glücklich."
Beide haben zwei Kinder, das Glück scheint vollkommen. Doch es kommt, wie es kommen muss: Auch dieser vierte Mann in der Reihe der Starenberger bricht seinen Schwur und beginnt, der Ehefrau während ihrer "Auszeit" nachzuspionieren. Mit fatalen Folgen.
"Nun hatten meine beiden Söhnlein einen Lehrer, der sehr weit gereist war; es war ein ernsthaft wunderlicher Mensch, trug immer rote Strümpfe und weiße Hosen und Rock; er war sehr pathetisch und melancholisch; und führte die Kinder zurück von der Mühle. Christel brachte, während ich abwesend war, immer seine Zeit mit ihm zu, und dieser verdrießliche Mann erregte zuerst die Neugierde in ihm, zu wissen, wer ich sei und was ich in der Mühle den Sonnabend mache. Christel ließ sich von ihm verführen; doch wagte er es nicht, selbst zu lauern, weil ich es ihm zu streng verboten hatte; der Hofmeister aber übernahm es, meine beiden Söhnlein dazu abzurichten, und die armen Kindlein ließen sich von dem Schelm verführen. Am folgenden Morgen schlichen sie sich in die Mühle mit dem Schulmeister; ich saß in dem offenen Boden der Kammer, wo ich sonst Christel besucht hatte, in meiner Wasserjungfergestalt mit meiner Mutter, die mir die Haare kämmte, da trat der Schulmeister und meine zwei Kinder herein. Ich erschrak, daß ich ohnmächtig wurde, meine Mutter aber sagte: 'Sieh, liebe Lureley! daß ich recht prophezeite, man verrät dich.' Und somit verwandelte sie meinen Sohn Georg in eine weiße Maus, den Philipp aber in einen Goldfisch und den Schulmeister in einen Storch, und sprach: 'Ziehe fort mit ihnen, Verräter! und lasse dich nicht wieder sehen, bis die Kleinen durch ihre Treue und Tugend wieder gutgemacht haben, was sie jetzt verderben wollten.' Sogleich nahm der Storch die weiße Maus und den Goldfisch in den Schnabel und flog eilends davon. Ich war sehr traurig über den Verlust meiner Kinder; aber meine Mutter sagte mir: 'Sei ruhig, sie sind gut aufgehoben; du wirst sie einst in Ehren wiedersehen.' Als ich nach Starenberg zurückkehrte, fragte mich Christel nach den Kindern, und ich sagte ihm, die Wasserfrau habe sie vor meinen Augen geraubt. Da ward Christel sehr traurig und dachte, es müsse eine Strafe der Wasserfrau sein, weil er sie verlassen und mich geheiratet. Als ich aber am nächsten Sonnabend wieder in der Mühle war, ließ sich Christel von den zwölf Knappen verführen, mich zu überfallen, als ich im Bade saß, und Christel sah, daß ich von der Brust hinab die Gestalt eines Fisches hatte. Erzürnt sprach ich zu ihm: 'Du verrätst mich zum zweitenmal, dafür bestrafe ich dich und nehme dir das Gedächtnis', und somit bespritzte ich ihn und die Knappen mit Wasser und verschwand. Christel wußte nun nichts mehr davon, daß er Fürst von Starenberg gewesen, daß ich sein Weib war; er und seine Knappen hielten sich für Müller von jeher und trieben es, wie es andere Müller auch treiben, und da die Einwohner von Starenberg sahen, daß ihm auf keine Weise einzureden sei, daß er jemals ihr Herr gewesen sei, ließen sie ihn bleiben, was er wollte, und brachten ihm ihr Korn zu mahlen. Da ich ihn nach dem Schwur meiner Mutter nicht verlassen konnte und ihn auch immer noch liebte, besuchte ich ihn wieder in dieser meiner Verkleidung und brachte ihm Getreide zu mahlen. Er liebte mich von neuem; ich machte von neuem den Bund mit ihm, daß er mich am siebenten Tag in einem Erlenwäldchen verlassen mußte."
Die Lureley als Verwandte der Frau Holle
Noch einmal tritt die Lureley in der Geschichte auf, als die Fischerin Marzeline am zweiten ihr Märchen erzählt und damit ihre Tochter aus dem Rhein erlöst. Hierbei entpuppt sich ausgerechnet Marzeline als das Mädchen, mit dem Lureley in Radlaufs Märchen die Kleider getauscht hatte. Marzellines Märchen erinnert an Frau Holle oder Aschenputtel, es geht um eine tugendhafte junge Maid (Marzeline), die von ihrer bösen Stiefschwester und deren Mutter gepeinigt und zu allerlei Arbeiten herangezogen wird. Erst der Zauber und die Hilfe Lureleys und der freundlichen Brunnenfrau befreien sie und machen sie zur Königin. Eine besondere Gabe der Lureley an das junge Mädchen ist, dass sie beim Kämmen Edelsteine und Perlen aus ihrem Haar herauskämmen kann.
Eichendorffs "Waldgespräch" über die Lorelei
Neben Brentano und Heinrich Heine, auf den wir gleich zu sprechen kommen, hat sich noch ein weiterer Romantiker mit der Lorelei Befasst. Joseph Freiherr von Eichendorff schrieb sein Gedicht "Waldgespräch" wohl in der Zeit von 1807 bis 1810. Auch hier ist das Motiv der ungeheuren Schönheit der Lorelei zu finden sowie der Schändlichkeit der Männer. Die Lorelei weiß von deren Trug zu berichten und sagt, man habe ihr Herz gebrochen. Ihr Handeln geschieht demnach aus Rache für das erlittene Leid. Der Frau werden von den (wohl vom Geschlechtstrieb umnebelten) Männern Hexenkräfte zugeschrieben, und auch Eichendorf erinnert an den hohen Stein, auf dem die zauberische Frau saß.
Waldgespräch
Es ist schon spät, es wird schon kalt, Was reit'st du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut, ich führ' dich heim!
"Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wohl irrt das Waldhorn her und hin, O flieh' Du weißt nicht, wer ich bin."
So reich geschmückt ist Roß und Weib, So wunderschön der junge Leib, Jetzt kenn' ich dich – Gott steh mir bei! Du bist die Hexe Lorelei!
"Du kennst mich wohl – von hohem Stein Schaut still mein Schloß tief in den Rhein. Es ist schon spät, es wird schon kalt, Kommst nimmermehr aus diesem Wald!"
Im Gegensatz zu Brentano lässt Eichendorf die Begegnung nicht am Rhein spielen. Die Lorelei ist hier eine Waldhexe, wie Eichendorf überhaupt eine große Liebe zu Waldszenarien hatte. Erst in der letzten Strophe wird ihr "Schloss am Rhein" erwähnt. Doch der Mann, mit dem sie sich hier unterhält, wird eben nicht in die Tiefen des Flusses gezogen und dem Tod durch Ertrinken ausgesetzt, sondern sein Schicksal lautet: "Kommst nimmermehr aus diesem Wald!"
Heinrich Heines Loreley
Angeregt von Brentanos Lore Lay-Gedicht aus dem "Godwi" (Die "Rheinmärchen" waren ja erst nach Brentanos Tod erschienen), entstand im Jahr 1824 Heinrich Heines Loreley-Gedicht, die bis heute bekannteste und verbreiteste Fassung der Stoffs. Das Gedicht wurde aufgenommen in die Sammlung "Buch der Lieder", Heines erfolgreichsten Gedichtband, und war vermutlich auch Heines erfolgreichstes Lied. Heine nennt die Loreley-Geschichte "Ein Märchen aus alten Zeiten", und genau so kam das Brentano-Gedicht ja auch herüber. Dass hier eine Sagengestalt frei erfunden worden war, hat der Düsseldorfer Heine, der ja auch ein Kind des Rhein ist, offenbar gar nicht registriert. Heine ist Brentano bei dessen "Volksliedern" auch an anderer Stelle auf den Leim gegangen, so schwärmt er in seinem Buch "Die romantische Schule" von den in "Das Knaben Wunderhorn gesammelten Texten: "Dies Buch kann ich nicht genug rühmen; es enthält die holdseligsten Blüten des deutschen Geistes, und wer das deutsche Volk von einer liebenswürdigen Seite kennenlernen will, der lese diese Volkslieder." (Heinrich Heine: Sämtliche Werke III. München: Winkler Verlag, 1972. S. 343). Aber gerade das "rührende" Lied "Zu Straßburg auf der Schanze", das Heine als Beispiel für die innigen Töne des Volksliedes und die Poesie und den Zauber dieser schlichten, im Volke entstandenen Weisen hervorhebt - "Die Kunstpoeten wollen diese Naturerzeugnisse nachahmen, in derselben Weise, wie man künstliche Mineralwasser verfertigt" (ebd. S. 344), schreibt er - ebendieses Lied, das er als Beleg für den echten, wahren und unkopierbaren Ton des Volkes anführt --- war eine freie Erfindung Brentanos.
Trotzdem: In seiner Bearbeitung des "Loreley-Stoffes" erwies sich Heine als derjenige, der den Nerv des Volkes wesentlich besser getroffen hatte als sein Vorläufer Brentano. Heines Loreley kommt wesentlich kürzer und geschlossener daher, ist "singbarer" und fand beim Volk offene Ohren. Zwar bemüht sich Heine teilweise um eine ironische Brechung des romantischen Tonfalls, doch der Volksliedzauber gelang trotzdem. Hier also die Loreley in ihrer "klassischen" Gestalt:
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin; ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt, und ruhig fließt der Rhein; der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet dort oben wunderbar; ihr goldnes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei; das hat eine wundersame, gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe ergreift es mit wildem Weh; er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende Schiffer und Kahn; und das hat mit ihrem Singen die Lore-Ley getan.
Ja, singbar war sie, diese Loreley. Das Gedicht wurde im 19. Jahrhundert mehr als 40 mal vertont, die bekannteste Fassung stammt von dem Komponisten Philipp Friedrich Silcher (1789-1860) und entstand im Jahre 1837. Und das Lied soll sogar so populär gewesen sein, dass selbst die Nazis, die sonst alle Werke des jüdischen Dichters aus der Literatur zu tilgen suchten, vor der Loreley kapitulierten. Sie soll in Liedsammlungen als "Volkslied mit unbekanntem Verfasser" weiterhin abgedruckt worden sein. Von der Wikipedia habe ich mich allerdings belehren lassen, dass diese Einzelheit zwar von Walter A. Berendsohn und Theodor W. Adorno zwar berichtet wurde, es bislang jedoch keinen Beweis dafür gebe. Auf jeden Fall hat Heine mit diesem Werk das geschafft, wovon viele Dichter nur träumen können: ein Volkslied schreiben ...
Vermutlich liegt es auch daran, dass ausgerechnet Silchers Vertonung relativ anspruchslos ist und das Lied auch von ungeübten und unbedarften Laien einfach so gesungen werden konnte. "Wenn der Deutsche fröhlich ist, so singt er gewiss: 'Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß ich so traurig bin'", stellte Karl May denn auch sehr treffend in seiner "Felsenburg" ("Satan und Ischariot" I) fest.
Dabei gibt es durchaus einige namhafte Komponisten, die Heines Gedicht auf spannende, teilweise auch angemessenere Art vertont haben. Unter den anderen Fassungen finde ich vor allem die Vertonung von Clara Schumann interessant:
In der verlinkten Aufnahme klingt eher Dämonisches und ein Hauch von Wahnsinn mit, wenn Diana Damrau die sirenenhaften Töne aus der Höhe des Felsens interpretiert, da flackert es, und das von Heine dreimal beschworene Goldmotiv - goldenes Geschmeide, goldenes Haar, goldener Kamm - kommt hier sehr schön und verstandesraubend zur Geltung.
Sehr mag ich auch die auf Silcher basierende, aber etwas modernisierte Version von Achim Reichel
Womit wir in der modernern Zeit angekommen werden. Und dass heutzutage eigentlich die Zeit der Mythen und Legenden vorbei ist und somit auch die Zeit der Loreley, machte Erich Kästner in seinem eingangs zitierten Gedicht "Der Handstand auf der Loreley" deutlich.
"Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen", schrieb er, "Der Rhein ist reguliert und eingedämmt. Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen, bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt."
Schade eigentlich. Aber der Mythos der Loreley wird wohl bestehen bleiben. Schiffsunglücke kommen dort immer noch von Zeit zu Zeit vor, wie damals am am 28. September 2003, als ein Fahrgastschiff, das ausgerechnet den Namen Loreley trug, bei extremem Niedrigwasser auf Grund lief.
Und dass die Dame auf dem Felsen auch im Schlager eine gute Figur macht, stellte 1981 die Gruppe Dschingis Khan unter Beweis:
Und wenn ihr mich jetzt fragt, wo in Nestis' Nordsee-Kosmos die Loreley vorkommt ... Habt ihr euch nie gewundert, warum Meerjungfrau Mira immer so eitel ihre blonde Lockenpracht schüttelt?
Beim Aufräumen meiner Festplatte gefunden: Ein altes Märchen, das ich schrieb, als ich mich vor einigen Jahren als Journalist und Schriftsteller selbstständig gemacht habe und von einer Behörde zur anderen irrte. Gewidmet dem Arbeitsamt, dem Finanzamt, der Krankenkasse und der Künstlersozialkasse. Viel Spaß beim Lesen!
Das goldene Entenei
Es war einmal ein armes aber redliches Mädchen, dessen Mutter war schwer krank geworden. Die Ärzte sagten, es gebe kein Heilmittel, und sie werde sterben. Da war das Mädchen sehr traurig. Aber eines Nachts, da träumte die Mutter, wenn sie ein goldenes Ei, gelegt von einer goldenen Ente, äße, dann würde sie wieder gesund werden. Am anderen Morgen erzählte sie den Traum ihrer Tochter. Da sprach das Mädchen: "Mutter, ich will in die Welt hinausziehen und die goldene Ente suchen. Du sollst sehen: Wenn ich dir das goldene Ei bringe, wirst du wieder ganz gesund." Und guten Mutes machte sich das Kind auf und zog in die Welt hinaus. Aber, ach, wo immer es auch suchte und nach der goldenen Ente fragte, von einem solchen Vogel hatte noch niemand gehört im ganzen Reich, und am Ende erntete es nur Hohn und Spott. Durch Wind und Regen irrte es viele Tage und Nächte hindurch, es litt Hunger und Durst, und die Füße taten ihm so weh, es konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Doch mit einem Male, da war es ihm, als hörte es an einem Teich im Röhricht etwas quaken und schnattern, und als es die Schilfhalme auseinanderbog, siehe da, da fand es ein Nest, das war ganz aus goldenen Zweigen gebaut, und darin lagen fünf goldene Enteneier. Obenauf aber saß eine goldene Ente, die quakte und schnatterte vor sich hin und sah das Mädchen freundlich an. "Ach bitte, liebe goldene Ente", sprach da das Mädchen, "gib mir doch eines deiner goldenen Eier. Meine Mutter ist todkrank, und nur ein goldenes Entenei kann sie wieder gesund machen." "Nun", sprach die Ente, "das Ei sollst du wohl haben. Doch du musst mir auch etwas dafür geben. Bring mir eine goldene Feder aus dem Steiß des goldenen Kondors, der auf dem höchsten Gipfel der Anden lebt, und sowie du mir die Feder gibst, sollst du das goldene Ei von mir haben." Da knickste das Mädchen artig und machte sich auf die Suche nach dem goldenen Kondor. Hart und lang war der Weg, doch das Mädchen erduldete Hunger und Durst, Hitze und bittere Kälte klaglos und lief auf blutigen Füßen, bis es zuletzt den höchsten Gipfel der Anden erreichte. Und tatsächlich: Dort oben auf dem höchsten Bergesgipfel, da sah das Kind etwas golden leuchten, und als es ganz hinaufgestiegen war, da sah es, dass es ein goldener Kondor war, und in seinem Steiß staken goldene Schwanzfedern, die glänzten und funkelten in der Sonne. "Ach bitte, lieber goldener Kondor", sprach da das Mädchen, "gib mir doch eine goldene Feder aus deinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." "Nun", sprach der Kondor, "die Feder sollst du wohl haben. Doch du musst mir auch etwas dafür geben. Bring mir eine goldene Strähne aus dem goldenen Schweif des goldenen Pferdes der Morgenröte, das im Sonnenaufgang lebt, und sowie du mir die goldene Strähne gibst, sollst du die goldene Feder von mir haben." Da knickste das Mädchen artig und machte sich auf die Suche nach dem goldenen Pferd der Morgenröte. Lange wanderte es, immer in Richtung der aufgehenden Sonne. Und nach langem Herumirren und Suchen, beinahe am Ende seiner Kräfte angelangt, fand das Mädchen tatsächlich den Sonnenaufgang, und siehe: Genau an der Stelle, an der die Sonne aufging, weidete ein goldenes Pferd, und sein Schweif glühte golden im Morgenrot. "Ach bitte, liebes goldenes Pferd der Morgenröte", sprach da das Mädchen, "gib mir doch eine goldene Strähne aus deinem goldenen Schweif. Die Strähne gebe ich dem goldenen Kondor vom höchsten Gipfel der Anden für eine goldene Feder aus seinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." "Nun", sprach das goldene Pferd der Morgenröte, "die Strähne sollst du wohl haben. Doch du musst mir auch etwas dafür geben. Bring mir eine goldene Schuppe des goldenen Fischs, der im achten Weltmeer am äußersten Rand der Welt lebt, wo die Wasser schäumend in den Abgrund stürzen, und sowie du mir die goldene Schuppe gibst, sollst du die goldene Strähne von mir haben." Da knickste das Mädchen artig und machte sich auf die Suche nach dem goldenen Fisch, der im achten Weltmeer am äußersten Rand der Welt lebt. Lange wanderte es von Land zu Land und von Küste zu Küste, es verdingte sich als Köchin oder Schiffsjunge und fuhr auf Handelsschiffen und Piratenseglern mit. Es hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, doch eines Tages, an Bord eines Forschungsschiffs voller Abenteuerer, gelangte es tatsächlich zum achten Weltmeer, und dort, am äußersten Rand der Welt, wo die Wasser schäumend in den Abgrund stürzen, fand es den goldnenen Fisch, dessen Schuppen golden in der Sonne glänzten. "Ach bitte, lieber goldener Fisch aus dem achten Weltmeer", sprach da das Mädchen, "gib mir doch eine deiner goldenen Schuppen. Die Schuppe gebe ich dem goldenen Pferd der Morgenröte für eine goldene Strähne aus seinem goldenen Schweif. Die Strähne gebe ich dem goldenen Kondor vom höchsten Gipfel der Anden für eine goldene Feder aus seinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." "Nun", sprach der goldene Fisch aus dem achten Weltmeer, "die Schuppe sollst du wohl haben. Doch du musst mir auch etwas dafür geben. Bring mir einen goldenen Apfel aus dem Garten der Hesperiden dafür, der jedem, der von ihm isst, die ewige Jugend verleiht, und sowie du mir den goldenen Apfel gibst, sollst du die goldene Schuppe von mir haben." Da knickste das Mädchen artig und machte sich auf die Suche nach dem Garten der Hesperiden. Der Weg war weit und steinig. Das Mädchen musste die Säulen des Herakles passieren, es durchquerte Wüsten und überschritt Flüsse, es stieg über Gebirge und irrte durch zerklüfete Felsschluchten, und es hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, als es eines Morgens vor sich das goldnene Tor zu einem herrlichen Garten erblickte. Und richtig, als es in den Garten eintrat, da sah es auch die üppigen Obstbäume, deren Äst sich unter der Last der Früchte bogen. Inmitten des Gartens aber stand der große Apfelbaum, und das Mädchen erkannte den Baum des Lebens sofort am goldenen Schimmer seiner Früchte. In seinem Schatten aber ruhten die zarten Jungfrauen, die ihn pflegten, die Hesperiden, die dem Mädchen freundlich entgegenblickten. Da sprach das Kind: "Ach bitte, liebe Hesperiden, gebt mir doch einen goldenen Apfel von diesem Baum. Den Apfel gebe ich dem goldenen Fisch aus dem achten Weltmeer am äußersten Rand der Welt und erhalte von ihm eine goldene Schuppe dafür. Die Schuppe gebe ich dem goldenen Pferd der Morgenröte für eine goldene Strähne aus seinem goldenen Schweif. Die Strähne gebe ich dem goldenen Kondor vom höchsten Gipfel der Anden für eine goldene Feder aus seinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." "Nun", sprachen da die Hesperiden, "den goldenen Apfel sollst du wohl haben. Doch du musst uns auch etwas dafür geben. Bring uns das goldene Spinnrad, das Allerleirauh am zweiten Festtag dem König in die Suppe legte, als sie noch eine Küchenmagd in seinem Schloss war, und sowie du uns das goldene Spinnrad gibst, sollst du den Apfel von uns haben." Da knickste das Mädchen artig und machte sich auf die Suche nach dem Schloss, in dem Allerleirauh und der König lebten. Weit über eintausend Schlösser gab es im Märchenreich, und das arme Mädchen besuchte sie alle. Es besuchte die Schlösser von Schneewittchen und Aschenputtel, von Schneeweißchen und Rosenrot, es besuchte Dornröschen und den Froschkönig, die Schneekönigin und den blauen Glaspalast, in dem die kleine Meerjungfrau gelebt hatte. Es traf die Gänsemagd, die Schöne und das Biest und Brüderchen und Schwesterchen, auch den Kalifen Storch und das Mädchen ohne Hände. Es fragte die Prinzessin auf der Erbse nach dem Weg, und es wagte sogar, die schwarze Prinzessin anzusprechen. Ja, selbst Ritter Blaubart fragte sie nach dem Weg zum Schloss von Allerleirauh, aber auch er konnte ihr den Weg nicht sagen. Endlich, das Mädchen hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, da fand es am Ende eines dunklen, einsamen Weges doch noch ein Schloss, das es noch nicht besucht hatte. Und tatsächlich, als es eintrat und von Dienern in den hohen Empfangssaal geführt wurde, da saßen auf einem Thron Allerleirauh und der König und sahen es freundlich an. "Ach bitte, liebe Königin Allerleirauh", bat da das Mädchen, "gib mir doch das goldene Spinnrad, das du dem König am zweiten Festtag in die Suppe gelegt hast, als du noch eine Küchenmagd in seinem Schloss warst. Ich will es den Hesperiden für einen goldenen Apfel von ihrem Baum geben. Den Apfel gebe ich dem goldenen Fisch aus dem achten Weltmeer am äußersten Rand der Welt und erhalte von ihm eine goldene Schuppe dafür. Die Schuppe gebe ich dem goldenen Pferd der Morgenröte für eine goldene Strähne aus seinem goldenen Schweif. Die Strähne gebe ich dem goldenen Kondor vom höchsten Gipfel der Anden für eine goldene Feder aus seinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." "Nun", sagte da Allerleirauh, "das goldene Spinnrad sollst du wohl haben. Aber du musst mir auch etwas geben dafür. Bring mir zuerst ein goldenes Haar des Teufels mit den drei goldenen Haaren, und sowie du mir das goldene Haar gibst, sollst du das Spinnrad dafür erhalten." Da knickste das Mädchen artig und fuhr zur Hölle. In der Hölle aber traf es den Teufel, der ein liebenswürdiger älterer Herr war und das Mädchen freundlich nach seinem Begehr fragte. „Ach bitte, lieber Teufel“, sprach da das Mädchen, „gib mir doch eines deiner drei goldenen Haare. Ich will's Allerleirauh geben, die mir ihr goldenes Spinnrad dafür versprochen hat, das sie dem König am zweiten Festtag in die Suppe gelegt hat, als sie noch eine Küchenmagd in seinem Schloss war. Das Spinnrad werde ich den Hesperiden für einen goldenen Apfel von ihrem Baum geben. Den Apfel gebe ich dem goldenen Fisch aus dem achten Weltmeer am äußersten Rand der Welt und erhalte von ihm eine goldene Schuppe dafür. Die Schuppe gebe ich dem goldenen Pferd der Morgenröte für eine goldene Strähne aus seinem goldenen Schweif. Die Strähne gebe ich dem goldenen Kondor vom höchsten Gipfel der Anden für eine goldene Feder aus seinem goldenen Steiß. Die Feder geb ich der goldenen Ente und bekomme dafür ein goldenes Ei von ihr, das meine todkranke Mutter wieder gesund machen soll." Dem Teufel waren ob dieser langen Aufzählung die Augen groß und rund geworden, und er beschloss, dem Mädchen zu helfen. „Weißt du“, sagte er freundlich, „ich habe es satt, immer nur den Bösen spielen und die Menschen quälen zu müssen, viel lieber möchte ich nett und freundlich sein und allen Menschen Gutes tun. Warum nur komme ich nicht in den Himmel hinein und kann dort Harfe spielen? Ach, ich bin es längst leid, ein Teufel zu sein. Und darum werde ich dir auch helfen, liebes Mädchen, und dir gern eines meiner Haare schenken. Wenn du mir nur zuvor auch einen kleinen Gefallen tun würdest: Ei, so hilf mir doch, in den Himmel zu kommen, und hole mir den goldenen Schlüssel des Heiligen Petrus, der die Pforten des Himmels aufschließen kann. Und sowie du mir den goldenen Himmelsschlüssel bringst, will ich dir eines meiner goldenen Haare geben. Oder, ach was, ich habe heute meinen großzügigen Tag, du sollst sogar alle drei goldenen Haare von mir kriegen und eine schwarze Strähne aus meiner Schwanzquaste noch dazu. Na, was sagst du dazu?“ Da knickste das Mädchen artig und ging in den Himmel. Der Heilige Petrus stand vor dem Himmelstor und sah das Mädchen freundlich an. Da sprach das Kind: „Ach bitte, lieber Heiliger Petrus, gib mir doch deinen goldenen Schlüssel ..." Doch in diesem Augenblick sah es durch das Himmelstor auf einer Wolke seine kranke Mutter sitzen, und da erkannte es, dass die Mutter gestorben war. Da ergriff der Zorn das Mädchen, und es trat in seiner Wut den Heiligen Petrus mit voller Wucht in die Eier, dass sie auseinanderplatzten wie goldene Enteneier. Dann setzte es sich auf eine goldene Wolke und fluchte. Und falls es der Heilige Petrus inzwischen nicht hineingelassen hat in den Himmel, dann sitzt es dort noch immer vor dem Himmelstor und flucht.
Meine Lesung aus "Die Schlagzeile" in Gardelegen ist offenbar gut angekommen. Am Montag, 7. Januar, war ich zu Gast bei der Selbsthilfegruppe "Wege aus der Angst" im Rosen-Center und stellte meinen Journalistenroman vor.
Ein wenig besorgt war ich ja, dass für die Gruppe, in der Menschen mit Traumata und Angst- und Panik-Attacken sich organisiert haben, die Einstiegsszene mit einem ziemlich schweren Verkehrsunfall zu heftig sein könnte. Aber der Gruppensprecher Sieghard Dutz hat mir versichert, damit hätten die Mitglieder überhaupt keine Probleme. Schlimm wäre eher eine Beschreibung eines Missbrauchs. Und die Zuhörer versicherten mir einhellig, dass sie Krimis und generell Spannung liebten. Es gab auch viele Lacher, als ich die Probleme meiner Heldin mit ihrem Chef und dem furchtbaren Rechtschreibkorrektursystem schilderte.
