"Weil ich John Lennon bin ..." - Phantastische Beatles-Geschichten
"Weil ich John Lennon bin ..." - so heißt eine Anthologie phantastischer Geschichten, die inspiriert wurden von der Musik der Beatles. 15 Autoren hat Herausgeber Bartholomäus Figatowski um sich geschaart, die - jeder auf seine Weise - Beatles-Songs und Beatles-Lebensgefühl in kurzen Prosaerzählungen aufleben lassen. Dass es dabei bunt und poppig und auch ein wenig irrational zugehen wird, darauf stimmt den Leser bereits das farbenfrohe Cover von Michael Hüter ein: Elektrogitarre, Blasenträume, Sterne und Pilze, das alles in fröhlichen Farben und mit einem leichten Hauch Irrationalität - Willkommen an Bord eines gelben Unterseeboots, an dessen Steuer ein Walross steht und ein Lied über "Lucy in the sky with diamonds" singt ...
Tatsächlich sind die meisten der Geschichten auf die eine oder andere Art sehr "abgedreht". Unwirkliche oder überwirkliche Drogenräume, psychedelische Visionen, vor allem Farbenräusche ergießen sich hüber den Leser. Synästhetische Erfahrungen scheinen sich geradezu aufzudrängen in diesen Beatles-Welten. So beschreibt Jörg Weigand in der Geschichte "Farbenspiel" ein Erlebnis eines Beatles-Verächters, über den sich beim Hören von "Yesterday" plötzlich eine wahre Farbsymphonie ausgießt. Marika Bergmann widmet sich dagegen ausführlich der Farbe Gelb, einem jungen Mann namens "Pepper", der Farben riechen kann, und der farbenblinden Malerin Maureen, die den Geschmack der Farbe Gelb kennen lernt.
Ein geheimnisvoller Mann, der auf einem Hügel sitzt und den Menschen unheimlich ist (Nina Sträter: "Picknick am Hügel"), entpuppt sich als Sozialforscher, der von seinem Beobachtungsposten das Verhalten der buntern Plops erforscht - eine Geschichte über engstirnige Traditionen und Intoleranz, aber auch über die Hoffnung, dass Menschen und Plops irgendwann den nächsten Entwicklungsschritt vollziehen und offener auf das Fremde und Andersartige zugehen.
Da gibt es einen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt eines Menschen, der gerade einen "Cold Turkey" (Drogenentzug) durchmacht ("Auf der Suche nach der verlorenen Welt" von Raimund Hils). Ein kosmisches Ei wird gefunden, das auf irgend eine Weise für die Inspiration und für völlig ürberirdische Songs der Beatles verantwortlich war. Und in "Operation Samsara" (Katja Göddemeyer) wird ein Hindu aus Indien gekidnappt, in eine Art Raumkasel gesteckt und auf die Reise in eine andere Dimension geschickt, wo er eine andere Version von Paul McCartney trifft. Überhaupt scheint es um die Zukunft der Beatles nicht allzu schlecht zu stehen. So gibt Paul noch im Jahr 2039 Interviews und erteilt Auskunft über das bereits erwähnte kosmische Ei, und auch John Lennon schaut postmortal noch einmal herein, er ist in der Titelstory, verfasst von Holger Dittmann, auf die Erde zurückgekehrt, berlinert jetzt etwas und streitet mit seinem Freund Paul darüber, wer denn nun der bessere und authentischere Songschreiber sei.
Mir persönlich haben zwei eher düstere und recht realistische Geschichten am besten gefallen. Da ist zunächst die etwas thrillerhaft daherkommende Story "Gebrochene Flügel" von Detlev Klewer, in der ein Mann eine Frau nach einem Autounfall zu sich nimmt und sie pflegt. Allerdings nicht ganz uneigennützig ... Sehr gelungen und sehr böse auch "Die Saat des Todes" von Regina Schleheck. Die Geschichte einer Frau aus Afrika, die als Bootsflüchtling nach Europa kam. Eine bitterböse Rachegeschichte, meisterhaft erzählt und rabenschwarz, eine tyische Schleheck eben.
Fazit: Ein Kaleidoskop bunter und poppiger Beatles-Geschichten, stilstisch durchgend gut, in ansprechender Aufmachung. Nicht nur für Fans der Fab Four interessant.
Bartholomäus Figatowski (Hrsg.): Weil ich John Lennon bin ... Phantastische Beatles-Geschichten. Oberhausen: Verlag Nicole Schmenk, 2014. 96 S., Euro 10,90.
© Petra Hartmann