Kalosh Çeliku: Das boheme Mädchen gibt meinen Büchern die Brust
Kalosh Çeliku, albanischer Lyriker, in Mazedonien beheimatet, hat mit "Das boheme Mädchen gibt meinen Büchern die Brust" einen sehr lebensvollen, mediterran anmutenden Gedichtband veröffentlicht. Als Übersetzer fungierte sein Sohn Arbër Çeliku.
Es ist ein Gedichtband, der sehr harmonisch und in sich geschlossen wirkt. Çeliku hat nur wenige Themen, eigentlich nur eines: Ein Dichter unter der Platane, zwei Krüge Wein, ein Mädchen, man hat Sex miteinander, wieder ein Dichter-Ich unter der Platane, ein Mädchen, Brüste, Wein, die Platane, wieder die Frau, die zugleich Sexualität und die Poesie verkörpert. "Durst unter den Weinbergen" etwa, ein Gedicht, das in Skopje spielt, lautet:
"Das boheme Mädchen kam an die Platane
Mit zwei Krügen Wein. Reicher Ertrag
Ich hatte auf sie längst unter dem Schatten gewartet,
Krüge voller Wein entleerend. Kannen
Und den Schimmel durch Bit-Bazar sattelnd
Verrückt und durstig unter den Büchern.
Das boheme Mädchen kam zur Platane
Und hat mich mit Krügen Wein heiß gemacht
Feuer, das auch der Wein der Weinberge des Vaterlands
nicht löschen kann. Der Vadar ..."
[Bit-Bazar = Markt in Skopje; Vardar= Fluss, der durch Skopje fließt]
Ein sehr knapp bemessenes Personal also, ein sparsam gehaltenes Vokabular, mit dem der Dichter seinen Kosmos ausspannt. Dennoch oder gerade deshalb haben diese Gedichte eine sehr lebensvolle, lebensfrohe Ausstrahlung und erinnern ein wenig an die anakreontischen Lieder der späten griechischen Antike. Wein, Weib und Gesang, dazu die unvermeidliche sokratische Platane, unter die sich philosophische Geister seit jeher zurückzogen vor dem kleinlichen Gezänk und Besitz der Welt, das hat durchaus eine gewisse Weisheit und mutet an wie kostbare, uralte Gedichtfragmente, irgendwo auf Papyrusfetzen im Wüstensand gefunden und liebevoll restauriert, ein kurzes Aufblitzen der Lebensfreude einer vergangenen Epoche, die Restauratoren und Übersetzer doch niemals völlig zu einem Ganzen zusammenfügen und wiederbeleben können. Die Kürze der Gedichte und die häufige Verwendung von drei Punkten am Gedichtende oder auch manchmal mittendrin verstärken diesen Eindruck noch.
Kritisch anmerken muss man allerdings, dass die Gedichte und das Thema für einen vollständigen Gedichtband ein wenig zu "dünn" daherkommen. Çeliku kennt nur diesen einen Ton, dieses eine Lied. Selbst wenn sich dazwischen manchmal ein allgemeines Gegrummel gegen die Regierung erhebt oder gegen Leute, die sich über den "nutzlos" herumliegenden Dichter echauffieren, am Ende bleibt es doch bei einer Platane, zwei Krügen Wein und einem Mädchen. Das trägt keinen ganzen Gedichtband. Lieber wäre es mir gewesen, fünf bis zehn dieser Gedichte in einer Auswahl albanischer Dichtung des 21. Jahrhunderts zu lesen. So ist das Buch trotz seiner nur knapp 70 Lyrikseiten einfach etwas zu dick für den Inhalt. Eine gewissene Monotonie macht sich breit.Çeliku mag sich mit seiner Platane und zwei Krügen Wein darüber hinwegtrösten und die Mädchen weitergenießen ...
Außerordentlich sind auf jeden Fall das Titelbild und die Gestaltung des gesamten Bandes gelungen. Wie man überhaupt anmerken muss, dass der Pop-Verlag sehr schöne Bücher macht.
Fazit: Lebensfrohe, anakreontische Lieder von einem, der nicht dazugehören muss und es sich mit etwas Wein und bohemen Mädchen genug sein lässt. Sehr warm, anarchisch, manchmal etwas zur Monotonie neigend. Aber durchaus lesenswert.
Kalosh Çeliku: Das boheme Mädchen gibt meinen Büchern die Brust. Gesammelte Gedichte. Aus dem Albanischen übersetzt von Arbër Çeliku. Hrsg. v. Uli Rothfuss. Ludwigsburg: Pop, 2012. 85 S., Euro 14,80.
© Petra Hartmann
		
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