Eine Episode, die offenbar auch für den Kollegen von der Altmark-Zeitung, der die Lesung besuchte, sehr einprägsam war. Stefan Schmidt titelte: "Zum Teufel mit der Korrekturtaste". In seinem Artikel, der heute in der Altmark-Zeitung erschienen ist, erzählt er unter anderem von der Episode, als sich der Satz des Bürgermeisters "Der Verwaltungsausschuss ist das zweitwichtigste Organ nach dem Stadtrat" durch ein unaufmerksames "ok" beim Durchlaufenlassen des Rechtschreibprogramms in den Satz verwandelte: "Der Verwaltungsausschuss ist das zwielichtigste Organ nach dem Stadtrat." Was den Bürgermeister und den Chefredakteur am nächsten Morgen doch etwas verstimmte.
In dem Artikel heißt es:
"Diese und andere Geschichten aus dem Alltag einer Lokalreporterin las Dr. Petra Hartmann am Montagnachmittag im Gardeleger Rosen-Gesundheitscenter vor. Dort traf sich die Selbsthilfegruppe "Wege aus der Angst und hörte den Geschichten aus der fiktiven Kleinstadt Kleinweltwinkel zu. Geschichten über sich streitende Lokalpolitiker, eine Prügelei unter verfeindeten Bewohnern zweier Nachbardörfer und über den ungerechten Chef. (...)
Petra Hartmann ist gebürtige Niedersächsin und wuchs in Hildesheim auf. Ihr Buch "Die Schlagzeile", aus dem sie vorlas, erschien 2011. Da war sie Lokalreporterin einer Tageszeitung unweit von Hannover."
Der vollständige Artikel ist in der Altmark-Zeitung am Mittwoch, 9. Januar, Seite 4, erschienen.
Und hier der letzte Teil meines Rückblicks auf mein Literaturjahr 2018. Vor allem der November mit vier Lese-Urlaubswochen auf Helgoland und einem großen Koffer voller Bücher hat sich gelohnt. Nicht wundern über den teilweise schwelgerischen Tonfall - ich habe natürlich haufenweise Bücher von Lieblingsautoren mitgenommen, und da war schon einiges Gutes zu erwarten. Viel Spaß beim Stöbern. Vielleicht ist ja was dabei für euch. Und kommt gut rein ins neue Jahr!
Hinweis: Etwaige blau markierte Texte sind herausragende Spitzenbücher, rot steht für absoluten Mist, ein (e) hinter dem Titel bedeutet, dass ich den betreffenden Text in der eBook-Version gelesen habe, und hinter den Links verbergen sich ausführlichere Besprechungen innerhalb dieses Blogs.
Oktober
Ida von Hahn-Hahn: Von Babylon nach Jerusalem (e) Ida von Hahn-Hahn war eine Autorin des Vormärz und eine große Reisende. Ihr Buch "Orientalische Briefe" ist einfach großartig, da kann sich Fürst Pückler eine Scheibe von abschneiden. "Von Babylon nach Jerusalem" hat allerdings recht wenig mit ihren Orientreisen zu tun. Die Gräfin beschreibt ihre innere religiöse Entwicklung, die sie nach der 1848er Revolution dazu brachte, zum Katholizismus überzutreten und ins Kloster zu gehen. Eine große Abrechnung mit dem Protestantismus und ein Eintreten für die wahre, katholische Religion. Hat mich zwar nicht überzeugt, aber ihr war es sehr ernst damit.
Gustav Kühne: Die Wartburgsfeier (e) Geschichte zweier ungleicher Brüder, beziehungsweise Halbbrüder, Söhne eines Adligen, der eine ehelich gezeugt, der andere Spross eines vorehelichen Verhältnisses mit einer nicht standesgemäßen, aber geliebten Frau. Letzterer ist Student und zur Zeit des Wartburgfestes einer der Leiter. Die Geschichte hat aber danach nicht mehr viel mit dem Fest zu tun, sondern es geht um Familienverhältnisse, Leidenschaften, dunkle Stunden. Die Brüder sind beide schwer verliebt in das gleiche Mädchen, das obendrein das vielgeliebgte Ziehkind des Vaters der beiden ist. Letzterer legt im Testament fest, dass derjenige seiner Söhne, der die junge Frau ehelichen werde, den Löwenanteil seines Vermögens bekommen soll. Sollte sie es vorziehen, nicht zu heiraten, so soll der Großteil des Vermögens an sie fallen, und die Brüder mit einem recht kleinen Pflichtteil abgegolten werden. Es gibt viele tragische Tode, meist sterben die Leute an gebrochenem Herzen oder Schwermut, am Ende sind alle Beteiligten tot. Schwarze Schauerromantik aus der Frühzeit der Jungdeutschen.
Renate Hupfeld: Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland (e) Biographie eines Journalisten und Revolutionärs, der die 1848er Revolution begleitete. Sehr schön aufbereitet. mit zahlreichen Quellentexten und reich illustriert. Gut und spannend geschrieben ist es zudem. Ich habe viel daraus gelernt. Interessant war er für mich vor allem durch seine Beziehung zu Malwida von Meysenburg, einer beeindruckenden Vormärzlerin und Autorin, mit der ich mich damals im Studium auseinadergesetzt habe. Außerdem natürlich als niedersächsischer Autor, ansonsten hört man ja eher etwas von den Leuten in Berlin, Frankfurt und Hambach ... Lesens- und empfehlenswert.
Fabienne Siegmund (Hrsg.): Irrlichter Zauberhafte Anthologie, die ich bei der Tochter des Verlegers gegen ein Nestis-Buch getauscht habe. Man findet darin Irrlichter in allen Farbtönen und Facetten ihres irritierenden, flackernden Lebens. Heimtückische Gesellen, die nächtliche Wanderer ins Moor locken. Wiedergänger, irrende Seelen, Elfenwesen. Und die Lichtgestalten, die in diesem Buch ihr Unwessen treiben, sind so unterschiedlich und vielseitig, dass man vor den Autoren nur den Hut ziehen kann. Man trifft auf ein unheimliches Lichtwesen aus der Welt der Inkas, irgendwo zwischen Erlkönig, Mondgottheit und Seelensammler ("Das Licht des Urubamba" von Sabrina Železný), erlebt ein Steampunk-Abenteuer an der Seite des jungen Nikola Tesla ("Archibald Leach und die verschollenen Irrlichter" von Markus Cremer), ist auf einer Versammlung der Lichter bei einer Diskussion um Wert und Unwert der Irrlichter dabei ("Der Kongress leuchtet" von Markus Heitkamp) und erlebt die Aufklärung eines Mordes durch eine geisterhafte Lichterscheinung ("Totenlicht" von Sandra Lode). Es gibt eine Biographie eines Irrlichter-Jägers ("Iszual" von Thilo Corzilius), eine spacige Suche nach dem Dealer einer Zukunftsdroge, der die Schwester des Ich-Erzählers auf dem Gewissen hat ("Neonnacht" von Iris Leonard) und die Landung eines Raumschiffs, das die Erde erforschen soll ("ELIX-4 erforscht die Erde" von Peter Stohl). Meine drei Favoriten unter den Irrlichtern sind - der Moorgeist, der mit der Zeit gehen musste und nun seine Kunden als Bankangestellter zuerst in den Ruin treibt und dann in den Selbstmord - vorzugsweise dann im Moor ("Karrierewechsel" von Jens Grabarske) - die anrührende Geschichte von einem alten Mann, der immer wieder ins Moor geht, um Irrlichter zu fangen - auf der Suche nach seiner Geliebten, die vor Urzeiten im Moor verschwand ("Irrlichterjäger" von Christian Lange) - und das putzige kleine Männchen, das Schokokekse über alles liebt und dessen Handy-Display nachts im Moor geheimnisvoll leuchtet ("Schokokekse über alles" von Ruth M. Fuchs). Aber der Rest ist auch lesenswert. Einfach irre. Und erleuchtend.
Lewis Carroll: Die Alice-Romane. Übersetzt von Günther Flemming (Reclam) (Alice im Wunderland / Durch den Spiegel und was Alice dort fand) Kennt ihr das? Ihr schreibt auf Facebook in einer Diskussion mal eben ein paar Sätze hin, und dann fangt ihr an, länger drüber nachzudenken, und irgendwann greift es auf das reale Leben über? Mir ist es mit Alice so gegangen. Eine Autorenkollegin fragte in die Runde, welche Märchen uns als Kind so richtig Angst gemacht haben. Schnell war da die Hexe aus Hänsel und Gretel genannt, und auch der Wolf, der das Rotkäppchen gefressen hatte, war natürlich ein absoluter Angstmacher. Bei mir war es kein Grimm- oder Andersen-Märchen, das ich als Kind furchtbar gruselig fand. Aber ich erinnere mich immer noch mit Grauen daran, wie wir im Kindergarten mal eine Schallplatte mit Alice im Wunderland gehört haben. Das hat mir Angst gemacht. Man stelle sich vor: Da fällt jemand tiefer, tiefer, immer tiefer und immer weiter, stundenlang durch ein endloses Loch. Außerdem haben wir damals wohl nur die erste Seite der Platte gehört, und so erfuhren wir auch gar nicht, dass die gute Alice am Ende aufwachte und wieder zu Hause war. Für mich war nur im Gedächtnis hängen geblieben, dass jemand einfach so tiefer und tiefer fällt und nie wieder nach Hause kommt. Mein Gott, war mir das unheimlich. Ich schätze, ich war zehn oder elf Jahre alt, als ich dann die Readers Digest-Ausgabe des Wunderlands las, und ungefähr 14 oder 15, als ich, auf der Suche nach den Wurzeln der Fantasy, mit zwei Goldmann-Taschenbüchern auf den Spuren Alices noch einmal das Wunderland und erstmals das Spiegelland durchstreifte. Jedenfalls hat mich das Nachdenken über die Alice-Romane noch den ganzen Tag begleitet, und als abends in der Volksstimme-Redaktion die Reihe an mich kam, die tägliche Glosse zu schreiben, verfasste ich einen kurzen Text darüber, wie beängstigend Märchen sein können und dass ich seit meiner Kindheit ein Alice-Trauma mit mir herumschleppe. Die Reaktion war sehr überraschend für mich. Denn am nächsten Tag fand ich im Briefkasten das schön gebundene Reclam-Buch vor, mit einer Widmung des Übersetzers, "für angstfreie Lektüre". Wusste bis dahin nicht, dass er in Gardelegen lebt und meine Zeitung liest ... Im Urlaub hatte ich natürlich nichts Eiligeres zu tun, als mir die neue Ausgabe durchzulesen. Ja, es ist wirklich ein wundervolles Buch. Die Übersetzung hat mir gefallen. Und der Kommentarteil ist erste Sahne. Aber wisst ihr was: Dieses ganze Wunderland mit seinen Bewohnern hat immer noch etwas Beängstigendes für mich. Es ist wie ein Gang durch eine riesige Irrenanstalt. Nirgends gibt es einen Ausgang. Und wen immer man treffen mag: Alle sind absolut irre, unzurechnungsfähig, unlogisch und unberechenbar. Kein Kettensägen-Massaker könnte mich so ins Gruseln bringen wie diese Ansammlung von Irren. :-D
Max Arnhold: Das Helgoländer Lotsenwesen Geschichte der Helgoländer Lotsen, Auf- und Niedergang eines Gewerbes, das einst einen Großteil der Inselbevölkerung ernährt hat. Reich bebildert. Und als besonderes Schmankerl ist in der zweiten Hälfte des Buchs das alte Helgoländische Examensbuch aus dem Jahr 1839 in Hallunder und hochdeutscher Übersetzung abgedruckt. Wer einen historischen Roman über Helgoland schreiben möchte, sollte hier mal reinschaun.
Juri Rytchëu: Alphabet meines Lebens Eine Art Autobiographie des tschuktischen Schriftstellers, aber eine sehr ungewöhnliche. Es sind kurze, in alphabetischer Reihenfolge ihrer Überschriften angeordnete Texte, wobei man im jeweiligen Titel meist sowohl das deutsche als auch das tschuktschische und das russische Wort findet. Der Autor erzählt von Abenteuern seiner Kindheit und Jugend auf der sowjetischen Seite der Beringstraße, aber auch von seinem Studium und seiner Wohnung in Moskau, von Lesereisen, auf denen er unter anderem Haile Selassie begegnet, vom ersten Automobil, vom ersten Telefon im Land der Tschuktschen und davon, wie er einmal plötzlich alle wichtigen Leute in seiner Heimat um sich hatte, die sogar mit ihm zum Angeln fahren wollten, weil er nämlich einen Anruf aus Amerika, vom Präsidenten, erhalten hatte. Allerdings hatten sich die Leute, die seine Leitung abhörten vertan und aufgrund ihrer schlechten Englischkenntnisse von dem Telefonat nicht viel verstanden. Denn der Präsident war nicht der US-Präsident gewesen, sondern nur der Präsident des National Geographic, der beim Autor eine Reportage bestellt hatte. Robbenjagd und schamanistische Rituale stehen neben Geschichten über moderne Technik, Elektrifizierung und Großstadterlebnissen aus Moskau. Man erfährt etwas über Tschuktschenwitze, die man sich in Russland erzählte, über sowjetische Politik, denen die Robbenjäger von der Beringsstaße manchmal mit Unverständnis begegneten, und davon, wie Rytchëu einmal einem tschuktschischen Politiker die Kandidatur verdarb. Ohne zu ahnen, was es für Folgen hatte, als er den Namen des Mannes ins Russische übersetzte. Nein, einen Volksvertreter mit dem Namen "Donnernder Schwanz" wollten die Herren in Moskau dann doch nicht auf dem Wahlzettel haben. Aber auch mit seinem eigenen Namen gab es einige Probleme. Der Schamane, der eigentlich hätte herausfinden sollen, wie das neugeborene Kind heißen sollte, bekam trotz mehrerer Versuche keine Antwort aus der Geisterwelt und verlor endlich die Geduld: "Dann soll er Rytchëu heißen - der Unbekannte!", rief der Mann wütend, und dabei ist es geblieben. Am besten hat mir aber die Geschichte über Mathematik und die Zahlen gefallen. So etwas wie Mathematik hatte es auf Tschukotka bis zur Ankunft der Europäer nicht gegeben. Und Zählen? Eigentlich basierte alles auf der Fünf, eben auf den fünf Fingern der Hand. Und dann gab es noch die Zahl Zwanzig, die auch so viel bedeutete wie "Mensch", wegen der zwanzig Finger und Zehen des Menschen. Wer da etwas nachrechnen musste, zog sich eben die Stiefel aus und zählte alles an Fingern und Zehen ab. Beeindruckend die Schilderung, wie Rytchëus Großmutter für ihre Abrechnung die gesamte Familie in ihr Zelt holte, alle mussten die Stiefel ausziehen, und dann ging die Abzählerei und Rechnerei los. Und wehe, einer wackelte mit den Zehen. Einfach ein wunderbares, anschauliches und sehr lebendiges Buch. Lest es.
Katharina Gerlach: Das Erbe. Der gestiefelte Kater Neu-Erzählung des bekannten Grimmschen bzw. Tieckschen Märchens. Diesmal allerdings aus der Perspektive des Katers. Der ist nämlich verflucht und kann nur wieder erlöst werden, wenn er es schafft, dass der Müllerssohn eine Prinzessin heiratet. Was ihm erst vollkommen unmöglich erscheint. Aber als sein junger Herr und die Prinzessin sich begegnen, sind sie einander sofort sympathisch - und mehr als das. Sehr interessante und erfrischende Neufassung eines Klassikers mit einigen Überraschungen und einem eigenwilligen Erzähler.
Storyolympiade 2017/18: Maschinen Die besten Texte des Wettbewerbs für Nachwuchs-Autoren aus dem Bereich Phantastik. Es geht um Maschinen, künstliche Wesen, mechanische Menschen, KIs, Apparate, die plötzlich ein Bewusstsein entwickeln. Und ich war überrascht, wie unterschiedlich die Texte waren und auf was für Ideen die Autoren gekommen waren. Da gibt es ein Spukhaus, in dem der Geist eines damals nicht ganz fertig gebauten Supercomputers haust. Einen alten Angestellten, der im Weltraum Maschinen hüten muss. Nano-Roboter, die sich als Viren in der Blutbahn zur tödlichen Seuche entwickeln. Die irrsinnig komische und gleichzeitig erschreckend reale Geschichte vom intelligenten Kühlschrank, der eigenständig Bestellungen aufgibt, nur noch Produkte seiner Firma kühlt, die Biomilch vom benachbarten Biohof gnadenlos grillt und den älteren, noch offline-sozialisierten Besitzer erst in einen Kleinkrieg, dann in den Wahnsinn treibt. Dann ist da noch ein von Robotern besiedelter Planet, der mit den Mennschen diplomatische Beziehungen aufnehmen will. Allerdings stürzt das Raumschiff ab, und die Roboter retten nicht den schwer verletzten Menschen, sondern den Bordrechner, den sie für ihren Gesprächspartner halten. Es gibt einfach so irrsinnig viele witzige Ideen und gute, ungewöhnliche Geschichten, dass ich mich richtig freue, diese hoffnungsvollen Nachwuchs-Autoren jetzt schon kennen lernnen zu dürfen. Aus denen wird mal was ganz Großes, aus den meisten bestimmt. Also, holt euch das Buch und bestaunt ihre ersten Schritte in der Literaturwelt.
Lyakon: Scyomantische Gespräche Sehr schön aufgemachtes Taschenbuch mit stimmungsvollen Illustrationen. Es geht um einen Magier, der Geister beschwören kann, unerlöste Seelen, denen der Weg ins Jenseits verwehrt ist, da sie auf Erden noch eine Aufgabe zu erfüllen haben, nicht ordentlich beerdigt wurden, von einem Fluch betroffen sind oder eine schwere Schuld auf sich geladen haben. Welchen Geist der Scyomant aus der Zwischenwelt heraufbeschwört, ist mehr oder weniger Zufall. Aber wer immer auch vor ihm erscheint, erzählt ihm seine Geschichte, teilt ihm meist auch mit, wie er erlöst werden kann, und der Beschwörer tut dies auch. Das Buch enthält acht Geschichten, in denen jeweils ein Geist seine Lebensgeschichte und die Ursache für seine Zwischenexistenz erzählt, meist verbunden mit einer abschließenden Bemerkung des Magiers, ob und wie er den Geist danach erlöst hat. Dazwischen gibt es "fachwissenschaftliche" Exkurse über das Wesen der Scyomantie, über Geister, Ursachen ihrer Unfähigkeit, ins Jenseits zu gelangen, Beschwörungstechniken und ähnliches. Ein sehr interessantes, optisch ansprechendes Buch. Mal etwas anderes.
Horst Stern: Mann aus Apulien Ein Buch, das mir der Vater einer Mitschülerin als "Dauerleihgabe" vermacht hat. Ich hatte ihm gegenüber erwähnt, dass ich gerade im Lesesaal der hannöverschen Landesbibliothek den aufwändigen Reprint von "De arte venandi cum avibus" - "Die Kunst, mit Vögeln zu jagen" las. Das Falknerei-Buch des Stauferkaisers Friedrich II., über das auch heutige Falkner noch mit Ehrfurcht und Pipi in den Augen sprechen. Der Vater meiner Freundin wurde daraufhin auch von einer gewissen Wehmut erfasst, denn er hatte sich mit dem Mann während seines Studiums intensiv befasst. Und er meinte, ich müsse unbedingt diesen "Mann aus Apuliern" lesen. Jetzt habe ich es getan. Es ist die Geschichte des Staufferkaisers Friedrich II., geschrieben aus seiner eigenen Perspektive. Friedrich ist inzwischen alt geworden, aber immer noch ein Freigeist, der mit der Kirche nicht viel am Hut hat, der mit islamischen Gelehrten korrespondiert, sich von klugen Menschen manch einen Nasenstüber gefallen lassen muss, aber selbst auch nicht zimperlich beim Austeilen ist und nicht unter falscher Bescheidenheit leidet. Mit Walter von der Vogelweide liefert er sich einen Schlagabtausch, lässt sich von Franz von Assisi in langen Gesprächen immer wieder als Antichrist beschimpfen. Neben der Philosophie sind es vor allem zwei Leidenschaften, die den Kaiser umtreiben: Sex, gern auch von hinten, und die Falknerei. In letzterer hat er sich durch sein Fachbuch "De arte venandi cum avibus" hervorgetan, und in diesem Buch tritt er sehr entschieden der damals unumstrittenen Autorität der Natur- und Geisteswissenschaften entgegen. Selbstbewusst legt er an zahllosen Stellen dar, wie und wo Aristoteles gepatzt hat. Denn der Stagirit hatte ganz eindeutig überhaupt keine praktischen Erfahrungen in der Falknerei, ganz anders als der Kaiser. Es ist ein faszinierendes, spannendes und gedankenreiches Buch, das Horst Stern da geschrieben hat. Sprachlich auch top. Allerdings auch sehr modern. Ich glaube nicht, dass der historische Friedrich sio geschrieben hat. Sei's. Es ist jedenfalls ein gutes Buch. Lest es.
Wolfgang Schadewaldt: Hellas und Hesperien II Ich liebe und verehre Wolfgang Schadewaldt, seit ich die ersten Aufsätze von ihm und seine Tübinger Vorlesungen über griechische Literatur gelesen habe. Hellas und Hesperien war für mich immer so ein Traumbuch, das ich unbedingt haben wollte, aber es war ja schon seit Urzeiten nicht mehr lieferbar. Im vergangenen Jahr dann der einmalige Glücksfall, dass ich gleichzeitig eine Menge Geld hatte und ein Antiquariat die Sammlung - beide Bände! - anbot. Klar, dass ich da zugegriffen habe. Den ersten Band, der auf 800 Seiten Schadewaldts Aufsätze zur Antike - Literatur, Philosophie, Geschichtsschreibung - enthält, hatte ich ja letztes Jahr auf Helgoland gelesen. Dieses Jahr war der zweite Band dran. Ein rund 850 Seiten starker Sammelband mit Aufsätzen über den Einfluss der Antike auf die Literatur und Kunst der Neuzeit, über Winkelmann als Wieder-Entdecker der griechischen Kunst, über Goethe, über Kleists "Zerbrochenen Krug" als bewusst konstruiertes Gegenstück zum "König Ödipus" des Sophokles, über griechische Theaterstücke auf der modernen Bühne und mehr. Geburtstagsadressen und Nachrufe auf die altphilologischen Größen seiner Zeit. Auch etwas Autobiographisches, eine Kindheitserinnerung über ein totes Reh, eine eher humorvolle Skizze über die "Metaphysik der Hundemarke". Eine schöne Sammlung, bei der einem echt das Herz aufgeht und die Brust weiter wird. Ein Buch, das ich niemanden mit schmutzigen Fingern berühren lassen werde.
Dave T. Morgan: Der Schrei des Feuervogels Fantasyroman über drei junge, sehr ungleich veranlagte Brüder, die um die Freiheit ihres Landes kämpfen. Der Sohn des Nachbarkönigs ist offensichtlich von einem bösen Geist besessen und rückt mit gewaltigen Drachen heran, nachdem er die Heirat seiner Schwester mit dem ältesten der drei Prinzen verhindert hat. Der Focus liegt vor allem auf dem jüngsten Prinzen, der einer Hexe begegnet und danach ungeahnte Kräfte in sich spürt. Unter dem Schutz eines Phönix und mit der Fähigkeit, mit Drachen zu kommunizieren, hat er gute Chancen, den Krieg zu entscheiden. Außerdem hat der die Gabe, Tote wieder zum Leben zu erwecken. An der Seite einer Prinzessin aus einem Reitervolk macht er sich auf die Suche nach Antworten und greift schließlich in den Kampf ein. Ein spannender, gut geschriebener Roman. Und es gibt eine Fortsetzung. Die hole ich mir wohl demnächst.
Schnittergarn Der Tod. Schwarze Kutte, mit Sense bewaffnet, spricht in Großbuchstaben. So kennt man ihn. Diese Anthologie zeigt den Gevatter einmal so, wie ihn noch keiner kennt. Als Burnout-Patienten, der einfach nicht mehr klarkommt mit seinem Job. Als gestressten Firmenchef, dem die Buchhaltung und der Computer das Leben schwer machen. Als Medienmuffel, der mit seinen Knochenfingern kein Touchpad bedienen kann. Als Familienvater, dessen nichtsnutzige Gören auch mal Menschen abholen möchten und dabei ein heilloses Chaos anrichten. Als Urlauber im Ferienparadies. Als überforderten Akkord-Senser. Als Verliebten. Als Opfer eines Psychiaters, der, statt sich widerstandslos abholen zu lassen, den Sensenmann erstmal mit der brutalstmöglichen Menge an Pillen vollstopft. Oder an Bord eines Raumschiffs, dessen durchgeschepperte Crew selbst Götter und Psychiater in den Wahnsinn treiben kann. Ganz sicher nicht todlangweilig. Eher zum Totlachen.
Tora und Propheten Die Tora-Übersetzung von Moses Mendelssohn. Ein Meilenstein in der Geschichte der deutschen Juden, wichtiger Beitrag zur jüdischen Aufklärung im 18. Jahrundert. Den Text gibt es jetzt als Taschenbuchausgabe, etwas modernisiert und überarbeitet, also etwa heutigen "Luther-Bibeln" vergleichbar, die ja auch für den modernen Leser an heutige Sprachgepflogenheiten angepasst wurde. Die Übersetzung weicht etwas von gängigen christlichen Bibelübersetzungen ab, ist sprachlich sehr schön und angenehm zu lesen. Etwas Schwierigkeiten könnte bereiten, dass Mendelssohn in der Schreibweise der Namen nicht die gräzisierte/latinisierte Form benutzt, sondern die hebräische, also Beispielsweise Yaakow statt Jakob, aber das ist eine Frage der Gewöhnung. Das Buch ist nicht nach der bei Christen üblichen Kapiteleinteilung gegliedert, sondern in die Tora-Abschnitte, die im Verlauf des Jahres im jüdischen Gottesdienst gelesen werden. Dazu passend sind im zweiten Teil die Haftarot, also die zu den jeweiligen Tora-Lesungen gehörenden Stellen aus den Prophetenbüchern abgedruckt. Diese Übersetzungen sind neueren Datums, stammen also nicht aus Mendelssohns Feder. Insofern ist der Titel ein wenig irreführend, denn es sind nicht die Tora (die fünd Bücher Mose) und die Prophetenbücher, sondern nur die im Gottesdienst zu lesenden Propheten-Abschnitte. Abgesehen davon eine schöne Lektüre. Und die Bibel, egal in welcher Übersetzung, sollte sich ein gebildeter Mensch, egal welchen Glaubens oder Unglaubens, sowieso mal zu Gemüte führen.
Pablo de Santis: Das Rätsel von Paris Klassischer Detektivroman trifft auf magischen Realismus. Ein unfassbar bezauberndes Buch über einen jungen Mann, der es schafft, Gehilfe eines der zwölf großen Detektive seiner Zeit zu werden. Streng logisch, und doch mystisch, abgründig, und doch erhebend. Jedesmal, wenn ich ein Buch Pablo de Santis' kaufe, denke ich: Okay, mal sehen, ob es etwas Neues gibt, eigentlich kenne ich ihn ja jetzt schon. Aber ich bin jedesmal aufs Neue gefesselt und fasziniert und entdecke immer wieder neue Welten. Zauber eben. Worum geht es? Sigmundo Salvatrio hat schon von frühester Jugend an den berühmten Detektiv Craig bewundert. Craig war der einzige der großen Zwölf, der nie einen Gehilfen angenommen hat, doch nun schaltet er eine Anzeige und lädt junge Talente in seine Akademie ein. Die Ausbildung ist fordernd, machmal auch enttäuschend, und Sigmundo bleibt ewig nur der Zweitbeste, bis der Beste des Kurses bei der Aufklärung eines Verbrechens verunglückt. Meister Craig macht sich daran, seinen letzten Fall aufzuklären und findet den Mörder. Doch zurück bleibt ein dunkles Geheimnis. Als anlässlich der Pariser Weltausstellung 1889 zum großen Treffen der zwölf Detektive eingeladen wird, ist es der junge Assistent, der anstelle seines Meisters nach Frankreich reist und auf die anderen elf berühmtesten Detektive der Welt und ihre Helfer trifft. Dann passiert das Unfassbare: Einer der Elf stürzt vom noch nicht eröffneten Eifelturm in den Tod. Mord? Die verbliebenen kriminalistischen Genies - und auch Sigmundo - nehmen die Ermittlungen auf. Geradezu brillant sind die immer wieder eingestreuten kürzeren Erzählungen über spektakuläre Fälle, die durch einen der Zwölf aufgeklärt wurden, jeder einzelne hätte einen eigenen Roman verdient. Oder die manchmal geradezu metaphysisch anmutenden Theorien über Verbrechen und ihre Aufklärung. Oder die unterschiedlichen Ermittlungsmethoden der einzelnen Detektive, etwa die beinahe zen-hafte Suche des japanischen Kollegen nach dem "weißen Verbrechen". Oder die fachlichen Diskussionen um das "Rätsel des abgeschlossenen Raums". Ich habe eigentlich kein großes Interesse am Genre des Detektivromans. Aber der hier hat mich gefangen. De Santis hat einfach Magie. Auch im streng logischen Milieu der Verbrechensaufklärer. Einzigartig.
Theda Perdue, Michael D. Green: Die Indianer Nordamerikas (Reclam) Gute, sachkundiige, knapp gehaltene Überblicksdarstellung über die Geschichte der Indianervölker und ihrer Auseinandersetzung mit den Weißen der unterschiedlichen Nationalitäten. Kurz und gut zu lesen. Allerdings gibt es einen kleinen Etikettenschwindel zu rügen: Es geht nicht um Indianer Nordamerikas in dem Buch, sondern um Indianer im Bereich der heutigen USA. Kanada und Mexiko bleiben weitgehend außen vor.
Kerstin Groeper: Donnergrollen im Land der grünen Wasser Historischer Indianerroman aus der Zeit, als die Spanier Amerika durchstreiften und auf der Suche nach Gold ganze Völker ausrotteten und versklavten. Erzählt wird abwechselnd aus der Persepektive der jungen Maisblüte, einer Jugendlichen aus dem Volk der Chatah / Choktaw, und des Machwao, eines Mannes vom Stamm der Menominee. Maisblütes Volk lebt in Mabila, im Süden der heutigen USA, und sie ist auserwählt als Maisjungfrau einer Zeremonie beizuwohnen, als die Nachricht von der Ankunft seltsamer Fremder ins Dorf kommt. Der Häuptling beschließt, ihnen entgegenzugehen, zusammen mit den Jungfrauen, um ordentlich Eindruck zu machen. Keine gute Idee, denn es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzung. Die meisten Krieger werden von den Spaniern getötet, die Frauen, darunter Maisblüte, werden versklavt, müssen für ihre neuen Herren arbeiten und werden ständig vergewaltigt. Ich muss gestehen, dass mir die stereotypen Vergewaltigungsszenen bei Kerstin Groeper langsam ein wenig auf die Eierstöcke gehen. Von historischer Korrektheit muss mir keiner etwas erzählen, natürlich wurden gefangene Frauen im Krieg zu allen Zeiten vergewaltigt. Aber man kennt die Szenen inzwischen. Bei "Kranichfrau", der Geschichte einer Frau, die als Krieger zu leben beschlossen hatte, war es irgendwie noch ... hm, ja, spannend, möchte ich sagen, sie dann doch wieder auf ihre Weiblichkeit zurückgeworfen zu sehen. Aber die Szenen in Groepers Romanen sind inzwischen immer wieder dieselben. Ich möchte nicht zynisch klingen, aber vielleicht versteht ihr, was ich meine, wenn ich sage, sie hätte ihre Prärieblume lieber einmal richtig vergewaltigen sollen, und die anderen Male einfach zusammenfassen. Klasse statt Masse und nicht den ganzen Roman hinweg immer wieder das gleiche. Okay, zugegeben, es gibt etwas Neues. Prärieblumes kleiner Bruder wird ebenfalls vergewaltigt. Von einem pädophilen Priester in den Hintern. Ja, das ist auch historisch korrekt, es gab und gibt sowas. Ist die Szene gelungen? Vielleicht. Ich finde sie widerlich, aber vielleicht ist die Stelle gelungen. Was total misslungen ist, das ist die weitere Entwicklung des Jungen. Wie kann die Autorin schreiben: "Damit begann für Nanih Waiya eine unvorstellbare Tortur, die ihm für immer die Kindheit und seine Unschuld nahmen (sic)" (S. 214) - und dann für die restlichen 440 Seiten nicht mehr darauf eingehen? Man merkt diesem Kind einfach nicht an, dass da etwas passiert ist. Ja, der Junge hat Angst vor den Spaniern. Und als sie ihm als Strafe für einen späteren Fluchtversuch einen Finger abschneiden, ist dies auch in dem Augenblick schlimm für den Jungen, aber es wird später kaum noch darauf eingegangen. Als der Junge später zu Machwaos Volk kommt, wird er ein ausgesprochen fröhlicher und eifriger Knabe und später ein tapferer Krieger und guter Jäger. Keine Albträume, keine Traumata, keine Sekunden der Erstarrung, keine Tränen. wenn ihn irgend eine Kleinigkeit an den Priester und sein Treiben erinnert, das den Jungen angeblich um seine Unschuld und um seine gesamte Kindheit brachte. Es ist einfach weg. Nein, ich glaube dieser Autorin diesen Jungen nicht. Der Roman ist, wie immer bei Kerstin Groeper, gut recherchiert und fachlich fundiert. Das ist die ganz große Stärke dieser Autorin. Die Pockenepidemie, die Machwaos Volk zum großen Teil dahinraffte, die Informationen über Jagd, Handel, Landwirtschaft und Bräuche der unterschiedlichen Völker, all das ist akribisch und detailgenau nachrecherchiert und wiedergegeben, und an den Stellen, an denen sie etwas frei erfunden hat, passt es. Es sind einfach die Charaktere selbst, die ich ihr nicht glaube.
Julie Harris: Der lange Winter am Ende der Welt Ein Flugpionier auf dem Weg zum Nordpol. Dummerweise stürzt er ab. Eine Inuit-Gruppe birgt ihn aus den Trümmern seiner Maschine, rettet sein Leben, auch wenn dafür ein zerschmetterter Arm amputiert werden muss, und nimmt ihn bei sich auf. John - oder, wie sie ihn nennen: "Floreeda", weil er im Fieber immer wieder nach seiner Heimat gerufen hat - verbringt 19 Jahre im ewigen Eis, heiratet, hat Kinder, wird sogar als Jäger trotz seines Handycaps recht erfolgreich. Er hat sich fast vollkommen mit seiner neuen Heimat abgefunden, als ein Schiff mit amerikanischen Soldaten herannaht. Sie wollen die Inuit evakuieren. Der zweite Weltkrieg hat begonnen. Floreeda/John wird von seiner Familie getrennt. Er macht sich auf die Suche nach seinen alten Verwandten und Freunden in Florida.
Moses Mendelssohn: Ausgewählte Schriften. Studienausgabe, Band II Zweiter Teil der zweibändigen Werkausgabe. Teil eins hatte ich ja im vorigen Lese-Monat auf Helgoland bereits gelesen. Nun also der zweite Band, der Schriften zur Aufklärung und zum Judentum enthält. Außer der großen Schrift "Jerusalem" sind Mendelssohns Schriften zur Lavater-Affäre enthälten, sein Vorwort zu Mannasseh Ben Israels Schrift zur Rettung der Juden, ein Aufsatz über das jüdische Gebet Alenu und ein Text mit Proben rabbinischer Weisheit. Eine besondere Schrift, die eigentlich jeder gelesen haben sollte, der etwas zum Thema "Aufklärung" erzählen möchte, ist der Aufsatz "Was heißt Aufklären?", der fast zeitgleich mit dem berühmter gewordenen Aufsatz Kants "Was ist Aufklärung?" erschien. Beide Texte entstanden unabhängig voneinander, obwohl Kant und Mendelssohn in regem Austausch standen. Beide waren auch sehr neugierig auf den Ausatz des jeweils anderen. Enthalten sind außerdem seine "Morgenstunden", Aufzeichnungen beziehungsweise die literarische Fassung von Lehrgesprächen, die Mendelssohn mit seinem Sohn, seinem Schwiegersohn und einem Freund über das "Daseyn Gottes" führte. Schließlich die Schrift, die Mendelssohn das Leben gekostet hat, seine Verteidigungsschrift, die er verfasste, als dem verstorbenen Freund Lessing von Jacobi vorgeworfen wurde, er sei Spinozist gewesen. Die Ehrenrettung Lessings war ihm so wichtig, dass der gesundheitlich angeschlagene Mendelssohn sich hinsetzte, sofort eine Verteidigungsschrift aufsetzte, sie selbst zur Druckerei trug ... Dabei zog er sich eine schwere Erkältung zu, die den ohnehin geschwächten Mann wenige Tage später dahinraffte. Wie Band eins ist auch der zweite Band sehr ansprechend gestaltet. Vor jedem Aufsatz oder Buch gibt es eine Abbildung des Titelbildes und eine kurze Einführung mit Hinweisen zur Entstehung und zur Erstausgabe. Sehr schön ist, dass bei den Kontroversen auch die Texte mit abgedruckt sind, die Mendelssohns Gegner beziehungsweise Gesprächspartner verfasst hatten und die die Kontroversen ausgelöst hatten. Gerade bei der Lavater-Affäre. Man liest das heutzutage und fragt sich, wie es überhaupt zu einer solchen Anmaßung Lavaters kommen konnte. Und ob er eigentlich wusste, was er Mendelssohn damit antat, ihn so öffentlich zur Stellungnahme zu fordern. Wer sich klarmacht, wie gefährlich dünn das Eis war, auf dem sich der jüdische Philosoph bewegte, als er herausgefordert wurde, entweder das Christentum zu widerlegen oder, wenn er die Gründe für die Wahrheit des Christentums nicht widerlegen könne, "zu tun, was Sokrates getan hätte", der begreift auch, dass die Ringparabel Lessings eben nicht nur eine nette, herzerwärmende Geschichte ist. Ein Kommentarteil wäre noch ein Sahnehäubchen auf der Werkausgabe gewesen. Aber auch so ist sie eine Fundgrube und ein gutes Stück Literatur. Sehr schön.
Der letzte Turm vor dem Niemandsland Donnerwetter. Das war eine Anthologie, die mich echt überrascht hat. Vor allem, weil es sich nicht um eine Themen-Anthologie handelte. Das Motto "Nur die Geschichte zählt", das sich Michael Schmidt und fantasyguide.de, die für diese Sammlung verantwortlich zeichnen, ist in diesem Falle tatsächlich Programm. Es ging nicht um Genres oder Themen, sondern darum, eine gute Geschichte zu schreiben. Nur fantastisch sollte es halt sein. Im weitesten Sinne. Das kann gruselig sein wie in Lisanne Surborgs Geschichte "Die Puppe mit dem blauen Kleid" - absolute Gänsehaut - oder auch böse und morbid wie in Andreas Flögels "Im Dienst des Wardens", die erst als poppige Batman-Parodie daherkommt und dann bitter-blutiger Ernst wird. Schräg und gar nicht so abwegig ist die Story vom Planeten "Couch-Potato", in dem Ellen Norten der Erde ein fettleibiges und unsportliches Horoskop stellt. Ins Western-Milieu entführt Xander Morus seine Leser mit "Das Grab am Canyon", und Christel Scheja lässt eine junge Elfe als Grabräuberin auf eine gefährliche Leiche und ein besonderes Schmuckstück treffen. Es gibt Kriminalfälle mit magischer Auflösung, kämpfende Barbaren, stolze Ritter und tollpatschige Magier auf der Drachenjagd. Und ein Ehepaar, das beinahe ewig leben kann - wenn es nur rechtzeitig in andere Körper umsteigt. Eine sehr gelungene Sammlung. Empfehlenswert.
Nadine Boos: Tanz um den Vulkan Teil 17 der Reihe "Die neunte Expansion". Endlich ein Wiedersehen mit Trixie aus "Der Schwarm der Trilobiten", einem meiner Lieblingsbücher aus der Reihe, und mit dem seltsamen Unterwasservolk, das sie kennen gelernt hat. Trixie ist inzwischen die neue Matriarchin. Ihre Mutter gilt als tot, hat sich aber in Wirklichkeit in den Untergrund zurückgezogen und baut einen neuen Geheimdienst auf. Und ihre Großmutter, die alte Spinne, spinnt schon wieder Intrigen, woraufhin Trixie sie, zusammen mit der Großmutter ihres Mannes, kurzerhand auf eine Expedition ins All schickt. Dann bricht in den Meeren des Planeten Andesit plötzlich eine Seuche aus. Erneut ein sehr gut geschriebenes, freches Abenteuer mit gut ausgearbeiteten Völkern und Charakteren. Sehr schön.
Holger M. Pohl: Jene, die sich nicht beherrschen lassen Pelungart, der letzte noch lebende Hoc, macht sich auf die Suche nach seinen Vorfahren. "Jene, die sich nicht beherrschen lassen", das Urvolk, hatte vor Äonen den geheimnisvollen Hondh eine bittere Niederlage beigebracht. Sie waren die einzigen, die die fremden Eroberer jemals zum Rückzug zwangen. Doch im Lauf der Jahrtausende waren die Hoc-Vorfahren ein wenig zu selbstsicher geworden. Einer von ihnen stellt fest, dass ihre Heimat inzwischen von Hondh-beherrschten Welten umzingelt und völlig abgeschnitten ist. Er fasst einen Plan, den Hondh erneut, diesmal endgültig, entgegenzutreten. Das Volk teilt sich in drei Teile, strebt auseinander, und die Angehörigen nehmen vollkommen unterschiedliche Entwicklungen. Erst nach einem unvorstellbar großen Zeitraum, in einer Zeit, als der Sieg und das Urvolk nur noch Legenden sind, werden den Wesen Informationen preisgegeben, die irgendwann zum Untergang der Hondh führen könnten. Spannend und gut konstruiert. Die Hoc gehörten sowieso zu einem der interessantesten Völker dieser Welt. Eine kleine Anmerkung allerdings zu dem Jahrtausende überspannenden Plan an dem unendlich viele Generationen arbeiten: Nach menschlicher Erfahrung ist es schon eine große Leistung, ein Projekt durchzuführen, das mehr als eine oder zwei Generationen überspannt. Wir haben es in den letzten 10.000 Jahren nicht geschafft, auch nur einen einizigen Plan über die gesamte Geschichte des Homo sapiens hinweg zu verfolgen. Ich glaube einfach nicht, dass man ein Projekt, bei dem obendrein kein einziger mehr die Zusammenhänge kennt, über einen solchen Zeitraum durchhalten kann. Naja, Menschen können es jedenfalls nicht. Aber vielleicht können es ja "Jene, die siuch nicht beherrschen lassen."
William Faulkner: Absalom, Absalom! Südstaaten-Epos und großer Klassiker der amerikanischen Literatur. Interessante, stellenweise vertrackte Erzählweise, sprunghaft und verworren, auf mündlichen Berichten beruhend, und richtig klar wird einem das, was da passiert ist, erst am Ende. Dabei aber in einem sehr lesbaren und eingängigen Stil geschrieben. Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der plötzlich zusammen mit einer Horde Schwarzer und einem Architekten in einer Kleinstadt auftaucht, von den benachbarten Indianern Land erwirbt und beginnt, zu roden, ein Haus zu bauen und ein Gut aufzubauen. Als er sich so eingerichtet hat, wirbt er um eine Honoratiorentochter und heiratet sie. Er bekommt einen Sohn und eine Tochter von ihr. Allerdings taucht irgendwann ein älterer Sohn aus erster Ehe auf, den der Vater wohl erkennt, aber erstmal nicht outet. Beide Sohne freunden sich auf der Uni an, schließlich verliebt sich der ältere Sohn in die Tochter, eine Heirat steht an ... Interessant ist, wie die Familiengeschichte nur langsam und scheibchenweise an die Oberfläche kommt. Der Vater versucht, die Beziehung zu hintertreiben, ohne sich zu dem ältesten Sohn zu bekennen. Schließlich offenbart er dem jüngeren Sohn doch, dass dessen bester und vergötterter Freund gleichzeitig sein Bruder ist. Dies verzögert die Sache zwar, aber die Freundschaft ist trotzdem sehr stark. Und als beide auch noch zusammen in den Krieg ziehen und lebend zurückkommen, macht der jüngere seinem älteren Bruder das Angebot, er könne die Schwester doch noch haben, er selbst wolle wegsehen und über den Inzestskandal schweigen. Aber dann packt der Vater sein letztes Argument gegen die Ehe aus: Er verrät, warum er seine erste Frau verlassen hat: Sie hatte, was er bei der Heirat nicht wusste, einen Schwarzen unter ihren Vorfahren. Der älteste Sohn ist nur zu 15/16 weiß. Inzest ist ja Pillepalle. Aber kein Südstaatler hätte es damals ertragen, einen Schwager mit "Negerblut" in den Adern zu haben. Es kommt zum tödlichen Kampf zwischen den Brüdern. Ach ja, und der Rest der Familie kommt dann auch noch um ... Groß angelegte Handlung, beeindruckende Geschichte, und wenn man sich erstmal in den etwas eigenwilligen Erzählstil hineingefunden hat, auch ein großartiges Literaturerlebnis. Macht Arbeit, aber es lohnt sich.
Carl Siegfried: Philo von Alexandria als Ausleger des Alten Testaments Reprint eines Buchs aus dem 1875, etwas altertümlich geschrieben, aber recht lesbar. Der Autor beschreibt und analysiert Philos allegorische und metaphorische Interpretation der Tora. Die Methode Philos war damals wohl recht neu. Der Autor legte so ziemlich alles, was in der Bibel stand und nicht mit Logik und gesundem Menschenverstand vereinbar wahr, als bildlich gesprochen aus. Ein Beispiel: Wenn Gott zu Abraham sagt, er solle das tun, was seine Frau Sara sagt, dann ist das ja eigentlich ein Widerspruch zu der nach dem Sündenfall ergangenen Anweisung, dass die Frau dem Manne untertan sein soll. Philo löst das Dilemma auf, indem er sagt, Sara sei in diesem Falle nicht als die konkrete Ehefrau des Erzvaters aufzufassen, sondern als die Verkörperung der Weisheit. Gott habe also in Wirklichkeit gemeint, Abraham solle der Weisheit folgen. Das Buch ist reich an Beispielen und bietet auch eine lange Liste von Tieren, Pflanzen, Mineralien und mehr, die Philo in seinen Werken erwähnt hat, nebst der Bedeutung, die er ihnen beilegte. Sehr interessant und lesenswert ist der zweite Teil des Buchs, in dem Carl Siegfried die Wirkung Philos auf zeitgenössische Autoren und spätere Generationen schildert. Besonders bei Paulus und den Kirchenvätern lässt sich ein großer Einfluss Philos nachweisen. Hochinteressant.
Susanne Schnitzler: Tödliche Geheimnisse Kapitänin Jane Kneifel hat eine besondere Reisegruppe an Bord ihres Raumschiffs: Sie bringt Leute zum Planeten Nonterrabat, die als Agenten für die Hondh arbeiten wollen. Getarnt ist das Ganze als Wellnesstour. Und dummerweise ist auch noch ihr Exmann mit an Bord. Es passiert ein Mord, und der Mentalfeldgenerator, der die Planetenbewohner zu stillen, gehorsamen Sklaven der Hondh machen soll, fällt aus. Außerdem taucht Wurm wieder auf und greift in das Geschehen ein. Eine interessante Agenten-Story, humorvoll und voller Anspielungen.
Katja Bulling: Salz der Götter Fantasyroman, der in der Aufmachung etwas ägyptisch anmutet. Die handelnden Personen und Völker dagegen erinnern eher an eine klassische ans Mittelalter angelehnte Fantasywelt mit Naturvölkern, einfacher Landbevölkerung und Städten mit Märkten und Mauern. Die Heldin ist eine Art Priesterin/Seherin, die in Träumen die Zukunft beziehungsweise gegenwärtige Bedrohungen sehen kann. Die Geschichte beginnt mit einer solchen Vision. Die Protagonistin sieht die oberste Visionärin auf grausame Weise sterben. Zusammen mit dem Sohn ihres Dorfobersten, einem jungen Mann, in dem mehr steckt als auf den ersten Blick erkennbar, macht sie sich auf den Weg zur obersten Visionärin. Und muss feststellen, dass es tatsächlich eine furchbare Bedrohung für ihr Land gibt. Einen machtgierigen Magier, der furchtbare Dämonen herausbeschwört. Doch die junge Frau ist nicht ganz wehrlos. In einer geheimnisvollen Höhle findet sie ein seltsames Pulver mit magischen Kräften - das Salz der Götter. Ordentlich erzählte, vielleicht etwas vorhersehbare Geschichte. Vielleicht hätte die Autorin sich ein wenig mehr Raum für die Beschreibung der einzelnen Völker nehmen sollen (gerade über die Dämonenbeschwörer hätte ich gern mehr erfahren), und auch über die Herkunft des Salzes und über seine Kräfte hätte ich gern mehr gelesen. Aber nicht schlecht gemacht.
Dezember
Tino Fellenberg: Das Jardonische Werk Berufliche Lektüre: Der Autor stammt aus Gardelegen, und ich habe für die Volksstimme einen Artikel über ihn geschrieben. Die Online-Version findet ihr hier.
Elvira Reck: Zehn goldige Märchen Ja, diese Sammlung ist wirklich goldig. Es sind kurze Märchen, die sich gut zum Vorlesen auf der Bettkante eignen und auch für ganz kleine Kinder eine gute Unterhaltung bieten. Die Märchen sind alle sehr lieb, Albträume wegen schauriger Bösewichte und Ungeheuer sind nach dem Vorlesen nicht zu befürchten. Mein absolutues Lieblingsmärchen war die Geschichte von dem Teddybärendorf: Die Bärchen waren eigentlich ganz lieb und freundlich, aber nun erhalten sie keinen Besuch mehr. Denn ein Teddybär hatte versehentlich einen giftigen Pilz gefressen und dann einen Besucher in den Po gebissen ... Sehr niedlich. Schön war auch die Geschichte vom Drachen, der in eine Schnecke verwandelt wurde. Ein Hinweis noch: Die Information auf dem Titel stimmt nicht ganz. Nach einigem Quängeln der Leser oder Zuhörer lässt sich nämlich die Autorin erweichen und gibt eine Zugabe. Es sind also in Wirklichkeit elf goldige Märchen. Und das goldig auf dem Titelblatt stimmt. Ganz bestimmt.
Cornelia Funke: Hinter verzauberten Fenstern Liebenswürdige Weihnachtsgeschichte über einen zauberhaften Adventskalender. Julia ist stinksauer: Während ihr kleiner Bruder Olli einen echten Adventskalender mit Schokolade erhält, hat die Mutter ihr nur ein albernes Pappding mitgebracht. Darauf ist ein Haus abgebildet mit 23 Fenstern und einer Tür. Aber als Julia lustlos das erste Fenster öffnet, merkt sie, dass sie es nicht mit einem gewöhnlichen Kalender zu tun hat. Hinter den Fenstern sind echte Zimmer mit echten Bewohnern. Dort leben ein genialer Flugmaschinen-Erfinder, Elfen, Zwerge, ein Riese, ein richtiger, wenn auch hässlicher Prinz ... Allerdings stellt Julia, die es schafft, in die Kalenderhaus-Welt einzutreten, auch schnell fest, dass dort nicht nur ungetrübte Heiterkeit herrscht. Der König der Kalenderwelt ist alt, senil und vergesslich geworden, und sein Berater, der immer mehr Macht an sich reißt, will die alten Bilderkalender zerstören und eine Welt voller Schokokalender errichten ... Nette, kindgerechte Begleitung durch die Adventszeit, eignet sich gut zum Vorlesen auf der Bettkante. Aber es ist kein in 24 Geschichten-Portionen eingeteiltes Kalender-Buch, sondern eine durchgehende Abenteuer-Geschichte, wie man vielleicht bei dem Thema erwarten könnte.
A.A.Milne: Winnie Puh (Traduizione di Luigi Spagnol) Eine kleine Tradition bei mir: Jedesmal, wenn ich ein fremdes Land bereise, bringe ich mir Winnie the Pooh in der Landessprache mit. Diesmal führte mich die Reise nach Italien. Nach drei Vierteln meines Sprachkurses in Bologna konnte ich der Buchhändlerin nicht nur in fließendem Italienisch erklären, was ich wollte, ich habe das Buch auch ohne Probleme lesen können. Klar, kein Kunststück, wenn man die deutsche Fassung auswendig kennt ...
Ida von Hahn-Hahn: Sibylle. Eine Selbstbiographie (e) Das Ganze ist keine Autobiographie der Verfasserin, wie man vielleicht aus dem Untertitel schließen könnte, sondern ein Roman, in dem die Ich-Erzählerin Sibylle von ihrem Leben berichtet. Ein paar autobiographische Züge mag es aber haben, vor allem die Hinneigung oder das große Interesse der Heldin für den Katholizismus. Sibylle ist eine junge Frau aus begüterten Verhältnissen, die Eltern haben ein kleines Gut in Mecklenburg. Es gibt eine ältere Schwester, die zu Beginn des Romans gerade das heiratsfähige Alter erreicht hat. Deren Vermählung mit einem jungen Mann namens Paul steht unmittelbar bevor, als sie erkrankt und stirbt. Die jüngere, noch kindliche Schwester, hatte sich aber schon immer für Paul interessiert und ihn vergöttert. So kommt irgendwann die Heirat zwischen Paul und Sibylle zustande. Allerdings lernt sie bald, dass Paul ihr jeden Wunsch von den Lippen abliest und in ihren Händen wie Wachs ist. Paul reist mit ihr nach England und Italien, schenkt ihr alles, was sie nur begehrt, aber gerade darum beginnt die Frau, die sich nach und nach zu einer argen Verschwenderin entwickelt, ihn zu verachten. Überhaupt scheint es mit der Liebe nicht weit her zu sein bei Sibylle. Die Diagnose eines Dichters und Frauenschwarms, der bei ihr nicht landen kann, ist eindeutig: Sibylle ist absolut kopflastig, sie kann nicht lieben. Ehrgeiz entwickelt sie, das ja. Als Paul stirbt und der Dichter sie umgarnt, glaubt sie, ihn dauerhaft fesseln zu können und heiratet ihn. Mit dem Erfolg, dass er nach seiner ewig langen Werbung das Interesse an dieser kalten Frau verliert und sie betrügt. Einen von ihr hochgeschätzten Musiker und frommen Katholiken, den sie verehrt und über alle anderen Menschen in ihrer Umgebung achtet, beinahe anbetet, stößt sie vor den Kopf, als sie ihm endlich nach Jahren gemeinsamer Studien und Reisen entlockt, dass er sie liebt. Denn sie - kann nicht lieben. Zuletzt passiert es ihr, dass sich ein junger Graf, den sie eigentlich mit ihrer Tochter vermählen will, in sie verliebt. Sie gibt ihm den Laufpass, und die Tochter, die sich ungeliebt sieht, stirbt kurz darauf an gebrochenem Herzen. Hört sich nach einem üblen Machwerk an, ist aber gar nicht schlecht geschrieben. Ein Bildungs- und Entwicklungsroman mit einer weiblichen Heldin, vielleicht auch ein bisschen mit einem weiblichen Faust. Und um Längen besser als das kurz danach erschienene Buch "Von Babylon nach Jerusalem", das ich im Oktober gelesen habe. Nicht schlecht und sehr interessant.
Tschingis Aitmatow: Du meine Pappel im roten Kopftuch "Dschamilja" soll ja die schönste Liebesgeschichte der Welt gewesen sein ... Aber die Pappel mim roten Kopftuch ist auch nicht schlecht. Erzählt wird die Geschichte eines Lastwagenfahrers, der sich in ein Mädchen aus einem Dorf verliebt. Das Mädchen ist von ihrer Familie bereits an einen anderen Gemahl verhandelt worden, doch folgt es dem LKW-Fahrer, und beide heiraten. Ein Sohn wird geboren, alles könnte perfekt sein. Bis sich der Mann auf Alkohol und auf einen Seitensprung mit der Fahrdienstleiterin einlässt und dadurch Frau und Sohn verliert. Erst viel später trifft er sie an einer Station an einem Gebirgspass wieder ...
Hörspiel/Hörbuch
Jan Tenner Classics 10: Der verrückte Professor Das erste Auftreten des irren Wissenschaftlers Professor Zweistein. Er entführt Professor Futura und stiehlt dessen Serum. Mit der Chemikalie entwickelt er riesige Saurier, die er auf die Menschheit loslässt. Über einen Radiosender verbreitet er sein Ultimatum: Entweder man übergibt ihm die Herrschaft, oder seine riesigen Dinosaurier greifen Westland an. Außerdem droht er damit, Professor Futura in einen geistigen Krüppel zu verwandeln. Gut, dass Jan und Laura in die Produktion des Serums eingeweiht sind. Laura injiziert Jan eine Version des Serums, das ihm Flugfähigkeit verleiht und seine Haut hart wie Diamant und undurchdringlich für Saurierbisse macht. Damit kann Jan die Riesenechsen besiegen. Etwas unlogisch ist allerdings, dass Jan und Laura, als sie zu einer versteckten Hütte fliegen, in der der Professor gefangen gehalten wird, Schutzgürtel mit Magnetfeld tragen, um sich vor Schüssen der Verbrecher zu schützen. Warum lassen sie sich nicht einfach wieder eine diamantharte Haut wachsen wie beim ersten Flug mit dem Serum? Die Gürtel jedenfalls erweisen sich als böse Falle, denn Zweistein schaltet beim Eindringen der beiden Retter einen riesigen Magneten ein, und Jan und Laura kleben hilflos wie halb-breitgeschlagene Fliegen an der Wand ... Gefallen hat mir, dass der General diesmal seine große Chance hat und nutzt. Er rettet Jan, Laura und den Professor und muss dafür am Ende auch ausnahmsweise nicht die Späße der Helden über sich ergehen lassen. Zweistein allerdings entkommt und bleibt als weitere Bedfrohung erhalten. Ordentliches, spannendes Abenteuer, sehr nett.
Teil drei meines Literatur-Rückblicks ... Das dritte Lesequartal 2018 war, wie schon im Vorjahr, offenbar ziemlich kurz. Und die Zusammenstellung wirkt ein wenig zusammengewürfelt: Jüdische Philosophie, irische Fabelwesen, römische Anti-Liebesgedichte, Widerstand, Märchen und Abenteuer-Klassiker. Schaut halt mal rein
Hinweis: Etwaige blau markierte Texte sind herausragende Spitzenbücher, rot steht für absoluten Mist, ein (e) hinter dem Titel bedeutet, dass ich den betreffenden Text in der eBook-Version gelesen habe, und hinter den Links verbergen sich ausführlichere Besprechungen innerhalb dieses Blogs.
Juli
Maggie Stiefvater: Rot wie das Meer Ein etwas anderes Mädchen-und-Pferde-Buch. Den Roman hat mir eine Freundin in einer Diskussion auf Facebook empfohlen, als ich mich outete und erzählte, dass ich in der Grundschule mal einen Ponyroman geschrieben habe. Naja, den Anfang davon. Es geht um Capaill Uisce, gefährliche und blutgierige Pferde, die im Herbst vor der Insel Thisby aus dem Meer steigen. Die Tiere sind inspiriert von der keltischen Sagenwelt, ein wenig den Kelpies ähnlich, aber sehr eigen. Stolz, schön und wild wie das Meer und todgefährlich. Jedes Jahr gibt es ein großes Wettrennen auf diesen Meerespferden, und dem Gewinner winken Ruhm, Ehre und ein stolzer Geldpreis. Doch in diesem Jahr gibt es einen Skandal: Die junge Frau Puck will teilnehmen. Und als ob es noch nicht schlimm genug wäre, dass es hier eine Frau wagt, in die Männerdomäne einzudringen, Puck setzt noch einen drauf: Sie besitzt kein Meerpferd. Sie will mit ihrer braven, schon etwas betagten Stute antreten. Dass sie das Tier verlieren oder selbst dabei sterben kann, ist Puck klar. Doch um ihr überschuldetes Elternhaus zu retten und ihre beiden Brüder zu ernähren, bleibt kein Ausweg. Aber da ist auch noch Sean, der sich auf die Capaill Uisce versteht wie kein zweiter. Dieser Meerpferdeflüsterer, der schon oft gewonnen hat und auch jetzt haushoher Favorit ist, spielt um einen hohen Preis an diesem Tag: Gewinnt er, darf er seinen geliebten roten Hengst Corr, beinahe die andere Hälfte seiner Seele, endlich selbst besitzen. Verliert er, verliert er auch seine Freiheit für immer und bleibt als Knecht auf dem Hof von Corrs Besitzer. Und zwischen Sean und Puck knistert es, beide kommen sich näher, als es für Konkurrenten in dem tödlichen Rennen üblich ist ... Ein wahnsinnig tolles, erfrischend anderes und erfrischend blutiges Pferdebuch. Ich habe es verschlungen und war begeistert. Ganz sicher kein Ponyroman. Tausendmal besser.
Shmuel Feiner: Haskala - Jüdische Aufklärung. Geschichte einer kulturellen Revolution Ich habe bereits einige Bücher über die Haskala, die jüdische Aufklärung im 18. und frühen 19. Jahrhundert gelesen. Aber dieses hier ist etwas ganz Besonderes. Shmuel Feiner hat nämlich nicht nur sehr viel Ahnung von seinem Stoff, sondern er bringt ihn auch so rüber, dass etwas hängen bleibt. Ich weiß nicht, ob das despektierlich ist, wenn man von einem Wissenschaftler sagt, dass er auch ein guter Erzähler sei. Aber es muss wirklich einmal gesagt werden: Er hat einen guten, flüssigen Stil und schafft es, die Bewegung der Haskala langsam vor den Augen der Leser entstehen und sich entwickeln zu lassen. Ausführlich wird die Geschichte der "Wessely-Affäre" aufbereitet, als Naphtali Herz Wessely in seiner Schrift "Worte des Friedens und der Wahrheit" für jüdische Bildung - säculare Bildung jenseits der religiösen Unterweisung - eingetreten war. Man verfolgt die Gründung der jüdischen Freischule, der Gesellschaft der hebräischen Literaturfreunde und der Zeitschrift ha-me'asef. Eine Besonderheit des Buches ist, dass der Verfasser Moses Mendelssohn weitgehend ausklammert. Der große "jüdische Sokrates" kommt zwar vor, hat auch mit seiner Jerusalem-Schrift und seiner Tora-Übersetzung den ihm zukommenden Raum, wird auch als großes Vorbild und Mentor der jüdischen Aufklärer gewürdigt. Aber Feiner betont auch, dass Mendelssohn größtenteils der deutschen/christlichen Aufklärung angehörte. Ein Philosoph, der mit Kant und Lessing auf Augenhöhe ästhetische oder erkenntnistheoretische Fragen erörterte, spielte in einer ganz anderen Liga als die jüdischen Maskilim, deren erstes Anliegen überhaupt erstmal war, Bildungschancen zu erlangen und sich selbst Strukturen zu schaffen. Feiner hat das recht schlüssig begründet. Dass er von Mendelsohn durchaus auch viel versteht, kann man in seiner Mendelssohn-Biografie nachlesen, die hier zur ergänzenden Lektüre unbedingt empfohlen sein soll. Dadurch, dass der große Mendelssohn recht knapp behandelt wird, schafft der Autor jedenfalls eine Menge Raum für andere jüdische Aufklärer. Neben Wessely sind dies vor allem Isaak Euchel und Isaak Satanow, die diesen Raum auch auf jeden Fall verdient haben. Es gibt eine Menge Abhandlungen über Philosophenschulen und -gruppen, bei denen man zwar einen ganzen Bienenkorb an Namen und Lehren an den Kopf geworfen bekommt - mir ist es oft in Büchern über die Vorsokratiker oder die Sophisten so gegangen - aber am Ende dann doch nicht mehr genau sagen kann, wer denn nun wer war und wer was gelehrt und entdeckt hat. Dieses Buch dagegen ist pädagogisch sehr nachhaltig. Es bleibt eine Menge im Gedächtnis haften, und man hat keine Probleme, die einzelnen Beteiligten zu unterscheiden und wiederzuerkennen. Noch einmal: Diese Buch ist nicht nur klug, sondern auch sehr gut erzählt.
Jutta Schubert: Zu blau der Himmel im Februar Roman über Alexander Schmorell, Mitglied der Weißen Rose, und seine erfolglose Flucht vor den Nazis. Die Handlung setzt ein, kurz nachdem die Geschwister Scholl beim Verteilen des letzten Flugblatts entdeckt und festgenommen worden waren. Ein kalter Februartag im Jahr 1943, Schmorell versucht, mit dem Zug von München in die Schweiz zu gelangen. Es hätte klappen können. Es hätte alles wie geplant laufen können mit der Flucht. Bis Klais, zwischen Garmisch und Insbruck, konnte er gelangen, kam bei einem russischen Beklannten unter. Doch er muss weiter. Und dann verpatzt es eine Freundin, die ihm Papiere und Geld nachbringen soll. Sie verpasst den Zug. Alexander Schmorell hat keine Möglichkeit mehr, irgendwo unterzukommen. Mit dem letzten Zug kehrt er zurück nach München. Und wird entdeckt. Eine beklemmende Geschichte, zumal man als Leser ja von Anfang an weiß, wie es ausgeht. Am 13. Juli 1943 wurde er hingerichtet. Gutes Buch über eine schlechte Zeit.
Uwe Grießmann: Sagenhaftes Hildesheim Uwe ist ein Kollege aus den Reihen der Hildesheimlichen Autoren und hat sich, wie ich, einmal mit der reichen Sagenwelt der Stadt auseinandergesetzt. Herausgekommen ist ein Taschenbuch mit elf Nacherzählungen alter Geschichten aus der Domstadt. Es gibt eine Erzählung über den Hildesheimer Silberfund, der ja mit der Varusschlacht in Verbindung gebracht wird, eine eigene Version des Rosenstock-Wunders und natürlich eine Geschichte über den Huckup. Dabei fällt auf, dass Grießmann das Sagenhafte und Übernatürliche konsequent aus seinen Geschichten heraushält. Alles geht hier ganz natürlich, also im Einklang mit den Naturgesetzen, vor sich. So erklärt er die Behauptung, die Dame Hildesia hätte bei der Belagerung Hildesheims im Dreißigjährigen Krieg Tillys Kanonenkugeln "mit ihrer Schürze eingefangen" und so die Stadt gerettet, ganz un-wunderhaft: Hildesia hätte einfach die Waffen einer Frau eingesetzt und sei erfolgreich gewesen, wo Männer versagten: Sie ging hinaus zum gegnerischen Feldherrn und redete vernünftig mit ihm, machte ihn auf den desolaten Zustand seiner Truppe aufmerksam und schaffte es schließlich, ihn zum Abzug zu bewegen. Hier hatte sich dann tatsächlich die Schürze einer Frau als mächtiger erwiesen als Kanonenkugeln. Meine Lieblingsgeschichte ist die Story vom "Sünte Viet", vom Heiligen Veit, in der ein missratener und versoffener Sohn von seinem frommen Vater eine hölzerne Statue ebenjenes Heiligen erbt. Erbost, weil er natürlich viel lieber Geld zum Versaufen bekommen hätte, will er aus dem Heiligen Kleinholz für den Ofen machen. Doch eine fromme, bettelarme Nachbarin erbarmt sich des Heiligen und kauft ihm die Statue für ihre letzten vier Groschen ab. Ein Kauf, den sie nicht bereuen wird, denn in der Heiligenstatue hatte der Verstorbene sein gesamtes Gekd versteckt. Insgesamt eine sehr schöne Sammlung, die auch dadurch interessant ist, dass der Autor seinen Nacherzählungen die Originalversionen an die Seite stellt. Der Leser kann also bei Interesse nachlesen, wie es "wirklich" war. Sowohl für Alteingesessene als auch für Neubürger und Hildesheim-Touristen ein lesenswerter Streifzug durch die Sagenwelt der Domstadt, und ein nettes Geschenk ist es zudem.
Ovid: Remedia amoris - Heilmittel gegen die Liebe lat./dt. (Reclam) Dritter Teil der Liebes-Tipps von Ovid. Die beiden anderen Bücher hatte ich im vergangenen Jahr gelesen. Sehr hübsch, wenn auch vielleicht nicht alles praktikabel erscheint. Der Dichter rät dem Leser unter anderem, schon zu Beginn einer Beziehung aufzupassen, dass man sich nicht allzu sehr verliebt. So wird einem Mann geraten, kurz bevor er zu dem Mädchen, das er liebt, ins Bett steigt, mit einer anderen, ihm gleichgültigeren, Frau zu kopulieren, damit es zwischen ihm und der Geliebten nicht mehr zum Höhepunkt kommen kann. Oder man solle sich bewusst auf die Körperteile des oder der Geliebten konzentrieren, die etwas weniger schön sind, um nicht vollkommen der Liebe zu verfallen. Das alles mit einem Augenzwinkern. Naja, wenn ich mir mal unbedingt die Liebe meines Lebens aus dem Herzen reißen muss, schlage ich es nochmal auf. Im Ernst: Ein sehr liebes Buch, lesenswert.
September
Christoph Marzi: Phantasma Ich liebe ja die kleinen Novellenbücher aus dem UlrichBurger-Verlag. Dieses hier handelt von einem Showstar, der für den ganz großen Erfolg seine Seele verkauft hat. Jedenfalls erinnert die Geschichte von Phantasma, dem das Publikum zu Füßen liegt stark an einen faustischen Teufelspakt. Phantasma erringt alles auf der Bühne - aber er darf nicht lieben. Wann immer eine Frau sein Herz gewinnt, passiert eine Katastrophe, und die Geliebte des Künstlers kommt auf tragische Weise ums Leben. Endlich, nach langer Bühnenabstinenz, entschließt sich Phantasma zur Generalbeichte in einer großen Talkshow ... Die Geschichte ist nicht neu, aber gut erzählt, schön komponiert und hat einen konsequenten, zielstrebigen Handlungsbogen. Etwas nervig ist, dass das Publikum den Namen des Künstlers immer wieder anbetungsvoll-atemlos als "Phan- tas- ma!" jauchzt. Und das manchmal mehrfach pro Seite. Ja, man kann sich den Tonfall dadurch als Leser sehr gut vorstellen, und es bringt auch eine gewisse leitmotivische Melodik in den Text. Aber es beschleicht einen doch das Gefühl, dass hier - vielleicht aus drucktechnischen Gründen? - Zeilen geschunden werden mussten. Das Büchlein ist mit seinen 70 Seiten arg dünn, und ohne das ständige "Phan- tas- ma!" wäre es wohl noch um zehn Seiten dünner gewesen. Aber ich will nicht meckern. Passt schon. Und gut erzählt ist es wirklich.
Kaukasische Märchen und Sagen Schöne Märchensammlung aus dem Verlag Saphir im Stahl, zusammengetragen aus drei inzwischen gemeinfreien Büchern. Interessanterweise habe ich keine großartigen Überschneidungen mit der Sammlung von Adolf Dirr festgestellt, die ich vor einiger Zeit als eBook gelesen habe. Man trifft Wesen wie den Wortzer und den Woijuk, begegnet dem verschmitzten Puschkin und erfährt mehr über den Halohn, liest von Werwölfen, Zauberrossen und Goldeseln. Mir haben besonders die Puschkin-Geschichten gefallen (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schriftsteller). Vermisst habe ich die Narten. Und in meiner Ausgabe fehlt leider der Schluss des Märchens von Prinz Kurzbein und Prinzessin Zobel. Oder sollte das tatsächlich ein Ende sein? Es bricht jedenfalls ziemlich unvermittelt ab ...
Cecil Scott Forrester: Die African Queen Abenteuerroman von Hornblower-Erfinder C.S. Forrester. Ein Schnäppchen vom Bibliotheksflohmarkt in Gardelegen. Geschichte einer Missionarin und eines Schiffers, die mit einem Flusskahn durch Afrika fahren und ein deutsches Kriegsschiff versenken wollen. 1914, der Erste Weltkrieg tobt auch in Afrika, und gerade haben deutsche Soldaten eine abgelegene Missionsstation am Fluss Ulanga überfallen, geplündert und den Missionar getötete. Rose Sayer, seine Schwester, ist allein, als Skipper Charlie Allnutt mit seiner Barkasse den Fluss Ulanga entlanggeschippert kommt. An Bord hat er unter anderem Sprengstoff. Und Rose fasst den kühnen Gedanken, in den Krieg einzugreifen und ihren Bruder zu rächen. Durch Urwald, Sümpfe und Stromschnellen quält sich der Kahn, der den stolzen Namen "African Queen" trägt, vorwärts bis hin zu jenem See, auf dem ein schier unbesiegbares deutsches Kriegsschiff kreuzt ... Ich kannte bisher nur den Film. Das Buch ist spannend und lohnt sich zu lesen. Außer der äußeren Spannung hat mir aber vor allem die Personenzeichnung und das zwischenmenschliche Knistern an Bord gefallen. Einen Roman zu schreiben, in dem es nur zwei handelnde Personen gibt, ist schon eine große Kunst.
Baroness Orczy: Die Frau des Lords "Scarlet Pimpernell", die Geschichte des britischen Helden, der unter Einsatz seines Lebens französische Adlige vor der Guillotine rettet und nach England schmuggelt, war ein Bestseller. Und so verfasste die Baroness Orczy mehrere weitere Romane über Sir Percy und seine Getreuen. "Die Frau des Lords" handelt von der jungen Französin Yvonne, die zusammen mit ihrem Vater, einem Herzog, vor der Revolution geflohen ist und im sicheren England weilt, während in Frankreich die Guillotine und der Terreur herrschen. Ihr Vater würde sie gern mit einem wohlhabenden Franzosen Martin-Roget verheiraten, der ihm zusagt, dafür viel Geld für die Bekämpfung der Revolution zur Verfügung zu stellen. Aber Yvonne hat sich längst in den englischen Lord Anthony verliebt. Gegen den erklärten Willen ihres Vaters heiratet sie ihn heimlich und zieht zu ihm auf sein Schloss. Doch Martin-Roget gibt nicht auf. Zusammen mit ihrem Vater schmiedet er einen Plan, um Yvonne zu entführen. Deren Ehe mit dem Lord sei sowieso nach französischem Recht ungültig, macht er dem Vater klar. Gemeinsam schaffen sie es, Yvonne auf ein Schiff zu bringen. Was der Herzog allerdings nicht geahnt hat: Martin-Roget ist eigentlich ein Hochstapler und steht im Dienst der Revolution. Das Schiff, das sie angeblich nach Holland bringen sollte, fährt nach Frankreich, wo auf den Herzog die Hinrichtung wartet. Was Martin-Roget nicht ahnt: Lord Anthony ist ein Freund von Scarlet Pimpernell. Sir Percy und seine Getreuen machen sich auf, um Yvonne und ihren Vater zu retten ... Klassischer Abenteuerroman mit Entführungen, Kutschfahrten durch die finstere Nacht, grausamen Bösewichten, edlen Helden und natürlich einem Happy End. Nicht die ganz große Literatur, aber gut für ein paar spannende Lesesstunden.
Karl Gutzkow: Börnes Leben (e) Als Ludwig Börne im Jahr 1837 starb, erschien kurz darauf Heinrich Heines Buch "Heinrich Heine über Ludwig Börne", in dem Heine äußerst abschätzig über den verstorbenen ehemaligen Bundesgenossen und späteren Rivalen und Gegner schrieb. Eine Abrechnung mit einem Menschen, der sich nicht mehr wehren konnte. Und ein noch größerer Literaturakandal als seinerzeit die literarische Fehde zwischen Heine und Platen. Als skandalös wurde schon der Titel empfunden, in dem sich Heine "über" Börne gestellt habe. Auch wenn Heine später betonte, der Titel sei von seinem Verleger ohne Rücksprache festgelegt worden, er selbst habe das Buch "Ludwig Börne. Eine Denkschrift" nennen wollen. Jedenfalls ein trauriges Beispiel dafür, wie sich die beiden profiliertesten Vertreter der jungen, freiheitlichen Literatur gegenseitig zerfleischten. Karl Gutzkow war zu dieser Zeit der vermutlich drittberühmteste im Bunde. Seine Börne-Biographie entstand zeitgleich mit Heines Buch, kam aber etwas später in den Druck, und so hatte Gutzkow Gelegenheit, im Vorwort noch ausgiebig Stellung gegen Heine und dessen Verunglimpfung des verehrten Börne zu beziehen. Für Gutzkow war es sicher auch ein Prestigeprojekt und ein Karrieresprungbrett, hier die "offizielle" Biographie schreiben zu dürfen. Und ein wenig Eitelkeit, die dem Manne ja durchaus zu eigen war, blitzt immer wieder zwischen den Zeilen auf. Aber auch die ungeheuer große Liebe und Verehrung, die Gutzkow dem Verstornenen entgegenbrachte, denn Börne war das Idol einer ganzen Schriftstellergeneration. Was mir im Vorfeld gar nicht so bewusst war, war der Umstand, dass Gutzkow und Börne sich gar nicht persönlich gekannt hatten und dass Gutzkow ausschließlich aus Börnes eigenen Werken, aus Sekundärliteratur und aus vielen Gesprächen mit Börnes Freunden und Bekannten schöpfen konnte. Immerhin gehörte Börne zu den eingeladenen Autoren der Deutschen Revue, Gutzkows und Wienbargs Zeitschriftenprojekt. Und es muss Gutzkow auch ziemlich gewurmt haben, dass es nicht mehr zu einer persönlichen Begegnung gekommen ist. So lässt er sich endlos lange darüber aus, wie sehr selbst Leute, die Börne oft begegnet sind und ihm nahe standen, diesen Mann "verkannt" haben, dass also persönliche Bekanntschaft keine Garantie für Einsichten in Börnes Wesen und Charakter sei. Insgesamt also eine sehr persönliche, von Verehrung und Liebe befeuerte Darstellung. Etwas altertümlich vielleicht, aber nicht schlecht. Auch wenn ich euch für den Einstieg eher eine modernere Börne-Biographie empfehlen würde.
Teil zwei meines Jahresrückblicks, diesmal mit meinen Lesefrüchten der Monate April, Mai und Juni 2018. Ein paar historische Sachen, Comics, Kinder- und Jugendbücher und etwas Phantastik sind dabei. Schaut halt mal rein, vielleicht ist etwas für euch dabei.
Hinweis: Etwaige blau markierte Texte sind herausragende Spitzenbücher, rot steht für absoluten Mist, ein (e) hinter dem Titel bedeutet, dass ich den betreffenden Text in der eBook-Version gelesen habe, und hinter den Links verbergen sich ausführlichere Besprechungen innerhalb dieses Blogs.
April
Jugurtha-Gesamtausgabe III: - Der große Zebra-Zauberer - Makounda - Das Feuer der Erinnerung - Marsias Gladiatoren Dritter Band der bei Finix erschienenen Jugurtha-Gesamtausgabe. Enthält vier Abenteuer, die ich damals in der Carlsen-Zeit nicht mehr mitbekommen habe. Jugurtha ist aus Asien zurückgekehrt, erlebt neue Abenteuer in Afrika und trifft erneut auf die Legionen Roms. Machtgierige Medizinmänner, geldgierige Heerführer, korrupte und dekadente Vertreter des römischen Weltreichs, Liebeswirrungen, Traumwelten und überhaupt traumhafte Zeichnungen, wer braucht da schon historische Korrektheit? Wenn man bedenkt, dass der wirkliche Jugurtha bereits nach den Abenteuern in Teil zwei der Albenreihe das Zeitliche gesegnet hat ... Sehr schön gezeichnet, ordentlich erzählt, und ich fand die afrikanischen Abenteuer wesentlich besser und nachvollziehbarer als die aisiatischen Bände. Hier ist der numidische Prinz wieder in seinem Element.
Björn Kuhligk: Cartagena. Ein Reisebericht (Literatur-Quickie) Ein kleines Literaturstück im Pixi-Format. Sehr kurz, ganz nett, aber hat mich auch nicht umgehauen. Ich schätze Björn Kuhligk eher wegen seiner Lyrik.
Gert Hofmann: Die Rückkehr des verlorenen J.M.R. Lenz nach Riga (Reclam) Novelle über Lenz, der mittellos und demütig zurückkehrt ins Haus seines Vaters. Doch der Mann ignoriert den zurückgekehrten Sohn einfach, so sehr sich der gescheiterte Poet auch vor ihm in den Staub wirft und um seine Liebe bettelt. Man fühlt sich hundeelend, wenn man ihm lesend dabei zusehen muss. Eine beklemmende Schilderung, die mir sehr nahe gegangen ist.
Tanya Stewner: Alea Aquarius 2: Die Farben des Meeres Alea und die Alpha Cru sind weiter auf der Spur des verschollenen Meervolks und entdecken wertvolle Hinweise auf die Vorfahren von Alea und Lennox. Erneut sehr spannend und fesselnd geschrieben, erneut ein auch optisch sehr ansprechend gemachtes Buch. Über die krassen Fehler im Umgang mit dem Schiff habe ich mich ja schon im ersten Quartal anlässlich des ersten Bandes ausgelassen, das setzt sich hier fort. Die Unterwasserwelt und ihre Bewohner sind zauberhaft erfunden, aber ein ganz klein bisschen Realismus hätte ich schon gern gehabt. Alles, was Alea unter Wasser trifft, liest sich so, als habe die Autorin noch nie den Kopf unter Wasser gehabt. Egal, wie gesagt, es ist spannend und gute Unterhaltung.
Ken Broeders: Apostata 1: -Der Fluch des Purpurs - Die Hexe - Argentoratum Schöne Hardcoverausgabe, enthält die ersten drei Alben der Comicserie über das Leben des römischen Kaisers. Familiengeschichte, Kriegserlebnisse, Intrigen, Morde. Zum Teil historisch und recht traditionell, teilweise auch in die Phantastik hinübergleitend, Enthält ein Nachwort mit Infos zur Serie und im Anhang zahlreiche Skizzen und Entwürfe. Nett, aber nicht umwerfend.
Baroness Orczy: Scarlet Pimpernel Abenteuer-Klassiker, den ich vor knapp 40 Jahren in der Auswahl "Das Beste - für junge Leser" gelesen habe. Und natürlich kannte ich den Film. Ein schönes Wiedersehen mit Sir Percy, der in der Londoner Gesellschaft den Salonlöwen und liebenswert-trägen Trottel spielt und in Wirklichkeit die Geheimidentität von Scarlet Pimpernell ist, dem legendären Helden, der immer wieder mit seiner Bande todesmutig ins Frankreich der Revolution hinübersegelt und dort zum Tode verurteilte Adelige vor der Guillotine rettet. Die Ausgabe, die ich mir zugelegt habe, ist bei Kiepenheuer und Witsch erschienen, ein ordentlich gemachtes Taschenbuch mit interessantem, an Mondrian (nur in Hellblau, Rosa und Lila) erinnernden Umschlag. Noch immer spannend zu lesen, auch wenn ich es schon kannte. Und ich habs mir vor allem auch nochmal durchgelesen, weil es einen zweiten Scarlet-Pimpernell-Roman beim gleichen Verlag gibt, den ich natürlich mitgeordert hatte. Übrigens ist mir nicht aufgefallen, was mir in der gekürzten "Das Beste"-Ausgabe gefehlt hat.
Mai
Carsten Schliwski: Geschichte des Staates Israel (Reclam) Fundierte und übersichtliche Darstellung, knapp und gut zu lesen. Eine Darstellung der 70 Jahre des vermutlich notwendigsten oder vielleicht sogar einzig notwendigen Staates der Welt. Man erfährt einiges zu den Hintergründen der Staatsgründung und zu den Beweggründen und Interessen der einzelnen Parteien und Staaten, auch der Palästinenser-Konflikt ist recht gut aufbereitet. Empfehlenswert.
Alberto Manguel: Die verborgene Bibliothek Liebeserklärung an das Lesen und an die Bücher, leichtfüßig und eingängig geschrieben, dabei auch ein wenig traurig, denn der Verfasser gedenkt seiner eigenen, verloren gegangenen Bibliothek. Ich weiß schon, wie das ist, wenn man seine Bibliothek liebt ...
Ludwig Börne: Briefe aus Paris (e) Hauptwerk eines Schriststellers und Journalisten, dessen Name einst in einem Atemzug mit Heinrich Heine geannt wurde, der heute aber nur noch Leuten bekannt ist, die sich näher mit dem Vormärz und dem Jungen Deutschland befassen. Börne zog es, wie Heine, nach Paris, in die Hauptstadt der Revolution, genauer gesagt der Juli-Revolution. Die beiden Bände, erschienen in den Jahren 1831 und 1832 waren ursprünglich reale Briefe, die er an seine Freundin Jeanette Wohl geschrieben hatte und in denen er über aktuelle Ereignisse berichtete, über Politik, Kunst, auch über Damenmode, viel über Theater und Opernaufführungen. Und auch über Heine, den er ursprünlich als Verbündeten und Waffenbruder ansah, zu dem sich das Verhältnis aber langsam abkühlte. Börne war zu dem Schluss gekommen: Ob Heine schreibe "Die Republik ist die beste Staatsform" oder "Die Monarchie ist die beste Staatsform", hänge davon ab, was sich in seinem Text schöner anhöre ... Die Briefe aus Paris habe ich erstmals Ende der 1980er gelesen. Ich hatte zwei Ausgaben. Die unverzichtbare Reclam-Ausgabe (Vorteil: kostengünstig und guter Kommentarteil, Nachteil: unvollständig, nur eine Auswahl) und die Insel-Ausgabe (Vorteil: vollständige Ausgabe, Nachteil: kein Kommentar). Beide habe ich inzwischen mehrfach gelesen. Nun also die kostenlose eBook-Ausgabe für den Kindle. Was den guten alten Börne angeht, so ist das vorliegende Werk natürlich 1a. Der Preis ist ebenfalls unschlagbar. Da es sich um ein eingescanntes Werk aus den 1830ern handelt, gibt es natürlich keinen Kommentarteil, und ihr steht allein mit dem Buch und mit seinen Füllhorn an literarischen und politischen Anspielungen da und müsst halt zusehen, wie ihr mit all den Zeitgenossen Börnes klarkommt, die damals jeder kannte und heute keiner mehr. Und stellenweise gab es beim automatischen Umwandeln der Frakturbuchstaben wieder mal seltsame Wortneuschöpfungen und Inhaltsverdrehungen. Krassestes Beispiel der Satz, den Börne schrieb, als die Polizei einen Attentäter festnahm: "Alan fand bei ihm Pistolen und einen Dolch", steht da. Wer ist Alan? Ein Polizist? Ein Bodygard? Nein. Im Original gab es überhaupt keinen Verbrecherjäger namens Alan. Im Original stand: "Man fand bei ihm Pistolen und einen Dolch." Diesen eBooks mit Texten aus der Frakturdruckzeit ist einfach nicht zu trauen.
Israel Zwi Kanner: Jüdische Märchen Schöne Sammlung aus der Reihe "Märchen der Welt". Biblische/talmudische Geschichten aber auch Erzählungen aus neuerer Zeit. Und das Ganze in einer sehr schönen Ausgabe: Das im Fischer-Verlag erschienene Hardcover-Buch hat ein handliches Hosentaschenformat und lädt einfach ein zum Anfassen und Aufschlagen. Ich habe es inzwischen ein zweites Mal gekauft, denn als meine Schwester das Buch bei mir liegen sah, hat sie sich sofort darein verliebt und wollte auch eines haben.
Juni
Torsten Haarseim: Gardelegen Holocaust Ein historischer Roman über das Massaker an der Feldscheune Isenschnibbe bei Gardelegen. Hier wurden am 13. April 1945, einen Tag vor dem Einmarsch der amerikanischen Soldaten in die Stadt, 1061 KZ-Häftlinge ermordet. Die Todesmärsche, in denen die Häftlinge in den letzten Kriegstagen aus den östlichen Gebieten weiter nach Westen getrieben wurden - das war schon nach der Befreiung von Auschwitz, wohlgemerkt - sind eines der perversesten Kapitel des Holocaust. Ich habe das Buch in der Buchhandlung in Gardelegen entdeckt und war zunächst etwas skeptisch, wegen des Verlags, der Edition Winterwork. Aber der Roman war überaschend gut geschrieben und sehr gut recherchiert, er hätte vermutlich auch in einem anderen Verlag bestehen können. Die ersten vier Fünftel jedenfalls haben mir sehr gut gefallen. Im Showdown hat dann der Historiker dem Erzähler ein Bein gestellt, dazu gleich mehr. Es geht um zwei Jungen aus Gardelegen, Erwin und Hermann, die zu Beginn des Buchs im Jahr 1936 davon träumen, Flieger zu werden. Beide sind begeisterte Mitglieder der Hitler-Jugend. Erwin, der ein wenig jünger ist, sieht zu Hermann auf, der tatsächlich viel eher in eine Flieger sitzen darf, dann aber zu den Fallschirmjägern versetzt wird. Hermann erlebt unter anderem die Schlacht um Kreta und Stalingrad mit, wird verwundet, erhält Orden ... Als für Erwin der Traum von der Fliegerausbildung wahr werden soll, passiert etwas Merkwürdiges: Er wird in Hamburg irrtümlich einen geflüchteten Juden gehalten (okay, die Geschichte klingt etwas konstruiert), in ein KZ verbracht und lernt das Vernichtungssystem der Nazis am eigenen Leibe kennen. Irgendwann gibt er es auf, sein Deutschtum zu beschwören, er klammert sich nur noch an seinen Löffel, sein kostbarstes Besitzstück, und stirbt jeden Tag ein Stück mehr. Schließlich wird auch er, zusammen mit hunderten anderen Häftlingen, in Richtung Gardelegen getrieben. An der Feldscheune Isenschnibbe stehen sich der Soldat Hermann und der KZ-Häftling Erwin plötzlich wieder gegenüber ... Der Roman ist als Ich-Erzählung abwechselnd aus der Perspektive Erwins und Hermanns geschrieben. Dadurch entsteht eine große Nähe zu den Personen, und der Leser ist quasi "mit dabei", im Krieg und im KZ. Allerdings liegt hier auch die große erzählerische Schwierigkeit. Denn der Verfasser hat zwar ein enormes Faktenwissen und hat die Hintergründe des Massakers akribisch recherchiert, allein seine beiden Helden und Ich-Erzähler sind eben keine Historiker. Bei manchen Romanen findet sich ja am Anfang, ca. auf Seite vier, ein Riesen Info-Dump, der den Leser aus der Geschichte hinauswirft. Hier ist es der Schluss, der problematisch wird. Im letzten Fünftel des Romans referiert Ich-Erzähler Hermann, der dekorierte, aber nicht allzu hochrangige Soldat, über Geheimtreffen und Führerbefehle, über Entscheidungen der Gardeleger Politik bzw. der Militärs, von denen er eigentlich gar nichts wissen kann. In dem Moment, in dem Erwin in der Feldscheune mit über tausend anderen Gefangenen zu verbrennen droht, erzählt Ich-Erzähler Erwin von Einzelheiten und Hintergründen, die er sich vielleicht später, bei der Aufarbeitung des Massakers, angelesen haben kann, von denen er aber nichts weiß, als alles um ihn herum in Flamme aufgeht. Hier hat der Historiker leider den Autor überwältigt und ganz schnell noch auf den letzten Seiten alles an Informationen in die Geschichte hineinstopfen müssen, was er sich erarbeitet hat. Dabei macht er nicht nur seine beiden Charaktere unglaubwürdig (die in den ersten vier Fünfteln recht gut und authentisch herüberkamen), sondern er zerstört auch die Erzählung. Besser wäre es gewesen, die beiden Helden so unwissend und einfach nur handelnd zu lassen und die Fakten in einem Nachwort, dann mit der eigenen Stimme des Verfassers, zusammenzufassen. Schade. Aber der Rest ist wirklich lesenswert.
Björn Larsson: Träume vom Ufer des Meeres Geschichte eines seltsamen Kapitäns und seiner Bekanntschaften. Marcel fährt mit einem Frachter um die Welt und wählt dafür manchmal auch etwas ungewöhnliche Routen. Er ist nicht nur ein außergewöhnlich guter Seemann, der sein Schiff selbst in Krisensituationen sicher und gelassen lenkt und durch seine unaufgeregten Hafenmanöver auffällt, er ist auch ein Mensch, den ein gewisser Zauber umgibt. Kommt er in einen Hafen, so gelingt es ihm scheinbar mühelos, Freundschaften zu schließen, Partner für tiefe, ungewöhnliche Gespräche zu finden und Menschen in seinen Bann zu schlagen. In vier verschiedenen Häfen trifft er auf vier Personen mit jeweils eigenen Geschichten und Gedankenwelten. Alle vier - zwei Männer und zwei Frauen - sind fasziniert von diesem Mann und wollen die Trennung von ihm so nicht hinnehmen. Unabhängig voneinander machen sie sich auf die Suche nach Marcel. Als er mit seinem Frachter erneut anlegen will, entdeckt er vier Bekannte an Land, und ein eigenartiges Zusammenleben auf dem Schiff beginnt. Die gemeinsame Zeit ist befristet ... Ein schönes, leicht und tiefsinnig erzähltes Buch, magisch und melancholisch. Hat mir gefallen.
Johannes Witek: Was sie im Norden der Insel als Mond anbeten, kommt bei uns im Süden in die Sachertorte Wie macht der Mann das bloß, sich solche Titel auszudenken? Gehört eigentlich Mohn in eine Sachertorte? Eine ungewöhnliche Sammlung von Lyrik und Prosa, bissel Underground, bissel bissig und grantig, aber dabei doch mit einem gewissen austriakischen Charme. Dieser Autor kann was. Allerdings ist das Buch nichts für zwischendurch. Man muss schon sehr konzentriert und auf der Hut sein, um die sprachlichen Abgründigkeiten und Hinterhalte so recht würdigen zu können. Nehmt euch Zeit für dieses Buch, auch wenn es nicht allzu dick daherkommt.
Friedrich Jacobsen: Die letzten Menschen Ein sehr schöner Reprint, der mir am Tisch der Edition TES auf dem MarburgCon in die Hände gefallen ist. Auf traditionelle Art gebunden, innen Fraktur, das Ganze im Hosentaschenformat, liegt sehr gut in der Hand. Musste ich einfach mitnehmen. Das Original ist im Jahr 1905 erschienen und ist, hm ja, eine Art Zukunftsgeschichte. Allerdings mit recht wenig futuristischer Technik, abgesehen von einem Flugapparat. Eher ein etwas biblisches, altertümliche Sagenerzählungen nachahmendes Weltuntergangsszenario. Eine genaue Jahresangabe, wann dieser Weltuntergang stattfinden soll, gibt es nicht, nur diese Ausgangslage: "Die Erde war sehr alt geworden, und ihre Bewohner litten unter der Weisheit des hohen Alters. Jeder Fortschritt war bis an eine Grenze vorgedrungen, über die der menschliche Geist nicht hinauszugehen vermochte, und jenseits ahnte man nur noch die schale Wiederkehr alles dessen, was die Menschheit schon tausendmal gedacht und erlebt hatte." Baldur und Eva wachsen als Ziehkinder unbekannter Herkunft bei den greisen und weisen Henoch auf, der die Bibel gut kennt und als erster die Zeichen der Zeit zu deuten vermag. Aber als der alte Mann das Fest der Sonnenwende mit seiner Ankündigung des Weltuntergangs für eben diesen Tag stört, wird er verspottet und verstoßen. Dann bricht eine neue Sintflut los, und nur die beiden Jugendlichen können sich in Henochs Flugmaschine retten. Allerdings nur vorläufig ... Ein sehr interessantes Buch, vielleicht etwas schwer zu lesen aufgrund seines antikisierenden, hymnischen Tonfalls. Aber auf jeden Fall eine ungewöhnliche Erzählung, auf die man sich einlassen sollte.
Hörspiel Adrian und Lavendel Zauberhafte Geschichte über einen Schriftsteller, der eines Tages eine kleine, zartgeflügelte Dampfwalze in seinem Garten findet. Die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft, die beinahe für immer in die Brüche gegangen wäre. Ich habe das Hörspiel eines Morgens im Autoradio gehört - wie so oft auf Autofahrten leider nur teilweise - und mir gleich darauf im Netz die CD bestellt. Wunderschön. Und wenn ich eine zartgeflügelte Dampfwalze als Freund hätte, ich würde sie bestimmt niemals dazu verdonnern, Hemden zu bügeln.
Tja, das war's schon fast mit dem Jahr 2018. Für mich war es ein sehr aufregendes Jahr, in dem ich weit herumgekommen bin. Und ich meine damit nicht nur das Pendeln zwischen Sillium und Gardelegen, wo ich ja nun schon das dritte Jahr in der Volksstimme-Redaktion beginne. Bevor ich zum Leserückblick auf das Jahr komme, daher kurz ein Überblick über meine Reisestationen: Der Sommer brachte mir einen einwöchigen Segeltörn durch die dänische Südsee, das war wie nach Hause kommen. Ich bin 18 Jahre nicht gesegelt, Mann, was habe ich das vermisst. Der Oktober bescherte mir einen Bildungsurlaub mit der Hildesheimer Volkshochschule: Eine Woche Italienisch in Bologna. Das war einfach umwerfend. Und es ist wirklich etwas dran an der sonderbaren Liebe der Deutschen zu Italien. Das Blut perlt einem da einfach ganz anders durch die Adern. Ich muss da wieder hin. Natürlich habe ich mir im November wieder meine vier Wochen Helgoland gegönnt. Lesen, schreiben, Robben beobachten, Meeresluft atmen und sich den Wind um die Nase wehen lassen. Ging viel zu schnell vorbei.
Im Frühjahr habe ich das erste Mal auf der Leipziger Buchmesse gelesen. Ich stellte dort „Nestis und die verbotene Welle“ vor. Und meine Lesung gehörte zu den ausgewählten Veranstaltungen, die von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt wurden. Das war sehr spannend. Neu war für mich auch die „Lokolino“ in Göttingen. Die Messe für Kinder und Familien im Lokschuppen am Göttinger Hauptbahnhof hat Spaß gemacht, und ich hatte auch hier Gelegenheit, die „Welle“ vorzulesen. Ein weiteres Abenteuer war mein Ausflug nach Neumünster, wo ich zusammen mit drei weiteren Autoren einen Pavillon auf dem Radio-Schleswig-Holstein-Kindertag hatte. Viel Spaß und ein aufmerksames, fragebegieriges hatte ich bei zwei Lesungen in Gardelegen für die evangelische Grundschule (Volksstimme-Artikel) und die Otto-Reutter-Grundschule. Ich war Gastleser im Kunstkreis Laatzen. Und es zog mich auch wieder einmal zurück nach Bennigsen am Deister, in mein altes journalistisches Revier. Mit Lesungen und Büchertischen war ich auch auf dem MarburgCon, dem Conventus Leonis in Braunschweig und der HomBuch im Saarland mit dabei. Gelesen habe ich auch wieder im Hildesheimer Lokalradio Tonkuhle. Außerdem besuchte ich den Buchmesseconvent und das Nürnberger Autorentreffen. Und unbedingt erwähnen möchte ich hier noch meine Lesung in Leimen (Pfalz) im Blauen Haus bei Gabrielle C. J. Couillez. Die weite Strecke war übrigens die Jungfernfahrt von Spica, dem neuen Micra an meiner Seite. Mein alter Partner, der Panda Sputnik, hat leider das Zeitliche gesegnet. Der einzige Wermutstropfen in diesem ansonsten sehr schönen und spannenden Jahr ...
So, aber nun endlich zum Literatur-Rückblick. Hier kommt der erste Teil meiner Lesefrüchte 2018. Viel Vergnügen damit!
Hinweis: Etwaige blau markierte Texte sind herausragende Spitzenbücher, rot steht für absoluten Mist, ein (e) hinter dem Titel bedeutet, dass ich den betreffenden Text in der eBook-Version gelesen habe, und hinter den Links verbergen sich ausführlichere Besprechungen innerhalb dieses Blogs.
Januar
Koran erklärt Das Buch zur gleichnamigen Serie im Deutschlandfunk. Ich habe die Sendungen mit Vergnügen gehört, und das Buch ist auch sehr lesenswert. In den rund fünfminütigen Sendungen wurde jeweils ein Koranzitat vorgetragen und dann erläutert, interpretiert und in den Gesamtzusammenhang eingeordnet. Außer den Texten zu den jeweiligen Radiosendungen sind im Buch drei Essays enthalten, die über den Hintergrund der Koranauslegungen und die Beteiligung des Islams am deutschen Rundfunk informieren. Ich würde gern noch einen zweiten Teil dazu haben.
Samuel Beckett: Warten auf Godot - Endspiel - Glückliche Tage Sammelband mit drei Dramen. Ich habe ihn mir wegen des Textes "Warten auf Godot" angeschafft. Ein herrlich sinnloses Warten auf jemanden, der nicht kommt. An Handlung nicht viel, nur dass sich zwei Landstreicher an einer Landstraße aufhalten, um zu warten. Leitmotivisch immer wieder der Dialog: "Estragon: Komm, wir gehen! Wladimir: Wir können nicht. Estragon: Warum nicht? Wladimir: Wir warten auf Godot. Estragon: Ah!" Total sinnfrei, sprachlich sehr schön, macht einfach Spaß. Ähnlich handlungsarm und schwer wiederzugeben ist "Endspiel". Ein fast leerer, düsterer Raum, ein Herr, ein Diener, zwei ältere Leute, die in Mülltonnen leben, die Frage nach Lebensmitteln und dem korrekten Platz des Rollstuhls ... Sprachlich sehr schön, inhaltlich eine gewisse Lebenssinnlosigkeit. "Glückliche Tage" schließlich, die Geschichte einer älteren Frau, halb eingegraben in einem Erdhügel. Eine Handtasche mit Schminksachen und einem Revolver. Ihr Mann ist den größten Teil des Stücks nicht sichtbar, versucht erst gegen Ende, ihren Erdhügel zu erklimmen. Stelle ich mir alles auf der Bühne sehr interessant vor. Klanglich auf jeden Fall ein Kunstwerk. Wobei ich generell nicht so der Theatermensch bin und Becketts Prosa noch ein Stück weit besser fand.
Das Gespensterbuch II Zweiter Band der alten romantischen Horrorsammlung, die jetzt im Blitz-Verlag neu aufgelegt wurde. Erneut eine Zusammenstellung düsterer Geschichten. Novellen, Anekdoten, ein düsterer, kurzer Briefroman und ein Theaterstück, ziemlich viel Schauriges. Mutet manchmal etwas altertümlich an (ist es ja auch), aber ist auf jeden Fall eine Fundgrube für den Grusel-Fan.
Gisela Bunge: Schicksale jüdischer Familien in Gardelegen Ein 70 Seiten starkes Heft, das die jüdischen Familien in Gardelegen dokumentiert. Die erste Auflage erschien noch zu DDR-Zeiten, ich habe die zweite Auflage erhalten, als ich einen Bericht über die Stolperstein AG des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Gardelegen schrieb. Der Schwerpunkt liegt auf der Nazizeit und den damals in Gardelegen lebenden jüdischen Familien. Sehr lesenswert, vor allem wenn man durch die Stadt geht und mehr über die Namen hinter den Stolpersteinen erfahren möchte.
Hörbuch / Hörspiel
Peter Mennigen: Malcolm Max: Blutsbande - Malcolm Max: Knochen Sagte ich beeits, dass ich ein großer Fan der Serie Malcolm Max bin? Nein? Dann tue ich es hiermit. Bei dem Hörspiel "Blutsbande" handelt es sich um den Abschluss des Zyklus um die "Schwarzen Engel". Die Geschichte nimmt eine absolut unerwartete Wendung, und der Hörer erfährt Dinge über Malcolms Familiengeschichte, die er nie geahnt hätte. Absolut hörenswert. Erneut ist dem Hörspiel eine zweite CD beigegeben, ein Hörbuch-Abenteuer Malcolms, das er ohne die bezaubernde Charisma an seiner Seite bestreiten muss. Spannend und gut erzählt. Und wieder ein dickes Lob an die Romantruhe für dieses großzügige Doppelpack.
Februar
Edith Nesbit: Melisande Wunderschön illustriertes Märchenbuch, das ich schon lange besitze und nun einmal wieder aus dem Regal gezogen habe, um meiner Nichte mal etwas anderes vorzulesen als immer nur die Eiskönigin. Edith Nesbit spielt in diesem Märchen mit dem Motiv der 13. Fee, die nicht zur Taufe geladen wird und darum das arme Kind Melisande verflucht. Melisande bekommt eine Glatze. Doch eines Tages darf Melisande den lange von ihren Eltern aufgehobenen Wunsch benutzen. Und weil sie nicht so recht weiß, was sie sich wünschen soll, spricht sie einfach das nach, was ihre Mutter ihr vorschlägt: "Ich wünsche mir goldene Haare, die einen halben Meter lang sein sollen und jeden Tag einen Zentimeter wachsen, und wenn sie abgeschnitten werden, so sollen sie danach doppelt so schnell wachsen und ..." Das "doppelt so dicht" kann sie nicht mehr ausprechen, da ihr der Vater den Mund zuhält, aber die Katastrophe ist auch so schon schlimm genug. Es beginnt ein sehr haariges Märchen, einfach nur köstlich, typisch Edith Nesbit eben.
Axel Scheffler und Julia Donaldson: Für Hund und Katz ist auch noch Platz Liebenswürdiges Kinder-Bilderbuch über eine Hexe, die mit ihrem Besen und ihrem Kater unterwegs ist. Ständig verliert sie irgendetwas, und bei jeder Suche trifft sie ein neues Tier, das sie begleiten möchte. Und Katze, Hund, Vogel und Frosch erweisen sich als ein starkes Team, als ein furchtbarer Drachen auftaucht. Süß.
Philo von Alexandria: Das Leben des Politikers oder Über Josef Philo von Alexandria habe ich vor Urzeiten im Studium kennen gelernt, aber, zugegebenermaßen, damals ist kaum mehr als der Name hängen geblieben. Also habe ich das nun nachgeholt. Philo war ein jüdischer Philosoph, der außer Toragelehrsamkeit auch intensive griechische Philosophiestudien betrieb und Gedankengut der Stoa und des Neuplatonismus aufnahm. Er gehört ins erste Jahrhundert unserer Zeitrechnung und war im Jahr 38/39 beteiligt an einer Gesandschaft der Juden aus Alexandria an Kaiser Caligula nach Rom, um ihn nach einem schweren Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung um Schutz zu bieten. Das Interessante an Philo ist seine Verknüpfung von Tora-Auslegung mit der griechischen Philosophie. Seine Schrift über Joseph ist der vierte Teil einer Art Tetralogie, die ersten drei Schriften befassten sich mit den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob, Joseph wird quasi als eine Art vierter Erzvater gesehen und als Bild des idealen Politikers beschrieben. Die Ausgabe ist ein sehr schön gemachtes Taschenbuch mit Übersetzung, Einleitung und erläuternden Fußnoten, das mir sehr gut gefallen hat. Kann in der Reclam-Liga mithalten.
Philo von Alexandria: Über die Freiheit des Rechtschaffenen Eine gut stoisch gedachte Abhandlung über das Wesen der Freiheit. Philo vertritt die These, dass nur der wahrhaft Weise und Rechtschaffene frei ist und unterscheidet zwischen innerer und äußerer Freiheit. Der schlechte Mensch, gefangen von Geldgier, Habsucht, Leidenschaften und ähnlichen wird nie wahrhaft frei sein, auch wenn er äußerlich ein freier Bürger ist. Der tüchtige, tugendhafte Mensch dagegen, auch wenn er umständehalber in die Sklaverei geraten ist, bleibt innerlich frei oder kann auf dem Weg der Tugend die Freiheit erlangen. Ein klassisches Thema der griechischen Philosophie und im Gegensatz zu den anderen überlieferten Texten Philos sehr arm an jüdisch-biblischen Bezügen. Wie das ebenfalls bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienene Taschenbuch über Philos Josephsschrift ist dies Büchlein eine sehr schön aufbereitete Ausgabe mit Übersetzung, Einleitung und Informationen zum Text und Hintergrund. Hat mir gefallen.
Otto Kaiser: Das höchste Gut. Philos Hochschätzung der Freundschaft im Horizont ihrer antiken Geltung Ein Buch, das weniger von Philo von Alexandria handelt als vielmehr von allen anderen Autoren, die ihn tatsächlich oder möglicherweise beeinflusst haben. Insofern keine Darstellung der Denkweise Philos, sondern eher eine groß angelegte Rundumschau über das Thema "Freundschaft" bei antiken Denkern. Und da es ein außerordentlich beliebtes Thema war, ist das Panorama entsprechend weit. Also, wer einmal etwas über die Freundschaft in der Antike lesen möchte oder gar eine Seminararbeit darüber anfertigen muss, ist gut beraten, in dieses Büchlein hineinzuschauen, auch wenn er sich nicht für Philo speziell interessiert. Wer Infos über Philo selbst sucht, ist hier eher fehl am Platze, denn es handelt sich nicht um eine geschlossene Darstellung des philonischen Freundschaftsbegriffs. Tatsächlich habe ich ausgerechnet den "Titelhelden" in diesem Buch über weite Strecken vermisst.
Hildesheimliche Autoren: Die Ameiseninvasion in St. Bernward Anthologie der Autorengruppe "Hildesheimliche Autoren". Diesmal geht es um Kirchengeschichten. Das sind teilweise historische oder sagenafte Begebenheiten, die von den Autoren aufbereitet wurden, oder auch erfundene Geschichten. Insgesamt eine Sammlung von sehr unterschiedlichen Texten, Thematisch und stilistisch. Als Mitbringsel aus Hildesheim durchaus geeignet.
Jenny Offill: Amt für Mutmaßungen Ein bezaubernder Roman. Sprache und Gedanken berühren gleichermaßen. Im Prinzip müsste man nach jedem Satz oder Absatz einfach mal die Augen zumachen und das eben Gelesene nochmal innerlich nachklingen lassen. Und das ist wohl auch das Prinzip des Buches, denn fast will es mir mehr wie eine Sammlung von kürzeren oder längeren Aphorismen vorkommen, die nur in zweiter oder dritter Funktion auch noch einen Roman ergeben. Ein Buch, für das man etwas Zeit mitbringen sollte. zu schade zum "Seitenfressen".
Philon von Alexandria: Abrahams Aufbruch. De migratione Abrahami (griechisch / deutsch) Gebundene zweisprachige Ausgabe mit reichen Beigaben. Der bei Mohr Siebeck in der Reihe "Sapere" erschienene Band bietet eine Einführung in Leben und Werk des Autors, Anmerkungen und mehrere Essays über Philo(n) als Vetreter des Diaspora-Judentums, Philo im Kontext des palästinensischen Judentums, Gotteserkenntnis, Exilliteratur, Beziehungen zum Neuen Testament oder zu Thomas Manns Josephsroman. Also eine reiche Fundgrube. Philo schildert den im ersten Buch Mose beschriebenen Aufbruch Abrahams, der seine chaldäische Heimat verließ und seinem Gott folgte. Interessant ist, dass Philo sehr vieles allegorisch und bildlich deutet. Es geht also nicht nur um enen Mann, der aus seinem Heimatland auswandert, sondern auch um eine Seele, die sich aus der verderblichen Sinnenwelt zurückzieht und Gott zuwendet.
Tanya Stewner: Alea Aquarius 1: Der Ruf des Wassers Als Verfasserin einer Meermädchen-Romanserie musste ich mich natürlich irgendwann auch mal in die Welt von Alea Aquarius begeben. Ich hoffe ja, dass das Finanzamt den Bücherkauf als "Konkurrenzbeobachtung" akzeptiert. ;-) Alea ist ein Mädchen, das angeblich unter einer seltenen Krankheit leidet und auf gar keinen Fall mit kaltem Wasser in Berührung kommen darf. Narben am Hals und seltsame Knubbel zwischen den Fingern zeugen von unliebsamen Begegnungen mit dieser Bedrohung, die Alea wohl in ihrer frühesten Kindheit gehabt hat. Alea wächst bei ihrer Pflegemutter auf, ihre Mutter hatte der Frau einst das Baby am Meeresufer übergeben und ist seither verschwunden. Allerdings ... eines Tages lernt Alea die Besatzung der "Crucis" kennen. Drei Jugendliche, die in einem Segelschiff um die Welt fahren, sich mit Straßenmusik das nötige Geld verdienen und - ohne Erwachsenenbegleitung - ein Abenteuer nach dem anderen erleben. Und plötzlich stellt sich heraus: Alea hat gar keine seltene Krankheit: Wenn sie ins Wasser fällt, muss sie nicht sterben, sondern entwickelt ungeahnte Kräfte und Fähigkeiten. Sie ist ein Meermädchen und gehört einem Volk an, das offenbar kürzlich beinahe vollständig ausgerottet wurde. Elea und die "Alpha Cru" (die Crew der "Crucis") machen sich auf die Suche nach Überlebenden des Meervolks und nach dem Rätsel um Aleas Herkunft. Da Buch hat mir gut gefallen, die Geschichte ist spannend geschrieben, lässt sich gut lesen und geradezu verschlingen. Zwei Dinge kann die Autorin allerdings nicht: Segeln und Latein. Dass ein Schiff "Crucis" (des Kreuzes) heißen soll, wenn es nach dem Sternbild "Kreuz des Südens" benannt ist, ist natürlich Quatsch, es müsste "Crux" heißen. Und manche Segelmanöver rollen einem schon die Zehennägel hoch. Dass, während die restliche Mannschaft schläft, der einzige Wachhabende mal eben allein die Segel birgt oder setzt, ist nicht nur verantwortungslos, sondern schlicht und ergreifend ein Akt, der allenfalls von erwachsenen Einhandseglern durchgezogen werden sollte. Und man hätte es in der Mannschaft zumindest mal angesprochen und der Erwähnung wert gefunden haben sollen, dass da jemand nachts allein so herumspringt ... Zumal das Schiff offenbar ein Riesenpott von titanischen Ausmaßen ist. Es gibt dort tatsächlich einen Salon! Und Einzelzimmer! Und dass jemand während seiner Wache einfach mal im Meer baden geht (wohlgemerkt, draußen auf dem Meer), ist schon sehr abenteuerlich. Sehr gut gelungen sind die Charaktere und die zwischenmenschlichen Spannungen/Beziehungen an Bord. Etwas mehr Realismus hätte ich mir für die Unterwasserwelt gewünscht.
Herbert Braun: Wie man über Gott nicht denken soll. Dargelegt an Gedankengängen Philos von Alexandria Eine theologische Auseinandersetzung mit Philo und seinem Gottesbild, erschienen 1971. Im Text sollte laut Verfasser "die Struktur des philonischen Gottesgedankens auf ihrer eigenen Ebene nachgezeichnet und in ihren Konsequenzen verdeutlicht werden." Philo sei nicht frei von "krassen Selbstwidersprüchen", und im Denken des Philosophen werde, bei der Erhebung Gottes, "die Existenz des Menschen (...) vernichtigt." Insgesamt geht Braun also recht kritisch an Philo heran. Allerdings meint er auch: "Mit Philo zu reden hätte sich gelohnt."
März
Konstantin Wecker: Der Klang der ungespielten Töne Novelle über einen Musiker, der etwas ganz Besonderes hätte werden können. Aber Anselm erliegt den Verlockungen des leichten Weges und des schnellen Ruhms und Geldes. Vergessen ist der alte Musiklehrer Karpoff, die Suche nach der wahren Musik und dem, was seine Seele einst berührt hatte. Erst als er ganz unten angekommen ist, setzt sich Anselm erneut ans Klavier, um das finden, was er hätte werden können. Schlicht, ergreifend und melodisch erzählt von einem Menschen, der nicht nur ein unvergleichlicher Musiker ist, sondern eben auch schreiben kann. Richtig gut.
Elisabeth LaBan: So wüst und schön sah ich noch keinen Tag Traurigschöne Liebesgeschichte mit Anklängen an die Welt der griechischen und shakespeareschen Tragödie. Im Irving-Internat ist es Tradition, dass der Abschlussjahrgang beim Einzug in die neuen Zimmer Geschenke der vorherigen Bewohner vorfinden. Duncan "erbt" das Zimmer von Tim, der ihm seine Geschichte vermacht: Ein Stapel CDs, auf den Tim seine Erlebnisse des vergangenen Schuljahrs gesprochen hat. Seine große Liebe, sein Außenseiter-Dasein als Albino und ein tragisches Ereignis, das noch immer über dem Internat lastet. Gleichzeitig arbeitet Duncan an der Literaturaufgabe für seine Abschlussarbeit: Es geht um das Thema Tragödie und um die Tragweite von Handlungen und Entscheidungen. Während Tims Liebesgeschichte unausweichlich der tragischen Katastrophe zusteuert, erkennt Duncan mehr und mehr, dass Tragödien nicht unbedingt nur auf dem Papier oder im Theater stattfinden müssen. Berührender, stiller und zugleich packender Roman, der einem lange im Gedächtnis bleibt. Empfehlenswert für alle, die etwas mehr als Abenteuer und Action haben wollen.
Lilly Nielitz-Hart, Simon Hart: City-Trip Bologna Nützlicher und hilfreicher Stadtführer mit herausnehmbarem Stadtplan und viel Wissenswertem, Erläuterungen zu Sehenswürdigkeiten, kleiner Sprachkurs, Benimm-Regeln, Hinweise zu Finanzen, Ausflugstipps zu benachbarten Städten wie Ravenna. Sehr hilfreicher Begleiter. Gut.
Karl Jaspers: Die maßgebenden Menschen Ein Buch, das ich schon lange auf meiner To-do-Liste habe. Jaspers stellt vier Personen an den Beginn seiner Philosophiegeschichte, denen er eine "geschichtliche Wirkung von unvergleichlichem Umfang und Tiefengang" bescheinigt und denen sich kein fünfter an die Seite stellen lasse. Diese vier Menschen sind Sokrates, Jesus, Buddha und Konfuzius. Vier sehr interessante Persönlichkeiten und vier auf jeden Fall lesenswerte Darstellungen. Mit kamen beim Lesen die beiden über Sokrates und Jesus recht ausbaufähig vor. Klar, über die beiden habe ich schon so viel gehört und gelesen, dass ich locker die doppelte Menge über sie erzählen könnte. Aber das war ja nicht der Sinn der Übung. Bei Buddha und Konfuzius musste ich es erstmal alles so hinnehmen. Da werde ich mich wohl noch mal einlesen müssen. Brauchbar und eine schöne Übersicht.
Wenn es dunkel wird im Märchenwald III: - Ivy Paul: Rapunzel - Mia Wagner: König Drosselbart - Carmen Liebing: Der Froschkönig - Lily Monroe: Das Nusszweiglein - Emilia Jones: Die drei Spinnerinen Inzwischen bereits der dritte Band der in erotische Geschichten verwandelten Märchen aus dem Plaisirdamour-Verlag. Enthält fünf Novellen oder Kurzromane, von denen vier in der Gegenwart spielen und eine Erzählung aus einer unbestimmten Zeit, in der noch mit Kutschen gefahren wird und in den Wäldern noch Biester leben. Rapunzel ist in dieser Version ein Model mit außerordentlich langen Haaren, das bei einer Beautyshow den gut aussehenden Erben eines Kosmetikimperiums kennen lernt. König Drosselbart ist ein junger Mann, der die verzogene Tochter eines Geschäftsfreundes als Putzfrau einstellt und unterwirft. Der Froschkönig spielt in einem Märchenpark, in dem die Figuren ein seltsames Eigenleben entwickeln. Das Nusszweiglein ist eine Variante der Geschichte von der Schönen und dem Biest: Ein Kaufmann macht auf seiner Heimreise den verhängnisvollen Schritt vom Wege ab, um seiner Tochter ein Nusszweiglein mitzubringen. Das Biest, dem der Wald gehört, verlangt sein Leben - oder seine Tochter. Die drei Spinnerinen schließlich spielt erneut in der Welt von Glamour und Mode: Eine junge Frau soll bei einem Casting ihre Eignung als Prinzessin beweisen. Denn nur wer spinnen kann, bekommt den Traumprinzen ... In den meisten Märchen, wie König Drosselbart oder Froschkönig sind der sexuelle Bezug und gewisse Sadomaso-Tendenzen ja ohnehin schon angelegt. Klar, was das Biest von der hübschen Kaufmanstochter will, wenn es den Vater laufen lässt. Bei Rapunzels haarfetischistischem Prinzen kommt aber auch einiges Neues hinzu (auch wenn schon im Märchen vorehelicher Geschlechtsverkehr stattfand), und die Geschichte der drei Spinnerinnen erhält eine sehr ausführliche, weit ausgesponnene Vorgeschichte. Insgesamt eine leicht und zügig lesbare Sammlung mit interessanten Ideen und Märchenvariationen.
Na, alles klar für Weihnachten? Ich habe gerade das letzte Geschenk eingepackt. Und jetzt lehne ich mich kurz zurück, atme durch, freue mich darauf, meine Nichte im Krippenspiel zu sehen und komme langsam in Weihnachtsstimmung. Euch allen ein friedliches und gesundes Fest. Lasst euch viel vom Weihnachtsmann bringen und habt eine gute Zeit. Und wenn ihr Lust habt auf Lektüre, hier mein aktuelles Weihnachtsmärchen für euch. Viel Spaß damit!
Minnie, das kleine Schaf
So viele Leute! Minnie, das kleine Schaf, schaute sich staunend um, und die Flammen der Kerzen spiegelten sich in ihren großen, blauen Augen. Alle diese Leute waren nur wegen ihr gekommen, dachte sie stolz. Wenn nur das Fell nicht so kratzen würde. Vorsichtig schob sie die Hand unter den Pelz und versuchte, die Stelle zu erwischen, an der es am schlimmsten juckte. Aber da hatte Elli, die Hirtin, sie schon erwischt und zog sie energisch am Arm. „Lass das, Minnie!“, schimpfte sie. „Benimm dich gefälligst wie ein anständiges Schaf und nicht wie ein Baby.“ Sie zog Minnies Schafsfell wieder gerade und schob das Mädchen zurück hinter den Altar. „Ich hab ja gleich gesagt, dass du noch viel zu jung bist für das Krippenspiel. Jetzt habe ich dich an der Backe. Verdammt, ich bin Hirtin und kein Babysitter.“ „Bin gar nicht zu jung“, maulte Minnie. „Ich bin schon fünf. Und Grippe spielen kann ich auch schon.“ Elli schnaufte verächtlich. Sie blickte ins Publikum und versuchte, sich auf ihren Text zu konzentrieren. Minnie hatte es gut. Die Kleine musste einfach nur „Mäh“ sagen und niedlich gucken. „Kommt doch zu uns in den Stall, da ist es schön gemütlich“, murmelte Elli vor sich hin. „Kommt doch zu uns in den Stall, da ist es schön gemütlich. Kommt doch ...“ Ihre Mutter hatte sie gestern bestimmt hundertmal abgehört. Und trotzdem hatte sie bei der Generalprobe wieder vergessen, was sie sagen sollte. „Kommt doch zu uns in den Stall ...“, murmelte sie. „Mäh“, sagte Minnie. „Noch nicht, Minnie!“, zischte Elli ungehalten. Da bemerkte sie, dass das kleine Schaf nicht mehr neben ihr stand. Gelächter hallte durchs Kirchenschiff. Elli stöhnte leise. Da hatte dieses dusselige Schaf sich doch tatsächlich vor dem Altar aufgestellt und strahlte stolz ins Publikum, als ob es die Hauptrolle in diesem Stück spielen würde. Kein Mensch achtete mehr auf den dicken Oliver, der aus dem großen Buch soeben die Worte vorlas: „Es begab sich aber zu der Zeit, da ein Gebot ausging vom Kaiser Augustus ...“ Elli wurde knallrot. Aber es nützte nichts, sich hier hinter dem Altar zu verstecken. Entschlossen trat sie nach vorn, klemmte sich das zappelnde Schaf unter den Arm und trug es zurück in ihr Versteck. Gelächter folgte ihnen. „Kommt jetzt das Liebespaar?“, flüsterte Minnie und lugte neugierig hinter dem Altar hervor. „Sei still“, sagte Elli, und dann dachte sie wieder: „Kommt doch zu uns in den Stall, da ist es ...“ Himmel! Was war das noch? Wie war es im Stall? Warm? Kuschelig? Elli ballte die Fäuste. „Kommt doch zu uns in den Stall †¦?“ Und weiter? Sauber war es sicher nicht in dem Stall. Ob billig das richtige Wort war? Maria und Josef hatten sicher nicht so viel Geld, da konnten sie eine billige Unterkunft gut gebrauchen. „Kommt doch zu uns in den Stall, das ist gut und günstig“, murmelte sie vor sich hin. Es klang nicht schlecht. „Mäh“, sagte Minnie. Beneidenswert, dachte Elli. Dennis und Miriam, die an diesem Abend Maria und Josef spielten, waren inzwischen in Betlehem angekommen und standen vor dem prächtigen Weihnachtsbaum. Miriam hatte sich ein dunkles Seidentuch über Kopf und Schultern geworfen, und unter dem Kleid hatte sie sich ein dickes Sofakissen vor den Bauch gebunden. Dennis stützte sie und half ihr beim Gehen. „Halte durch, Liebes“, sagte er. „Da vorne sehe ich schon eine Her...“ „Berge!“, flüsterte der Pastor. Dennis sah ihn verwirrt an. Aber dann wiederholte er gehorsam: „Da vorne sehe ich schon die Berge. Da gibt es gewiss ein Zimmer für uns.“ „Das hättest du wohl gern!“ Kevin Biermann, der Sohn des örtlichen Gastwirts, hätte am liebsten selbst den Josef gespielt und war immer noch sauer darüber, dass der Pfarrer Dennis die Rolle gegeben hatte, weil der angeblich mehr Grips hatte und sich den langen Text besser merken konnte. Pah! Wie man unerwünschte Gäste abblitzen lässt, hatte Kevin längst von seinem Vater gelernt, da brauchte er das Textheft nicht. Er baute sich breit und drohend vor dem jungen Paar auf und verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust. „Hier ist alles voll!“, dröhnte er. „Für solches Gesocks wie euch haben wir keinen Platz.“ „Aber meine Frau erwartet ein Baby“, sagte Josef. „Die Wehen können jeden Moment einsetzen.“ „Is†˜ nich†˜ mein Problem. Zieht Leine, oder ich rufe die Polizei.“ „Pfui, du bist gemein!“, rief da das kleine Schaf. Ehe Elli die Kleine halten konnte, hatte sich Minnie schon losgerissen und sprang wie ein wütender Terrier auf den verblüfften Wirtssohn los. „Schäm dich, Kevin!“, schimpfte Minnie. „Es ist eiskalt da draußen, und die Frau kriegt gleich ein Baby.“ „A-aber es sind doch alle Zimmer belegt“, stotterte Kevin verdutzt. Minnies Augen funkelten wütend. Sie holte aus und trat Kevin mit voller Wucht vors Schienbein. Der schrie auf und hätte beinahe beim Herumhopsen auf einem Bein den Tannenbaum umgerissen, wenn der Pastor nicht rechtzeitig zugepackt hätte. Minnie sprang hinterher und wollte noch ein zweites Mal zutreten. Aber Elli packe sie und nahm sie in den Schwitzkasten. „Willst du wohl still sein, du dummes Schaf!“, zischte sie. „Du machst alles kaputt!“ „Gar nicht wahr“, sagte Minni. „Der doofe Kevin macht alles kaputt.“ Sie wand sich aus der Umklammerung und lief zu Miriam und Dennis hinüber. „Ihr könnt bei mir im Kinderzimmer übernachten. Und morgen Früh sehen wir weiter.“ Damit packte sie Maria bei der Hand und zog sie hinter sich her durch den Mittelgang zur Kirchentür. Maria war viel zu verblüfft, um Widerstand zu leisten. Und auch Josef, der zu dem Schluss kam, dass sein Platz an Marias Seite war, folgte mit unsicheren Schritten dem Schaf, das ihnen eine Unterkunft angeboten hatte. „Halt!“, rief da eine dünne, aber entschlossen klingende Stimme durchs Kirchenschiff. Elli musste all ihren Mut zusammennehmen. Ein wenig unheimlich war es ihr schon, als sie plötzlich ganz allein vor dem Altar stand und alle sie anstarrten. Aber plötzlich wusste sie ganz genau, was sie sagen musste, und die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus: „Ich weiß etwas viel Besseres: Kommt doch zu mir in den Stall, da ist es ganz warm und gemütlich, und ihr könnt im Stroh schlafen. Wir haben eine Krippe für euer Kind und ganz viele Tiere zum Streicheln, das ist richtig toll.“ Minnie zögerte. „Ist das wirklich wahr?“, fragte sie misstrauisch. „Aber ja“, nickte Elli. „Das ist rÃÂchtig kuschelig. Und sie dürfen die Schafe streicheln. Versprochen.“ „Und in der Bibel steht†™s auch drin“, meldete sich Oliver zu Wort und schwenkte das große schwarze Buch, aus dem er vorgelesen hatte. Als Minnie die gemütlichen Strohballen und die Windlichter sah, die die anderen Kinder inzwischen aufgebaut hatten, nickte sie gnädig. Und da waren ja auch Anton und Jennifer, die den Ochsen und den Esel spielten. Eben schoben auch die anderen Schafe die Krippe für das Baby herbei. Würdevoll marschierte Minnie vor dem heiligen Paar auf die Krippe zu. Den Wirtssohn Kevin streifte sie im Vorübergehen mit einem vernichtenden Blick und musterte dann die Strohballen kritisch. Aber als endlich das Jesuskind glücklich und frisch gewindelt in der Krippe lag, als Engel, Hirten und Könige gemeinsam im Stall zu Betlehem standen und sangen, da war auch der letzte Funken von Misstrauen aus dem Blick des kleinen Schafs verschwunden. Minnie schaute mit ihren leuchtenden blauen Augen ins Publikum und strahlte zufrieden über das Wunder, das sie vollbracht hatte. Stille trat ein. Sanft stieß Elli sie an. „Jetzt“, flüsterte sie. „Sag es.“ Und Minnie sagte: „Mäh!“
"Namiria" ist ein Fantasy-Roman von Fabienne Siegmund - und zugleich der Name der Welt, in der dieses Abenteuer spielt. Es geht um einen bösen Herrscher, um eine Suche, um den Kampf gegen einen bösen Tyrannen und um eine abenteuerliche Reise einer jungen Frau, die dazu bestimmt ist, die neue, rechtmäßige Herrscherin über Namiria zu werden. Kirja ist anders. Die Jugendliche wächst bei den "Herbstzeitlosen" auf, einem Gauklervolk, das das Land Namiria durchstreift. Sie ist akzeptiert, die Gaukler sorgen für sie, aber sie bleibt allein, eine Außenseiterin. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass sie die einzige Vertreterin ihrer Altersgruppe ist. Kirja wurde in dem Jahr geboren, in dem zum ersten Mal schwarzer Schnee fiel. Seither ist Namiria eine traurige, kalte Welt voller Angst. Allgegenwärtig sind die "Schiefernen", die Schergen des Bösen Herrschers, der vor Urzeiten die Weiße Königin tötete. Aber warum sind Kirjas Augen so seltsam zersplittert, sodass sie nur eine vollkommen verzerrte Sicht auf diese Welt gewinnen kann? Als Kirja mit der Hilfe ihres zahmen Käuzchens, ihres ständigen Begleiters, im Schnee eine Spiegelscherbe findet und hineinblickt, nimmt das Unheil seinen Lauf: Der böse Herrscher kann sie sehen und ausfindig machen. Was einen Großteil ihrer Gauklerfreunde das Leben kostet. Fortan ist Kirja auf der Flucht - und gleichzeitig auf der Suche. Denn es gilt, noch drei weitere Spiegelscherben zu finden und das zerbrochene Szepter Namirias wieder zusammenzusetzen. Die Handlung ist nicht unbedingt originell, aber grundsolide erzählt. Und, mein Gott, warum sollte jemand ständig das Rad neu erfinden? Es handelt sich um eine klassische Queste, eine abenteuerliche Heldenreise, bei der die Protagonistin ein phantastisches Land durchreist und etwas sucht, in diesem Falle vier Spiegelscherben. Ganz klare Pluspunkte des Buches sind die unnachahmlich magische Sprache der Autorin und ihre einprägsame Erzählstimme. Fabienne Siegmund ist in dieser magisch-mythischen Welt zu Hause und trifft den Märchenerzählerton, der den Zuhörer in seinen Bann zieht und immer tiefer in die Geschichte hineinsaugt. Und sie hat an besonderen, unverwechselbar eigenen Völkern mit eigenen Sagenwelten und Lebensphilosophien so viel zu bieten, dass man gern mit auf die Reise durch Namiria geht. Kirja und ihr Käuzchen sind auf jeden Fall Helden, die man ins Herz schließen muss. Und wer an den elbenhaften Sternentänzern oder den skurrilen Steampunk-Handwerkern vom Volk der Federlinge keine Freude hat, kann ja das Telefonbuch lesen.
Fazit: Klassische Heldenreise durch ein zauberhaftes Land, magisch beschrieben und überhaupt ein ganz bezauberndes Buch. Lesenswert.
Fabienne Siegmund: Namiria. Fabylon-Verlag, 2017. 424 S., Euro 16,90.
Es ist inzwischen schon eine kleine Tradition: An Heilig Abend finden die Hildesheimer ein Weihnachtsmärchen von mir in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung. Auch diesmal bin ich wieder in der Weihnachtsausgabe vertreten. Und zwar mit meinem Märchen "Der kleine Trommler".
Der Held der Geschichte ist der fünfjährige Jonas, ein Kind von möglicherweise eingeschränkten Geistesgaben, das kein Wort sprechen kann. Nur mit der Trommel, die ihm sein Onkel zum Geburtstag geschenkt hat, kann Jonas sich ausdrücken. Allerdings fällt Erwachsenen das ewige Getrommel auch ganz schön auf die Nerven. Am Weihnachtstag platzt seiner Mutter der Kragen, und sie versucht, ihm das Instrument wegzunehmen. Jonas flüchtet, hinaus in die eiskalte Nacht ...
Also, falls ihr Lust habt, Jonas auf seiner Reise zu begleiten, geht zum Kiosk und holt euch am 24. Dezember die Zeitung. Ich hoffe, es gefällt euch.
Kriss de Valnor hat die Königsherrschaft weggeworfen und macht sich auf, ihren Sohn Aniel zu retten. Das Album "Der Berg der Zeit" aus der Spin-off-Serie "Die Welten von Thorgal" erzählt von ihrer Reise, beziehungsweise von ihrem Versuch, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Zwischen den vorherigen Album, "Die Insel der verlorenen Kinder", und dem neuen, siebten, Band gibt es eine kleine Lücke. Der Leser findet Kriss de Valnor auf einer Klettertour im eisigen Gebirge wieder, wo sie und zwei zwielichtige Gestalten versuchen, ein magisches Artefakt zu finden. Kriss und die beiden Männer, die sie als Reiseführer angeheuert hat, sind auf dem Weg zum "Berg der Zeit", und das magische Messer, mit dem Kris gewissermaßen Realitäten durchschneiden kann, um in andere Zeitabschnitte zu gelangen, ist das wichtigste Hilfsmittel auf dieser Reise. Sinn und Zweck der Aktion ist es, Kriss die möglichst zügige Reise in den Orient zu ermöglichen. Denn sie hat als Herrscherin der Nordlande viel zu viel Zeit vertrödelt. Zeit, die sie zu Rettung ihres Sohnes Aniel gebraucht hätte und die ihr nun fehlt. Dreimal zerschneidet die Kriegerin Zeit und Realität, steigt in andere Dimensionen ein und trifft dabei jedesmal auf andere Versionen ihrer selbst. Alter Egos, die zwar den Namen Kriss de Valnor tragen, sie auch als andere Kriss wieder- und anerkennen, die sich jedoch an jeweils einer entscheidenden Station anders verhalten haben und nun ein völlig anderes Leben führen. Und immer wieder muss Kriss "sich selbst" bekämpfen und töten. Die Geschichte ist ein typisches "Zwischen-Abenteuer". Im Vorgänger-Band hatte sich Kriss entschieden, die Königinnen-Position aufzugeben, das Ende einer Haupt- und Staatsaktion. Und nun passiert erstmal nicht viel, was die Handlung weiterbringt. Ein Zeitabenteuer, das in seiner Beziehungslosigkeit zum Rest ein wenig an den "Ring des Phaios" (in der Splitter-Ausgabe: "Der Herr der Berge") erinnert. Kriss "zappt" sich mit - zugegeben: dramatischen - Schnitten durch die Realität von einem Zeitfenster zum anderen. Und dabei trifft sie "Krisse", die ausgesprochen unglaubwürdig herüberkommen. Eine Kriss de Valnor, die ihr Kind einfach so aufgibt und leichthin sagt: "Aniel? Zum Teufel mit ihm!" oder eine Kriss de Valnor, die sich in der Rolle einer unterwürfigen Sklavin gefällt? Eigentlich undenkbar. Etwas gelungener erscheint da die gegen Ende des Albums wieder aufgenommene Jolan-Handlung. Jolan, der seinem Rivalen Magnus in einem besonderen Zweikampf begegnen muss, zeigt sich als würdiger Sohn Thorgals, der von seinem Vater viel über Jagd und Fallenstellerei gelernt hat. Aber Magnus hat trotz seines Alters einen großen Vorteil: seine Skrupellosigkeit. Beide Handlungen enden - Spoiler? Nein, nicht wirklich - mit einem fiesen Cliffhanger. Schade eigentlich, dass Jolan keine eigene Serie hat, interessant wäre es.
Fazit: Ein eher lustloses, in sich selbst kreisendes Zwischenstück und Zeitreiseabenteuer, das erst am Ende etwas Fahrt aufnimmt. Eines der schwächeren Alben der Reihe.
Die Welten von Thorgal: Kriss de Valnor 7 - Der Berg der Zeit. Text: Xavier Dorison, Mathieu Mariole. Zeichnungen: Fred Vognaux. Bielefeld: Splitter, 2018. 50 S., Euro 14,80.
"Herbstlande" war ein zauberhaftes Buch, geschrieben von Fabienne Siegmund, Stephanie Kempin, Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser. Nun hat sich das Autoren-Quartett Verstärkung geholt und bricht zum zweiten Mal in die Länder September, Oktober und November auf. Entstanden ist erneut ein liebevoll gestaltetes und wunderschön illustriertes Zauberbuch. "Geschichten aus den Herbstlanden" ist eine Anthologie mit 33 melancholischen, schabernackigen, fröhlichen und traurigen Herbstgeschichten, von bunten Laubgestöbern, Kastanienmännchen, Kürbisfratzen, Fabelwesen und eiskalten Novemberwinden. Von erfüllten und unerfüllten Wünschen und solchen, die besser unausgesprochen geblieben wären. So greift Jana Damaris Rech in "Vom Wünschen", der ersten Geschichte des Buchs, die Rahmenhandlung des Herbstlande-Romans auf und fragt nach richtigen und falschen Wünschen und dem rechten Wunsch zur rechten Zeit. Es gibt ein Wiedersehen mit dem geheimnisvollen, klugen Märchenbuch und dem freundlichen Antiquariat und - trotz des düsteren Ausgangspunkts - ein glückliches Zueinanderfinden. Isa Theobald erzählt in einem Märchen, wie der Herbst entstand, und in Markus Heitkamps "Ein Horn ist ein Horn" gibt es eine interessante Begegnung am Wunschbrunnen mit einem putzigen Tier, das fast ein Eichhörnchen sein könnte, aber es hat eine ungewöhnliche Vergangenheit. "Schwarze Sprenkel" von Annika Sylvia Weber handelt vom Vergessen und vom Ernst des Lebens. Eine Geschichte über einen Familienvater, der in die Dienste der Hummelkönigin tritt und seiner Tochter immer mehr entfremdet wird. Da ist die Geschichte der "Welt der tausend Spiegel" von Katrin Bohnen, in der eine junge Frau auf einem Jahrmarkt eine Veränderung ihres Lenens sucht und sich selbst findet. Der Leser begegnet Insekten, Kleinsäugern und Elfen, Gauklern und den Töchtern der Herbstzeitlosen, und es gibt ein Wiedersehen mit dem Laubdrachen. Ein bezauberndes Wesen ist auch der Blattgoldbär von Ann-Kathrin Karschnick, der den September bewohnt und eigentlich nur von den anderen als normal angesehen werden möchte. Dann bricht er in den Oktober auf und lernt Gänsehautgänse kennen ... Ebenfalls mit buntem Herbstlaub hat Lena Falkenhagens Geschichte zu tun. Sie erzählt von einem einsamen Jungen in der realen Welt, der sich bei einer alten Nachbarin als Hundesitter nützlich machen will und einen neuen Freund findet. Das Buch ist ein zauberhafter, oft etwas melancholischer, doch immer liebevoller Spaziergang durch die Länder des Septembers, Oktobers und Novembers, das den Tonfall des Herbstlande-Romans gut aufgenommen und weitergetragen hat. Es ist aufwändig gestaltet, jede Geschichte erhielt eine vorangestellte ganzseitige Illustration, und vorn im Buch findet der Leser auch eine detailreiche Karte der Herbstlande. Ein Buch, das zu lesen und zu betrachten sehr viel Freude bereitet und das nach dem ersten Durchlesen zum immer wieder Darin-Blättern einlädt und sicher nicht im Bücherregal verschwinden wird.
Fazit: Liebevoll gestalteter Erzählband mit herbstlich-melancholischen Geschichten aus drei magischen Ländern. Wunderschöne Fortsetzung des Herbstlande-Projekts. Zauberhaft.
Geschichten aus den Herbstlanden. Hrsg. v. Fabienne Siegmund, Stephanie Kempin, Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser. Mit Illustrationen von Jana Damaris Rech und Nina Schellenbach. Meitingen/Erlingen: Verlag Torsten Low, 2018. 414 Seiten, Euro 14,90.
In einer globalisierten Welt gewinnt das Lokale mehr und mehr an Bedeutung. Auch in der Phantastik lässt sich dieser Trend ablesen. Und wer unendliche Weiten vor sich liegen sieht, hat manchmal das dringende Bedürfnis, sich zu erden. "Heimkehr" ist eine solche literarische Begegnung. Die Anthologie präsentiert Science-Fiction-Geschichten aus Thüringen und ist beides: Eine Liebeserklärung an das Bundesland und an das Erzählen. Achtmal entführen die Autoren ihre Leser in Zukunftswelten und wissenschaftliche Rätselhaftigkeiten, und bleiben doch mit den Füßen fest auf dem Boden der thüringischen Heimat. Das Auffallende an dem Buch ist nicht nur seine Vielfalt an Themen, sondern auch die sehr großen Unterschiede in den Längen der Beiträge. Und allem Lob für kurze, pointierte Geschichten zum Trotz: In diesem Buch sind es gerade die beiden längsten Geschichten, die mir am besten gefallen haben. Die erste, "Chrull" von Jürgen Walter, beschreibt die Begegnung eines Menschen und eines Außerirdischen, die von ihren Völkern dazu bestimmt sind, einander kennen zu lernen und die Aufnahme interplanetarischer Beziehungen vorzubereiten. Allerdings ist Erdenmensch und Militärangehöriger George Tawler bei seinem ersten Zusammentreffen mit "seinem" Alien etwas schockiert. Die Wesen sind Formwandler, und der angebliche Flottenkollege, dem Tawler gerade noch geraten hat: "Nehmen Sie die Dunstkiepe ab und lassen Sie ein wenig Luft an Ihre Stenkerdirne", entpuppt sich als sein außerirdischer Gesprächspartner Chrrl von 51 Pegasi. Eine Reise durch Thüringen, diplomatische Verwirrungen und eine langsame Annäherung zweier sehr unterschiedlicher Wesen folgen, eine sonderbare Freundschaft beginnt, aus der mehr werden kann. Am beeindruckendsten allerdings ist die Geschichte "Finklbergs Plan" von Gerd Bedszent. Wobei man den 110 Seiten umfassenden Beitrag schon eher als kleinen Roman bezeichnen kann. Der Held und Ich-Erzähler der Geschichte ist der Journalist Manfred Bauer, einigen Lesern bereits bekannt durch Bedszents Roman "Im Auge des Chaac". Diesmal wird Bauer von seinem tyrannischen Zeitungsredakteur auf eine Geschichte angesetzt, die er eigentlich als kompletten Blödsinn abtun würde. Aber wenn ein Journalist knapp bei Kasse ist, dann recherchiert er eben auch über angebliche Zeichnungen der "Reichsflugscheibe", Nazi-Wundermaschinen und rechte Esoterik. Dokumente, die aus dem Konzentrationslager Mittelbau Dora stammen, deuten auf eine sensationelle Erfindung hin. Hat das jüdische Physik-Genie Professor Otto Finklberg in dem Lager tatsächlich seine Faltenwelttheorie weiter entwickelt, in die Praxis umgesetzt und im Dienste des SS-Obergruppenführers Kammler eine Zeitmaschine gebaut, damit der kurz vor Kriegsende fliehen kann? Eine faszinierende Geschichte mit überraschendem, stimmigem Ende. Top. Die Bandbreite reicht von der außerordentlich "gegenwärtig" anmutenden Titelgeschichte "Heimkehr" von Hannah Rose, in der der SF-Aspekt erst in den letzten Absätzen zutage tritt, bis hin zur dystopischen, postapokalyptischen Story "Such' den Atomschatz" von Axel Wolf. Detlef Köhler erzählt in "Jarons Schmicat" von einem Astronomie-Professor, der am Teleskop eine sonderbare Entdeckung macht, die sich drei Generationen später auf eine von seiner Urenkelin geleitete Raumschiffexpedition auswirken wird. Gerd-Michael Rose beschwört mit "Die Ungebetene" den arachnophoben Horror klassischer Monsterfilme herauf - mit einer Reminiszenz an die Novellenkunst Jeremias Gotthelfs. Mit "Donnerstein" von Rolf Krohn und "Miles de Tanhusen" von Nils Wiesner schließlich gibt es zwei sehr unterschiedliche Begegnungen mit dem Mittelalter und der thüringischen Geschichte.
Fazit: Insgesamt eine sehr reiche, vielseitige und gut komponierte Sammlung, die acht gute bis sehr gute Texte in sich vereinigt. Ein Buch, das auch jedem Nicht-Thüringer Spaß machen wird, der bereit ist, sich auf die Begegnung von Science Fiction und Lokalkolorit einzulassen. Lesenswert.
Heimkehr. Thüringen - morgen und übermorgen. Science-Fiction-Erzählungen. Erfurt: TES und Ringelberg-Verlag, 2015. 304 S., Euro 14,95.
Mit Doctor Nikola in Bennigsen: Kürzlich hatte ich die Ehre und Vergnügen, mal wieder in meinem alten Jagdrevier, den Ortsteilen von Springe am Deister, lesen zu dürfen. Der Bericht darüber in der Neuen Deister-Zeitung ist jetzt auch auf den Seiten des Veranstalters nachzulesen. Die Journalistin Patricia Szabo interessierte sich unter anderem für die weibliche Heldin Mathilde. In dem Artikel "Als Felix Pechstein pleite ging" heißt es unter anderem:
"In dem beim Wurdack-Verlag erschienenen Buch steht der erfolglose Banker Felix Pechstein dem skrupellosen Doctor Nikola gegenüber. Aber auch romantische Momente kommen in dem Buch vor, wie etwa die Beziehung des Protagonisten Felix zu seiner großen Liebe, die zum Zeitpunkt ihrer Begegnung in weiße Spitze gehüllt ist. Ganz ernst nimmt die Autorin die Frau an Felix Pechsteins Seite nicht, denn normalerweise fasse sie „solche Tussen nicht mal mit der Zange an“, kommentiert sie ihre weibliche Figur mit einem Augenzwinkern."
Der vollständige Artikel ist im Archiv auf der Homepage des Fördervereins Rudolf von Bennigsen nachzulesen:
Der Klappentext:
Ein Indianer taucht in dem verschlafenen Küstenstädtchen Kitty Hawk auf. Die Witwe Murdoch ist überzeugt, dass der Fremde ein Kundschafter ist und bald seine roten Spießgesellen zum Morden und Plündern mitbringen wird. Doch Junger Adler hat andere Pläne. Er träumt vom Fliegen und wartet auf das Eintreffen zweier verrückter Fahrradhändler.
Karl-May-Fans kennen Junger Adler bereits aus dem Roman Winnetous Erben. Die Vorgeschichte zu diesem Buch wird nun von Petra Hartmann erzählt.
Buch-Infos:
Petra Hartmann DAS HERZ DES DONNERVOGELS
Band 18, Abenteuer-Roman
Exklusive Sammler-Ausgabe
Seiten: 282
Taschenbuch
VÖ: April 2023
Künstler: MtP-Art (Mario Heyer)
Künstler (Innenteil): MtP-Art (Mario Heyer)
Preis: 12,95 Euro
Blut und Tod, so weit die Falkenaugen reichen: So hatte sich Valkrys ihren ersten Flug als Walküre nicht vorgestellt. Ragnarök, die Endzeit-Schlacht, ist geschlagen. Die Götter tot, die Welt ein Flammenmeer, das Götterreich Asgard droht, in die Tiefe zu stürzen. Einzig Widar, den Sohn und Erben Odins, kann die Walküre retten. Doch der neue Götterkönig schweigt sich über seine Ziele aus ...
Es ist eine schaurige Welt, in der sich die junge Walküre behaupten muss. Doch Valkrys wäre keine echte Falkin, wenn sie einem Kampf aus dem Weg gehen würde. Todesmutig und mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor stürzt sie sich in die Begegnungen mit Jöten, Thursen, Reifriesen, Seelenräuberinnen, Werwölfen, Berserkern, Hexen, Meerungeheuern und dem furchtbaren Totenschiff Naglfari.
Fatal wäre es, Drachen zu unterschätzen! Wer glaubt, genug über sie zu wissen, hat schon verloren. Diese 23 meisterlichen Geschichten aus verschiedenen literarischen Genres belegen, dass das Thema aktuell, überraschend und packend ist - und gelegentlich fies!
Die Autoren: Rainer Schorm, Achim Mehnert, Andrea Tillmanns, Malte S. Sembten, Frank G. Gerigk, Christel Scheja, Fiona Caspari, Hendrik Loy, Christiane Gref, Linda Budinger, Miriam Pharo, Carsten Steenbergen, Rebecca Hohlbein, Frank W. Haubold, Melanie Brosowski, Astrid Ann Jabusch, Thomas R. P. Mielke, Karsten Kruschel, Marc A. Herren, Petra Hartmann, Monika Niehaus, Uwe Post.
Meerprinzessin Nestis und ihre Freunde sind sauer: Lehrer Seestern meint, dass laute Haifischmusik nichts für Kinder ist. Und der Kronrat stimmt ihm zu. Deshalb bekommt die Band »Ølpæst« Auftrittsverbot in der gesamten Nordsee. Doch plötzlich ist deren Musik überall zu hören: Ein Piratensender strahlt die Hits der Knorpelfischgang lautstark aus.
Als eine hochexplosive Kugelmine über dem blauen Glaspalast im Meer dümpelt und ein führungsloser Öltanker in die Nordsee einfährt, droht eine wirkliche Ölpest. Gelingt es den Meerkindern, ein Unglück zu verhindern?
Petra Hartmann: Nestis und die verbotene Welle. Mit Illustrationen von Olena Otto-Fradina. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs. Voraussichtlich ab Juni 2017 erhältlich.
Buch-Infos: ca. 152 Seiten, 14,2 x 20,6 cm, Hardcover, zahlreiche s/w-Illustrationen, mit Fadenheftung, Euro 14,90, ISBN 978-3-977066-00-1
Demantin, der junge König von Antrium, liebt die griechische Königstochter Sirgamot. Doch ihr Vater ist strikt gegen die Hochzeit. Immerhin ist Sirgamot erst zwölf Jahre alt. So zieht Demantin in die Welt, um Ruhm zu erwerben, den Namen seiner Geliebten durch seine Taten zu verherrlichen und sich dem griechischen König als Schwiegersohn zu empfehlen. Er besteht heldenhafte Kämpfe, erwirbt sich die Freundschaft der Königin und des Königs von England und besiegt ein schauriges Meerweib. Letzteres allerdings erweist sich als verhängnisvoll. Denn die sterbende Unholdin verflucht Demantin und prophezeit, dass seine Geliebte mit dem üblen König Contriok verlobt werden soll. Kann Demantin noch rechtzeitig zurückkehren, um die Hochzeit zu verhindern?
Berthold von Holle / Petra Hartmann: Demantin. Ein Ritter-Epos
128 Seiten | 12 x 17 cm | Softcover | Klebebindung |
Verlag Monika Fuchs | Hildesheim 2016
ISBN 9-78-3-940078-34-6
8,95 EUR
Gayol, der Sohn des ungarischen Königs, hat in jugendlichem Übermut den alten Hofmarschall seines Vaters zum Wettkampf herausgefordert und eine peinliche Niederlage erlitten. Aus Scham flüchtet er und gerät ins Reich des deutschen Kaisers, wo er unerkannt unter dem Namen Crane (Kranich) eine Stellung als Kämmerer annimmt und bald sehr beliebt ist. Doch als der Fremde und die Kaiserstochter einander näher kommen und Hofbeamten Unzucht und eine unstandesgemäße Liebschaft wittern, beginnt eine schwere Zeit für Königssohn und Kaiserstochter. Kann Gayol sich auf die Treue Acheloydes verlassen? Und kann die lebensbedrohliche Krankheit der Prinzessin noch geheilt werden?
Berthold von Holle / Petra Hartmann: Crane. Ein Ritter-Epos
84 Seiten | 12 x 17 cm | Softcover | Klebebindung |
Verlag Monika Fuchs | Hildesheim 2016
ISBN 978-3-940078-48-3
6,95 EUR
Ein rasender Bischof auf dem Rennstieg.
Wegweiser, die sich wie von Geisterhand drehen.
Jäger in Todesangst.
Bierkutscher mit unheimlicher Fracht.
Ein stammelnder Mönch,
der plötzlich zum brillanten Redner wird.
Sollte da Hödeken seine Hand im Spiel haben?
Sagen um einen eigenwilligen Geist
aus dem Hildesheimer Land,
frisch und frech nacherzählt
von Petra Hartmann.
Deutschland in den 1830er-Jahren: Für Handarbeit, arrangierte Ehe und Kinderkriegen hat die junge Bürgermeistertochter wenig übrig. Stattdessen interessiert sie sich für Politik und Literatur und greift sehr zum Leidwesen ihres Vaters selbst zur Feder, um flammende Texte für die Gleichberechtigung der Frau und die Abschaffung der Monarchie zu verfassen. Angestachelt von der revolutionären Stimmung des Hambacher Festes versucht sie, aus ihrem kleinbürgerlichen Dasein auszubrechen und sich als Journalistin zu behaupten. Gemeinsam mit ihrer großen Liebe verschreibt sie sich dem Kampf für ein freies, geeintes Deutschland und schlägt den Zensurbehörden ein Schnippchen. Die Geheimpolizei ist ihnen jedoch dicht auf den Fersen, und die junge Journalistin begeht den verhängnisvollen Fehler, ihre Gegner zu unterschätzen
Petra Hartmann: Freiheitsschwingen
Personalisierter Roman
München: Verlag Personalnovel, 2015
ca. 198 Seiten. Ab Euro 24,95.
(Einband, Schriftart und -größe, Covergestaltung etc. nach Wahl.)
Wer ist der bleiche Jüngling im Verlies unter der Klippenfestung? Prinzessin Thia will ihn retten. Doch wer Timurs Ketten bricht, ruft Tod und Verderben aus der Tiefe hervor. Als der Blutmond sich über den Horizont erhebt, fällt die Entscheidung ...
Beigaben:
Nachwort zur Entstehung
Original-Erzählung von Karoline von Günderrode
Autorinnenbiografien
Bibliografie
Petra Hartmann: Timur
Coverillustration: Miguel Worms
Bickenbach: Saphir im Stahl, 2015.
ISBN: 978-3-943948-54-7
Taschenbuch, 136 S.
Euro 9,95
Ulf, 2015
Ein Roman-Experiment mit ungewissem Ausgang: Ulf (Magisterstudent unbekannter Fachrichtung), stammt aus einem Dorf, das mehrmals jährlich überschwemmt wird. Zusammen mit Pastor Dörmann (Geistlicher unbekannter Konfession) und Petra (Biografin ohne Auftrag) überlegt er, was man dagegen tun kann. Als ein vegetarisches Klavier die Tulpen des Gemeindedirektors frisst und das Jugendamt ein dunkeläugiges Flusskind abholen will, spitzt sich die Situation zu. Nein, Blutrache an Gartenzwergen und wütende Mistgabelattacken sind vermutlich nicht die richtigen Mittel im Kampf für einen Deich ...
Mal tiefgründig, mal sinnlos, etwas absurd, manchmal komisch, teilweise autobiografisch und oft völlig an den Haaren herbeigezogen. Ein Bildungs- und Schelmenroman aus einer Zeit, als der Euro noch DM und die Bahn noch Bundesbahn hieß und hannöversche Magister-Studenten mit dem Wort "Bologna" nur eine Spaghettisauce verbanden.
Ein Tempel in der Wüste. Heilige Männer, die sich dem Dienst des Feuervogels geweiht haben. Ein Hirtenjunge, der seinem Traum folgt. Aber wird der alte und kranke Phönix wirklich zu neuem Leben wiederauferstehen, wenn der Holzstoß niedergebrannt ist? Eine Novelle von Idealen und einer Enttäuschung, die so tief ist, dass kein Sonnenstrahl je wieder Hoffnung bringen kann.
Endlich Sommerferien! Nestis und ihre Freunde freuen sich auf sechs Wochen Freiheit und Abenteuer. Doch ausgerechnet jetzt verhängt der Kronrat ein striktes Ausgehverbot für alle Meerkinder. Denn in der Nordsee treibt plötzlich ein furchtbares “Phantom†sein Unwesen. Möwen, Lummen und Tordalke werden von einem unheimlichen Schatten unter Wasser gezerrt und verschwinden spurlos.
Nestis beschließt, den Entführer auf eigene Faust zu jagen. Als ein Dackel am Strand von Achterndiek verschwindet, scheint der Fall klar: Die gefürchteten “Hafenpiraten" müssen dahinter stecken. Zusammen mit ihrem Menschenfreund Tom wollen die Meerkinder der Bande das Handwerk legen ...
Petra Hartmann: Nestis und die Hafenpiraten
Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2014
ISBN 978-3-940078-84-1
14,90 EUR
†¦ ist so vielfältig wie die Menschen, die dort leben. Und deshalb findet sich auf diesem Bunten Teller mit 24 Hildesheimer Weihnachtsgeschichten für jeden etwas: romantische Erzählungen und freche Gedichte, Erinnerungen an die Nachkriegszeit, Geschichten von neugierigen Engeln, eifrigen Wichteln und geplagten Weihnachtsmännern. Der Huckup und die »Hildesheimer Weisen« fehlen auch nicht. Was es aber mit dem Weihnachtswunder an der B6 auf sich hat, erfahren Sie auf Seite 117. - Greifen Sie zu!
Petra Hartmann & Monika Fuchs (Hrsg.): Blitzeis und Gänsebraten. Hildesheimer Weihnachtsgeschichten.
Das Messer zuckte vor. Fauchend wich die riesige Katze zurück. Doch nur, um sofort wieder anzugreifen. Das Mädchen, das auf dem Leichnam seiner Stute kauerte, schien verloren. Acht Jahre ist Steppenprinzessin Ziris alt, als sie bei einem Sandkatzenangriff ihr Lieblingspferd verliert. Ist es wirklich wahr, was ihr Vater sagt? "Alle Pferde kommen in den Himmel ..." Drei Erzählungen aus der Welt der Nearith über edle Steppenrenner, struppige Waldponys und die alte graue Stute aus Kindertagen.
Petra Hartmann: Beim Vorderhuf meines Pferdes. Neue Geschichten aus Movenna. eBook, ca. 30 Seiten. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2014. Euro 0,99.
Darthula ist die Tochter eines irischen Kleinkönigs, der über das nebelreiche Land Selama herrscht. Als schönste Prinzessin Irlands lebt sie allerdings nicht ungefährlich. Als sie den mächtigen König Cairbar abweist und ihm nicht als seine Braut folgen will, nimmt das Unheil seinen Lauf. Cairbar überzieht das kleine Selama mit Krieg und Vernichtung und rottet Darthulas Familie aus. Mit ihrem Geliebten Nathos wagt die junge Frau die Flucht über die stürmische See. Aber Wind und Wellen sind unzuverlässige Verbündete ...
Beigaben zur Neuausgabe: Vorwort der Autorin mit Infos zur Entstehungsgeschichte Übersetzung des "ossianischen Originals" Autorinnenbiographie und Veröffentlichungsliste
Buch-Informationen: Petra Hartmann: Darthula, Tochter der Nebel. Bickenbach: Verlag Saphir im Stahl, 2014. Taschenbuch. 126 S., Euro 9,95. ISBN 978-3-943948-25-7
Petra Hartmann, Autorin und langjährige Lokalredakteurin, gibt Tipps für die Pressearbeit vor Ort. Sie erklärt die Wichtigkeit der „Ortsmarke“ für eine Zeitung, gibt Tipps zum Schreiben von Artikeln, zum guten Pressefoto und zum Umgang mit Journalisten. Anschaulich, verständlich, praxisorientiert und für Autoren jedes Genres anwendbar.
Petra Hartmann: Pressearbeit für Autoren. So kommt euer Buch in die Lokalzeitung. eBook. Neobooks, 2014. Ca. 30 Seiten. Euro 1,99 Diverse Formate, für alle gängigen eBook-Reader. Erhältlich z.B. bei Amazon, eBook.de, Thalia, Hugendubel, Weltbild u.a.
Nestis und der Weihnachtssand, 2013
Als kleine Weihnachtsüberraschung gibt es für Fans des "großen" Nestis-Buchs "Nestis und die verschwundene Seepocke" jetzt ein kleines bisschen Weihnachtssand: Der Verlag Monika Fuchs hat aus der "Ur-Nestis", einem Helgoland-Märchen aus dem Jahr 2007, jetzt ein eBook gemacht. Mit einem wunderschönen Cover von Olena Otto-Fradina und mit ein paar exklusiven Einblicken in Nestis' Nordseewelt.
Klappentext: "November 2007: Orkantief Tilo tobt über die Nordsee und reißt große Teile der Helgoländer Düne ins Meer. Wer soll nun die Robbenküste reparieren? Meerjungfrau Nestis wünscht sich einfach mal vom Weihnachtsmann 500.000 Kubikmeter Sand ..."
Bonus-Material: Die Autorin im Interview mit Wella Wellhorn von der Meereszeitung "Die Gezeiten" XXL-Leseprobe aus "Nestis und de verschwundene Seepocke"
Petra Hartmann: Nestis und der Weihnachtssand. Ein Helgoland-Märchen. Mit Illustrationen von Olena Otto-Fradina. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2013. 99 Cent.
Wütend stampft Meerjungfrau Nestis mit der Schwanzflosse auf. Ihre Schwester Undine ist von den Menschen gefangen worden – und weder Meerkönig noch Kronrat wagen, die Kleine zu retten. Aber Nestis fürchtet sich nicht einmal vor den furchtbarsten Monstern des Meeres. Zusammen mit ihren Freunden bricht sie auf zur Rettungsaktion, und es zeigt sich, dass tollpatschige Riesenkraken und bruchrechnende Zitteraale großartige Verbündete sind. Petra Hartmann entführt ihre Leser in eine etwas andere Unterwasserwelt mit viel Humor und Liebe zum Detail. Trotz des phantastischen Meermädchen-Themas findet der Leser auch sehr viel naturnahe Beobachtungen aus Nord- und Ostsee, lernt die Meerbewohner und ihre Probleme kennen. Dabei werden unter anderem auch die Meeresverschmutzung, Fischerei und die wenig artgerechte Haltung von Haien in Aquarien behandelt. Zauberhaft dazu die Zeichnungen von Olena Otto-Fradina.
Text: Petra Hartmann Bilder: Olena Otto-Fradina | Hardcover | 14,8 x 21 cm Verlag Monika Fuchs | Hildesheim 2013 151 S., Euro 14,90 ISBN 978-3-940078-64-3
Autorinnen und Autoren schicken ihre Leser in vergangene Zeiten, ferne Länder, phantastische Welten, spannende Abenteuer und bringen sie zum Träumen. Wovon aber träumen Autoren? Vom Nobelpreis? Vom Bestseller? Vom Reich-und-berühmt-werden? Oder einfach nur davon, eines Tages vom Schreiben leben zu können? Vom Lächeln auf dem Gesicht eines Kindes, wenn das neue Märchen vorgelesen wird? Oder sind es schreckliche Albträume, die der angebliche Traumberuf mit sich bringt? Werden Schriftsteller nachts im Schlaf gar von Verlegern, Lektoren, Rezensenten oder Finanzbeamten bedroht? Monika Fuchs und Petra Hartmann starteten eine »literarische Umfrage«, wählten aus den über 300 Antworten 57 phantasievolle Beiträge aus und stellten sie zu diesem Lesebuch zusammen. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen des Autorenalltags und träumen Sie mit! Von jedem verkauften Buch wird 1 Euro an das Hilfswerk Brot & Bücher e.V. der Autorin Tanja Kinkel gespendet, die auch das Geleitwort zum Buch schrieb.
Petra Hartmann und Monika Fuchs (Hrsg.): Autorenträume. Ein Lesebuch. ISBN 978-3-940078-53-7 333 S., Euro 16,90
Phantasie statt Völkerschlachten - das war das Motto, unter dem die Phantastik Girls zur Schreibfeder griffen. Mit Humor, Gewitztheit und ungewöhnlichen Einfällen erzählen sieben Autorinnen ihre Geschichten jenseits des Mainstreams der Fantasy. Kriegerinnen und gut bewaffnete Zwerge gehören dabei genau so zum Personal wie sprechende Straßenlaternen, Betonfresser oder skurrile alte Damen, die im Bus Anspruch auf einen Behindertensitzplatz erheben. Dass es dennoch nicht ohne Blutvergießen abgeht, ist garantiert: Immerhin stecken in jeder der Storys sechs Liter Herzblut. Mindestens.
Mit Klinge und Feder. Hrsg. v. Petra Hartmann und Andrea Tillmanns. Mit Geschichten von Linda Budinger, Charlotte Engmann, Petra Hartmann, Stefanie Pappon, Christel Scheja, Andrea Tillmanns und Petra Vennekohl. Homburg/Saar: UlrichBurger Verlag, 2013. 978-3943378078 247 S., Euro 9. Bestellen bei Amazon
Berlin, 1927. Arbeitslos, pleite und mit der Miete im Rückstand: Bankierssohn Felix Pechstein ist nach dem "Schwarzen Freitag" der Berliner Börse ganz unten angekommen. Da erscheint das Angebot, in die Dienste eines fremden Geschäftsmannes zu treten, eigentlich als Geschenk des Himmels. Doch dieser Doctor Nikola ist ihm mehr als unheimlich. Vor allem, als Felix den Auftrag erhält, Nikola zu bestehlen ...
Petra Hartmann: Das Serum des Doctor Nikola Historischer Abenteuerroman. ISBN 978-3-938065-92-1 190 S., 12,95 Euro. Bestellen beim Wurdack-Verlag
Bei einer Mutprobe begeht der junge Ask einen folgenschweren Fehler: Er schlägt einem der schwarzen Götter die Nase ab. Der unscheinbare Dreiecksstein wird Auslöser eines der blutigsten Kriege, die das Land jemals erlebt hat. Bald wissen die Völker des Berglandes nicht mehr, wen sie mehr fürchten sollen: die schwarzen Götter, die weißen Dämonen oder die sonnenverbrannten Reiter aus den fernen Steppen ...
Der Fels der schwarzen Götter. Hörbuch. 8 Stunden, 57 Minuten. Sprecherin: Resi Heitwerth. Musik: Florian Schober. Action-Verlag, 2012. CD/DVD: 16,95 Euro mp3-Download: 11,95 Euro
Donnerstag, 10. Oktober: Märchenlesung bei den Hahnenkleer Märchentagen. Kurhaus Hahnenklee. Beginn: 15 Uhr.
Freitag, 25. Oktober: Gruseliges im Goslarer Zinnfiguren-Museum: Meine Kollegin Sabine Kempfer von der Goslarschen Zeitung liest meine Bergmanns-Geschichte "Der schwarze Frosch" vor. Beginn: 18 Uhr.
Messen, Cons, Büchertische
Samstag, 19. Oktober:BuchmesseCon. Bürgerhaus Sprendlingen, Dreieich. 10 bis 20 Uhr. Ich bin mit einem Büchertisch dabei. Eine Lesung mache ich dieses Jahr nicht, etwas Neues von mir gibt es voraussichtlich erst nächstes Jahr wieder.
Petra Hartmann, Jahrgang 1970, wurde in Hildesheim geboren und wohnt in Sillium. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft in Hannover. Auf den Magisterabschluss folgten die Promotion mit einer Doktorarbeit über den jungdeutschen Schriftsteller Theodor Mundt und ein zweijähriges Volontariat bei der Neuen Deister-Zeitung in Springe. Anschließend war sie dort fünf Jahre Lokalredakteurin. Ferner arbeitete sie für die Leine-Zeitung in Neustadt am Rübenberge, die Nordsee-Zeitung in Bremerhaven, die Neue Presse in Hannover und die Volksstimme in Gardelegen. Derzeit ist sie bei der Goslarschen Zeitung beschäftigt.
Als Schriftstellerin liebt sie vor allem das fantastische Genre. Sie verfasst hauptsächlich Fantasy und Märchen. Bekannt wurde sie mit ihren Fantasy-Romanen aus der Welt Movenna. Mit den Abenteuern der Nordsee-Nixe Nestis legte sie ihre erste Kinderserie vor. Sie errang mit ihren Geschichten dreimal den dritten Platz bei der Storyolympiade und wurde 2008 mit dem Deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet.
Leserunde zu "Darthula, Tochter der Nebel" auf Lovelybooks. Mit Autorin Petra Hartmann und Cover-Künstler Miguel Worms: http://www.lovelyboo...nde/1201913120/
Leserunde auf Lovelybooks zu "Nestis und die verschwundene Seepocke": Mit Autorin Petra Hartmann und Verlegerin Monika Fuchs:
Leserunde auf Lovelybooks zu "Mit Klinge und Feder": Mit den Autorinnen Linda Budinger, Petra Hartmann, Stefanie Pappon, Christel Scheja, Andrea Tillmanns und Petra Vennekohl: http://www.lovelyboo...nde/1156671163/
Bücher "Nestis und die verschwundene Seepocke. Ein Meermädchen-Roman." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2013. "Nestis und die Hafenpiraten. Ein Meermädchen-Roman." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2014.
"Nestis und die verbotene Welle. Ein Meermädchen-Roman." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2017.
Mini-Buch
"Nestis und der Weihnachtssand. Ein Helgoland-Märchen." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2017.
eBooks "Nestis und der Weihnachtssand. Ein Helgoland-Märchen." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2013. "Nestis und die verschwundene Seepocke. Ein Meermädchen-Roman." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2013.
"Nestis und die Hafenpiraten. Ein Meermädchen-Roman." Hildesheim: Verlag Monika Fuchs, 2014.
Hörbuch "Eine Hand voll Weihnachtssand." In: Petra Hartmann: "Weihnachten im Schneeland". Gelesen von Karin Sünder. Mit Musik von Simon Daum. Essen: Action-Verlag, 2010. (mp3-Download und CD-ROM)
Beiträge zu Anthologien "Weihnachtssand für Helgoland." In: "Wenn die Biiken brennen. Phantastische Geschichten aus Schleswig-Holstein." Hrsg. v. Bartholomäus Figatowski. Plön: Verlag 71, 2009. S. 163-174.
Hödeken-Lesestoff
Buch
Petra Hartmann: Hut ab, Hödeken! Sagen aus dem Hildesheimer Land. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs. 101 S., Euro 7,95. ISBN 978-3-940078-37-7. Unter anderem erhältlich bei Amazon.
Hörbuch
Petra Hartmann: Hut ab, Hödeken! Sagen aus dem Hildesheimer Land. 2 CD. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs. Euro 14,95. ISBN: 978-3940078414. Unter anderen erhältlich bei Amazon.
eBook
Petra Hartmann: Hut ab, Hödeken! Sagen aus dem Hildesheimer Land. Hildesheim: Verlag Monika Fuchs.
Geschichten
Das Wagenrennen auf dem Rennstieg. In: Hildesheimliche Autoren e.V.: Hildesheimer Geschichte(n). Ein Beitrag zum 1200-jährigen Stadtjubiläum. Norderstedt: Book on Demand. 196 S., Euro 9,99. ISBN 978-3734752698. Unter anderem erhältlich bei Amazon.
Die glücklose Hasenjagd. In: MVP-M. Magazin des Marburger Vereins für Phantastik. Marburg-Con-Ausgabe. Nr. 19b. S. 36-40.
Übersicht über die Romane und Erzählungen aus Movenna
Bücher
Geschichten aus Movenna. Fantasy. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2004. 164 S. Ein Prinz für Movenna. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2007. 188 S. Der Fels der schwarzen Götter. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2010. 240 S.
eBooks
Geschichten aus Movenna. Fantasy. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2014. Ein Prinz für Movenna. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2014. Der Fels der schwarzen Götter. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2014.
Beim Vorderhuf meines Pferdes. Nittendorf: Wurdack-Verlag, 2014.
Hörbuch
Der Fels der schwarzen Götter. Action-Verlag, 2012.
Movennische Geschichten in Anthologien und Zeitschriften
Die Krone Eirikirs. In: Traumpfade (Anthologie zur Story-Olympiade 2000). Hrsg. v. Stefanie Pappon und Ernst Wurdack. Dresden, 2001. S. 18-25. Flarics Hexen. In: Geschöpfe der Dunkelheit (Anthologie zur Story-Olympiade 2001). Hrsg. v. Stefanie Pappon und Ernst Wurdack. Dresden, 2002. S. 22-28. Raubwürger. In: Kurzgeschichten, September 2004, S. 20f. Furunkula Warzenkraish. Elfenschrift, dritter Jahrgang, Heft 2, Juni 2006. S. 10-14. Der Leuchtturm am Rande der Welt. In: Elfenschrift, vierter Jahrgang, Heft März 2007, S. 18-21. Gewitternacht. In: Im Bann des Nachtwaldes. Hrsg. v. Felix Woitkowski. Lerato-Verlag, 2007. S. 57-60. Pfefferkuchen. In: Das ist unser Ernst! Hrsg. v. Martin Witzgall. München: WortKuss Verlag, 2010. S. 77-79. Winter-Sonnenwende. In: Mit Klinge und Feder. Hrsg. v. Petra Hartmann und Andrea Tillmanns. Homburg/Saar: UlrichBurger Verlag, 2013. S. 51-59. Der Reiter auf dem schwarzen Pferd. Ebd. S. 60-68.
Die Blaubeerbrücke. In: Met-Magie. Hrsg. v. Amandara M. Schulzke und Nadine Muriel. Hamburg: Acabus Verlag, 2022. S. 163-174.
Movennische Geschichten in Fanzines
Föj lächelt. In: Alraunenwurz. Legendensänger-Edition Band 118. November 2004. Hrsg. v. Christel Scheja. S. 23. Raubwürger. In: Drachenelfen. Legendensänger-Edition Band 130. Januar 2006. Hrsg. v. Christel Scheja. S. 3-5. Goldauge. In Phantastische Geschichten mit den Phantastik Girls. (Broschüre der Phantastik Girls zum MarburgCon 2007)
Aufsätze
Wie kann man nur Varelian heißen? Über das Unbehagen an der Namensgebung in der Fantasy. In: Elfenschrift, 5. Jahrgang, März 2008. S. 16f.
Übersicht über die Romane und Novellen über die Walküre Valkrys, genannt "die Falkin"
Bücher
Die letzte Falkin. Heftroman. Dortmund: Arcanum Fantasy Verlag, 2010.
Falkenblut. Sibbesse: Hottenstein-Verlag, Sommer 2020.
eBooks
Falkenblut. Vier Fantasy-Romane. eBook-Ausgabe. Chichili und Satzweiss.com, 2012. (vergriffen)
Falkenfrühling. Novelle. eBook. Dortmund: Arcanum Fantasy Verlag, 2011. (vergriffen)
Falkenfrühling. Novelle. In: Best of electronic publishing. Anthologie zum 1. Deutschen eBook-Preis 2011. eBook. Chichili und Satzweiss.com, 2011. (unter anderem erhältlich bei Thalia und Amazon)
Aufsatz
Aegirs Flotte - ein Nachruf. In: Fandom Observer, Dezember 2011. S. 16-18. Online-Magazin und Blogversion
Drachen! Drachen! 2012
Frank G. Gerigk & Petra Hartmann (Hrsg.)
DRACHEN! DRACHEN!
Band 01, Drachen-Anthologie
ISBN: 978-3-89840-339-9
Seiten: 384 Taschenbuch
Grafiker: Mark Freier
Innengrafiker: Mark Freier
Preis: 14,95 € Bestellen beim Blitz-Verlag
Fatal wäre es, Drachen zu unterschätzen! Wer glaubt, genug über sie zu wissen, hat schon verloren.
Diese 23 meisterlichen Geschichten aus verschiedenen literarischen Genres belegen, dass das Thema aktuell, überraschend und packend ist - und gelegentlich fies!
Die Autoren:
Rainer Schorm, Achim Mehnert, Andrea Tillmanns, Malte S. Sembten, Frank G. Gerigk, Christel Scheja, Fiona Caspari, Hendrik Loy, Christiane Gref, Linda Budinger, Miriam Pharo, Carsten Steenbergen, Rebecca Hohlbein, Frank W. Haubold, Melanie Brosowski, Astrid Ann Jabusch, Thomas R. P. Mielke, Karsten Kruschel, Marc A. Herren, Petra Hartmann, Monika Niehaus, Uwe Post.
Originalveröffentlichung!
Die Schlagzeile, 2011/2012
Petra Hartmann: Die Schlagzeile.
Personalisierbarer Roman.
PersonalNovel Verlag, 2011.
eBook: PersonalNovel, 2012. Personalisieren und bestellen
Verschlafen und idyllisch liegen sie da, die Orte Barkhenburg, Kleinweltwinkel und Reubenhausen. Doch dann stört der Diebstahl einer Heiligenfigur die Ruhe: Ein jahrhundertealter Hass bricht wieder aus und ein hitziger Streit entflammt, der aus Freunden Feinde und aus friedlichen Nachbarn sich prügelnde Gegner macht. Mittendrin: Eine Journalistin, die bereit ist, für eine Schlagzeile im Sommerloch alles zu geben. Mit viel Einsatz und einer Prise Humor versucht sie, das Geheimnis um die verschwundene Hubertus-Statue aufzuklären, und muss sich dabei mit erregten Politikern, aufgebrachten Dorfbewohnern und einem nervösen Chefredakteur herumschlagen. Aber die Journalistin lässt sich nicht unterkriegen - bis ihr ein Anruf fünf Minuten vor Redaktionsschluss die Schlagzeile zunichtemacht...
Falkenblut, 2012
Petra Hartmann: Falkenblut.
Vier Romane in einem Band.
E-Book
Satzweiss.com - chichili agency, 2012.
3,99 Euro
Nicht mehr lieferbar!
Neuausgabe in Vorbereitung.
Die Abenteuer der jungen Walküre Valkrys beginnen an ihrem ersten Arbeitstag und ausgerechnet dort, wo die germanischen Götter- und Heldensagen enden: Ragnarök, die Endzeitschlacht, ist geschlagen, Götter und Riesen haben sich gegenseitig aufgerieben, die wenigen Überlebenden irren ziellos durch die Trümmer des zerbrochenen Midgard. An der Seite des neuen Götterkönigs Widar muss sich Valkrys nun behaupten. Dabei trifft sie auf Jöten, Thursen, Reifriesen, Seelenräuberinnen, Werwölfe, Berserker, Hexen, riesenhafte Meerungeheuer und das furchtbare Totenschiff Naglfari. Leseempfehlung ab 12 Jahren.
Meine Bücher 1998 - 2011
Petra Hartmann
Falkenfrühling
eBook
Arcanum Fantasy Verlag
ISBN: 978-3-939139-59-1
Wegen Verkauf des Arcanum-Verlags ist die Ausgabe nicht mehr erhältlich, aber die Zweitveröffentlichung in der eBook-Anthologie "Best of electronic publishing" gibt es noch als epub oder Kindle-Ausgabe.
Valkrys träumt davon, eine echte Walküre zu sein. Sie springt, noch Kind, vom Dach des Langhauses.
Alle Ermahnungen ihrer Eltern sind vergeblich, sie macht sich an den Aufstieg zum Gipfel der nahen Klippe, besessen vom "Traum vom Fliegen" ...
Blut und Tod, so weit die Falkenaugen reichen: So hatte sich Valkrys ihren ersten Flug als Walküre nicht vorgestellt. Ragnarök, die Endzeit-Schlacht, ist geschlagen. Die Götter tot, die Welt ein Flammenmeer, das Götterreich Asgard droht, in die Tiefe zu stürzen. Einzig Vidar, den Sohn und Erben Odins, kann die Walküre retten. Doch der neue Götterkönig schweigt sich über seine Ziele aus †¦
Petra Hartmann
Der Fels der schwarzen Götter
Roman
Wurdack Verlag
ISBN 978-3-938065-64-8 Bestellen beim Wurdack-Verlag
Hochaufragende Felswände, darin eingemeißelt weit über tausend furchteinflößende Fratzen, die drohend nach Norden blicken: Einer Legende zufolge sind die schwarzen Klippen das letzte Bollwerk Movennas gegen die Eisdämonen aus dem Gletscherreich.
Doch dann begeht der junge Ask bei einer Mutprobe einen folgenschweren Fehler: Er schlägt einem der schwarzen Götter die Nase ab. Der unscheinbare Dreiecksstein wird Auslöser eines der blutigsten Kriege, die das Land jemals erlebt hat. Und die Völker des Berglandes wissen bald nicht mehr, wen sie mehr fürchten sollen: die schwarzen Götter, die weißen Dämonen oder die sonnenverbrannten Reiter aus den fernen Steppen ...
Darthula, die schönste Prinzessin der Nebellande, beschwört Krieg, Tod und Vernichtung über ihr heimatliches Selama herauf, als sie den Heiratsantrag des mächtigen Königs Cairbar ausschlägt. Zusammen mit ihrem Geliebten flüchtet sie in einem kleinen Segelboot übers Meer. Doch Wind und Wellen sind unzuverlässige Verbündete ...
WEIHNACHTEN IM SCHNEELAND von Petra Hartmann vereint vier wundervolle Kurzgeschichten für Kinder ab 6 Jahren. Schon die Titel regen die Phantasie der Kleinen an und verleiten zum Schmunzeln und Staunen:
- "Der Reserve-Weihnachtsmann"
- "Die Weihnachts-Eisenbahn"
- "Eine Handvoll Weihnachtssand"
- "Paulchen mit den blauen Augen"
Petra Hartmann
Ein Prinz für Movenna
Paperback
Wurdack Verlag
ISBN 3-938065-24-9 Bestellen
Mit dem Schild oder auf dem Schild
- als Sieger sollst du heimkehren oder tot.
So verlangt es der Ehrenkodex des heldenhaften Orh Jonoth. Doch der letzte Befehl seines sterbenden Königs bricht mit aller Kriegerehre und Tradition: "Flieh vor den Fremden, rette den Prinzen und bring ihn auf die Kiesinsel." Während das Land Movenna hinter Orh Jonoth in Schlachtenlärm und Chaos versinkt, muss er den Gefahren des Westmeers ins Auge blicken: Seestürmen, Riesenkraken, Piraten, stinkenden Babywindeln und der mörderischen Seekrankheit ....
Petra Hartmann
Geschichten aus Movenna
Paperback
Wurdack Verlag
ISBN 3-938065-00-1 Bestellen
Verwünschte Hexen!
Warum zum Henker muß König Jurtak auch ausgerechnet seinen Sinn für Traditionen entdecken?
Seit Jahrhunderten wird der Kronprinz des Landes Movenna zu einem der alten Kräuterweiber in die Lehre gegeben, und der Eroberer Jurtak legt zum Leidwesen seines Sohnes großen Wert auf die alten Sitten und Gebräuche. Für den jungen Ardua beginnt eine harte Lehrzeit, denn die eigenwillige Lournu ist in ihren Lektionen alles andere als zimperlich ...
Wovon träumt der Mond?
Hrsg. v. Petra Hartmann & Judith Ott
Wurdack Verlag
ISBN 978-3-938065-37-2 Bestellen
Der Mond - König der Nacht und gleichsam Verbündeter von Gut und Böse ... Seit jeher ranken sich Legenden voller Glauben und Aberglauben um sein Licht, das von den einen als romantisch verehrt und von den anderen als unheimlich gefürchtet wird. Seine Phasen stehen für das Werden und Vergehen allen Lebens, er wacht über die Liebenden, empfängt die Botschaften der Suchenden, Einsamen und Verzweifelten und erhellt so einiges, was lieber im Dunkeln geblieben wäre. 39 Autorinnen und Autoren im Alter von 12 bis 87 Jahren sind unserem nächtlichen Begleiter auf der Spur gewesen. In 42 erfrischend komischen, zutiefst nachdenklichen und manchmal zu Tränen rührenden Geschichten erzählen sie die Abenteuer von Göttin Luna und Onkel Mond, von erfüllten und verlorenen Träumen, lassen Perlmuttschmetterlinge fliegen und Mondkälber aufmarschieren. Und wer denkt, dass nur der Mann im Mond zuweilen die Erde besucht, irrt sich! Auch umgekehrt erhält er gelegentlich unverhofften Besuch dort oben.
Drachenstarker Feenzauber
Herausgegeben von Petra Hartmann
Wurdack Verlag
ISBN 978-3-938065-28-0 Bestellen
Öko-Feen, Büro-Feen, Todes-Feen und Bahn-Feen, geschäftstüchtige Drachen, goldzahnige Trolle, Sockenmonster, verzauberte Kühlschränke, Bierhexen, Zwirrrrrle, Familienschutzengel, Lügenschmiede, ehrliche Anwälte, verarmte Zahnärzte und andere Märchenwesen geben sich in diesem Buch ein Stelldichein.
51 Märchenerzähler im Alter von zwölf bis 76 Jahren haben die Federn gespitzt und schufen klassische und moderne Märchen, lustige, melancholische, weise und bitterböse Erzählungen, so bunt wie das Leben und so unvergesslich wie das Passwort eines verhexten Buchhalters.
Zwischen Barrikade, Burgtheater und Beamtenpension.
Die jungdeutschen Autoren nach 1835.
ibidem-Verlag
ISBN 978-3-89821-958-7 Bestellen beim Ibidem-Verlag
"Das Junge Deutschland“ - dieser Begriff ist untrennbar verbunden mit dem Bundestagsbeschluss vom 10. Dezember 1835, durch den die Werke der fünf Schriftsteller Heinrich Heine, Theodor Mundt, Karl Gutzkow, Ludolf Wienbarg und Heinrich Laube verboten wurden. Das Verbot markierte Höhe- und gleichzeitig Schlusspunkt einer literarischen Bewegung, die erst wenige Jahre davor begonnen hatte. Die Wege der Autoren trennten sich. Und doch gab es auch danach immer wieder Begegnungen und Berührungspunkte.
Petra Hartmann zeichnet die Wege der Verbotenen und ihrer Verbündeten nach und arbeitet Schnittstellen in den Werken der alt gewordenen Jungdeutschen heraus. Sie schildert insbesondere die Erfahrungen der Autoren auf der Insel Helgoland, ihre Rolle in der Revolution von 1848, aber auch die Versuche der ehemaligen Prosa-Schriftsteller, sich als Dramatiker zu etablieren. Irgendwo zwischen Anpassung und fortwährender Rebellion mussten die Autoren ihr neues Auskommen suchen, endeten als gescheiterte Existenzen im Irrenhaus oder als etablierte Literaten, die doch körperlich und seelisch den Schock von 1835 nie ganz verwunden hatten, sie leiteten angesehene Theater oder passten sich an und gerieten nach Jahren unter strenger Sonderzensur beim Publikum in Vergessenheit. Die vorliegende Untersuchung zeigt, was aus den Idealen von 1835 wurde, wie vollkommen neue Ideen - etwa die Debatte um Armut und Bildung - in den Werken der Jungdeutschen auftauchten und wie die Autoren bis zum Ende versuchten, ihr „Markenzeichen“ - ihren Stil - zu bewahren.
Von Zukunft trunken und keiner Gegenwart voll
Theodor Mundts literarische Entwicklung vom Buch der Bewegung zum historischen Roman
Aisthesis-Verlag
ISBN: 3-89528-390-8 Bestellen beim Aisthesis-Verlag
Theodor Mundt - Schriftsteller, Zeitschriftenherausgeber, Literaturwissenschaftler und Historiker - verdankt seinen Platz in der Literaturgeschichte vor allem dem Umstand, daß seine Veröffentlichungen am 10. Dezember 1835 verboten wurden. Das vom deutschen Bundestag ausgesprochene Verbot, das sich gegen die vermeintlichen Wortführer des "Jungen Deutschland", Heine, Gutzkow, Laube, Wienbarg und eben Theodor Mundt richtete, war vermutlich die entscheidende Zäsur in den literarischen Karrieren aller Betroffenen. Daß sie mit dem schon berühmten Heinrich Heine in einem Atemzug genannt und verboten wurden, machte die noch jungen Autoren Gutzkow, Laube, Mundt und Wienbarg für ein größeres Publikum interessant. Doch während Gutzkow und auch Laube im literarischen Bewußtsein präsent blieben, brach das Interesse an Mundt und seinen Werken schon bald nach dem Verbot fast gänzlich ab. Seine weitere Entwicklung bis zu seinem Tod im Jahr 1861 wurde von der Literaturwissenschaft bislang so gut wie vollständig ignoriert. Diese Lücke wird durch die vorliegende Studie geschlossen. Nachgezeichnet wird der Weg von den frühen Zeitromanen des jungen Mundt bis hin zu den historischen Romanen seines Spätwerks.
Faust und Don Juan. Ein Verschmelzungsprozeß,
dargestellt anhand der Autoren Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Wolfgang von Goethe, Nikolaus Lenau, Christian Dietrich Grabbe, Gustav Kühne und Theodor Mundt
ibidem-Verlag
ISBN 3-932602-29-3 Bestellen beim Ibidem-Verlag
"Faust und Don Juan sind die Gipfel der modernen christlich-poetischen Mythologie", schrieb Franz Horn bereits 1805 und stellte erstmalig beide Figuren, speziell den Faust Goethes und den Don Giovanni Mozarts, einander gegenüber. In den Jahren darauf immer wieder als polar entgegengesetzte Gestalten aufgefaßt, treten Faust und Don Juan in den unterschiedlichsten Werken der Literaturgeschichte auf.
Bei Lenau sind sie Helden zweier parallel aufgebauter Versepen, bei Grabbe begegnen sie sich auf der Bühne und gehen gemeinsam zugrunde. Theodor Mundt stellt als Lebensmaxime auf, man solle beides, Faust und Don Juan, in einer Person sein und beide in sich versöhnen.
Anhand der Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Wolfgang von Goethe, Nikolaus Lenau, Christian Dietrich Grabbe, Gustav Kühne und Theodor Mundt zeichnet Petra Hartmann die Biographien Fausts und Don Juans in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach, einer Zeit, die beide Helden stark prägte und auch für heutige Bearbeitungen beider Stoffe grundlegend ist."